Elliptische Integrale/Bogenlängen/Einführung/Textabschnitt
Wir betrachten die Funktion
die die obere Kreislinie des Einheitskreises beschreibt. Wir wollen die Länge dieses Graphen bestimmen. Es ist
wobei diese Gleichheit nur im Innern Sinn ergibt, in den Randpunkten ist die Funktion nicht differenzierbar. Dennoch kann man hier Fakt zunächst im Innern anwenden und anschließend einen Grenzübergang durchführen. Es geht somit um das Integral von
Die Stammfunktion davon ist gemäß Fakt. Daher ist
Wir betrachten eine Ellipse der Form
mit . Eine Umstellung liefert
Der obere Bogen der Ellipse wird somit als Funktion in durch
beschrieben. Die Ableitung dieser Funktion ist
Die Bogenlänge des Graphen von von nach wird gemäß Fakt als Integral (von nach ) zur Funktion
mit berechnet. Mit der linearen Transformation kann man diesen Integranden auf die Form
bringen (das Integral ist dann mit dem Faktor zu multiplizieren).
Zu kann man keine Stammfunktion mit den sogenannten elementaren Funktionen wie rationale Funktionen oder trigonometrische Funktionen angeben. Die Stammfunktionen existieren, da diese Integranden stetig sind, es gibt aber keine bessere Beschreibung denn als Integral. Wir führen einen eigenen Namen für sie ein.
Zu nennt man die Funktion (in )
das elliptische Normalintegral zweiter Gattung
Es sei
eine rationale Funktion in den beiden Variablen. Wenn
mit einem quadratischen Polynom in der einen Variablen ist, so lässt sich eine Stammfunktion zu angeben, siehe Fakt. Dies geht nicht, wenn ein Polynom von höherem Grad ist. Wenn den Grad oder hat, so gibt es zwar keine expliziten Stammfunktionen, aber dennoch eine reiche Theorie über diese Integrale. Beim obigen Integranden kann man wegen
direkt in dieser Form mit
und
schreiben.
Zu zwei Punkten nennt man die durch
gegebene Teilmenge eine Lemniskate.
Wenn man die beiden Punkte auf die -Achse symmetrisch zum Ursprung platziert, sagen wir und , so erhält man durch Quadrieren die Bedingung
bzw.
und somit
Die einfachste Form ergibt sich für .
Wir betrachten die Lemniskate von Bernoulli, die durch die Gleichung
gegeben ist. Wenn man die Punkte in Polarkoordinaten als
ansetzt, so ergibt sich die Bedingung
bzw.
unter Verwendung des Additionstheorems für den Kosinus. Wegen
und
kann man lokal (auf Stücken, wo man Quadratwurzeln festlegt; der Durchschnitt der Lemniskate mit einem Kreis um den Ursprung mit Radius besitzt ja vier Schnittpunkte) die Kurve durch parametrisieren. Die Bogenlänge der Lemniskate von bis in der Parametrisierung
ist nach Fakt gleich
Auf der durch definierten Kurve in oder in ist (mit einer rationalen Funktion ) eine Differentialform (eventuell mit Polen). Dies gilt auch auf der ganzen Ebene, wobei dann die Pole nicht einzelne Punkte, sondern selbst Kurven sind. Zu einem differenzierbaren Weg
der die Polstellen vermeidet, kann man das Wegintegral
berechnen. Dieses ist gleich
wobei die zurückgezogene Differentialform bezeichnet. Diese zurückgezogene Form ist gleich
Bei
und
ist dies
Den Integranden kann man wiederum als schreiben.
Wir betrachten auf dem Einheitskreis
die Differentialform
Unter der Parametrisierung des oberen Kreisbogens durch
ist die zurückgezogene Differentialform gleich
Dies ist bis auf das Vorzeichen der Integrand zur Berechnung der Kurvenlänge des Graphen der Funktion , und dieser Integrand besitzt Arkussinus als Stammfunktion.
Zum Kreis gehört seine universelle Überlagerung
Auch bezüglich dieser Parametrisierung kann man die Differentialform zurückziehen und erhält
also die konstante Differentialform auf . Dies ist nicht überraschend, da ja die trigonometrische Parametrisierung den Einheitskreis mit konstanter Geschwindigkeit durchläuft und somit der zurückgelegte Weg proportional zur verstrichenen Zeit ist.