Kurs:Lineare Algebra (Osnabrück 2015-2016)/Teil II/Vorlesung 47



Homomorphie- und Isomorphiesatz



Es seien und Gruppen, es sei ein Gruppenhomomorphismus und ein surjektiver Gruppenhomomorphismus. Es sei vorausgesetzt, dass

ist.

Dann gibt es einen eindeutig bestimmten Gruppenhomomorphismus

derart, dass ist.

Mit anderen Worten: das Diagramm

ist kommutativ.

Wir zeigen zuerst die Eindeutigkeit. Für jedes Element gibt es mindestens ein mit . Wegen der Kommutativität des Diagramms muss

gelten. Das bedeutet, dass es maximal ein geben kann.
Wir haben zu zeigen, dass durch diese Bedingung eine wohldefinierte Abbildung gegeben ist. Es seien also zwei Urbilder von . Dann ist

und somit ist . Daher ist . Die Abbildung ist also wohldefiniert. Seien und seien Urbilder davon. Dann ist ein Urbild von und daher ist

D.h. ist ein Gruppenhomomorphismus.



Wir betrachten die beiden surjektiven Gruppenhomomorphismen

und

Es ist

Daher gibt es nach dem Homomorphiesatz einen eindeutig bestimmten Gruppenhomomorphismus

der mit den Restabbildungen verträglich ist. Dieser bildet den Rest der Zahl bei Division durch auf den Rest bei Division durch ab. Der Satz beinhaltet insbesondere die Aussage, dass dieser letztere Rest allein vom ersten Rest abhängt, nicht von der Zahl selbst.

Wenn man hingegen

und

betrachtet, so ist

und es gibt keine natürliche Abbildung

Beispielsweise haben , die alle modulo den Rest haben, modulo die Reste .


Die im vorstehenden Satz konstruierte Abbildung heißt induzierte Abbildung oder induzierter Homomorphismus und entsprechend heißt der Satz auch Satz vom induzierten Homomorphismus.



Es seien und Gruppen und sei

ein surjektiver Gruppenhomomorphismus.

Dann gibt es eine kanonische Isomorphie

Wir wenden Satz 47.1 auf und die kanonische Projektion an. Dies induziert einen Gruppenhomomorphismus

mit , der surjektiv ist. Sei und . Dann ist

also . Damit ist , d.h. der Kern von ist trivial und nach Lemma 44.21 ist auch injektiv.



Es sei eine zyklische Gruppe mit einem Erzeuger . Wir betrachten den im Sinne von Lemma 44.12 zugehörigen Gruppenhomomorphismus

Da ein Erzeuger vorliegt, ist diese Abbildung surjektiv. Der Kern dieser Abbildung ist durch die Ordnung von gegeben, die wir nennen (oder , wenn die Ordnung ist). Aufgrund von Korollar 47.3 gibt es eine kanonische Isomorphie

Insbesondere gibt es bis auf Isomorphie für jedes genau eine zyklische Gruppe, nämlich .



Der Gruppenhomomorphismus

ist surjektiv und aufgrund der Periodizität der trigonometrischen Funktionen ist der Kern gleich . Nach dem Isomorphiesatz gibt es eine kanonische Isomorphie



Die komplexe Exponentialfunktion

ist ein surjektiver Gruppenhomomorphismus. Der Kern ist . Nach dem Isomorphiesatz gibt es eine kanonische Isomorphie



Die Determinante

ist ein surjektiver Gruppenhomomorphismus, der Kern ist nach Definition die spezielle lineare Gruppe . Nach dem Isomorphiesatz gibt es eine kanonische Isomorphie




Es seien und Gruppen und sei

ein Gruppenhomomorphismus.

Dann gibt es eine kanonische Faktorisierung

wobei die kanonische Projektion, ein Gruppenisomorphismus und die kanonische Inklusion der Bildgruppe ist.

Dies folgt aus Korollar 47.3, angewandt auf die Bildgruppe .


Diese Aussage wird häufig kurz und prägnant so formuliert:

Bild Urbild modulo Kern.



Es sei eine Gruppe und ein Normalteiler mit der Restklassengruppe . Es sei ein weiterer Normalteiler in , der umfasst.

Dann ist das Bild von in ein Normalteiler und es gilt die kanonische Isomorphie

Für die erste Aussage siehe Aufgabe 46.14. Damit ist die Restklassengruppe wohldefiniert. Wir betrachten die Komposition

Wegen

ist . Daher ergibt Korollar 47.3 die kanonische Isomorphie


Kurz gesagt ist also



Restklassenringe

Auf einer Restklassengruppe zu einem Normalteiler in einer Gruppe gibt es häufig zusätzliche Strukturen, wenn die Ausgangsgruppe und der Normalteiler zusätzliche Eigenschaften besitzen. In der nächsten Vorlesung werden wir Restklassenräume zu Untervektorräumen besprechen. Hier besprechen wir kurz Restklassenringe zu einem Ideal in einem kommutativen Ring. Gelegentlich sind uns schon Ringhomomorphismen begegnet, wir erinnern an die Definition.


Es seien und Ringe. Eine Abbildung

heißt Ringhomomorphismus, wenn folgende Eigenschaften gelten:

  1. .
  2. .
  3. .

Nach Aufgabe 47.14 ist der Kern eines Ringhomomorphismus ein Ideal. Man kann umgekehrt zu jedem Ideal in einem (kommutativen) Ring einen Ring konstruieren, und zwar zusammen mit einem surjektiven Ringhomomorphismus

dessen Kern gerade das vorgegebene Ideal ist. Ideale und Kerne von Ringhomomorphismen sind also im Wesentlichen äquivalente Objekte, so wie das bei Gruppen für Kerne von Gruppenhomomorphismen und Normalteilern gilt. In der Tat gelten die entsprechenden Homomorphiesätze hier wieder, und können weitgehend auf die Gruppensituation zurückgeführt werden. Wir werden uns bei den Beweisen also kurz fassen können.


Es sei ein kommutativer Ring und ein Ideal in . Zu heißt die Teilmenge

die Nebenklasse von zum Ideal . Jede Teilmenge von dieser Form heißt Nebenklasse zu .

Diese Nebenklassen sind gerade die Nebenklassen zur Untergruppe , die wegen der Kommutativität ein Normalteiler ist. Zwei Elemente definieren genau dann die gleiche Nebenklasse, also , wenn ihre Differenz zum Ideal gehört. Man sagt dann auch, dass und dieselbe Nebenklasse repräsentieren.


Es sei ein kommutativer Ring und ein Ideal in . Dann ist der Restklassenring (sprich „R modulo I“) ein kommutativer Ring, der durch folgende Daten festgelegt ist.

  1. Als Menge ist die Menge der Nebenklassen zu .
  2. Durch

    wird eine Addition von Nebenklassen definiert.

  3. Durch

    wird eine Multiplikation von Nebenklassen definiert.

  4. definiert das neutrale Element für die Addition (die Nullklasse).
  5. definiert das neutrale Element für die Multiplikation (die Einsklasse).

Man muss dabei zeigen, dass diese Abbildungen (also Addition und Multiplikation) wohldefiniert sind, d.h. unabhängig vom Repräsentanten, und dass die Ringaxiome erfüllt sind. Da insbesondere eine Untergruppe der kommutativen Gruppe ist, liegt ein Normalteiler vor, so dass eine Gruppe ist und die Restklassenabbildung

ein Gruppenhomomorphismus ist. Das einzig Neue gegenüber der Gruppensituation ist also die Anwesenheit einer Multiplikation. Die Wohldefiniertheit der Multiplikation ergibt sich so: Seien zwei Restklassen gegeben mit unterschiedlichen Repräsentanten, also und . Dann ist und bzw. und mit . Daraus ergibt sich

Die drei hinteren Summanden gehören zum Ideal, so dass die Differenz ist.

Aus der Wohldefiniertheit folgen die anderen Eigenschaften und insbesondere, dass ein Ringhomomorphismus in den Restklassenring vorliegt. Diesen nennt man wieder die Restklassenabbildung oder den Restklassenhomomorphismus. Das Bild von in wird häufig mit , oder einfach mit selbst bezeichnet und heißt die Restklasse von . Bei dieser Abbildung gehen genau die Elemente aus dem Ideal auf , d.h. der Kern dieser Restklassenabbildung ist das vorgegebene Ideal.

Das einfachste Beispiel für diesen Prozess ist die Abbildung, die einer ganzen Zahl den Rest bei Division durch eine fixierte Zahl zuordnet. Jeder Rest wird dann repräsentiert durch eine der Zahlen . Im Allgemeinen gibt es nicht immer ein solch übersichtliches Repräsentantensystem.



Die Restklassenringe von


Die Restklassengruppen haben wir bereits kennengelernt, es handelt sich um zyklische Gruppen der Ordnung . Diese Gruppen bekommen jetzt aber noch zusätzlich eine Ringstruktur.


Es sei eine natürliche Zahl.

Dann gibt es eine eindeutig bestimmte Ringstruktur auf derart, dass die Restklassenabbildung

ein Ringhomomorphismus ist.

ist ein kommutativer Ring mit Elementen (bei ).

Beweis

Dies ist ein Spezialfall der obigen Überlegungen.


Die Restklassenringe sind ebenfalls gut überschaubar. Wenn den Grad besitzt, so wird jede Restklasse in durch ein eindeutiges Polynom von einem Grad repräsentiert. Dieses ist der Rest, den man erhält, wenn man durch durchdividiert.



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