Kurs:Zahlentheorie (Osnabrück 2016-2017)/Vorlesung 2/kontrolle



Ideale

Alle Vielfachen der , also , bilden ein Ideal im Sinne der folgenden Definition.


Eine Teilmenge eines kommutativen Ringes heißt Ideal, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

  1. .
  2. Für alle ist auch .
  3. Für alle und ist auch .

Zu einer Familie von Elementen , , in einem kommutativen Ring bezeichnet das von den erzeugte Ideal. Es besteht aus allen (endlichen) Linearkombinationen

wobei eine endliche Teilmenge und ist.


Ein Ideal in einem kommutativen Ring der Form

heißt Hauptideal.

Mit dem Idealbegriff lassen sich Teilbarkeitsbeziehungen ausdrücken.


Es sei ein kommutativer Ring und . Dann gelten folgende Aussagen.

  1. Das Element ist ein Teiler von (also ), genau dann, wenn .
  2. ist eine Einheit genau dann, wenn .
  3. Ist ein Integritätsbereich, so gilt genau dann, wenn und assoziiert sind.

Beweis

Siehe Aufgabe 2.20.



Ein kommutativer Ring, in dem jedes Ideal ein Hauptideal ist, heißt Hauptidealring. Ein integrer Hauptidealring heißt Hauptidealbereich.



Größter gemeinsamer Teiler

Es sei ein kommutativer Ring und . Dann heißt ein Element gemeinsamer Teiler der , wenn jedes teilt (). Ein Element heißt größter gemeinsamer Teiler der , wenn ein gemeinsamer Teiler ist und wenn jeder gemeinsame Teiler dieses teilt.

Die Elemente heißen teilerfremd, wenn ihr größter gemeinsamer Teiler ist.

Eine Einheit ist immer ein gemeinsamer Teiler für jede Auswahl von Elementen. Ein größter gemeinsamer Teiler muss im Allgemeinen nicht existieren. Ist ein gemeinsamer Teiler der und eine Einheit, so ist auch ein gemeinsamer Teiler der . Die Elemente sind teilerfremd genau dann, wenn jeder gemeinsame Teiler davon eine Einheit ist.




Es sei ein kommutativer Ring, und das davon erzeugte Ideal. Ein Element ist ein gemeinsamer Teiler von genau dann, wenn ist, und ist ein größter gemeinsamer Teiler genau dann, wenn für jedes mit folgt, dass ist. Ein größter gemeinsamer Teiler erzeugt also ein minimales Hauptoberideal von .

Aus folgt sofort für , was gerade bedeutet, dass diese Elemente teilt, also ein gemeinsamer Teiler ist. Es sei umgekehrt ein gemeinsamer Teiler. Dann ist und da das kleinste Ideal ist, das alle enthält, muss gelten. Der zweite Teil folgt sofort aus dem ersten.


Bevor wir mit der Teilbarkeitstheorie für Hauptidealbereiche fortfahren, wollen wir zunächst zeigen, dass die ganzen Zahlen einen Hauptidealbereich bilden. Dies geschieht über den Begriff des Euklidischen Bereiches, der an die Division mit Rest anknüpft. Im Ring der ganzen Zahlen gilt die Division mit Rest, ebenso in einem Polynomring in einer Variablen über einem Körper. Ihre Bedeutung liegt grob gesprochen darin, dass sie ein Maß dafür liefert, wie weit eine Zahl davon entfernt ist, eine andere zu teilen.



Division mit Rest

Für ganze Zahlen , , gibt es (eindeutig bestimmte) ganze Zahlen mit

Dabei bezeichnet den Betrag einer ganzen Zahl. Das Symbol soll dabei an Quotient erinnern und an Rest. Teilt man die Gleichung durch , so erhält man in die Beziehung


Ein euklidischer Bereich (oder euklidischer Ring) ist ein Integritätsbereich , für den eine Abbildung existiert, die die folgende Eigenschaft erfüllt:

Für Elemente mit gibt es mit

Die in der Definition auftauchende Abbildung nennt man auch euklidische Funktion. Die ganzen Zahlen bilden also einen euklidischen Ring mit dem Betrag als euklidischer Funktion.


Für einen Körper ist der Polynomring in einer Variablen ein euklidischer Bereich, wobei die euklidische Funktion durch die Gradfunktion gegeben ist. Viele Parallelen zwischen dem Polynomring und beruhen auf dieser Eigenschaft. Die Gradfunktion hat die Eigenschaft



Gaußsche Zahlen als Gitterpunkte in der komplexen Zahlenebene

Eine Gaußsche Zahl ist durch gegeben, wobei und ganze Zahlen sind. Die Menge dieser Zahlen wird mit bezeichnet. Die Gaußschen Zahlen sind die Gitterpunkte, d.h. die Punkte mit ganzzahligen Koordinaten, in der komplexen Ebene. Sie bilden mit komponentenweiser Addition und mit der induzierten komplexen Multiplikation einen kommutativen Ring.

Eine euklidische Funktion ist durch die Norm gegeben, die durch definiert ist. Man kann auch schreiben, wobei die komplexe Konjugation bezeichnet. Die Norm ist das Quadrat des komplexen Absolutbetrages und wie dieser multiplikativ, also .

Mit der Norm lassen sich auch leicht die Einheiten von bestimmen: ist , so ist auch , also . Damit sind genau die Elemente diejenigen Gaußschen Zahlen, die Einheiten sind.



Lemma  Lemma 2.12 ändern

Der Ring der Gaußschen Zahlen ist mit der Normfunktion ein euklidischer Bereich.

Es seien , . Wir betrachten den Quotienten

Dies ist eine komplexe Zahl mit rationalen Koeffizienten, also . Es gibt ganze Zahlen mit . Damit ist

mit . Ferner ist

Multiplikation mit ergibt

Der rechte Summand gehört dabei zu , da man ihn als schreiben kann. Aus der Multiplikativität der Norm folgt


Für eine unvollständige Liste von Primfaktorzerlegungen im Ring der Gaußschen Zahlen siehe hier oder hier.

Folgendes Lemma hilft bei der Bestimmung der Primelemente der Gaußschen Zahlen und in ähnlichen Ringen.


Lemma  Lemma 2.13 ändern

Es sei ein euklidischer Bereich mit einer multiplikativen euklidischen Funktion

(es werden also nur positive Werte angenommen). Ist dann für die Zahl prim, so ist irreduzibel in .

Es sei eine Faktorzerlegung. Dann ist und da nach Voraussetzung eine Primzahl ist, folgt, dass einer der Faktoren, sagen wir , eine Einheit ist, also . Wir wenden auf und die Division mit Rest an und erhalten

wobei ist oder . Letzteres ist aber ausgeschlossen, sodass sein muss und damit ist eine Einheit. Also ist irreduzibel.


Wir werden später sehen, dass in euklidischen Bereichen irreduzible Elemente bereits prim sind. Das vorstehende Lemma ist also ein Kriterium für Primelemente. Die Umkehrung gilt übrigens nicht. Z. B. ist ein Primelement in , aber ist keine Primzahl.

Nach den Gaußschen Zahlen sind die sogenannten Eisenstein-Zahlen ein wichtiges Beispiel für quadratische Zahlbereiche.


Eisenstein-Zahlen als Punkte eines Dreiecksgitters in der komplexen Zahlenebene

Die Eisenstein-Zahlen sind komplexe Zahlen der Form

mit ganzen Zahlen und . Insbesondere ist

eine Eisenstein-Zahl. Diese Zahl ist zugleich eine (primitive) dritte Einheitswurzel (also ), sodass der Ring der Eisenstein-Zahlen zugleich der dritte Kreisteilungsring ist. Wegen und

gilt die Gleichung


Die Eisenstein-Zahlen enthalten den Ring . Im obigen Bild besteht dieser Ring aus jeder zweiten horizontalen Zeile des Gitters und ist damit ein rechtwinkliges Gitter. Es gilt der folgende Satz.



Satz  Satz 2.15 ändern

Für den Ring ist die Norm (das Quadrat des komplexen Betrages) keine euklidische Funktion, aber für den Ring der Eisenstein-Zahlen mit ist die Norm eine euklidische Funktion.

Wie dem Beweis zur Euklidizität der Gaußschen Zahlen zu entnehmen ist, ist für einen Unterring der komplexen Zahlen der Form (mit ) die Norm eine euklidische Funktion genau dann, wenn sich zu jedem Element ein Element findet, das zu einen Abstand kleiner als besitzt. Es sei zunächst . Das Element hat den minimalen Abstand zu den vier Gitterpunkten , und dieser ist stets

Für den Ring der Eisenstein-Zahlen sind die Gittermaschen gleichmäßige Dreiecke mit Seitenlänge eins, und jede komplexe Zahl hat zu mindestens einem Gitterpunkt einen Abstand .


Es lässt sich zeigen, dass der Ring auch keine andere euklidische Funktion besitzt (er ist auch kein Hauptidealbereich, noch nicht mal, wie wir später sehen und erklären werden, normal).

Eine wichtige Konsequenz aus der Existenz einer euklidischen Funktion ist, dass ein Hauptidealbereich vorliegt.


Satz  Satz 2.16 ändern

Es sei ein von verschiedenes Ideal. Betrachte die nichtleere Menge

Diese Menge hat ein Minimum , das von einem Element , herrührt, sagen wir . Wir behaupten, dass ist. Dabei ist die Inklusion „“ klar. Zum Beweis der Inklusion „“ sei gegeben. Aufgrund der Definition eines euklidischen Bereiches gilt mit oder . Wegen und der Minimalität von kann der zweite Fall nicht eintreten. Also ist und ist ein Vielfaches von .


<< | Kurs:Zahlentheorie (Osnabrück 2016-2017) | >>

PDF-Version dieser Vorlesung

Arbeitsblatt zur Vorlesung (PDF)