Kurs:Algebraische Kurven (Osnabrück 2017-2018)/Vorlesung 20
- Normale Ringe und Normalisierung
Ein Integritätsbereich heißt normal, wenn er ganz-abgeschlossen in seinem Quotientenkörper ist.
Wichtige Beispiele für normale Ringe werden durch faktorielle Ringe geliefert.
Es sei ein faktorieller Integritätsbereich.
Dann ist normal.
Sei der Quotientenkörper von und ein Element, das die Ganzheitsgleichung
mit erfüllt. Wir schreiben mit , , wobei wir annehmen können, dass die Darstellung gekürzt ist, dass also und keinen gemeinsamen Primteiler besitzen. Wir haben zu zeigen, dass eine Einheit in ist, da dann zu gehört.
Wir multiplizieren die obige Ganzheitsgleichung mit und erhalten in
Wenn keine Einheit ist, dann gibt es einen Primteiler von . Dieser teilt alle Summanden für und daher auch den ersten, also . Das bedeutet aber, dass selbst ein Vielfaches von ist im Widerspruch zur vorausgesetzten Teilerfremdheit.
Es sei ein normaler Integritätsbereich und sei ein multiplikatives System.
Dann ist auch die Nenneraufnahme normal.
Beweis
Es sei ein Integritätsbereich und sein Quotientenkörper. Dann nennt man den ganzen Abschluss von in die Normalisierung von .
Die Normalisierung ist nach Korollar 19.10 ein Unterring des Quotientenkörpers. Es ist eine nichttriviale Tatsache, dass falls von endlichem Typ über einem Körper ist, dann auch die Normalisierung davon von endlichem Typ ist.
Es sei ein normaler Integritätsbereich und sei ein multiplikatives System.
Dann ist auch die Nenneraufnahme normal.
Beweis
- Normalisierung von Monoidringen
Wir wollen besprechen, wann Monoidringe normal sind und wie gegebenenfalls die Normalisierung eines Monoidrings aussieht. Hierzu brauchen wir zunächst Bedingungen, die sicherstellen, dass ein Monoidring über einem Integritätsbereich wieder integer ist.
Ein kommutatives Monoid heißt torsionsfrei, wenn für aus für eine positive Zahl stets folgt.
Es sei ein Integritätsbereich und sei ein torsionsfreies kommutatives Monoid, das die Kürzungsregel erfüllt.
Dann ist der Monoidring ein Integritätsbereich.
Zunächst ist , wobei die Differenzengruppe zu bezeichnet. Damit ist ein Unterring, und es genügt die Aussage für zu beweisen. Da torsionsfrei ist, ist nach Aufgabe 20.9 auch torsionsfrei. Wir können also annehmen, dass eine torsionsfreie kommutative Gruppe ist. Es sei nun
Da hier fast alle Koeffizienten sind, spielt sich dies in einer endlich erzeugten Untergruppe der torsionsfreien Gruppe ab. Nach dem Hauptsatz über endlich erzeugte torsionsfreie kommutative Gruppen ist dann . Wir können also sogar annehmen. Dann ist aber eine Nenneraufnahme eines Polynomringes über einem Integritätsbereich und damit integer.
Für ein Monoid ohne Kürzungsregel kann der zugehörige Monoidring über einem Integritätsbereich Nullteiler besitzen.
Es sei ein Monoid, in dem es zwei verschiedene Elemente und gebe mit . Daraus folgt ohne die Kürzungsregel eben nicht . Im Monoidring über einem beliebigen Integritätsbereich ist und , aber
Es sei ein torsionsfreies kommutatives Monoid mit Kürzungsregel und mit zugehöriger Differenzengruppe . Dann heißt das Untermonoid
die Normalisierung von .
Es sei ein torsionsfreies kommutatives Monoid mit Kürzungsregel und mit zugehöriger Differenzengruppe und mit Normalisierung , . Es sei ein normaler Integritätsbereich.
Dann ist die Normalisierung des Monoidringes der Monoidring .
Insbesondere ist der Monoidring zu einem normalen Monoid über einem normalen Ring selbst wieder normal.
Zunächst ist
Es sei mit , und mit ( mal). Damit ist ein Element im Quotientenkörper und nach der zweiten Eigenschaft ist . Dies bedeutet, dass eine (reine) Ganzheitsgleichung für vorliegt und damit zur Normalisierung von gehört. Somit gilt . Für die Umkehrung kann man durch ersetzen und sich somit auf den Fall beschränken, wo normal ist. Man beweist zuerst, dass für eine torsionsfreie kommutative Gruppe der Gruppenring normal ist, was daraus folgt, dass der Polynomring über einem normalen Bereich wieder normal ist. Dann muss man zeigen, dass in ganz-abgeschlossen ist. Ein Element und eine Ganzheitsgleichung dafür lebt im Monoidring zu einer endlich erzeugten Untergruppe , sodass man annehmen darf.
Hier kommt nun etwas konvexe Geometrie ins Spiel, was wir nicht ausführen. Jedenfalls lässt sich ein normales Untermonoid als der Durchschnitt (innerhalb von oder ) von und einem polyedrischen Kegel darstellen. Ein solcher Kegel ist selbst wiederum der Durchschnitt von endlich vielen Halbräumen (Lemma von Gordan). Dabei ist ein Halbraum durch eine lineare Abbildung mit gegeben. Daraus folgt, dass ein endlicher Durchschnitt mit ist. Daraus ergibt sich, dass die eine Form haben. Damit ist nach Aufgabe 20.3 normal, da die einzelnen normal sind.
Wir betrachten die algebraische Fläche, die durch die Gleichung
gegeben ist. Wir wollen sie als die Fläche zu einem Monoidring verstehen. Dazu sei
Wegen ist das Quotientengitter (Differenzengruppe). Da ist, muss die Normalisierung von sein. Die drei Erzeuger ergeben einen surjektiven Monoidhomomorphismus
Diese monomiale Abbildung bedeutet geometrisch die Abbildung
Dabei gehen (monomial gesehen) und beide auf das Element , und das liefert die Gleichung , die man natürlich auch direkt ablesen kann.
Man kann die definierende Gleichung auch als ansehen. Von ausgehend wird also ein Quadrat zu adjungiert.
Wir betrachten das durch und erzeugte Untermonoid . Für den zugehörigen Monoidring gilt . Wir behaupten, dass das Monoid normal ist, also mit seiner Normalisierung übereinstimmt. Die beiden Erzeuger und definieren je eine Gerade in , und das Monoid besteht aus allen Gitterpunkten (Punkte im ) innerhalb des durch diese Geraden definierten Kegels. Dies sieht man so: Die Gitterpunkte in diesem Kegel sind durch die beiden Bedingungen
gegeben. Ein Punkt daraus mit gehört offensichtlich zu . Es sei also ein Punkt daraus mit . Wegen der zweiten linearen Bedingung kann man
schreiben, was wegen zu gehört.
Mit den zwei Geraden lässt sich auch sofort als beschreiben, mit und , wobei die zweite Identifizierung von der -Basis herrührt. Aus dieser expliziten Beschreibung folgt, dass der zugehörige Monoidring normal ist.
- Monomiale Kurven und Normalisierung
Wir werden später sehen, dass eine algebraische Kurve genau dann normal ist, wenn sie nichtsingulär ist. Im Fall einer monomilaen Kurve lässt sich die Normalisierung einfach beschreiben.
Sei ein durch teilerfremde erzeugtes Untermonoid, und die zugehörige Ringerweiterung von Monoidringen.
Dann ist die Normalisierung von .
Mit anderen Worten: Die monomiale Abbildung
ist eine Normalisierung.
Wir haben . Da die Exponenten teilerfremd sind, erzeugen sie die Eins und das bedeutet (multiplikativ betrachtet), dass es ein Monom in diesen Potenzen (auch mit negativen Exponenten) gibt, das gleich ist. D.h. ist ein Quotient von Elementen aus und daher sind die Quotientenkörper gleich. Andererseits erfüllt eine Ganzheitsgleichung über , beispielsweise (richtig gelesen) . Da normal ist (sogar faktoriell, da es ja ein Hauptidealbereich ist), muss es sich um die Normalisierung handeln.
Monomiale Kurven liefern also eine Vielzahl an Beispielen, wo die Normalisierung auf der Ebene der -Spektren eine Bijektion ist. Es handelt sich auch um eine Homöomorphie bezüglich der Zariski-Topologie, die ja im Kurvenfall sehr einfach ist. Dennoch wäre es falsch, die beiden Kurven als identisch anzusehen. Die Normalisierung ist
(bei für alle )
auf der Ringebene keine Bijektion, und in der algebraischen Geometrie darf man nicht nur die mengentheoretische oder topologische Gestalt des Nullstellengebildes anschauen, man darf die Ringe
(und die Gleichungen selbst)
im Hintergrund nicht vergessen. Den Unterschied sieht man auch in der eingebetteten Situation, wo die Neilsche Parabel eine Spitze besitzt.
Mit der Normalisierung bekommt der Singularitätsgrad einer monomialen Kurve eine neue Interpretation.
Sei ein durch teilerfremde Erzeuger definiertes numerisches Monoid. Es sei der zugehörige Monoidring und die Normalisierung davon. Dann gilt für den Singularitätsgrad von die Gleichung
Die Normalisierung besitzt die - Basis , und der Monoidring besitzt die -Basis . Daher besitzt der Restklassenraum die -Basis . Die Dimension des Restraumes ist die Anzahl der Elemente einer Basis, und diese Anzahl ist die Anzahl der Lücken, also der Singularitätsgrad von .