Kurs:Algebraische Kurven (Osnabrück 2017-2018)/Vorlesung 14
- Algebraische Funktionen auf Varietäten
Was ist ein Morphismus zwischen zwei affin-algebraischen Mengen und ? Wir betrachten zuerst die Situation, wo die affine Gerade ist. Sei als abgeschlossene Teilmenge eines affinen Raumes gegeben. Dann liefert jedes Polynom eine Abbildung und damit durch Einschränkung auch eine Abbildung auf . Das haben wir schon bei der Definition des Koordinatenrings betrachtet. Ebenso liefert ein Element in einer endlich erzeugten -Algebra eine Funktion auf , nämlich
Dies ist auch die Spektrumsabbildung, die nach Proposition 12.8 (2) zum Einsetzungshomomorphismus
gehört.
Für die offenen Mengen ist nach Satz 13.4 eine wohldefinierte Funktion. Wir werden allgemein für eine Zariski-offene Menge erklären, was eine algebraische Funktion auf ist. Die folgende Definition ist so strukturiert, dass die Bedingung „algebraisch“ eine lokale Eigenschaft ist.
Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper, eine - Algebra von endlichem Typ und sei das - Spektrum von . Es sei ein Punkt, eine Zariski-offene Menge mit und es sei eine Funktion. Dann heißt algebraisch (oder regulär oder polynomial) im Punkt , wenn es Elemente gibt mit und mit
Die Funktion heißt algebraisch (oder algebraisch auf ), wenn in jedem Punkt von algebraisch ist.
Natürlich definiert jedes Element eine algebraische Funktion auf jeder offenen Teilmenge des -Spektrums. Es ist aber im Allgemeinen eher schwierig, die algebraischen Funktionen übersichtlich zu beschreiben.
In der Definition 14.1 ist die vorausgesetzte Stetigkeit überflüssig, da sie aus der lokalen algebraischen Bedingung folgt (siehe Aufgabe 16.10).
Ebenso ist die Bedingung nicht wichtig. Wenn es eine Beschreibung für mit auf mit gibt, so betrachtet man ein mit , . Dann kann man zu übergehen, und dort die Darstellung betrachten.
Wenn es im Punkt eine Bruchdarstellung für als gibt, so kann man diese Darstellung für alle Punkte aus verwenden. D.h. ist auf der ganzen offenen Menge algebraisch. Insbesondere muss man nicht mit unendlich vielen verschiedenen Darstellungen arbeiten, sondern man kann sich auf die (endlich vielen) Darstellungen zu einer Überdeckung beschränken.
Bei ist eine algebraische Funktion auch stetig bezüglich der metrischen Topologie, und bei ist sie holomorph.
Es sei und sei die durch und definierte Zariski-offene Menge. Auf ist die durch
definierte Funktion algebraisch. Die beiden rationalen Darstellungen liefern offenbar eine algebraische Funktion auf den beiden offenen Teilmengen und . Damit es eine Funktion auf definiert muss sichergestellt werden, dass die Brüche auf dem Durchschnitt, also auf , die gleichen Funktionswerte haben. Es sei also , . D.h. und . Dann ist aber sofort
Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper, eine - Algebra von endlichem Typ und sei das - Spektrum von . Es sei eine Zariski-offene Menge.
Dann bildet die Menge der algebraischen Funktionen auf einen Unterring (und zwar eine -Unteralgebra) des Rings der Funktionen von nach
(wobei die Operationen in ausgeführt werden).
Wir müssen zeigen, dass die konstante Nullfunktion und die konstante Einsfunktion auf , das Negative einer algebraischen Funktion, und die Summe und das Produkt von zwei algebraischen Funktionen auf wieder algebraisch sind. Wir beschränken uns auf die Summe der algebraischen Funktionen und . Es sei ein Punkt. Nach Voraussetzung gibt es Elemente mit
und
Es sei . Dann ist . Für einen beliebigen Punkt ist dann
was eine polynomiale Darstellung der Summenfunktion in der Zariski-offenen Umgebung des Punktes ergibt.
Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper, eine - Algebra von endlichem Typ und sei das - Spektrum von . Es sei eine Zariski-offene Menge. Dann bezeichnet man mit
den Ring der algebraischen Funktionen auf . Man bezeichnet ihn auch als Strukturring zu oder als Schnittring zu .
Aufgrund von Lemma 14.4 handelt es sich in der Tat um einen Ring. Das Symbol (sprich „O“) bezeichnet die sogenannte Strukturgarbe.
Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper, eine - Algebra von endlichem Typ und sei das - Spektrum von . Es seien offene Teilmengen von .
Dann gibt es einen natürlichen - Algebrahomomorphismus
Die Funktion liefert sofort durch Einschränkung eine auf definierte Funktion. Die lokal-algebraische Beschreibung, die für an jedem Punkt vorliegt, kann direkt auf der kleineren Teilmenge interpretiert werden.
Die im vorstehenden Lemma beschriebene Abbildung heißt Restriktionsabbildung oder Einschränkungsabbildung.
Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper, eine - Algebra von endlichem Typ und sei das - Spektrum von . Es sei und eine offene Menge.
Dann ist es egal, ob man mit Bezug auf oder mit Bezug auf definiert.
Natürlich hängen die stetigen Funktionen auf nur von selbst ab, nicht von einem umgebenden Raum. Wir müssen zeigen, dass die lokal-algebraische Bedingung ebenfalls nur von abhängt. Es sei . Eine Beschreibung
liefert sofort eine Beschreibung als Bruch auf , da man ja sofort in auffassen kann.
Es liege nun umgekehrt eine Bruchdarstellung
vor. Es sei und . Dann gilt für jeden Punkt die Gleichheit
Dabei haben wir im letzten Schritt mit erweitert. In der letzten Darstellung sind Zähler und Nenner aus , und es ist , also ist eine offene Umgebung von .
Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper, eine - Algebra von endlichem Typ und sei das - Spektrum von . Es sei eine Zariski-offene Menge, ein Punkt und es sei eine algebraische Funktion, für die es die beiden rationalen Darstellungen
gebe mit und mit .
Dann gibt es ein mit
Ist reduziert, so gilt sogar
Wir betrachten das Element auf und behaupten, dass dies die Nullfunktion induziert. Es sei . Bei oder ist , sei also vorausgesetzt. Dann ist , und dort gelten die beiden rationalen Darstellungen für , nämlich
Daraus folgt und somit ist die Differenz . Insgesamt ist also die Nullfunktion auf und daher gibt es nach dem Hilbertschen Nullstellensatz ein mit .
Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper, eine reduzierte - Algebra von endlichem Typ und sei das - Spektrum von .
Dann ist
Ein Element liefert direkt eine algebraische Funktion auf ganz , was einen - Algebrahomomorphismus
ergibt. Wenn dabei an jedem Punkt die Nullfunktion induziert, so ist nach Satz 11.1 und wegen der Reduziertheit auch . D.h. die Abbildung ist injektiv.
Es sei nun ein algebraische Funktion. Dann gibt es zu jedem Punkt zwei Elemente mit und mit auf . Die bilden eine offene Überdeckung von und das bedeutet nach Korollar 11.12, dass die in das Einheitsideal erzeugen. Dann gibt es aber auch eine endliche Auswahl davon, die das Einheitsideal erzeugen, sagen wir , . Dann wiederum überdecken diese , , ganz .
Auf den Durchschnitten haben wir die Identitäten
Daraus folgt nach Lemma 14.8 und der Reduziertheit, dass
in gilt. Wir ersetzen durch und durch . Dann ist nach wie vor eine lokale Beschreibung für , und die letzte Bedingung vereinfacht sich zu
Da die das Einheitsideal erzeugen, gibt es Elemente mit
in . Wir behaupten, dass das Element
auf ganz die Funktion induziert. Dazu sei ein beliebiger Punkt, und zwar sei ohne Einschränkung . Dann ist
Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper, eine reduzierte - Algebra von endlichem Typ und sei das - Spektrum von . Es sei mit zugehöriger offener Menge .
Dann ist
Dies folgt direkt aus Lemma 14.7 und Satz 14.9.
Eine Variante des 14. Hilbertschen Problems ist die Frage, ob zu jeder offenen Menge der Ring der algebraischen Funktionen endlich erzeugt ist. Für offene Mengen der Form ist dies richtig, ebenfalls, wenn regulär oder faktoriell ist, und auch in kleinen Dimensionen. Im Allgemeinen ist es aber nicht richtig.