Kurs:Algebraische Kurven (Osnabrück 2017-2018)/Vorlesung 16



Irreduzible Filter
Einen Filter kann man mit dem, was in ihm hängen bleibt, identifizieren.


Wir haben in der letzten Vorlesung gesehen, dass zu einem Punkt in einem -Spektrum der Umgebungsfilter gehört und dass der Halm in diesem Filter gleich der Lokalisierung von an dem zugehörigen maximalen Ideal ist. Ebenfalls haben wir gesehen, dass bei integrem der Halm über alle nichtleeren offenen Mengen den Quotientenkörper von liefert, der wiederum die Lokalisierung am Nullideal ist. Dieser Zusammenhang wird mit dem Begriff des irreduziblen Filters verallgemeinert.


Ein topologischer Filter heißt irreduzibel, wenn und folgendes gilt: Sind zwei offene Mengen mit , so ist oder .

Für Zariski-Filter (also topologische Filter in der Zariski-Topologie) gilt folgender Zusammenhang.


Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper und sei eine kommutative - Algebra von endlichem Typ mit - Spektrum .

Dann entsprechen sich folgende Objekte.

  1. Primideale in .
  2. Irreduzible abgeschlossene Teilmengen von .
  3. Irreduzible Filter in .

Dabei entspricht der irreduziblen abgeschlossenen Teilmenge der Filter

Der Halm der Strukturgarbe an diesem Filter ist die Lokalisierung , wobei das zugehörige Primideal bezeichnet.

Die Korrespondenz zwischen Primidealen und abgeschlossenen irreduziblen Teilmengen (zu einem Primideal gehört die irreduzible abgeschlossene Teilmenge ) ist bekannt (siehe Lemma 4.3 und Proposition 11.7). Die angegebene Konstruktion zu einer irreduziblen abgeschlossenen Menge liefert in der Tat einen irreduziblen Filter. Dabei ist die Irreduzibilität trivial, zu zeigen ist lediglich die Durchschnittseigenschaft eines Filters. Es seien , sodass also die Durchschnitte und nicht leer sind. Dann ist aber wegen der Irreduzibilität von auch der Durchschnitt

nicht leer und daher ist .

Es sei nun irgendein irreduzibler topologischer Filter. Wir behaupten, dass das Komplement von

ein Primideal ist. Es ist sofort ein saturiertes multiplikatives System. Es bleibt zu zeigen, dass das Komplement additiv abgeschlossen ist. Es seien dazu mit , also . Dann gehört erst recht

zu und wegen der Irreduzibilität von ist oder , woraus sich oder ergibt.

Diese drei Zuordnungen hintereinandergenommen führen dabei immer wieder zum Ausgangsobjekt zurück. Dazu muss man lediglich beachten, dass ein irreduzibler Zariski-Filter durch offene Mengen der Form erzeugt wird, siehe Aufgabe 16.1. Der Zusatz ist ein Spezialfall von Aufgabe 15.25.


Den zu einer irreduziblen abgeschlossenen Menge gehörenden Filter nennen wir auch den zugehörigen generischen Filter zu und den Halm davon den generischen Halm zu . Ein Spezialfall der Korrespondenz von Satz 16.2 ist die Beziehung zwischen minimalen Primidealen, irreduziblen Komponenten und Ultrafiltern. Auf der anderen Seite hat man die Korrespondenz zwischen maximalen Idealen, Punkten und Umgebungsfiltern.



Morphismen zwischen Varietäten

Es seien und quasiaffine Varietäten und sei

eine stetige Abbildung. Dann nennt man einen Morphismus (von quasiaffinen Varietäten), wenn für jede offene Teilmenge und jede algebraische Funktion gilt, dass die zusammengesetzte Funktion

zu gehört.

Ein Morphismus

induziert also nach Definition zu jeder offenen Teilmenge einen Ringhomomorphismus

Insbesondere gibt es einen globalen Ringhomomorphismus

Sind offene Teilmengen in , so liegt ein kommutatives Diagramm von stetigen Abbildungen vor (wobei die senkrechten Pfeile offene Inklusionen sind)

das wiederum zu dem kommutativen Diagramm

von Ringhomomorphismen führt.


Wir fassen einige einfache Eigenschaften von Morphismen zusammen


Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper, und seien quasiaffine Varietäten. Dann gelten folgende Aussagen.

  1. Eine offene Einbettung ist ein Morphismus.
  2. Sind und Morphismen, so ist auch die Verknüpfung ein Morphismus.

Beweis

Das ist trivial.


Wichtiger sind die folgenden Eigenschaften.


Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper und seien und kommutative - Algebren vom endlichen Typ mit zugehörigen - Spektren und .

Dann ist die durch einen - Algebrahomomorphismus induzierte Spektrumsabbildung

ein Morphismus.

Wir wissen bereits nach Satz 12.7, dass

eine stetige Abbildung ist. Es sei eine offene Teilmenge und das Urbild. Es sei eine algebraische Funktion mit der Hintereinanderschaltung . Wir haben zu zeigen, dass diese Abbildung ebenfalls algebraisch ist. Es sei dazu ein Punkt mit dem Bildpunkt . Es sei und auf mit . Es ist

Wir behaupten, dass auf die Gleichheit gilt. Dies folgt für aus


In der Situation von Satz 16.6 ist der zu gehörende Ringhomomorphismus die natürliche Abbildung




Es sei eine quasiaffine Varietät über einem algebraisch abgeschlossenen Körper und sei eine algebraische Funktion.

Dann definiert einen Morphismus

Sei . Es sei eine offene Teilmenge und das Urbild davon. Sei

eine algebraische Funktion auf . Wir müssen zeigen, dass die Verknüpfung eine algebraische Funkion auf ist. Es sei dazu und sei eine Beschreibung der nach Voraussetzung algebraischen Funktion in der Umgebung . Dann ist

Dabei ist der Nenner nicht , da ist, sodass dies eine rationale Darstellung ist.



Es sei eine quasiaffine Varietät über einem algebraisch abgeschlossenen Körper, und zwar sei , wobei eine kommutative -Algebra von endlichem Typ über einem algebraisch abgeschlossenen Körper sei.

Dann gibt es eine natürliche Bijektion

wobei die Variable in bezeichnet.

Insbesondere sind Morphismen von in die affine Gerade durch den globalen Ringhomomorphismus

eindeutig bestimmt.

Die Abbildung ist wohldefiniert und surjektiv. Ist nämlich eine globale algebraische Funktion gegeben, so ist zunächst . Die Variable , die auf der identischen Abbildung entspricht, wird unter (der Verknüpfung mit) auf das Element abgebildet. Nach Lemma 16.8 ist ein Morphismus.

Die Injektivität ergibt sich, da sowohl der Morphismus als auch die algebraische Funktion durch die zugrunde liegende stetige Abbildung eindeutig festgelegt sind.



Es sei eine quasiaffine Varietät, und zwar sei , wobei eine kommutative -Algebra von endlichem Typ über einem algebraisch abgeschlossener Körper sei. Es sei eine weitere kommutative -Algebra von endlichem Typ.

Dann gibt es eine natürliche Bijektion

wobei den zu gehörigen globalen Ringhomomorphismus bezeichnet.

Die Abbildung ist wohldefiniert. Aus Satz 16.9 folgt, dass die Aussage für richtig ist. Daraus ergibt sich, dass die Aussage für jeden Polynomring richtig ist, da ein Morphismus nach durch seine Komponenten und ein -Algebrahomomorphismus durch die Einsetzungen für gegeben ist. Es sei nun und

Zu einem Morphismus ist die Verknüpfung mit der abgeschlossenen Einbettung in den affinen Raum ebenfalls ein Morphismus. D.h. es liegt ein kommutatives Diagramm

vor, wobei die untere Abbildung bereits als Bijektion nachgewiesen wurde. Die vertikalen Abbildungen sind injektiv. Wir müssen daher zeigen, dass die untere Abbildung die oberen Teilmengen ineinander überführt.

Ein Morphismus , der (als Abbildung) durch faktorisiert, ist auch ein Morphismus nach . Die Morphismuseigenschaft ist nur für offene Mengen der Form zu überprüfen, . Es sei ein Repräsentant für . Dann ist surjektiv und damit wird jedes Element aus auf eine algebraische Funktion abgebildet.

Auf der rechten Seite des Diagramms gehört eine Algebrahomomorphismus genau dann zur oberen Menge, wenn zum Kern gehört. Damit folgt die Aussage aus Aufgabe 16.5.

Nicht jede außerhalb der Gerade auf dem Kegel definierte Funktion lässt sich auf den affinen Raum ohne die Gerade fortsetzen.



Wir betrachten den Standardkegel, der als abgeschlossene Teilmenge

gegeben sei. Es sei die offene Teilmenge mit dem Durchschnitt (in ), der eine offene Menge in ist. Wir behaupten, dass der zugehörige Ringhomomorphismus

nicht surjektiv ist. Das liegt daran, dass links einfach der Polynomring in drei Variablen steht (vergleiche Aufgabe 14.6). Dagegen ergibt sich aus der Gleichung

dass es auf die algebraische Funktion

gibt, die nicht im Bild der Abbildung liegt, da es keine Funktion auf dem ganzen Kegel ist.


Die Fasern einer Abbildung ( ist der Zielbereich, der Definitionsbereich ist die Vereinigung aller Fasern; die Abbildung geht von oben nach unten).



Zu einem Morphismus zwischen affinen Varietäten bezeichnet man zu einem Punkt das Urbild

als die Faser über . Als abgeschlossene Menge von ist sie selbst eine affine Varietät.


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