Kurs:Elliptische Kurven (Osnabrück 2021-2022)/Vorlesung 9/kontrolle
Wir fragen uns, für welche Gitter die komplexen Tori und isomorph (als komplexe Lie-Gruppen) sind.
- Die spezielle lineare Gruppe über
Wir betrachten die spezielle lineare Gruppe in der Dimension über , also
Wir setzen
und
Diese haben die Wirkungsweise
und
Die spezielle lineare Gruppe
wird von den beiden Matrizen und erzeugt.
Wir beweisen die Aussage, dass jede spezielle lineare Matrix über in der von den beiden Matrizen erzeugten Untergruppe liegt, durch Induktion über . Wenn dieser Betrag gleich ist, so ist und durch Multiplikation mit (siehe Lemma 9.1) können wir annehmen, dass die Diagonalelemente gleich sind. Dann ist die Matrix eine Potenz von (mit einem eventuell negativen Exponenten). Es sei die Aussage nun für alle speziellen linearen Matrizen mit bewiesen und sei eine spezielle lineare Matrix mit gegeben. Wegen der Präsenz von können wir annehmen, dass auch einen Betrag von zumindest besitzt. Durch Multiplikation mit oder mit von links kann man dann die erste Spalte durch ersetzen und erhält, wenn man dies hinreichend oft ausführt, eine erste Spalte mit , worauf wir nach Multiplikation mit die Induktionsvoraussetzung anwenden können.
- Streckungsäquivalenz und Modulsubstitution
Zu je zwei Gittern sind die Quotienten und als topologische Gruppen isomorph, es handelt sich ja um den topologischen Torus . Auch als reelle Lie-Gruppen sind sie stets diffeomorph. Als komplexe Mannigfaltigkeiten bzw. als komplexe Liegruppen sind aber und in aller Regel verschieden. Dies bedeutet, dass die eine topologische Gruppe unterschiedliche komplexe Strukturen besitzt.
Zwei Gitter heißen streckungsäquivalent, wenn es eine komplexe Zahl mit gibt.
Dabei ist natürlich , die Streckungsäquivalenz ist eine Äquivalenzrelation. Wenn das eine Gitter durch die reelle Basis und das andere Gitter durch gegeben ist, so kann man durch Multiplikation mit
ein zu streckungsäquivalentes Gitter
finden, das mit im ersten Erzeuger übereinstimmt. Damit sind die Streckungsmöglichkeiten aufgebraucht. Allerdings kann man aus
nicht schließen, dass und nicht zueinander streckungsäquivalent sind, da es ja um die Gleichheit von Gittern und nicht um die Gleichheit von Gitterbasen geht, d.h. man kann noch mit einer Matrix aus multiplizieren.
Unter der oberen Halbebene in versteht man
Jedes Gitter in
ist streckungsäquivalent zu einem Gitter der Form mit .
Sei . Da eine reelle Basis bilden, ist insbesondere . Mit erhält man das streckungsäquivalente Gitter
Sei . Diese Zahl ist nicht reell, da andernfalls eine reelle lineare Abhängigkeit zwischen und vorliegen würde. Also besitzt einen imaginären Anteil. Wenn dieser in der unteren Halbebene liegt, so ersetzen wir durch und erhalten eine Basis mit den verlangten Eigenschaften.
Es bleibt noch zu fragen, wann zwei Gitter, die beide durch eine Basis der Form
bzw.
mit
gegeben sind, übereinstimmen.
Die Streckungsbedingung zusammen mit der Basisbeschreibung aus Korollar 8.5 führt auf die Bedingung
mit und . Daher muss
sein und die Bedingung wird zu
Es ist
Der Nenner ist reell und positiv, der Zähler ist
Hierbei sind die drei Summanden links reell. Somit gehört genau dann zu , wenn das Vorzeichen vor positiv ist, und dies ist genau dann der Fall, wenn die Matrix die Determinante besitzt.
Aufgrund von
Lemma 9.6
ist es naheliegend, die folgende Wirkungsweise der Gruppe der speziellen ganzzahligen -Matrizen auf der oberen Halbebene zu betrachten.
Es handelt sich also um die Wirkung von speziellen gebrochen-linearen Funktionen auf der oberen Halbebene. Dass das Ergebnis einer solchen Substitution (man spricht auch von einer speziellen Möbiustransformation) wieder in der oberen Halbebene liegt wurde in Lemma 9.6 mitbewiesen. Eine Gruppenoperation liegt aufgrund von Lemma 2.5 (Funktionentheorie (Osnabrück 2023-2024)) vor. Die spezielle lineare Gruppe nennt man in diesem Zusammenhang auch Modulgruppe. Da die negative Einheitsmatrix als Modulsubstitution trivial operiert, betrachtet man zumeist die Restklassengruppe als die Modulgruppe.
Die Wirkungsweise der beiden Matrizen und , die nach Satz 9.2 die Gruppe der speziellen ganzzahligen Matrizen erzeugen, bei der Modulsubstitution ist
und
Zu und ist
Dies bedeutet, dass zwischen den Imaginärteilen von und von die Beziehung
besteht. Für folgt daraus ferner, dass die Menge , , ein Maximum besitzt. Es sei entsprechend gewählt. Wir wählen ferner derart, dass der Realteil von
zwischen und liegt, was nach Bemerkung 9.8 möglich ist. Der Betrag von ist , andernfalls würde sich durch ein Widerspruch zur Wahl von ergeben. Somit gelangt man in den Abschluss von . Sei . Wenn der Realteil von gleich ist, so kann man durch Anwendung von erreichen, dass ist. Die Elemente auf dem rechten Kreisteilbogen kann man durch eine Anwendung von auf den linken Kreisteilbogen schicken. Daher wird jedes Element von durch ein Element aus repräsentiert.
Es ist noch zeigen, dass dieses Element eindeutig ist. Nach Lemma 9.6 genügt es zu zeigen, dass für und das Element liegt. Es sei also und
Wir nehmen an, dass gehört und müssen zeigen, dass die Identität oder das Negative der Identität ist. Da die Rollen von und vertauscht werden können, können wir annehmen, dass
gilt. Wie oben gezeigt gilt für den Imaginärteil
also ist
Aus folgt . Es sei zunächst . Dann ist , wobei wir direkt annehmen können, und es liegt eine Scherung vor, die wegen des Realteiles trivial sein muss. Es sei also , wobei wir durch Multiplikation mit annehmen können, dass ist. Aus und folgt . Die Determinante ergibt . Dann ist . Der Imaginärteil dieser Zahl ist , also muss ein Punkt der Sphäre und sein. Von und liegt aber genau ein Element auf dem fixierten Kreissegment.
Jedes Gitter in
ist streckungsäquivalent zu einem Gitter der Form mit einem eindeutig bestimmten , wobei den Fundamentalbereich zur Modulsubstitution bezeichnet.
Es seien streckungsäquivalente Gitter.
Dann sind und als komplexe Lie-Gruppen isomorph.
Es seien und streckungsäquivalent mit
mit . Wie betrachten die Multiplikation mit als lineare Abbildung
Dieser Gruppenisomorphismus führt in über. Somit ist der Kern des surjektiven Gruppenhomomorphismus
Nach Korollar 47.3 (Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025)) induziert dies einen Gruppenisomorphismus
Dieser ist stetig und auch (wegen der Kompaktheit oder wegen der Symmetrie der Situation) ein Homöomorphismus. Für einen Punkt und eine hinreichend kleine Ballumgebung , die nur einfach trifft, ist
eine komplexe Karte für . Dann kommutiert das Diagramm
und ist eine komplexe Karte für . Somit ist mit den komplexen Strukturen verträglich, also holomorph.