Kurs:Bündel, Garben und Kohomologie (Osnabrück 2019-2020)/Vorlesung 4



Garben

Es sei ein topologischer Raum. Unter einer Garbe auf versteht man eine Prägarbe auf , die die folgenden Eigenschaften erfüllt.

  1. Zu jeder offenen Überdeckung und Elementen mit für alle gilt .
  2. Zu jeder offenen Überdeckung und Elementen mit für alle gibt es ein mit für alle .

Diese Eigenschaften nennt man die Serreschen Bedingungen. Die erste fordert, dass man die Übereinstimmung von Schnitten lokal auf einer offenen Überdeckung überprüfen kann, die zweite fordert, dass zusammenpassende lokale Schnitte von einem globalen Schnitt herkommen. Für die leere Menge ist einelementig, was mengentheoretisch aus den Eigenschaften folgt, wenn man die Überdeckung der leeren Menge mit der leeren Indexmenge betrachtet. Stellvertretend für viele ähnliche Beispiele zeigen wir, dass die Prägarbe der Schnitte zu eine Garbe auf ist.


Wir knüpfen an Beispiel 3.12 an, d.h. es seien und topologische Räume und es sei

eine fixierte stetige Abbildung, und es sei

die Prägarbe der stetigen Schnitte in . Dies ist eine Garbe. Die erste Serresche Bedingung ist erfüllt, da zwei Schnitte übereinstimmen, wenn sie in jedem Punkt den gleichen Wert haben, was bei einer offenen Überdeckung lokal getestet werden kann. Die zweite Serresche Bedingung ist erfüllt, da man zu einer Familie von stetigen verträglichen Schnitten

direkt einen Schnitt

definieren kann, der diese simultan fortsetzt. Die Stetigkeit folgt, da diese lokal getestet werden kann.



Zu einer topologischen Gruppe und einem topologischen Raum ist durch eine Garbe gegeben, die Garbe der stetigen Abbildungen mit Werten in . Es handelt sich um eine Garbe von Gruppen. Die Garbeneigenschaften beruhen darauf, dass die Gleichheit von stetigen Abbildungen punktweise getestet werden kann und dass sich stetige Abbildungen, die auf offenen Mengen definiert sind und auf den Durchschnitten übereinstimmen, zu einer globalen stetigen Abbildung fortsetzen.




Es sei eine Garbe auf einem topologischen Raum . Es seien Schnitte gegeben, die in den Halmen für alle Punkte erfüllen.

Dann ist .

Aufgrund der Veraussetzung gibt es zu jedem Punkt eine offene Umgebung derart, dass

ist. Somit ist

und aus der ersten Garbeneigenschaft folgt .



Garbenmorpismen

Ein Garbenmorphismus ist einfach ein Prägarbenmorphismus zwischen Garben. Dennoch gibt es einige gewichtige Besonderheiten, die sich auf Surjektivität, Bild, lokaler Isomorphietest beziehen.



Es sei ein topologischer Raum und ein Garbenmorphismus.

Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent.

  1. ist injektiv für jede offene Menge .

  2. Die Halmabbildungen

    sind injektiv für alle Punkte .

Es seien und Keime aus mit . Wir können davon ausgehen, dass beide durch Schnitte auf einer offenen Umgebung von repräsentiert werden. Aufgrund der Gleichheit im Halm zu gibt es eine offene Umgebung mit in . Aus der Voraussetzung folgt in und damit auch im Halm zu .

Zum Beweis der Rückrichtung seien Schnitte mit in gegeben. Dann ist in jedem Halm zu und damit nach Voraussetzung (unter Verwendung von Lemma 3.27) auch in jedem Halm . Aus Lemma 4.4 folgt .



Es sei ein topologischer Raum und ein Garbenmorphismus.

Dann ist genau dann ein Garbenisomorphismus, wenn für jeden Punkt die Halmabbildung

ein Isomorphismus ist.

Die Hinrichtung ist trivial. Für die Rückrichtung ist zu zeigen, dass

für jede offene Teilmenge bijektiv ist. Ohne Einschränkung sei . Die Injektivität ergibt sich aus Lemma 4.5. Zum Nachweis der Surjektivität sei nun vorgegeben. Zu jedem Punkt gibt es ein eindeutiges

mit

Jedes wird repräsentiert durch ein

wobei eine offene Umgebung von bezeichnet. Dabei hat die Eigenschaft, dass es im Halm mit übereinstimmt. Daher gibt es eine eventuell kleinere offene Umgebung , auf der gilt. Wir ersetzen durch und haben eine offene Überdeckung

und Schnitte

die jeweils auf abbilden. Wir betrachten zwei Schnitte und auf dem Durchschnitt . Für einen Punkt

ist , da beide unter der bijektiven Abbildung auf abgebildet werden. Nach Lemma 4.4 folgt

Somit gibt es aufgrund der zweiten Garbeneigenschaft ein globales Element mit

für alle . Wegen der ersten Garbeneigenschaft ist , da dies auf den gilt.


Diese Aussage gilt weder für Prägarben (man betrachte beispielsweise eine Vergarbung einer Prägarbe) noch ohne die Voraussetzung, dass es überhaupt einen Homomorphismus gibt. Zwei Garben, die halmweise zueinander isomorph sind, müssen nicht isomorph sein. Wichtige Beispiele dazu sind lokal freie Garben, die lokal isomorph zu freien Garben sind, aber im Allgemeinen selbst nicht frei sind.

Es ist auf den ersten Blick sicher überraschend und vielleicht auch enttäuschend, dass sich bei einem Garbenmorphismus die Surjektivität auf der Ebene der offenen Mengen und auf der Halmebene unterscheiden. Was aber zunächst wie ein Defizit aussieht, ist in Wirklichkeit eine Stärke der Garbentheorie, da sich in der globalen Nichtsurjektivität von halmweise surjektiven Morphismen topologische Eigenschaften des zugrunde liegenden Raumes widerspiegeln.


Ein Garbenmorphismus zwischen Garben auf einem topologischer Raum heißt surjektiv, wenn für jeden Punkt die Halmabbildung

surjektiv ist.

Diese Eigenschaft ist deutlich schwächer als die Eigenschaft, dass auf jeder offenen Menge eine surjektive Abbildung vorliegt.


Wir betrachten den stetigen Gruppenhomomorphismus

also die periodische trigonometrische Parametrisierung des Einheitskreises. Dies induziert einen Garbenmorphismus

auf jedem topologischen Raum . Einer stetigen reellwertigen Funktion auf wird die Hintereinanderschaltung

zugeordnet. Dieser Garbenmorphismus ist surjektiv, da lokal umkehrbar ist. Er ist aber im Allgemeinen nicht auf jeder offenen Teilmenge surjektiv. Wenn beispielsweise ist, so besitzt die Identität auf keine stetige Liftung nach




Zu Garben und auf einem topologischen Raum

ist die Zuordnung

selbst eine Garbe.

Da ein Garbenmorphismus

eine Abbildung

für jede offene Teilmenge beinhaltet, gibt es unmittelbar eine Einschränkung

Das bedeutet, dass

eine Prägarbe ist. Zum Nachweis der Garbeneigenschaften sei

eine offene Überdeckung. Es seien

Garbenmorphismen derart, dass die Einschränkungen

übereinstimmen. Es sei mit den Einschränkungen . Es ist dann

Somit stimmen

lokal überein und damit stimmen sie wegen der Garbeneigenschaft auch direkt überein.

Zum Nachweis der zweiten Garbeneigenschaft seien Garbenmorphismen

gegeben, die die Verträglichkeitsbedingung

erfüllen. Es ist die Existenz eines Garbenmorphismus

nachzuweisen, dessen Einschränkungen die vorgegebenen ergibt. Es sei hierzu wieder . Sei

Wegen

ist

und somit bilden die eine verträgliche Familie von Schnitten. Daher gibt es eine eindeutig bestimmtes Element mit . Die Festlegung ergibt somit eine Abbildung

deren Einschränkungen die vorgegebenen sind.



Es sei eine offene Überdeckung eines topologischen Raumes und es seien und Garben auf . Zu jedem sei ein Garbenmorphismus

gegeben, der

für alle erfüllt.

Dann gibt es einen eindeutigen Garbenmorphismus

mit .

Dies folgt direkt aus Lemma 4.9.



Es seien und Garben auf einem topologischen Raum und es seien

Garbenmorphismen.

Dann ist genau dann, wenn für jeden Punkt gilt.

Dies folgt direkt aus Lemma 4.9 und Lemma 4.4.



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