Kurs:Analysis/Teil I/29/Klausur mit Lösungen


Aufgabe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Punkte 3 3 2 3 5 4 5 4 6 5 2 7 2 5 1 3 4 64




Aufgabe (3 Punkte)

Definiere die folgenden (kursiv gedruckten) Begriffe.

  1. Eine Ordnungsrelation auf einer Menge .
  2. Ein vollständig angeordneter Körper .
  3. Eine Reihe von komplexen Zahlen .
  4. Die Abzählbarkeit einer Menge .
  5. Der natürliche Logarithmus
  6. Die Integralfunktion zum Startpunkt zu einer Riemann-integrierbaren Funktion

    auf einem reellen Intervall .


Lösung

  1. Die Relation heißt Ordnungsrelation, wenn folgende drei Bedingungen erfüllt sind.
    1. Es ist für alle .
    2. Aus und folgt stets .
    3. Aus und folgt .
  2. Ein angeordneter Körper heißt vollständig, wenn jede Cauchy-Folge in konvergiert.
  3. Unter der Reihe versteht man die Folge der Partialsummen
  4. Die Menge heißt abzählbar, wenn sie leer ist oder wenn es eine surjektive Abbildung

    gibt.

  5. Der natürliche Logarithmus

    ist als die Umkehrfunktion der reellen Exponentialfunktion definiert.

  6. Die Funktion

    heißt die Integralfunktion zu zum Startpunkt .


Aufgabe (3 Punkte)

Formuliere die folgenden Sätze.

  1. Das Leibnizkriterium für alternierende Reihen.
  2. Der Satz über die stetige Fortsetzbarkeit einer Funktion
    wobei eine Teilmenge ist.
  3. Der Mittelwertsatz der Differentialrechnung.


Lösung

  1. Es sei eine fallende Nullfolge von nichtnegativen reellen Zahlen. Dann konvergiert die Reihe .
  2. Es sei die Menge aller Berührpunkte von und

    sei gleichmäßig stetig. Dann gibt es eine eindeutig bestimmte stetige Fortsetzung

  3. Es sei und sei

    eine stetige, auf differenzierbare Funktion. Dann gibt es ein mit


Aufgabe (2 Punkte)

Erläutere das Prinzip Beweis durch Widerspruch.


Lösung

Man möchte eine Aussage beweisen. Man nimmt an, dass nicht gilt. Daraus leitet man durch logisch korrektes Schließen einen Widerspruch her. Somit kann nicht gelten und also muss gelten.


Aufgabe (3 (1.5+1.5) Punkte)

Ein Zug fährt Kilometer den Rhein abwärts mit einer Geschwindigkeit von kmh. Auf dem Rhein fahren Schiffe in beide Richtungen, alle mit einer Geschwindigkeit von kmh, wobei sie zu den gleichgerichteten Schiffen einen konstanten Abstand von km einhalten. Zu Beginn der Fahrt ist der Zug gleichauf mit zwei Schiffen (in beide Richtungen).

  1. Wie vielen entgegenkommenden Schiffen begegnet der Zug?
  2. Wie viele Schiffe überholt der Zug?


Lösung

Wir denken uns die Rheinstrecke skaliert von bis , der Startort ist beim Nullpunkt und der Zielpunkt des Zuges ist bei . Aufgrund der Anfangsbedingung befinden sich zum Startzeitpunkt Schiffe in beide Richtungen in den Positionen

  1. Die entgegenkommenden Schiffe sind die in Gegenrichtung fahrenden Schiffe, die sich zum Startzeitpunkt an den Positionen bis befinden (das Schiff in der Position ist nach einer Stunde an der Position und begegnet zum Endzeitpunkt dem Zug). Dies sind insgesamt Schiffe.
  2. Die eingeholten Schiffe sind die in gleicher Richtung fahrenden Schiffe, die sich zum Startzeitpunkt an den Positionen bis befinden (das Schiff in der Position ist nach einer Stunde an der Position und wird zum Endzeitpunkt vom Zug eingeholt). Dies sind insgesamt Schiffe.


Aufgabe (5 Punkte)

Es seien zwei rationale Zahlen gegeben. Zeige, dass für jede positive natürliche Zahl die rationale Zahl

echt zwischen und liegt. In welcher Größenbeziehung stehen die Zahlen zueinander?


Lösung

Die Ungleichung

folgt gemäß der Überkreuzungsregel unter Verwendung der Voraussetzung aus

die Ungleichung

folgt ebenso aus

Wir behaupten, dass für

die Beziehung

gilt. Dazu berechnen wir

und

Die Differenz des ersten Term zum zweiten Term ist

was die Behauptung bestätigt.


Aufgabe (4 Punkte)

Beweise den Satz über die Konvergenz der geometrischen Reihe.


Lösung

Für jedes gilt die Beziehung

und daher gilt für die Partialsummen die Beziehung (bei )

Für und konvergiert dies wegen Aufgabe 8.16 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) und Satz 8.10 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) gegen .


Aufgabe (5 Punkte)

Es sei eine reelle Zahl. Zeige, dass die folgenden Eigenschaften äquivalent sind.

  1. Es gibt ein Polynom , , mit ganzzahligen Koeffizienten und mit .
  2. Es gibt ein Polynom , , mit .
  3. Es gibt ein normiertes Polynom mit .


Lösung

Die Implikation (1) (2) ist unmittelbar klar, da ganze Zahlen rational sind und man somit nehmen kann.

Es sei (2) erfüllt und sei

mit , und . Wegen ist auch eine rationale Zahl. Wir multiplizieren mit und erhalten

Dies ist ein normiertes Polynom, die Koeffizienten sind nach wie vor rational und es ist auch

Es sei nun (3) erfüllt, und

mit und . Es ist

mit , . Wir setzen

Dieses Polynom hat ganzzahlige Koeffizienten, ist nicht das Nullpolynom und es ist nach wie vor


Aufgabe (4 Punkte)

Führe in die Division mit Rest durch “ für die beiden Polynome und durch.


Lösung

Es ist

Ferner ist

und

Somit ist


Aufgabe (6 Punkte)

Bestimme, ob die Funktion

gleichmäßig stetig ist oder nicht.


Lösung

Wir behaupten, dass die Funktion nicht gleichmäßig stetig ist. Wir zeigen, dass es zu

und jedem

Zahlen gibt mit

aber

Es sei dazu vorgegeben. Wir machen den Ansatz

und

mit . Damit gilt

Wir müssen jetzt noch zeigen, dass man die Bedingung

erfüllen kann, die zu

äquivalent ist. Wegen

liegt eine Nullfolge vor und die Bedingung ist für hinreichend groß erfüllt.


Aufgabe (5 Punkte)

Es sei . Bestimme ein Polynom vom Grad , das in den beiden Punkten und die gleichen linearen Approximationen wie besitzt.


Lösung

Die Ableitung von ist

Somit ist

Diese Daten legen die linearen Approximationen fest. Wir setzen das gesuchte Polynom als

an. Die Ableitung davon ist

Aus den Werten an der Stelle folgt direkt

und

Somit verbleiben die beiden Bedingungen

und

Die Differenz dieser beiden Gleichungen führt auf

bzw.

also

Somit ist

Das gesuchte Polynom ist also


Aufgabe (2 Punkte)

Bestimme den Grenzwert


Lösung

Sowohl Zähler als auch Nenner haben im Grenzpunkt den Wert , daher ziehen wir die Regel von Hospital heran. Die Ableitung der Zählerfunktion ist , die Ableitung der Nennerfunktion ist mit dem Wert im Nullpunkt. Somit ist


Aufgabe (7 Punkte)

Beweise die Charakterisierung mit Ableitungen von konvexen Funktionen .


Lösung

Es sei zunächst konvex und seien zwei Punkte aus gegeben. Es sei die lineare Funktion, die und verbindet. Aufgrund der Konvexität ist für alle . Für die Differenzenquotienten gilt daher

Durch Übergang zu den Limiten für bzw. folgt


Es sei nun als nicht konvex vorausgesetzt und seien zwei Punkte aus mit der Eigenschaft gegeben, dass die verbindende Gerade von und nicht vollständig oberhalb des Graphen von verläuft. Es gibt also ein mit , wobei wieder die verbindende lineare Funktion ist. Durch Übergang zu können wir und annehmen. Nach dem Mittelwertsatz gibt es Punkte und mit und , sodass nicht wachsend ist.


Aufgabe (2 Punkte)

Bestimme die Ableitung der Sinusfunktion über ihre Potenzreihe (Satz 20.9 (Analysis (Osnabrück 2021-2023))).


Lösung Komplexe Sinusfunktion/Ableitung/Fakt/Beweis/Aufgabe/Lösung


Aufgabe (5 Punkte)

Wir betrachten eine Funktion der Form

wobei und lineare Polynome seien. Zeige durch Induktion, dass für die Ableitungen () die Beziehung

gilt.


Lösung

Zum Induktionsanfang betrachten wir , es geht also um die Funktion selbst. Wegen

ist die Formel für gerade richtig.

Wir beweisen nun nun die Formel für unter der Induktionsvoraussetzung, dass sie für alle kleinere Zahlen richtig ist. Es sei zunächst ungerade, also gerade. Dann ist (unter Verwendung der Tatsache, dass die zweiten Ableitungen von und gleich sind)

sodass der Ausdruck für ungerade vorliegt.

Bei gerade, also ungerade, ist

sodass der Ausdruck für gerade vorliegt.


Aufgabe (1 Punkt)

Bestimme eine Stammfunktion für die Funktion


Lösung

Das Zählerpolynom ist die Ableitung des Nennerpolynoms, deshalb ist

eine Stammfunktion.


Aufgabe (3 Punkte)

Berechne das bestimmte Integral zur Funktion

über .


Lösung

Eine Stammfunktion von ist

Somit ist das gesuchte bestimmte Integral gleich


Aufgabe (4 Punkte)

Löse das Anfangswertproblem


Lösung

Wir machen den Ansatz

und vergleichen die Stammfunktionen. Dies führt auf

bzw.

bzw.

Die Anfangsbedingung

legt

fest, es ist also