Kurs:Invariantentheorie (Osnabrück 2012-2013)/Vorlesung 20/kontrolle



Beweis der Hinrichtung

Wir kommen zum Beweis der Hinrichtung im Satz von Chevalley-Shephard-Todd, d.h. wir zeigen, dass eine Spiegelungsgruppe einen Polynomring als Invariantenring besitzt. Wir werden wiederholt mit partiellen formalen Ableitungen arbeiten. Diese verhalten sich wie die üblichen partiellen Ableitungen über oder über .


Es sei ein Körper. Zu einem Polynom

und , , heißt das Polynom

die formale partielle Ableitung von nach .

Wir beweisen nun die Hinrichtung.


Beweis  

Wir betrachten das Ideal , das von allen homogenen invarianten Polynomen positiven Grades erzeugt wird. Es sei ein homogenes minimales Erzeugendensystem für dieses Ideal. Aufgrund von Lemma 12.6 bilden diese ein Algebraerzeugendensystem von . Wir zeigen, dass die algebraisch unabhängig sind und nehmen an, dass ist mit , , ist. Es sei dabei von minimalem Grad.

Das Monom aus wird nach Einsetzen zu , was ein homogenes Polynom vom Grad ist. Wir können daher annehmen, dass alle Monome, die in vorkommen, den gemeinsamen Grad haben (die Monome, die zu einem anderen Grad führen, werden einfach weggelassen).

Wir betrachten

die zum Invariantenring gehören. Die sind oder sie haben den Grad . Da nicht konstant ist, ist

für zumindest ein , da wir Charakteristik voraussetzen. Dann muss auch für ein sein, da nach Annahme minimalen Grad besitzt.

Wir betrachten das Ideal , und sei nach Umnummerierung () so gewählt, dass

ist, aber keine echte Teilmenge davon dieses Ideal erzeugt. Für schreiben wir

wobei ist oder aber homogen vom Grad . Es folgt

Wegen gehört für jedes das homogene Element

nach Lemma 19.12 zu . Daraus ergibt sich durch Multiplikation mit

Die hinteren Summanden in diesem Polynom gehören zu , daher ist

Aus Gradgründen ist , was ein Widerspruch zur Minimalität des Idealerzeugendensystems von ist.




Laurent-Entwicklung der Hilbert-Reihe

Wir wenden uns nun der Rückrichtung im Satz von Chevalley-Shephard-Todd zu. Zuerst erinnern wir an die Laurent-Entwicklung. Eine rationale Funktion besitzt eine Laurent-Entwicklung

wobei eine eventuell negative Zahl ist. Ist und minimal und negativ, so heißt die Polstellenordnung ( hat einen Pol der Ordnung ).



Lemma  Lemma 20.2 ändern

Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper der Charakteristik . Es sei eine endliche Untergruppe und sei die Anzahl der Pseudoreflektionen in .

Dann ist die Laurent-Entwicklung der Hilbert-Reihe des Invariantenringes um gleich

Nach der Molien-Formel ist

Die Summanden haben die Gestalt

wobei die die Eigenwerte (mit Wiederholungen) von seien. Für hat der entsprechende Summand in einen Pol der Ordnung . Für haben die Summanden an einen Pol von maximaler Ordnung . Diese Maximalität tritt genau dann ein, wenn der Eigenwert die Vielfachheit besitzt, wenn also eine Pseudoreflektion ist. In diesem Fall ist

da bei einer Pseudoreflektion der andere Eigenwert gleich der Determinante ist. Daher ist der Koeffizient zu in der Laurent-Entwicklung gleich

(im hinteren Faktor wird gesetzt). Das Inverse einer Pseudoreflektion ist ebenfalls eine Pseudoreflektion, daher ist




Beweis der Rückrichtung

Wir beweisen nun die Rückrichtung des Satzes von Chevalley-Sheppard-Todd, dass also ein algebraisch unabhängiges Algebraerzeugendensystem nur bei einer Reflektionsgruppe vorliegen kann. Die Strategie ist, die von den Pseudoreflektionen erzeugte Untergruppe zu untersuchen und dabei letztlich auf zu schließen.



Korollar  Korollar 20.3 ändern

Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper der Charakteristik . Es sei eine endliche Gruppe derart, dass der zugehörige Invariantenring von algebraisch unabhängigen homogenen Invarianten erzeugt werde. Es sei und die Anzahl der Pseudoreflektionen in .

Dann ist

Nach Lemma 19.2 ist

Wegen ist dies gleich

Der Bruch hat um die Potenzreihenentwicklung

was sich durch Einsetzen und Ableiten ergibt. Die Laurent-Entwicklung um ergibt sich durch Einsetzen zu

Der Vergleich mit Lemma 20.2 ergibt die Behauptung.


Wir beweisen nun die Rückrichtung im Satz von Chevalley-Shephard-Todd.


Beweis  

Es sei

mit algebraisch unabhängig, und es sei . Es sei die durch alle Pseudoreflektionen erzeugte Untergruppe. Aufgrund der Hinrichtung des Satzes von Chevalley-Shephard-Todd wissen wir bereits

mit und algebraisch unabhängig. Jedes ist ein Polynom in den . Wir können annehmen, dass beide Polynomfamilien nach aufsteigendem Grad geordnet sind, es ist also und . Dabei muss

für alle gelten, da andernfalls nach Aufgabe 20.12

gelten würde, was aber wegen der algebraischen Unabhängigkeit der Familien nicht sein kann. Es sei die Anzahl der Pseudoreflektionen in und in . Nach Korollar 20.3 ist

Daher muss gelten. Damit ist aber

und damit



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