Kurs:Invariantentheorie (Osnabrück 2012-2013)/Vorlesung 6
- Die alternierende Gruppe
Wir haben gesehen, dass der Invariantenring zur Operation der symmetrischen Gruppe auf dem Polynomring isomorph zum Polynomring in den elementarsymmetrischen Polynomen ist. Eine wichtige Untergruppe der symmetrischen Gruppe ist die alternierende Gruppe , an deren Definition wir erinnern.
Die alternierende Gruppe ist der Kern des Signumshomomorphismus und damit ein Normalteiler. Die operiert wie die auf dem Polynomring . Wir interessieren uns für den Invariantenring . Nach Proposition 5.1 (1) haben wir die Inklusionen
Zur Beschreibung des Invariantenringes unter der alternierenden Gruppe ist der Begriff der relativen Invarianten bezüglich eines Charakters sinnvoll.
- Relative Invarianten
Es sei ein Körper und eine kommutative - Algebra, auf der eine Gruppe als Gruppe von - Algebraautomorphismen operiere. Es sei
ein Charakter auf . Dann nennt man
die -relativen Invarianten oder Semiinvarianten bezüglich .
Der Invariantenring ist also die Menge der Invarianten relativ zum trivialen Charakter. Die -relativen Invarianten sind ein -Untermodul von . Wenn nämlich invariant und -invariant ist, so ist
- Der Invariantenring zur alternierenden Gruppe
Es sei ein Körper der Charakteristik .
Dann gilt für die natürliche Operation der Permutationsgruppe auf dem die Gleichheit
wobei die Vandermondesche Determinante ist.
Das Polynom hat offenbar die Eigenschaft, dass es signumsinvariant ist, dass sich also sein Vorzeichen bei einer ungeraden Permutation umkehrt. Hierzu muss man sich nur klar machen, dass sich bei einer
Transposition das Vorzeichen um ändert. Dabei kann man sich sogar auf solche Transpositionen beschränken, die zwei Nachbarn
und miteinander vertauschen. Dann wird aus dem Faktor der Faktor und alle anderen Faktoren werden allenfalls vertauscht. Insgesamt wird auf abgebildet.
Wir müssen also zeigen, dass jedes signumsinvariante Polynom ein Vielfaches von ist. Der andere Faktor ist dann automatisch invariant.
Für diese Teilerbeziehung genügt es wegen der Faktorialität von zu zeigen, dass ein Teiler von ist (). Wir schreiben in den neuen Variablen als
Dann ist einerseits
und anderseits (da signumsinvariant ist)
Daraus folgt wegen
,
dass für gerade
sein muss. Insbesondere ist
.
Also ist
,
wie behauptet.
Noch einmal explizit: Es geht um die Polynome, die relativ zur Signumsabbildung invariant sind, für die also
für alle Permutationen gilt. Für eine gerade Permutation muss also
sein, für eine ungerade Permutation dagegen
Insbesondere sind solche Polynome invariant unter der alternierenden Gruppe.
Die Gleichheit rechts ergibt sich aus Satz 1.7 und Lemma 6.3. Auf operiert die Restklassengruppe wie in Proposition 5.1 beschrieben. Es sei das nichttriviale Element daraus. Dieses wird repräsentiert durch eine beliebige ungerade Permutation, etwa durch eine Transposition. Es sei ein Polynom, das invariant unter der alternierenden Gruppe ist. Nach Proposition 5.1 (3) ist unabhängig von dem gewählten Repräsentanten . Es ist
wobei die beiden Summanden symmetrisch bzw. signumsinvariant sind. Dies überprüft man, indem man die (geraden oder ungeraden) Permutationen darauf anwendet. Die Summe ist direkt, da der Durchschnitt ist: Ein Polynom, das sowohl symmetrisch als auch signumsinvariant ist, muss sein.
Die natürliche Operation der alternierenden Gruppe auf dem wird durch den Zykel
erzeugt. Besitzt dritte primitive Einheitswurzeln, so kann man die zugehörige Matrix diagonalisieren und man erhält eine neue Basis mit den Eigenvektoren
Wir führen die neuen Variablen
gegeben und der Invariantenring ist in dieser Basis gleich
Die einzige Relation ist durch gegeben.
Wie sieht der Unterring der symmetrischen Polynome aus? Die Transposition lässt unverändert und vertauscht und . Das bedeutet für den alternierenden Invariantenring, dass und vertauscht werden. Der symmetrische Invariantenring ist daher
Dabei sind
und
Für die Vandermondesche Determinante gilt
- Reynolds-Operator
Es sei ein Unterring eines kommutativen Ringes . Man sagt, dass ein direkter Summand von ist, wenn es einen - Modul gibt mit (es liegt also ein - Modulisomorphismus vor).
Diese Eigenschaft ist äquivalent dazu, dass es einen - Modulhomomorphismus
mit gibt. Eine stärkere Eigenschaft ist die Existenz eines Ringhomomorphismus
mit .
Es sei ein Körper und eine von verschiedene - Algebra. Dann ist ein direkter Summand von . Dies beruht darauf, dass man die zu einer - Basis von ergänzen kann. Mit dem von den anderen Basiselementen erzeugten - Untervektorraum ist dann . Im Allgemeinen muss es aber keinen - Algebrahomomorphismus geben. Bei einer (nichttrivialen) Körpererweiterung gibt es keinen Ringhomomorphismus von nach .
Für einen Invariantenring nennt man einen - Modulhomomorphismus
mit auch einen Reynolds-Operator. Ein Reynolds-Operator muss im Allgemeinen nicht existieren, er existiert aber unter der folgenden Bedingung.
Es sei eine endliche Gruppe, die auf einer kommutativen - Algebra als Gruppe von - Algebraautomorphismen operiere. Die Gruppenordnung sei kein Vielfaches der Charakteristik von .
Dann ist die Abbildung
ein Reynolds-Operator.
Insbesondere ist ein direkter Summand.
Aufgrund der Voraussetzung an die Charakteristik ist eine Einheit in und damit in , also ist die angegebene Abbildung wohldefiniert. Die Abbildung ist offenbar ein Gruppenhomomorphismus. Für und ist ferner
daher liegt ein - Modulhomomorphismus vor. Für ist
also ist
Die Bedingung, dass die Gruppenordnung zur Charakteristik teilerfremd ist, ist für viele Resultate der Invariantentheorie eine wesentliche Voraussetzung. Der andere Fall, dass die Gruppenordnung ein Vielfaches der Charakteristik ist, bildet ein eigenes Kapitel der Invariantentheorie, und besitzt sogar einen eigenen Namen. Man spricht von modularer Invariantentheorie.
Es sei ein Körper der Charakteristik und . Auf der - Algebra
operiert die additive Gruppe , indem ein durch
wirkt. Wegen
sind diese zunächst auf definierten Ringautomorphismen auch auf der Restklassenalgebra Automorphismen. Der Invariantenring ist , wobei die Inklusion
unmittelbar klar ist. Zum Beweis der Umkehrung betrachten wir die Nenneraufnahme und . Es ist
wobei beim letzten Isomorphismus auf abgebildet wird. Ebenso ist . Die Operation lässt sich auf diese beiden Nenneraufnahmen fortsetzen. Für die Operation auf ist der Invariantenring. Zu einem , , wird ein Polynom
auf
abgebildet. Bei ist der Koeffizient zu
und dies ist bei nicht gleich . Also ist ein solches Polynom nicht invariant. Das gleiche Argument gilt für .
Es sei nun invariant. Dann ist auch als Element in bzw. in invariant und daher ist sowohl als auch . Aus
folgt
und aus der Faktorialität von ergibt sich, dass ein Vielfaches von sein muss. Somit gehört zu . Der Invariantenring ist also . Dieser ist aber kein direkter Summand in . Es ist in , aber in , was unmittelbar aus der definierenden Gleichung folgt. Nach Aufgabe 6.10 kann daher kein direkter Summand vorliegen.
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