Kurs:Analysis (Osnabrück 2014-2016)/Teil II/Vorlesung 35
- Der Abschluss in einem metrischen Raum
Es sei ein metrischer Raum und eine Teilmenge. Ein Punkt heißt Berührpunkt von , wenn zu jedem der Durchschnitt
Es sei ein metrischer Raum und eine Teilmenge. Die Menge aller Berührpunkte von heißt der Abschluss von . Er wird mit bezeichnet.
Der Abschluss ist eine abgeschlossene Menge, und zwar die kleinste abgeschlossene Menge, die umfasst, siehe Aufgabe 35.1.
- Grenzwerte von Abbildungen
Es sei ein metrischer Raum, sei eine Teilmenge und sei ein Berührpunkt von . Es sei
eine Abbildung in einen weiteren metrischen Raum . Dann heißt der Grenzwert (oder Limes) von in , wenn es für jedes ein gibt mit der folgenden Eigenschaft: Für jedes ist . In diesem Fall schreibt man
Wenn der Grenzwert existiert, so ist er eindeutig bestimmt. Wenn kein Berührpunkt von ist, so ist die obige Definition grundsätzlich auch formulierbar, doch dann ist jedes ein Grenzwert.
Es sei
(mit der von induzierten Metrik),
und , der ein Berührpunkt von ist. Eine Abbildung
in einen metrischen Raum ist dasselbe wie eine Folge in , da ja einfach jedem ein Element zugeordnet wird. Sei . Dann besitzt die Abbildung in den Grenzwert genau dann, wenn die Folge gegen konvergiert.
Es sei ein metrischer Raum, sei eine Teilmenge und sei ein Berührpunkt von . Es sei
eine Abbildung in einen weiteren metrischen Raum und sei . Dann sind folgende Aussagen äquivalent.
- Die Abbildung besitzt in den Grenzwert .
- Zu jeder offenen Menge mit gibt es eine offene Menge mit und mit .
- Für jede Folge in , die gegen konvergiert, konvergiert die Bildfolge gegen .
. Da offen ist gibt es ein mit . Aufgrund von (1) gibt es ein mit
und wir können
nehmen.
. Es sei eine gegen konvergente Folge
und ein
gegeben. Für die offene Menge
gibt es nach (2) eine offene Menge
mit
und
.
Wegen der Offenheit von gibt es auch ein
mit
.
Da die Folge gegen konvergiert, gibt es ein
mit
für alle
.
Für diese ist dann
,
d.h. die Bildfolge konvergiert gegen .
. Nehmen wir an, dass nicht der Grenzwert ist. Dann gibt es ein
derart, dass es für alle
ein
gibt mit
und mit
.
Wir wenden diese Eigenschaft auf die Stammbrüche
, ,
an und erhalten eine Folge
Es sei ein metrischer Raum, sei eine Teilmenge und sei ein Berührpunkt von . Es seien und Funktionen derart, dass die Grenzwerte und existieren.
Dann gelten folgende Beziehungen.
- Die Summe besitzt einen Grenzwert in , und zwar ist
- Das Produkt besitzt einen Grenzwert in , und zwar ist
- Es sei
für alle
und
.
Dann besitzt der Quotient einen Grenzwert in , und zwar ist
Beweis
- Zusammenhängende Räume
Ein metrischer Raum heißt zusammenhängend, wenn es genau zwei Teilmengen von gibt (nämlich und selbst), die sowohl offen als auch abgeschlossen sind.
Den leeren metrischen Raum bezeichnet man gemäß dieser Definition als nicht zusammenhängend (oder unzusammenhängend). Ein nichtleerer nicht zusammenhängender Raum ist dadurch ausgezeichnet, dass man als disjunkte Vereinigung schreiben kann, wobei und beide nichtleer und in abgeschlossen (und damit auch beide offen) sind.
In der folgenden Aussage verstehen wir unter Intervalle auch die
(einseitig oder beidseitig)
unbeschränkten Intervalle, wie z.B. .
Es sei eine Teilmenge der reellen Zahlen.
Dann ist genau dann zusammenhängend, wenn ein (nichtleeres) Intervall ist.
Es sei zuerst kein Intervall. Wenn leer ist, so ist nach Definition nicht zusammenhängend. Es sei also , aber kein Intervall. Dann gibt es nach Aufgabe 6.14 und mit
Dann ist die Menge
sowohl
offen
als auch
abgeschlossen
in , da man sowohl als Durchschnitt von mit einem offenen Intervall als auch als Durchschnitt mit einem abgeschlossenen Intervall schreiben kann. Wegen
und
ist sie weder
noch ,
also ist nicht zusammenhängend.
Es sei nun ein nichtleeres Intervall und
sei angenommen, dass es eine Teilmenge
mit
gibt, die in sowohl offen als auch abgeschlossen sei. Es sei
und
, .
Wir betrachten das
(abgeschlossene und beschränkte)
Intervall
(ohne Einschränkung sei
)
und setzen
.
Dies ist eine in offene und abgeschlossene Teilmenge von , die wegen
nicht leer ist und wegen
nicht ganz ist. D.h., es genügt, die Behauptung für ein abgeschlossenes und beschränktes Intervall
zu zeigen und können davon ausgehen, dass es eine offene und abgeschlossene Teilmenge mit
und
gibt. Wir betrachten die reelle Zahl
,
die wegen
Satz 7.5
existiert. Da ein abgeschlossenes Intervall vorliegt, gehört zu und aufgrund von
Korollar 33.17
ist
.
Da aber auch offen in ist, gibt es ein
mit
.
Da das Supremum von ist, folgt
. Dies ist ein Widerspruch zu
.
Insbesondere sind also die reellen Zahlen zusammenhängend. Dies gilt auch für die komplexen Zahlen und für den
(siehe
Satz 35.13).
Für die rationalen Zahlen gilt die vorstehende Aussage nicht, dort sind nämlich nur die einpunktigen Intervalle zusammenhängend, alle anderen Intervalle sind in unzusammenhängend, da es zwischen zwei rationalen Zahlen stets irrationale Zahlen gibt, mit deren Hilfe man Teilmengen definieren kann, die zugleich offen als auch abgeschlossen sind.
- Zusammenhängende Räume und stetige Abbildungen
Es seien und metrische Räume und sei
eine stetige Abbildung. Es sei eine zusammenhängende Teilmenge.
Dann ist auch das Bild
zusammenhängend.
Es sei und eine offene und abgeschlossene Teilmenge, die weder leer noch ganz sei. Die eingeschränkte Abbildung
ist ebenfalls stetig, und sie ist auch surjektiv. Daher ist eine offene und abgeschlossene Teilmenge in , die ebenfalls weder leer noch ganz ist, im Widerspruch zur Voraussetzung, dass zusammenhängend ist.
Daraus ergibt sich auch ein neuer Beweis für den Zwischenwertsatz aus Analysis I.
- Wegzusammenhängende Räume
Ein nichtleerer metrischer Raum heißt wegzusammenhängend, wenn es zu je zwei Punkten eine stetige Abbildung
mit und gibt.
Nehmen wir an, es gebe eine Zerlegung in zwei nichtleere offene Teilmenge und . Sei und . Nach Voraussetzung gibt es eine stetige Abbildung
mit und . Dann ist
eine disjunkte Zerlegung eines Intervalls in zwei nichtleere offene Mengen im Widerspruch zu Satz 35.9.
Mit dieser Aussage lässt sich häufig zeigen, dass gewisse Teilmengen des zusamenhängend sind. Beispielsweise ist der selbst sowie die offenen und abgeschlossenen Kugeln darin zusammenhängend, siehe
Aufgabe 35.14.
Es sei eine offene Teilmenge.
Dann ist genau dann zusammenhängend, wenn wegzusammenhängend ist.
Die eine Richtung folgt aus Lemma 35.12. Für die andere Richtung sei zusammenhängend. Zu einem Punkt betrachten wir die Menge
Diese Menge ist offen, da offene Bälle wegzusammenhängend sind und man stetige Wege aneinander legen kann. Aus diesem Grund ist für zwei Punkte entweder oder aber . Wenn nicht wegzusammenhängend wäre, so wäre und es gäbe eine Zerlegung
in nichtleere offene Teilmengen im Widerspruch zum Zusammenhang.
Für nicht offene Teilmengen des gilt die vorstehende Äquivalenz nicht, siehe
Aufgabe 35.17.
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