Kurs:Grundkurs Mathematik (Osnabrück 2018-2019)/Teil II/Vorlesung 34/kontrolle
- Untervektorräume
Es sei ein Körper und . Eine Teilmenge heißt Untervektorraum, wenn die folgenden Eigenschaften gelten.
- Es ist .
- Mit ist auch .
- Mit und ist auch .
Eine Familie von Vektoren heißt wieder ein Erzeugendensystem von , wenn man jeden Vektor aus als eine Linearkombination schreiben kann, und eine Basis von , wenn darüber hinaus diese Darstellung eindeutig ist. Mit einem Erzeugendensystem kann man einen Untervektorraum in der Form
beschreiben. Umgekehrt definiert dabei die rechte Seite stets einen Untervektorraum, der der von den Vektoren erzeugte Untervektorraum heißt. Er wird mit bezeichnet.
Es sei ein Körper und
ein homogenes lineares Gleichungssystem über .
Dann ist die Menge aller Lösungen des Gleichungssystems ein Untervektorraum des (mit komponentenweiser Addition und Skalarmultiplikation).
Beweis
Für einen Untervektorraum
gibt es grundsätzlich zwei Beschreibungsmöglichkeiten: Als Lösungsraum eines homogenen linearen Gleichungssystems und als ein von Vektoren erzeugter Untervektorraum. Durch das Lösen eines linearen Gleichungssystems wird die zuerst genannte Darstellungsmöglichkeit in die zweite Darstellungsmöglichkeit umgewandelt.
Man nennt zu einem homogenen linearen Gleichungssystem Lösungen Basislösungen, wenn man jede Lösung eindeutig als Linearkombination dieser Basislösungen darstellen kann. Wenn ein solches System in den Variablen gegeben ist, und wenn man die freien Variablen identifiziert hat, so erhält man Basislösungen, wenn man diese freien Variablen an einer Stelle mit und sonst mit belegt und die anderen Einträge der abhängigen Variablen jeweils ausrechnet.
Es sei ein Körper und . Eine Teilmenge heißt affiner Unterraum, wenn ( leer ist oder) es einen Untervektorraum und einen Punkt mit
gibt.
Statt von einem affinen Unterraum spricht man manchmal schlicht von einem Unterraum. Der Punkt heißt ein Aufpunkt des Raumes und heißt der zugehörige Untervektorraum. Ein affiner Unterraum ist ein in eine bestimmte Richtung parallel verschobener Untervektorraum, wobei der Aufpunkt den Verschiebungsvektor bezeichnet.
Es sei ein Körper und
ein inhomogenes lineares Gleichungssystem über .
Dann ist die Menge aller Lösungen des Gleichungssystems ein (affiner) Unterraum des . Dabei kann man jede Lösung als Aufpunkt nehmen, und der zugehörige Untervektorraum ist der Lösungsraum zum zugehörigen homogenen linearen Gleichungssystem.
Es sei die Lösungsmenge nicht leer und sei ein beliebig gewählter Punkt. Es sei der Lösungsraum zum zugehörigen homogenen linearen Gleichungssystem, der nach Lemma 34.2 ein Untervektorraum von ist. Wir müssen die Mengengleichheit zeigen. Wenn ist, so bedeutet dies
für alle . Für ist dann
also ist dieser Punkt eine Lösung des inhomogenen Gleichungssystems und somit ist . Wenn umgekehrt eine Lösung ist, so ist
und diese Differenz erfüllt
Also ist und somit .
Wenn man also die Lösungsmenge eines inhomogenen Gleichungssystems beschreiben möchte, so nimmt man eine spezielle Lösung als Aufpunkt und eine Basis des Lösungsraumes des zugehörigen homogenen Gleichungssystems.
Der leere Raum und jeder einzelne Punkt ist für sich ein affiner Unterraum. Richtig interessant wird es mit Geraden.
Unter einer Geraden (in Punktvektorform) versteht man einen affinen Unterraum der Form
mit einem von verschiedenen Vektor und einem Aufpunkt .
Man spricht auch von der Punktrichtungsform oder der Parameterdarstellung der Geraden, wobei das als Parameter bezeichnet wird. Für eine Gerade gibt es stets die bijektive Abbildung
die auch eine Parametrisierung der Geraden heißt.
- Geraden in der Ebene
Wir besprechen die vorstehenden Begriffe und Aussagen in niedrigen Dimensionen.
Wir betrachten Geraden in der Ebene . Unter der Gleichungsform einer Geraden in der Ebene versteht man eine lineare Gleichung der Form
mit . Es ist einfach, aus der Gleichungsform eine Punktrichtungsform zu erhalten.
Dies folgt aus Lemma 34.5, da eine Basislösung der zugehörigen homogenen linearen Gleichung ist.
Es seien im zwei Geraden und in Gleichungsform durch
bzw.
(mit und ) gegeben.
Dann ist der Durchschnitt der beiden Geraden die Lösungsmenge des linearen Gleichungssystems, das aus diesen beiden Gleichungen besteht. Dabei gibt es die drei Möglichkeiten:
- Es ist .
- Es ist .
- Der Durchschnitt besteht aus einem einzigen Punkt.
Beweis
Im zweiten Fall (manchmal auch im ersten Fall) spricht man von parallelen Geraden. Der dritte Fall tritt genau dann ein, wenn zwischen und keine Vielfachheitsbeziehung besteht.
Wir berechnen zu den durch
bzw.
gegebenen Geraden den Durchschnitt. Wenn man von der zweiten Gleichung das -fache der ersten Gleichung abzieht, so erhält man
also
und somit
und
Der Durchschnitt besteht also aus einem einzigen Schnittpunkt mit den Koordinaten .
- Geraden und Ebenen im Raum
Unter einer Ebene (in Punktvektorform oder Parameterform) versteht man einen affinen Unterraum der Form
mit zwei Vektoren , die kein Vielfaches voneinander[1] sind, und einem Aufpunkt .
Dabei heißen hier die Zahlen die Parameter. Für eine Ebene gibt es stets die bijektive Abbildung
die auch eine Parametrisierung der Ebene heißt. Die Bijektivität beruht dabei darauf, dass keine Vielfachheitsbeziehung zwischen den Richtungsvektoren und besteht.
Dies folgt aus Lemma 34.5 und daraus, dass die beiden angegebenen Vektoren offenbar Lösungen der zugehörigen homogenen linearen Gleichung sind, die wegen kein Vielfaches voneinander sind. Man kann auch jede Lösung als Linearkombination dieser beiden Lösungen schreiben, es ist nämlich
Also handelt es sich um Basislösungen.
Wir betrachten die beiden Mengen
(aus Beispiel 34.12) und
und interessieren uns für den Durchschnitt
Ein Punkt liegt genau dann im Durchschnitt, wenn er simultan beide Bedingungen, also beide Gleichungen (nennen wir sie und ), erfüllt. Gibt es eine „einfachere“ Beschreibung dieser Durchschnittsmenge? Ein Punkt, der die beiden Gleichungen erfüllt, erfüllt auch die Gleichung, die entsteht, wenn man die beiden Gleichungen miteinander addiert oder die Gleichungen mit einer Zahl multipliziert. Eine solche Linearkombination der Gleichungen ist beispielsweise
Daher ist
da man aus der neuen zweiten Gleichung die alte zweite Gleichung zurückkonstruieren kann und daher die Bedingungen links und rechts insgesamt äquivalent sind. Der Vorteil der zweiten Beschreibung ist, dass man die Variable in der neuen zweiten Gleichung eliminiert hat. Daher kann man nach auflösen und erhält
und für muss dann
sein. Auch diese zwei aufgelösten Gleichungen sind zusammen äquivalent zu den beiden ersten und somit ist
Diese Beschreibung liefert einen expliziteren Überblick über die Menge .
Wir besprechen ein geometrisches Beispiel ähnlich zu Beispiel 34.13, wobei jetzt die Gleichungen nicht homogen sein müssen.
Im seien zwei Ebenen
und
gegeben. Wie kann man die Schnittgerade beschreiben? Ein Punkt liegt genau dann auf der Schnittgerade, wenn er die beiden Ebenengleichungen erfüllt; es muss also sowohl
gelten. Wir multiplizieren die erste Gleichung mit und ziehen davon das -fache der zweiten Gleichung ab und erhalten
Wenn man setzt, so muss und sein. D.h. der Punkt gehört zu . Ebenso findet man, indem man setzt, den Punkt . Damit ist die Schnittgerade die Verbindungsgerade dieser Punkte, also
- Fußnoten
- ↑ D.h. dass weder noch der Nullvektor ist und dass der eine Vektor nicht ein Vielfaches des anderen Vektors ist.