Kurs:Einführung in die Algebra (Osnabrück 2009)/11/Klausur mit Lösungen


Aufgabe * (3 Punkte)

Man bestimme den größten gemeinsamen Teiler von und und man gebe eine Darstellung des von und mittels dieser Zahlen an.

Der euklidische Algorithmus liefert:

Die Zahlen und sind also teilerfremd und ist ihr größter gemeinsamer Teiler. Eine Darstellung der erhält man, indem man diese Division mit Rest rückwärts liest, also


 


Aufgabe * (2 Punkte)

Es sei eine Primzahl. Man gebe einen Körper der Charakteristik an, der unendlich viele Elemente besitzt.

Wir starten mit , das ist ein Körper der Charakteristik . Dazu betrachten wir den Quotientenkörper des Polynomrings . Der Polynomring und sein Quotientenkörper enthalten , sodass ebenfalls die Charakteristik besitzt. Ferner enthält die unendlich vielen Potenzen , , die alle untereinander verschieden sind.


 


Aufgabe * (3 Punkte)

Es sei eine Menge mit Elementen. Bestimme die Anzahl der Relationen auf , die

  1. reflexiv
  2. symmetrisch
  3. reflexiv und symmetrisch

sind.

Es sei . Eine Relation ist gegeben durch eine bestimmte Menge von geordneten Paaren , . Daher kann man sich eine Relation auf so vorstellen, dass in einer -Tabelle gewisse Stellen angekreuzt werden und andere nicht.

Bei einer beliebigen Relation gibt es keine weiteren Bedingungen, sodass es Relationen gibt (das war nicht gefragt).

Bei einer reflexiven Relation muss auf der Diagonalen immer ein Kreuz sein, ansonsten hat man keine Bedingung, es gibt also freie Stellen und daher reflexive Relationen.

Bei einer symmetrischen Relation hat man oberhalb der Diagonalen (einschließlich dieser) volle Freiheiten (unterhalb der Diagonalen muss sich der Eintrag wiederholen). Da gibt es Plätze und somit gibt es symmetrische Relationen.

Bei einer symmetrischen und reflexiven Relation hat man echt oberhalb der Diagonalen volle Wahlfreiheiten. Davon gibt es Plätze, sodass es symmetrische und reflexive Relationen gibt.


 


Aufgabe * (3 Punkte)

Es sei eine Primzahl und eine Einheit. Es sei die Ordnung von in der additiven Gruppe und es sei die Ordnung von in der multiplikativen Gruppe . Zeige, dass und teilerfremd sind.

Da eine Einheit ist, gibt es eine natürliche Zahl mit . Damit durchlaufen die Vielfachen von die ganze Gruppe , d.h. ist ein (additiver) Erzeuger dieser Gruppe. Damit ist die additive Ordung von genau . Da die Einheitengruppe Elemente besitzt, ist die multiplikative Ordnung von kleiner als . Damit sind die beiden Ordnungen teilerfremd.


 


Aufgabe * (3 Punkte)

Bestimme sämtliche primitive Einheiten im Restklassenkörper .

Die multiplikative Ordnung ist ein Teiler von . Wir bestimmen zuerst die Ordnung von . Es ist

Daher muss die Ordnung sein und ist eine primitive Einheit. Daher gibt es einen

Gruppenisomorphismus

der Erzeuger auf Erzeuger abbildet. Die Erzeuger links sind (die zu teilerfremden Zahlen), und diese werden auf die primitiven Einheiten

abgebildet.


 


Aufgabe * (5 Punkte)

Es sei eine Gruppe und eine Untergruppe. Erläutere die Begriffe „Linksnebenklasse“, „Index“ und „Normalteiler“. Zeige, dass eine Untergruppe vom Index ein Normalteiler ist.

Zu einer Untergruppe heißt eine Teilmenge der Form mit eine Linksnebenklasse. Die Anzahl der Linksnebenklassen heißt der Index von in . Eine Untergruppe heißt Normalteiler, wenn ist für jedes .

Es sei nun eine Untergruppe von vom Index zwei. D.h. es gibt zwei Linksnebenklassen, nämlich und eine weitere Klasse mit . Für zwei Elemente ist und , da andernfalls und somit durch Kürzen doch gelten würde.

Es sei nun beliebig. Bei ist natürlich , sei also . Dann ist , da es sonst keine weitere Linksnebenklassen gibt. Wegen ist . Umgekehrt sei mit gegeben. Dann ist nach der Vorüberlegung und daraus folgt , also auch .


 


Aufgabe * (3 Punkte)

(a) Bestimme für die Zahlen , und modulare Basislösungen, finde also die kleinsten positiven Zahlen, die in

die Restetupel und repräsentieren.

(b) Finde mit den Basislösungen die kleinste positive Lösung der simultanen Kongruenzen

Für die Basislösung zu müssen wir die Vielfachen von betrachten. Da ist, ist die erste Basislösung. Ebenso repräsentiert wegen die das Restetupel . Die Vielfachen von haben modulo die Reste

also repräsentiert das Restetupel .

Das Tupel wird daher von (beachte )

repräsentiert.


 


Aufgabe * (3 Punkte)

Betrachte die beiden Permutationen

und

Berechne und . Bestimme die Anzahl der Fehlstände und das Vorzeichen von . Man gebe die Zyklendarstellung von und von an. Was ist die Ordnung von ?

Die Produkte der beiden Permutationen sind als Wertetabellen geschrieben

und

Die Fehlstände von sind

Das sind also Fehlstände und damit ist das Vorzeichen .

Die Zyklendarstellung von ist (wir führen auch die Fixpunkte aus)

Daher hat die Zyklendarstellung

Die Ordnung von ist , da ein Dreierzyklus und ein Viererzyklus beteiligt sind.


 


Aufgabe * (5 Punkte)

Formuliere und beweise den Satz von Cayley für endliche Gruppen.

Der Satz von Cayley für endliche Gruppen besagt, dass sich jede endliche Gruppe als Untergruppe einer endlichen Permutationsgruppe auffassen lässt. Zum Beweis geht man wie folgt vor. Zur Gruppe bezeichnet die Gruppe der Permutationen auf der Menge . Man betrachtet die Abbildung

d.h. dem Gruppenelement wird die Multiplikation mit zugeordnet. Dabei ist diese Multiplikation wirklich eine Bijektion auf (mit der Multiplikation mit als inverser Abbildung). Wir zeigen, dass die Zuordnung ein injektiver Gruppenhomomorphismus ist. Offenbar ist die Identität, also das neutrale Element der Permutationsgruppe. Es seien und . Dann ist

sodass ein Gruppenhomomorphismus vorliegt. Aus folgt sofort , sodass die Abbildung auch injektiv ist. Daher ist isomorph zur Bildgruppe, die eine Untergruppe der endlichen Permutationsgruppe ist.


 


Aufgabe * (5 Punkte)

Es sei eine endliche Untergruppe der Gruppe der eigentlichen, linearen Isometrien des . Definiere die Begriffe „Halbachse von “ und erläutere, wann zwei Halbachsen „äquivalent“ sind. Zu einer Halbachse sei

Zeige, dass zu zwei äquivalenten Halbachsen

und die Gruppen und isomorph sind.

Eine Halbachse zu ist eine Halbgerade, die durch die Drehachse eines Elementes , , gegeben ist. Zwei Halbachsen und heißen äquivalent, wenn es ein gibt mit . Es seien zwei äquivalente Halbachsen gegeben und seien und die zugehörigen Isotropiegruppen. Dann definiert  mit durch

einen Isomorphismus der beiden Gruppen. Als ein innerer Automorphismus ist diese Zuordnung ein Isomorphismus auf , man muss also nur noch zeigen, dass nach abgebildet wird. Für ist aber

sodass ist.


 


Aufgabe * (4 Punkte)

Es sei ein Körper, ein Ring mit und

ein Ringhomomorphismus. Zeige direkt (ohne Bezug auf Sätze der Vorlesung), dass injektiv ist.

Es seien vorgegeben, und sei angenommen, dass ist. Dann ist

Wenn wäre, so wäre dies eine Einheit, d.h. es gäbe ein mit . Dann wäre

Aus folgt daraus , also im Widerspruch zur Voraussetzung an . Also ist und .


 


Aufgabe * (3 Punkte)

Beweise mit Hilfe der eindeutigen Primfaktorzerlegung in , dass irrational ist.

Nehmen wir an, dass es eine Darstellung

mit positiven natürlichen Zahlen gibt. Wenn und einen gemeinsamen Teiler hat, so können wir mit diesem kürzen und erhalten dann eine Bruchdarstellung mit teilerfremden Zähler und Nenner. Es seien also und teilerfremd. Wir nehmen die dritte Potenz der Anfangsgleichung und erhalten

bzw.

Diese Zahl hat eine eindeutige Primfaktorzerlegung. In ihr kommt vor, sodass und daher ist, da eine Primzahl ist. Also kommt rechterseits mit einem Exponenten in der Primfaktorzerlegung vor, linkerseits aber nur mit dem Exponenten , da kein Vielfaches von ist. Dies ist ein Widerspruch.


 


Aufgabe * (3 Punkte)

Man bestimme sämtliche komplexen Nullstellen des Polynoms

und man gebe die Primfaktorzerlegung von diesem Polynom in und in an.

Zunächst ist eine Nullstelle und daher ist ein Linearfaktor. Division mit Rest ergibt

Wir müssen also noch die komplexen Nullstellen von bestimmen. Dazu ist

Damit ist

und somit sind die weiteren Nullstellen


 


Aufgabe * (3 Punkte)

Bestimme in das Inverse von ( bezeichnet die Restklasse von ).

Wir machen Division mit Rest von durch . Das ergibt

Also ist

und daher ist das Inverse von gegeben durch


 

Die folgende Aufgabe verwendet den Begriff der algebraischen Körpererweiterung.


Eine Körpererweiterung , heißt algebraisch, wenn jedes Element algebraisch über ist.



Aufgabe * (5 Punkte)

Es seien und algebraische Körpererweiterungen. Zeige, dass dann auch eine algebraische Körpererweiterung ist.

Es ist zu zeigen, dass jedes Element algebraisch über ist. Nach Voraussetzung ist algebraisch über , d.h. es gibt ein normiertes Polynom mit . Es seien die Koeffizienten von . Da über algebraisch ist, sind all diese Koeffizienten algebraisch über . Wir betrachten die Kette von -Algebren

Dabei ist jeweils über algebraisch und daher handelt es sich jeweils um endliche Körpererweiterungen. Nach der Gradformel ist dann auch endlich. Weiterhin ist , da ja nach Konstruktion die Koeffizienten von zu gehören. Also ist algebraisch über und damit zeigt wieder die Kette , dass und erst recht endlich über ist. Also ist algebraisch über .


 


Aufgabe * (4 Punkte)

Es sei , , eine algebraische Zahl. Zeige, dass auch die konjugiert-komplexe Zahl sowie der Real- und der Imaginärteil von algebraisch sind. Man bestimme den Grad der Körpererweiterung

( bezeichnet dabei den Körper der algebraischen Zahlen.)


Sei , , mit . Die komplexe Konjugation ist ein - Algebrahomomorphismus, daher ist

Der Realteil von lässt sich als erhalten und der Imaginärteil als . Da die Summe, die Differenz und das Produkt von algebraischen Zahlen wieder algebraisch ist, und da algebraisch ist (als Nullstelle von ), folgt, dass Real- und Imaginärteil auch algebraisch sind. D.h. zu jeder algebraischen Zahl sind die reellen Koordinaten auch algebraisch.

Wir setzen und behaupten, dass ist und der Grad daher zwei ist (da ist). Die Inklusion „ “ haben wir soeben gezeigt. Die andere Inklusion folgt daraus, dass algebraisch ist.


 


Aufgabe * (4 Punkte)

Es sei eine Gerade gegeben, auf der zwei Punkte als und ausgezeichnet seien, sodass man diese Gerade mit den reellen Zahlen identifizieren kann. Es seien zwei Zahlen und auf gegeben. Beschreibe, wie man die beiden Zahlen durch eine geometrische Konstruktion mit Zirkel und Lineal miteinander multiplizieren kann, sodass das Produkt wieder auf liegt (dabei darf die Konstruktion von Parallelen und Senkrechten verwendet werden). Skizziere die Situation.

Man zeichnet eine senkrechte Gerade zu durch den Nullpunkt. Mit dem Zirkel schlägt man Kreise mit dem Nullpunkt als Mittelpunkt durch ,  und und markiert die entsprechenden Punkte auf als ,  und . Dabei wählt man als einen der beiden Schnittpunkte und und müssen dann auf den entsprechenden Halbgeraden sein. Jetzt zeichnet man die Gerade durch und und dazu die parallele Gerade durch . Diese Gerade schneidet in genau einem Punkt . Für diesen Punkt gilt nach dem Strahlensatz das Streckenverhältnis

Also ist .


 


Aufgabe * (3 Punkte)

Beschreibe die wesentlichen mathematischen Schritte, mit denen man beweisen kann, dass die „Quadratur des Kreises“ nicht möglich ist.

Das Problem der Quadratur des Kreises bedeutet die Fragestellung, ob man aus einem durch den Radius gegebenen Kreis ein flächengleiches Quadrat mit Hilfe von Zirkel und Lineal konstruieren kann. Den Radius kann man dabei zu normieren und durch zwei Punkte und repräsentieren. Da der Kreisinhalt ist, muss die Seitenlänge des zu konstruierenden Quadrates sein. Damit ist die Frage äquivalent dazu, ob man aus zwei Punkten mit Abstand mittels Zirkel und Lineal den Abstand konstruieren kann.

Der entscheidende Schritt ist, die Menge aller aus und konstruierbaren Punkte in der Ebene mathematisch zu erfassen. Dabei ergibt sich, dass bei jedem elementaren Schritt (wie dem Durchschnitt von einem Kreis und einer Geraden) der neue Punkt in einer quadratischen Körpererweiterung der schon konstruierten Punkte liegt. Daraus ergibt sich induktiv, dass jeder konstruierbare Punkt eine algebraische Zahl ist. Der Satz von Lindemann besagt allerdings, dass und damit auch keine algebraische Zahl ist, und damit auch nicht konstruierbar.


 

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