Kurs:Funktionentheorie (Osnabrück 2023-2024)/Vorlesung 25/latex
\setcounter{section}{25}
\zwischenueberschrift{Nullstellenanzahl bei Folgen holomorpher Funktionen}
Unter der \stichwort {Gesamtvielfachheit} {} \zusatzklammer {der Nullstelle, oder \stichwort {Gesamtnullstellenordnung} {}} {} {} einer \zusatzklammer {von $0$ verschiedenen} {} {} holomorphen Funktion \maabb {f} {U} { {\mathbb C} } {} versteht man die Summe der \definitionsverweis {Ordnungen}{}{} $\sum_{P \in U} \operatorname{ord}_{ P } { \left( f \right) }$. Wenn alle Nullstellen von $f$ innerhalb einer kompakten Teilmenge von $U$ liegen, so ist diese Summe endlich. Die Gesamtvielfachheit eines beliebigen Wertes $w$ unter $f$ ist die Gesamtvielfachheit der Nullstelle von $f-w$. Wir besprechen hier einige Gesetzmäßigkeiten über die Gesamtvielfachheit, die wir für den Beweis des riemannschen Abbildungssatzes benötigen. Die folgende Aussage ist ein Spezialfall des \stichwort {Satzes von Rouché} {.}
\inputfaktbeweis
{Holomorphe Funktion/Kreisscheibenvereinigung/Nullstellenvergleich/Satz von Rouché/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U
}
{ \subseteq }{ {\mathbb C}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein
\definitionsverweis {Gebiet}{}{}
und seien
\mathbed {B \left( P_i,r_i \right)} {}
{i = 1 , \ldots , k} {}
{} {} {} {,}
zueinander disjunkte abgeschlossene Kreisscheiben in $U$. Es seien
\maabb {f,g} {U} { {\mathbb C}
} {}
\definitionsverweis {holomorphe Funktionen}{}{}
auf $U$,}
\faktvoraussetzung {die auf den Rändern der Kreisscheiben die Abschätzung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \betrag { g(z) }
}
{ < }{ \betrag { f(z) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
erfüllen.}
\faktfolgerung {Dann stimmen die Gesamtvielfachheiten der Nullstellen von
\mathkor {} {f} {und von} {f+g} {}
auf der Vereinigung der Kreisscheiben überein.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Wir können uns auf eine einzelne Kreisscheibe
\mathl{B \left( P,r \right)}{} konzentrieren, es sei $\gamma$ die
\definitionsverweis {Standardumrundung}{}{.}
Nach Voraussetzung haben weder
\mathkor {} {f} {noch} {f+g} {}
Nullstellen auf dem Rand. Nach
Lemma 19.7
ist die Gesamtnullstellenordnung von $f$ in
\mathl{U { \left( P,r \right) }}{} gleich
\mathl{\sum_{Q \in U { \left( P,r \right) } } \operatorname{Res}_{ Q } \left( { \frac{ f' }{ f } } \right)}{,} wobei die relevante Summe endlich ist. Nach
Lemma 23.3
sind diese Residuen gleich dem
\mathl{2 \pi { \mathrm i}}{-}fachen der
\definitionsverweis {Windungszahl}{}{}
von
\mathl{f \circ \gamma}{} um den Nullpunkt. Die Wege
\mathkor {} {f \circ \gamma} {und} {(f +g) \circ \gamma} {}
sind zueinander
\definitionsverweis {homotop}{}{}
in ${\mathbb C} \setminus \{0\}$, nämlich über die
\definitionsverweis {Homotopie}{}{}
\maabbeledisp {} {[0,2 \pi] \times [0,1]} { {\mathbb C} \setminus \{0\}
} {(s,t) } { f(\gamma(s)) + t g(\gamma(s))
} {,}
wobei die Voraussetzung sichert, dass sich alles in ${\mathbb C} \setminus \{0\}$ abspielt. Nach
Lemma 23.2 (1)
stimmen die Windungszahlen von $f \circ \gamma$ und von
\mathl{(f+g) \circ \gamma}{} überein.
\inputfaktbeweis
{Gebiet/Folge/Holomorphe Funktionen/Nullstellenanzahl/Fakt}
{Satz}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U
}
{ \subseteq }{ {\mathbb C}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein
\definitionsverweis {Gebiet}{}{}
und sei
\maabbdisp {f_n} {U} { {\mathbb C}
} {}
eine Folge von
\definitionsverweis {holomorphen Funktionen}{}{,}
die gegen die Grenzfunktion $f$
\definitionsverweis {kompakt konvergiert}{}{.}
Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ w
}
{ \in }{ {\mathbb C}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und für jedes $f_n$ sei die Gesamtvielfachheit der $w$-Stellen höchstens $m$.}
\faktfolgerung {Dann ist $f$ konstant gleich $w$, oder die Gesamtvielfachheit von $w$ unter $f$ ist ebenfalls höchstens $m$.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Ohne Einschränkung sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ w
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und sei die Grenzfunktion $f$ nicht die Nullfunktion, die Gesamtvielfachheit von $0$ unter $f$ sei aber zumindest $m+1$. Es seien
\mathl{P_1 , \ldots , P_k}{} die Nullstellen von $f$, die zu dieser Gesamtvielfachheit beitragen
\zusatzklammer {es könnte noch weitere, auch unendlich viele Nullstellen geben} {} {.}
Nach
Satz 14.6
liegen die Nullstellen diskret, es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ r
}
{ > }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
derart, dass es in
\mathl{B \left( P_i,r \right)}{} außer $P_i$ keine weitere Nullstellen gibt, diese untereinander disjunkt sind und in $U$ enthalten sind. Es sei $B$ das
\zusatzklammer {positive} {} {}
Minimum von $\betrag { f }$ auf der Vereinigung der Ränder der Kreisscheiben. Aufgrund der gleichmäßigen Konvergenz von $f_n$ gegen $f$ auf dieser Vereinigung ist für $n$ hinreichend groß
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \betrag { f(z)- f_n(z) }
}
{ \leq} { { \frac{ B }{ 2 } }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Wir können dann auf
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f_n
}
{ =} { f + (f_n-f)
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
Lemma 25.1
anwenden und erhalten, dass die Gesamtvielfachheit der Nullstelle von $f_n$ ebenfalls $\geq m+1$ ist im Widerspruch zur Voraussetzung.
\inputfaktbeweis
{Holomorphe Funktionen/Injektiv/Folge/Grenzfunktion/Fakt}
{Korollar}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U
}
{ \subseteq }{ {\mathbb C}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein
\definitionsverweis {Gebiet}{}{}
und sei
\maabbdisp {f_n} {U} { {\mathbb C}
} {}
eine Folge von
\definitionsverweis {injektiven}{}{}
\definitionsverweis {holomorphen Funktionen}{}{,}
die gegen die Grenzfunktion $f$
\definitionsverweis {kompakt konvergiert}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist $f$ konstant oder injektiv.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Nach
Lemma 15.10
folgt aus injektiv, dass die Ableitung keine Nullstelle besitzt. Daher wird jeder Wert höchstens mit der Gesamtvielfachheit $1$ angenommen. Daher ist dies der Spezialfall von
Satz 25.2
für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ m
}
{ = }{ 1
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
\zwischenueberschrift{Der riemannsche Abbildungssatz}
\inputfaktbeweis
{Riemannscher Abbildungssatz/Injektive Abbildung in Kreis/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U
}
{ \subseteq }{ {\mathbb C}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {einfach zusammenhängende}{}{}
\definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U
}
{ \neq }{ {\mathbb C}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es eine
\definitionsverweis {injektive}{}{}
\definitionsverweis {holomorphe Abbildung}{}{}
\maabb {\varphi} {U} { U { \left( 0,1 \right) }
} {.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ w
}
{ \notin }{ U
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Dann ist die lineare Funktion
\mathl{z-w}{} nullstellenfrei auf $U$ und daher gibt es nach
Korollar 23.11
eine holomorphe Funktion
\maabb {\psi} {U} { {\mathbb C}
} {}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \left( \psi(z) \right) }^2
}
{ = }{ z-w
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Die Abbildung $\psi$ ist injektiv als Quadratwurzel einer injektiven Funktion. Aufgrund
des Offenheitssatzes
ist
\mathl{\psi(U)}{} offen in ${\mathbb C}$. Es gibt also insbesondere einen Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P
}
{ \neq }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und eine offene Kreisscheibe
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ U { \left( P,r \right) }
}
{ \subseteq} { \psi(U)
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
wobei wir
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ 0
}
{ < }{ r
}
{ < }{ \betrag { P }
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
wählen. Wir behaupten, dass die gegenüberliegende Kreisscheibe
\mathl{U { \left( -P,r \right) }}{} disjunkt zu
\mathl{\psi(U)}{} ist. Wäre nämlich
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Q
}
{ \in }{ U { \left( -P,r \right) } \cap \psi (U)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
so gäbe es Punkte
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ S_1,S_2
}
{ \in }{ U
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Q
}
{ = }{ \psi(S_1)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ -Q
}
{ = }{ \psi(S_2)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Doch dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left( \psi(S_1) \right) }^2
}
{ =} { Q^2
}
{ =} { { \left( \psi(S_2) \right) }^2
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
was der Injektivität von
\mathl{z-w}{} widerspricht. Daher ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \betrag { \psi(z) + P }
}
{ \geq }{ r
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und die Funktion
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi(z)
}
{ =} { { \frac{ r }{ \psi(z) +P } }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
ist auf $U$ wohldefiniert, injektiv und landet im abgeschlossenen, aber aufgrund des Offenheitssatzes auch im offenen Einheitskreis.
Ein injektive holomorphe Abbildung nennt man auch \stichwort {schlicht} {.}
\inputfaktbeweis
{Riemannscher Abbildungssatz/Surjektivitätskriterium/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U
}
{ \subseteq }{ U { \left( 0,1 \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {einfach zusammenhängende}{}{}
\definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ 0
}
{ \in }{ U
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und es sei
\maabbdisp {f} {U} { U { \left( 0,1 \right) }
} {}
eine
\definitionsverweis {injektive}{}{}
\definitionsverweis {holomorphe Abbildung}{}{}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f(0)
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist $f$
\definitionsverweis {surjektiv}{}{,}
oder es gibt eine weitere injektive holomorphe Funktion
\maabbdisp {g} {U} { U { \left( 0,1 \right) }
} {}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ g(0)
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \betrag { g'(0) }
}
{ >} { \betrag { f'(0) }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Es sei $f$ nicht surjektiv und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a
}
{ \in }{ U { \left( 0,1 \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
nicht im Bild. Wir betrachten die Hintereinanderschaltung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ h
}
{ =} { \alpha \circ f
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \alpha (w)
}
{ =} { { \frac{ w-a }{ 1- \overline{ a } w } }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
also die Funktion
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ h(z)
}
{ =} { { \frac{ f(z) -a }{ 1- \overline{ a } f(z) } }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Nach
Aufgabe 2.11
bildet $\alpha$ den Einheitskreis in sich ab, daher ist auch $h$ eine Abbildung von $U$ in den Einheitskreis. Da $h$ nullstellenfrei und $U$ einfach zusammenhängend ist, gibt es nach
Korollar 23.11
eine Funktion
\maabbdisp {\psi} {U} { U { \left( 0,1 \right) }
} {}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (\psi(z))^2
}
{ = }{ h(z)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Beachte dabei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ h(0)
}
{ = }{ -a
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \betrag { \psi(0) }^2
}
{ = }{ \betrag { h(0) }
}
{ = }{ \betrag { a }
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Wir betrachten nun
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ g
}
{ =} { \beta \circ \psi
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \beta(u)
}
{ =} { { \frac{ u- \psi (0) }{ 1- \overline{ \psi (0) } u } }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
also
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ g(z)
}
{ =} { { \frac{ \psi (z) - \psi (0) }{ 1- \overline{ \psi (0) } \psi (z) } }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Nach Konstruktion ist $g$ injektiv und bildet in den Einheitskreis ab. Ferner ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ g(0)
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Schließlich gilt unter Verwendung von
Aufgabe 2.10
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ \betrag { g'(0) }
}
{ =} { \betrag { { \frac{ \psi'(0) { \left( 1- \overline{ \psi (0) } \psi (0) \right) } }{ { \left( 1- \overline{ \psi (0) } \psi (0) \right) }^2 } } }
}
{ =} { \betrag { { \frac{ \psi'(0) }{ 1- \betrag { \psi (0) }^2 } } }
}
{ =} { \betrag { { \frac{ \psi'(0) }{ 1- \betrag { a } } } }
}
{ =} { { \frac{ 1 }{ 2 } } \cdot { \frac{ 1 }{ 1- \betrag { a } } } \cdot \betrag { { \frac{ 1 -a \overline{ a } }{ \sqrt{ -a} } } \cdot f'(0) }
}
}
{
\vergleichskettefortsetzungalign
{ =} { { \frac{ 1 }{ 2 } } \cdot { \frac{ 1 }{ 1- \betrag { a } } } \cdot { \frac{ 1 -\betrag { a }^2 }{ \sqrt{ \betrag { a } } } } \cdot \betrag { f'(0) }
}
{ =} { { \frac{ 1 }{ 2 } } \cdot { \frac{ 1 + \betrag { a } }{ \sqrt{ \betrag { a } } } } \cdot \betrag { f'(0) }
}
{ >} { \betrag { f'(0) }
}
{ } {}
}
{}{,}
wobei die letzte Abschätzung auf
\zusatzklammer {der strikten Version von} {} {}
Aufgabe 7.6 (Analysis (Osnabrück 2021-2023))
beruht.
Wir kommen nun zum Beweis des \stichwort {riemannschen Abbildungssatzes} {.} Der Satz wurde um 1850 erstmals von Riemann formuliert, korrekte Beweise gab es aber erst rund 60 Jahre später.
\inputfaktbeweis
{Riemannscher Abbildungssatz/Fakt}
{Satz}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U
}
{ \subseteq }{ {\mathbb C}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {einfach zusammenhängende}{}{}
\definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U
}
{ \neq }{ {\mathbb C}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist $U$
\definitionsverweis {biholomorph}{}{}
zur offenen Kreisscheibe
\mathl{U { \left( 0,1 \right) }}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Nach
Lemma 25.4
gibt es zumindest eine injektive holomorphe Abbildung
\maabb {\varphi} {U} { U { \left( 0,1 \right) }
} {.}
Wir betrachten von nun an direkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U
}
{ \subseteq }{ U { \left( 0,1 \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
durch einen Automorphismus der Kreisscheibe
\zusatzklammer {siehe
Aufgabe 2.15} {} {}
können wir zusätzlich
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ 0
}
{ \in }{ U
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
annehmen. Wir betrachten die Funktionenmenge
\mavergleichskettedisphandlinks
{\vergleichskettedisphandlinks
{ T
}
{ =} { { \left\{ f:U \longrightarrow U { \left( 0,1 \right) } \text{ injektiv und holomorph} \mid f(0) = 0 , \, \betrag { f'(0) } \geq 1 \right\} }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
und zeigen zunächst, dass $T$
\definitionsverweis {abgeschlossen}{}{}
in der
\definitionsverweis {Topologie der kompakten Konvergenz}{}{}
ist. Dazu sei $f_n$ eine in
\mathl{C(U, {\mathbb C})}{}
\definitionsverweis {kompakt konvergente}{}{}
\definitionsverweis {Folge}{}{}
in $T$ mit der Grenzfunktion $f$. Aufgrund von
Satz 24.7
liegt Konvergenz in
\mathl{\Gamma (U, {\mathcal O} )}{} vor. Die Grenzfunktion ist injektiv oder konstant nach
Korollar 25.3.
Nach
Satz 24.7
konvergieren auch die Ableitungen $f_n'$ gegen $f'$ und somit ist insbesondere
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \betrag { f'(0) }
}
{ \geq} { 1
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Dies schließt aus, dass die Grenzfunktion konstant ist, und sichert die Injektivität. Das Bild der Grenzfunktion liegt aufgrund der Konvergenz in der abgeschlossenen Kreisscheibe, aber aufgrund
des Offenheitssatzes
auch in der offenen Kreisscheibe. Die Funktionenmenge $T$ ist unmittelbar
\definitionsverweis {beschränkt}{}{.}
Der Satz von Montel
ergibt mit
Satz 33.16 (Analysis (Osnabrück 2021-2023))
und
Satz 17.12 (Maß- und Integrationstheorie (Osnabrück 2022-2023)),
dass $T$ kompakt ist.
Die Abbildung
\maabbeledisp {} { \Gamma (U, {\mathcal O} )} { \Gamma (U, {\mathcal O} )
} {f} {f'
} {,}
ist nach
Korollar 24.9
stetig in der Topologie der kompakten Konvergenz und daher ist auch die Abbildung
\maabbeledisp {} { \Gamma (U, {\mathcal O} ) } { \R
} {f} { \betrag { f' (0) }
} {,}
stetig. Nach
Lemma 17.6 (Maß- und Integrationstheorie (Osnabrück 2022-2023))
ist die Betragsmenge
\mathl{{ \left\{ \betrag { f' (0) } \mid f \in T \right\} }}{} ebenfalls kompakt und daher nach
Satz 17.5 (Maß- und Integrationstheorie (Osnabrück 2022-2023))
abgeschlossen und beschränkt und enthält nach
Korollar 33.18 (Analysis (Osnabrück 2021-2023))
ihr Maximum. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f
}
{ \in }{ T
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine Funktion mit der Eigenschaft, dass
\mathl{\betrag { f'(0) }}{} dieses Maximum ist. Mit
Lemma 25.5
folgt, dass $f$ surjektiv ist.
\inputbemerkung
{}
{
Der
riemannsche Abbildungssatz
besitzt eine Verallgemeinerung, den \stichwort {großen riemannschen Abbildungssatz} {.} Dabei geht es um sogenannte
\definitionsverweis {riemannsche Flächen}{}{,}
also eindimensionale
\definitionsverweis {komplexe Mannigfaltigkeiten}{}{,}
wozu offene Teilmengen von ${\mathbb C}$ gehören. Er besagt, dass es vom Holomorphietyp her nur drei
\definitionsverweis {einfach zusammenhängende}{}{}
riemannsche Flächen gibt, nämlich ${\mathbb C}$, die offene Kreisscheibe
\mathl{U { \left( 0,1 \right) }}{} und die
\definitionsverweis {riemannsche Zahlenkugel}{}{}
${\mathbb P}^{1}_{ {\mathbb C} }$, das ist einfach die reell zweidimensionale Sphäre mit der
\zusatzklammer {eindeutig bestimmten} {} {}
komplexen Struktur. Letztere ist eine kompakte riemannsche Fläche und insbesondere nicht innerhalb von ${\mathbb C}$
realisierbar. Für den einfachen Zusammenhang der Sphäre vergleiche
Aufgabe 20.4.
Der darauf aufbauende \stichwort {Uniformisierungssatz} {} besagt, dass die
\definitionsverweis {universelle Überlagerung}{}{}
einer zusammenhängenden riemannschen Fläche existiert, eine einfach zusammenhängende riemannsche Fläche ist und somit eine der drei Möglichkeiten ist.
}