Kurs:Algebraische Kurven (Osnabrück 2017-2018)/Vorlesung 9/kontrolle
- Noethersche Ringe
Wir werden nun in den nächsten Vorlesungen die algebraische Seite der algebraischen Geometrie weiterentwickeln. Unser erstes Ziel ist es zu zeigen, dass wenn ein noetherscher Ring ist, dass dann auch der Polynomring ein noetherscher Ring ist (Hilbertscher Basissatz). Dies gilt dann auch für die Hinzunahme von mehreren (endlich vielen) Variablen und insbesondere für Polynomringe in endlich vielen Variablen über einem Körper. Wir erinnern an den Begriff des noetherschen Ringes.
Ein kommutativer Ring heißt noethersch, wenn jedes Ideal darin endlich erzeugt ist.
Proposition Proposition 9.2 ändern
Für einen kommutativen Ring sind folgende Aussagen äquivalent.
- ist noethersch.
- Jede aufsteigende Idealkette
wird stationär, d.h. es gibt ein mit .
(1) (2). Sei
eine aufsteigende Idealkette in . Wir betrachten die Vereinigung , die wieder ein Ideal in ist. Da noethersch ist, ist endlich erzeugt, d.h. . Da diese in der Vereinigung der Ideale liegen, und da die Ideale aufsteigend sind, muss es ein derart geben, dass liegt. Wegen
für muss hier Gleichheit gelten, sodass die Idealkette ab stationär ist.
(2) (1). Es sei ein Ideal in . Wir nehmen an, sei nicht endlich erzeugt, und konstruieren sukzessive eine unendliche echt aufsteigende Idealkette , wobei die alle endlich erzeugt sind. Es sei dazu
bereits konstruiert. Da endlich erzeugt ist, aber nicht, ist die Inklusion echt und es gibt ein Element
Dann setzt das Ideal die Idealkette echt aufsteigend fort.
Es sei ein noetherscher Ring.
Dann ist auch jeder Restklassenring noethersch.
Es sei ein Ideal und sei das Urbildideal davon. Dieses ist endlich erzeugt nach Voraussetzung, also . Die Restklassen dieser Erzeuger, also , bilden ein Idealerzeugendensystem von : Für ein Element gilt ja in und damit in .
- Der Hilbertsche Basissatz
Wie viele grundlegende Aussagen der kommutativen Algebra geht der Hilbertsche Basissatz, dem wir uns jetzt zuwenden, auf David Hilbert zurück, genauer auf seine Arbeit von 1890, „Ueber die Theorie der algebraischen Formen“.
Es sei ein noetherscher Ring.
Dann ist auch der Polynomring noethersch.
Es sei ein Ideal im Polynomring . Zu definieren wir ein Ideal in durch
Das Menge besteht also aus allen Leitkoeffizienten von Polynomen vom Grad aus . Es handelt sich dabei offensichtlich um Ideale in (wobei wir hier als Leitkoeffizient zulassen). Ferner ist , da man ja ein Polynom vom Grad mit Leitkoeffizient mit der Variablen multiplizieren kann, um ein Polynom vom Grad zu erhalten, das wieder als Leitkoeffizienten besitzt. Da noethersch ist, muss diese aufsteigende Idealkette stationär werden; sei so, dass ist.
Zu jedem sei nun ein endliches Erzeugendensystem, und es seien
zugehörige Polynome aus (die es nach Definition der geben muss).
Wir behaupten, dass von allen erzeugt wird. Dazu beweisen wir für jedes durch Induktion über den Grad von , dass es als Linearkombination mit diesen darstellbar ist. Für konstant, also , ist dies klar. Es sei nun der Grad von gleich und die Aussage sei für kleineren Grad bewiesen. Wir schreiben
Es ist und damit kann man als -Linearkombination der , schreiben. Bei kann man sogar als -Linearkombination der , schreiben, sagen wir . Dann ist und hat einen kleineren Grad, sodass man darauf die Induktionsvoraussetzung anwenden kann. Bei ist
Damit gehört
ebenfalls zu und hat einen kleineren Grad, sodass man wieder die Induktionsvoraussetzung anwenden kann.
Es sei ein noetherscher Ring.
Dann ist auch noethersch.
Dies folgt durch induktive Anwendung des Hilbertschen Basissatzes auf die Kette
Es sei ein Körper.
Dann ist noethersch.
Dies ist ein Spezialfall von Korollar 9.5.
Der Hilbertsche Basissatz bedeutet insbesondere, dass jede abgeschlossene Untervarietät in einem affinen Raum durch endlich viele Polynome beschrieben werden kann. Jedes algebraische Nullstellengebilde ist also bereits das Nullstellengebilde von endlich vielen Polynomen.
Es sei eine affin-algebraische Menge.
Dann gibt es eine Abbildung
die komponentenweise durch Polynome gegeben ist, also , derart, dass das Urbild des Nullpunktes ist.
Es sei ein beschreibendes Ideal für , also . Nach dem Hilbertschen Basissatz gibt es mit . Damit ist insbesondere
Diese kann man zu einer Abbildung
zusammenfassen. Dann ist genau dann, wenn alle Komponentenfunktionen null sind, und das ist genau dann der Fall, wenn ist für alle .
Es sei ein kommutativer Ring. Eine - Algebra heißt von endlichem Typ (oder endlich erzeugt), wenn sie die Form
besitzt.
Eine endlich erzeugte -Algebra besitzt also eine Darstellung als Restklassenring einer Polynomalgebra über in endlich vielen Variablen. Eine solche Darstellung ist keineswegs eindeutig.
Es sei ein noetherscher Ring.
Dann ist jede - Algebra von endlichem Typ ebenfalls noethersch. Insbesondere ist für einen Körper jede -Algebra von endlichem Typ noethersch.
Dies folgt aus Korollar 9.5 und aus Lemma 9.3.
- Zerlegung in irreduzible Komponenten
Aus dem Hilbertschen Basissatz folgt, dass eine aufsteigende Idealkette
in stationär werden muss. Dies hat für absteigende Ketten von affin-algebraischen Teilmengen in einem affinem Raum folgende Konsequenz.
In einem affinen Raum wird jede absteigende Folge von abgeschlossenen Mengen
stationär.
Es sei
eine absteigende Kette von affin-algebraischen Teilmengen im . Daraus folgt nach Lemma 3.7 für die zugehörigen Verschwindungsideale. Nach Korollar 9.6 wird diese Idealkette stationär, sagen wir für . Nach Lemma 3.8 (3) ist . Daraus folgt dann aber für , dass
sodass die absteigende Kette stationär werden muss.
Es ergibt sich daraus durch Übergang zu den Komplementen, dass jede aufsteigende Kette von Zariski-offenen Mengen in einem affinen Raum stationär wird. Eine solche Topologie nennt man auch noethersch
(generell nennt man eine
(partielle)
Ordnung, für die jede aufsteigende Kette stationär wird, noethersch).
Für einen noetherschen Raum gilt: jede nichtleere Teilmenge von offenen Mengen
(abgeschlossenen Mengen)
besitzt ein maximales
(minimales)
Element. Dies kann man vorteilhaft als Beweisprinzip einsetzen
(Beweis durch noethersche Induktion):
Man möchte zeigen, dass eine gewisse Eigenschaft für alle abgeschlossenen Teilmengen gilt, und man betrachtet die Menge derjenigen abgeschlossenen Teilmengen, die nicht erfüllen. Man möchte zeigen, dass die Menge leer ist, und nimmt an, dass sie nicht leer ist. Dann besitzt sie auch ein minimales Element, und dies muss man dann zum Widerspruch führen. Die Gültigkeit dieses Beweisprinzips beruht darauf, dass man in einer nicht-leeren Menge ohne einem minimalen Element eine unendlich absteigende Kette konstruieren kann. Ein typisches Beispiel für dieses Beweisprinzip liefert der Beweis der folgenden Aussage.
Sei eine affin-algebraische Menge.
Dann gibt es eine eindeutige Zerlegung mit irreduziblen Mengen mit für .
Die Existenz beweisen wir durch noethersche Induktion. Angenommen, nicht jede affin-algebraische Menge habe eine solche Zerlegung. Dann gibt es auch eine minimale Teilmenge, sagen wir , ohne eine solche Zerlegung. kann nicht irreduzibel sein, sondern es gibt eine nicht-triviale Darstellung
.
Da und echte Teilmengen von sind, gibt es für diese beiden jeweils endliche Darstellungen als Vereinigung von irreduziblen Teilmengen. Diese beiden vereinigen sich zu einer endlichen Darstellung von , was ein Widerspruch ist.
Zur Eindeutigkeit. Seien
zwei Zerlegungen in irreduzible Teilmengen (jeweils ohne Inklusionsbeziehung). Es ist
Da irreduzibel ist, muss
für ein sein. Umgekehrt ist mit dem gleichen Argument
für ein , woraus
und
folgt. Ebenso findet sich etc. in der Zerlegung rechts wieder, sodass die Zerlegung eindeutig ist.
Die im vorstehenden Satz auftretenden heißen die irreduziblen Komponenten von .
- Moduln
Es sei ein kommutativer Ring und eine additiv geschriebene kommutative Gruppe. Man nennt einen Modul, wenn eine Operation
(Skalarmultiplikation genannt) festgelegt ist, die folgende Axiome erfüllt (dabei seien und beliebig):
- ,
- ,
- ,
- .
Es sei ein kommutativer Ring und ein - Modul. Eine Teilmenge heißt Untermodul, wenn sie eine Untergruppe von ist und wenn für jedes und auch ist.
Es sei ein kommutativer Ring und ein - Modul. Eine Familie , , heißt Erzeugendensystem für , wenn es für jedes Element eine Darstellung
gibt, wobei endlich ist und .
Es sei ein kommutativer Ring und ein - Modul. Der Modul heißt endlich erzeugt oder endlich, wenn es ein endliches Erzeugendensystem , , für ihn gibt (also mit einer endlichen Indexmenge).
Ein kommutativer Ring selbst ist in natürlicher Weise ein -Modul, wenn man die Ringmultiplikation als Skalarmultiplikation interpretiert. Die Ideale sind dann genau die -Untermoduln von . Die Begriffe Ideal-Erzeugendensystem und Modul-Erzeugendensystem stimmen für Ideale überein. Ein Vektorraum ist einfach ein Modul über einem Körper.