Kurs:Algebraische Zahlentheorie (Osnabrück 2020-2021)/Vorlesung 29

Wir besprechen in verschiedenen Beispielen genauer, wie die Einheitengruppe eines Zahlbereiches aussieht und wie Fundamentaleinheiten zu finden sind. Nach dem Dirichletschen Einheitensatz, den wir in der letzten Vorlesung bewiesen haben, ist der Rang der Einheitengruppe eines Zahlbereichs mit reellen Einbettungen und Paaren von komplexen Einbettungen gleich .

Der Rang der Einheitengruppe ist in zwei Fällen gleich , nämlich bei und wenn ein imaginär-quadratischer Zahlbereich ist. In diesem Fall wurden die möglichen Einheitengruppen (= Einheitswurzelgruppen) in Lemma 27.7 besprochen. Für den Rang , also , gibt es die folgenden Möglichkeiten:

  1. und . Dann ist der Grad der Körpererweiterung gleich und es handelt sich um eine reell-quadratische Körpererweiterung.
  2. und . Dann ist der Grad der Körpererweiterung gleich . Das Minimalpolynom der Körpererweiterung ist ein kubisches Polynom mit genau einer reellen Nullstelle, beispielsweise .
  3. und . Dann ist der Grad der Körpererweiterung gleich . Das Minimalpolynom der Körpererweiterung ist ein Polynom vom Grad ohne reelle Nullstelle. Ein Beispiel ist , der fünfte Kreisteilungskörper.



Fundamentaleinheiten im reell-quadratischen Fall



Es sei ein reell-quadratischer Zahlbereich zu quadratfreiem und sei eine fixierte reelle Einbettung.

Dann besitzt ein Minimum und dieses ist eine Fundamentaleinheit.

Die Einheitengruppe von ist nach Korollar 28.10 isomorph zu , alle Einheiten sind von der Form mit und einer Fundamentaleinheit . Diese Beschreibung gilt auch in der Einbettung nach . Mit ist genauso und eine Fundamentaleinheit. Damit können wir annehmen. Zwischen und kann es keine weitere Einheit aus geben, da sie ja die Form besitzt, was bei negativem Vorzeichen negativ ist und bei (positivem Vorzeichen und) zwischen und liegt. Für ist .


Wir werden die Fundamentaleinheit (bezüglicher einer reellen Einbettung) häufig als die Fundamentaleinheit schlechthin bezeichnen. Man beachte, dass das Bild der Einbettung eine dichte Teilmenge ist. Zwischen und der gewählten Fundamentaleinheit gibt es also unendlich viele Zahlen aus , aber eben keine weiteren Einheiten.



Es sei ein reell-quadratischer Zahlbereich zu quadratfreiem und sei eine fixierte reelle Einbettung.

Dann sind für jede Einheit die Komponenten und positiv.

Mit sind auch Einheiten, wobei diese drei Elemente kleiner als sind, da konjugierte Elemente im quadratischen Fall bis eventuell auf das Vorzeichen invers zueinander sind. Deshalb ist , woraus folgt, und , woraus folgt.



Es sei ein reell-quadratischer Zahlbereich zu quadratfreiem und sei eine fixierte reelle Einbettung.

Dann ist die Fundamentaleinheit dadurch charakterisiert, dass bei ihr unter allen Einheiten die erste Komponente minimal ist.

Nach Lemma 29.1 gibt es eine Fundamentaleinheit , und diese ist unter den Einheiten oberhalb von minimal. Es sei eine weitere solche Einheit . Dann ist diese von der Form

mit . Bei folgt daraus sofort, dass , und bei kommt wegen Lemma 29.2 nach Satz 9.8 nur in Frage, was überhaupt (unabhängig von der Einheitenbedingung) das Minimum für die erste Komponente ist.



Explizit geht es bei um die Lösungen der Gleichung

mit ganzzahlig und bei um Lösungen der Gleichung

mit ganzzahlig mit geradzahlig, was auf die ganzzahlige Gleichung

führt. Diese Gleichung (en) nennt man auch die Pellsche Gleichung, wobei der Sprachgebrauch nicht einheitlich ist. Die Gleichung in der letzten Form erfasst jedenfalls alle Möglichkeiten, wobei nicht jede Lösung zu einer Einheit führt, beispielsweise entspricht

direkt keiner Lösung (die Hälfte davon aber wiederum schon).


Mit Lemma 29.3 kann man prinzipiell konstruktiv eine Fundamentaleinheit bestimmen, indem man zu aufsteigendem (ganzzahlig oder ein ganzzahliges Vielfaches von ) untersucht, ob die Gleichung

eine Lösung in besitzt, wofür nur endlich viele Kandidaten zu überprüfen sind. Man hat aber von vornherein keine Schranke für , daher weiß man nicht, wie schnell diese Methode zum Erfolg führt.




In ist wegen

das Element eine Einheit. Nach Lemma 29.3 handelt es sich um die eindeutig bestimmte Fundamentaleinheit .



Wir suchen in gemäß Bemerkung 29.4 nach der Fundamentaleinheit, nach Satz 9.8 müssen wir nur mit ganzzahligen überprüfen, ob

gilt. Für gibt es keine Lösung, und bei ist mit eine Lösung gefunden. Somit ist die Fundamentaleinheit. Die anderen Einheiten oberhalb von sind , , u.s.w.


Für quadratfreies kann man so algorithmisch die Fundamentaleinheit des quadratischen Zahlbereiches bestimmen. Für kleine ergibt sich die folgende Tabelle.

Die Norm der Fundamentaleinheit ist wie von jeder Einheit gleich oder . Es ist eine interessante Frage, ob die Fundamentaleinheit die Norm oder ist. Für ist die Norm der Fundamentaleinheit gleich .



Weitere Beispiele

Wir betrachten den Zahlbereich vom Grad , eine Ganzheitsbasis ist nach Korollar 16.2. Es ist

d.h. das Element ist eine Einheit, und zwar keine Einheitswurzel.


In Fröhlich/Taylor wird erwähnt, dass in das Element

eine Fundamentaleinheit ist.


Der fünfte Kreisteilungskörper (vergleiche Beispiel 17.5) die Gestalt

und die komplexen Einbettungen sind durch mit gegeben, wobei die Einbettungen zu und und zu und zueinander komplex-konjugiert sind. Es gibt keine reelle Einbettung und es ist und . Der Rang der Einheitengruppe ist also nach Satz 28.7. Wegen gibt es einen reellen Zwischenkörper und dieser enthält auch schon eine Einheitengruppe vom Rang . Es ist

und wegen

ist dies eine Einheit im quadratischen Zahlbereich zu , und zwar nach Lemma 29.3 die Fundamentaleinheit .




Der Regulator

Es sei ein Zahlbereich mit reellen Einbettungen und Paaren von komplexen Einbettungen und es sei ein System von Fundamentaleinheiten. Dann nennt man den Betrag der Determinante der reellen - Matrix

wobei die logarithmische Gesamtabbildung bezeichnet, den Regulator von . Er wird mit bezeichnet.

Man beachte, dass in der Definition des Regulators nur Komponenten der (logarithmischen) Gesamtabbildung verwendet werden. Das Bild der Einheiten liegt ja in einer Hyperebene des , ist also dort nicht volldimensional. Wir werden gleich sehen, dass es zur Berechnung egal ist, welche Komponente man weglässt. Wenn ist (wie bei oder einem imaginär-quadratischen Zahlbereich), so ist die Definition als zu interpretieren (Determinante der leeren Matrix).



Es sei ein Zahlbereich mit reellen Einbettungen und Paaren von komplexen Einbettungen und es sei ein System von Fundamentaleinheiten von . Es sei das von im Untervektorraum erzeugte Gitter.

Dann besteht zwischen dem Regulator und dem Volumen einer Grundmasche von der Zusammenhang

Beweis

Siehe Aufgabe 29.16.


Dies zeigt insbesondere, dass es bei der Definition des Regulators auf die Reihenfolge der Einbettungen nicht ankommt und man eine beliebige Komponente weglassen kann.

Es sei quadratfrei und der zugehörige reell-quadratische Zahlbereich. Es sei eine reelle Einbettung und sei eine Fundamentaleinheit von . Dann ist der Regulator von gleich

An dieser Definition sieht man direkt, dass wenn man durch eine der anderen Fundamentaleinheiten ersetzt, dies zum gleichen Ergebnis führt: Das Vorzeichen wird durch den inneren Betrag und die Inversenbildung durch den äußeren Betrag aufgefangen. Auch von der gewählten Einbettung hängt es nicht ab, da ja die andere Einbettung aus der gegebenen Einbettung durch einen Automorphismus hervorgeht und dabei auf eines der drei Elemente abgebildet wird.


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