Kurs:Grundkurs Mathematik (Osnabrück 2016-2017)/Teil II/Vorlesung 44



Beispiele für Folgen

Eine Folge in einem angeordneten Körper, die gegen konvergiert, heißt Nullfolge.


Eine konstante Folge ist stets konvergent mit dem Grenzwert . Dies folgt direkt daraus, dass man für jedes als Aufwandszahl nehmen kann. Es ist ja

für alle .

Es sei nun ein archimedisch angeordneter Körper. Dann ist die Folge

konvergent mit dem Grenzwert . Es sei dazu ein beliebiges , , vorgegeben. Aufgrund des Archimedes Axioms (siehe Lemma 25.5) gibt es ein mit

Damit gilt für alle die Abschätzung



Wir betrachten die Folge mit den Folgengliedern

in . Die Anfangsglieder sind

In der Tat ist dies eine Nullfolge. Nach Satz 27.11 gibt es nämlich ein derart, dass

für alle gilt. Für diese ist somit

Zu einem vorgegebenen kann man zusätzlich noch erreichen, daher ist dies kleinergleich .


Eine Dezimalbruchfolge in einem angeordneten Körper ist eine Folge der Form

mit (bzw. mit Ziffern ) und mit

Eine solche Folge, also eine „Kommazahl“, muss im Allgemeinen nicht konvergieren. Wenn wir mit zwei positiven ganzen Zahlen starten und den Divisionsalgorithmus durchführen, um die Ziffern zu erhalten, so konvergiert nach Korollar 28.11 die zugehörige Dezimalbruchfolge

gegen die rationale Zahl .




Es sei ein angeordneter Körper und sei eine Folge in .

Dann besitzt maximal einen Grenzwert.

 Nehmen wir an, dass es zwei verschiedene Grenzwerte , , gibt. Dann ist . Wir betrachten . Wegen der Konvergenz gegen gibt es ein mit

und wegen der Konvergenz gegen gibt es ein mit

Beide Bedingungen gelten dann gleichermaßen für . Es sei mindestens so groß wie dieses Maximum. Dann ergibt sich aufgrund der Dreiecksungleichung der Widerspruch



Es sei ein angeordneter Körper und sei eine Folge in . Die Folge heißt beschränkt, wenn es ein Element mit

gibt.



Rechenregeln für Folgen



Es sei ein angeordneter Körper. Wenn eine Folge in konvergent ist,

so ist sie auch beschränkt.

Es sei die konvergente Folge mit dem Limes und es sei ein gewählt. Aufgrund der Konvergenz gibt es ein derart, dass

Dann ist insbesondere

Unterhalb von gibt es nur endlich viele Zahlen, sodass das Maximum

wohldefiniert ist. Daher ist eine obere Schranke und eine untere Schranke für .



Es sei ein angeordneter Körper. Dann ist die alternierende Folge

beschränkt, aber nicht konvergent. Die Beschränktheit ist klar, da ja nur die beiden Werte und vorkommen. Konvergenz liegt aber nicht vor. Nehmen wir an, dass der Grenzwert sei. Dann gilt für positives und jedes ungerade die Beziehung

sodass es Folgenwerte außerhalb dieser -Umgebung gibt. Analog kann man einen negativ angenommen Grenzwert zum Widerspruch führen.




Es sei ein angeordneter Körper. Es sei eine Nullfolge und eine beschränkte Folge in .

Dann ist auch das Produkt der beiden Folgen eine Nullfolge.

Es sei eine Schranke für und sei vorgegeben. Da eine Nullfolge ist, gibt es zu ein derart, dass für die Abschätzung gilt. Für diese Indizes ist dann auch


Wie bei einer Dezimalbruchfolge, die man ja (mit den Ziffern ) als

schreiben kann, wird eine Folge oft als eine Summe in der Form

gegeben. Die Folgenglieder sind also die Teilsummen, die sich aus den einzelnen Summanden ergeben. Solche Folgen nennt man auch Reihen und die nennt man die Reihenglieder. Wir betonen, dass sich alle Folgeneigenschaften auf die Folgenglieder beziehen. Man schreibt für solche Reihen auch kurz .

Nikolaus von Oresme (1330-1382) bewies, dass die harmonische Reihe divergiert.

Die sogenannte harmonische Reihe ist nicht beschränkt und konvergiert nicht.


Die harmonische Reihe ist die Reihe

Es geht also um die „unendliche Summe“ der Stammbrüche

Diese Reihe divergiert: Für die Zahlen ist

Daher ist

Damit ist die Folge der Partialsummen unbeschränkt und kann nach Lemma 44.7 nicht konvergent sein.


Aus der Divergenz der harmonischen Reihe folgt, dass man einen beliebig weiten Überhang mit gleichförmigen Bauklötzen bauen kann.



Es sei ein angeordneter Körper und es seien und konvergente Folgen in . Dann gelten folgende Aussagen.

  1. Die Folge ist konvergent und es gilt
  2. Die Folge ist konvergent und es gilt
  3. Für gilt
  4. Es sei und für alle . Dann ist ebenfalls konvergent mit
  5. Es sei und für alle . Dann ist ebenfalls konvergent mit

(2). Sei vorgegeben. Die konvergente Folge ist nach Lemma 44.7 insbesondere beschränkt und daher existiert ein mit für alle . Sei und . Wir setzen . Aufgrund der Konvergenz gibt es natürliche Zahlen und mit

Diese Abschätzungen gelten dann auch für alle . Für diese Zahlen gilt daher


(4). Da der Limes der Folge nicht ist, gilt für die Bedingung und damit

Es sei vorgegeben. Wegen der Konvergenz von gibt es ein mit

Dann gilt für alle die Abschätzung



Die im vorstehenden Satz auftretenden Folgen nennt man die Summenfolge, die Produktfolge bzw. die Quotientenfolge. Sie sind jeweils gliedweise definiert.


Es sei . Bei einer Folge der Form

mit in einem archimedisch angeordneten Körper und kann man durch einen einfachen Standardtrick den Grenzwert bestimmen. Man multipliziert Zähler und Nenner mit und erhält somit die auf den ersten Blick kompliziertere Darstellung

Nach Lemma 44.11  (1) konvergiert der Nenner gegen . da die Summanden bis auf den ersten Summanden Nullfolgen sind. Der Zähler konvergiert bei gegen und bei gegen . Im ersten Fall liegt insgesamt eine Nullfolge vor, im zweiten Fall konvergiert die Folge geben .



Zu jedem Element in einem archimedisch angeordneten Körper gibt es nach Korollar 28.10 eine eindeutig bestimmte Dezimalbruchfolge, die gegen konvergiert. Zu zwei Elementen und muss dabei die Dezimalbruchfolge der Summe nicht die (gliedweise genommene) Summe der einzelnen Dezimalbruchfolgen sein. Beispielsweise ist die Dezimalbruchfolge zur rationalen Zahl gleich

und die Dezimalbruchfolge zur rationalen Zahl gleich

Die Summe dieser beiden Folgen ist

Dagegen besitzt

die Dezimalbruchfolge

Die oben angegebene Summenfolge konvergiert zwar gegen , sie ist aber keine Dezimalbruchfolge.




Es sei ein angeordneter Körper und es seien und konvergente Folgen mit für alle .

Dann ist

Beweis

Siehe Aufgabe 44.7.


Die folgende Aussage heißt Quetschkriterium.


Es sei ein angeordneter Körper und es seien und drei Folgen in . Es gelte

und und konvergieren beide gegen den gleichen Grenzwert .

Dann konvergiert auch gegen diesen Grenzwert .

Beweis

Siehe Aufgabe 44.9.



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