Kurs:Mathematik (Osnabrück 2009-2011)/Teil II/Vorlesung 47



Minorenkriterien für symmetrische Bilinearformen[1]



Es sei eine symmetrische Bilinearform auf einem endlichdimensionalen reellen Vektorraum und sei eine Basis von . Es sei die Gramsche Matrix zu bezüglich dieser Basis. Die Determinanten der quadratischen Untermatrizen

seien für von verschieden. Es sei die Anzahl der Vorzeichenwechsel in der Folge

Dann ist vom Typ .

Da nach Voraussetzung insbesondere die Determinante der Gramschen Matrix nicht ist, ist nach Aufgabe 47.1 die Bilinearform nicht ausgeartet und daher hat der Typ die Form . Wir müssen zeigen, dass ist. Wir beweisen die Aussage durch Induktion über die Dimension von , wobei der Induktionsanfang trivial ist. Die Aussage sei bis zur Dimension bewiesen und es liege ein -dimensionaler Raum mit einer Basis mit den angegebenen Eigenschaften vor. Der Untervektorraum

hat die Dimension und die Folge der Determinanten der Untermatrizen der Gramschen Matrix zur eingeschränkten Form stimmt mit der vorgegebenen Folge überein, wobei lediglich das letzte Glied

weggelassen wird. Nach Induktionsvoraussetzung besitzt den Typ , wobei die Anzahl der Vorzeichenwechsel in der Folge

ist. Aufgrund der Definition des Typs ist

da ein -dimensionaler Untervektorraum , auf dem die Bilinearform negativ definit ist, zu einem Untervektorraum

führt, der die Dimension oder besitzt und auf dem die eingeschränkte Form ebenfalls negativ definit ist. Nach Aufgabe 47.2 ist das Vorzeichen von gleich und das Vorzeichen von gleich . Das bedeutet, dass zwischen und ein zusätzlicher Vorzeichenwechsel (und somit ) genau dann vorliegt, wenn

ist.



Es sei eine symmetrische Bilinearform auf einem endlichdimensionalen reellen Vektorraum und sei eine Basis von . Es sei die Gramsche Matrix zu bezüglich dieser Basis und es seien die Determinanten der quadratischen Untermatrizen

Dann gelten folgende Aussagen.
  1. Genau dann ist positiv definit, wenn alle positiv sind.
  2. Genau dann ist negativ definit, wenn das Vorzeichen in der Folge an jeder Stelle wechselt.

(1). Wenn die Bilinearform positiv definit ist, so ist nach Aufgabe 47.2 das Vorzeichen der Determinante der Gramschen Matrix gleich , also positiv. Da die Einschränkung der Form auf die Unterräume ebenfalls positiv definit ist, sind auch die Determinanten zu den Untermatrizen positiv.
Wenn umgekehrt die Determinanten alle positiv sind, so folgt aus Satz 47.1, dass die Bilinearform positiv definit ist.

(2) folgt aus (1), indem man die negative Bilinearform, also , betrachtet.




Die Taylor-Formel - Vorbereitungen

Ein Polynom in Variablen,

(wobei die Summe endlich ist) lässt sich entlang des Grades des Exponententupels, also

anordnen, also

Für jedes kann man dies auch schreiben als

mit ()

Für gilt dabei

Bei ist

die lineare Approximation von im Punkt , und dabei gilt für die Abweichung in der linearen Approximation die Beziehung . Im Allgemeinen liefern die Polynome bessere Approximationen im Nullpunkt als die lineare Approxmation, und mit kann man die Abweichung kontrollieren. Entscheidend für uns ist, dass man nicht nur für Polynomfunktionen, sondern generell für hinreichend oft differenzierbare Funktionen approximierende Polynome finden und die Abweichung gut kontrollieren kann. Dies ist der Inhalt der Taylor-Formel für Funktionen in mehreren Variablen.

Zu einem Vektor und einem Tupel aus natürlichen Zahlen setzt man abkürzend

Entsprechend schreibt man für eine Polynomfunktion abkürzend

Die gleiche Abkürzungsphilosophie übernimmt man für Richtungsableitungen. Wenn ein -Vektorraum mit einer Basis ist, so setzt man , und für setzt man

Diese Bezeichnung verwendet man insbesondere im , versehen mit der Standardbasis und den partiellen Ableitungen. Man beachte, dass man aufgrund des Satzes von Schwarz unter gewissen Differenzierbarkeitsvoraussetzungen sämtliche Reihenfolgen von Richtungsableitungen in dieser Weise ausdrücken kann. Des weiteren definieren wir für ein Tupel die Fakultät durch

und bei die Multinomialkoeffizienten (oder Polynomialkoeffizienten) durch

Bevor wir die Taylor-Formel beweisen, die das lokale Verhalten einer Funktion in einer „kleinen“ offenen Ballumgebung eines Punktes beschreibt, wenden wir uns dem lokalen Verhalten in dem Punkt längs einer fixierten Richtung zu, wofür wir die Taylor-Formel in einer Variablen zur Verfügung haben. Zu einer Funktion (, euklidischer Vektorraum)

ist die Differenzierbarkeit im Punkt in Richtung äquivalent zur Differenzierbarkeit der Funktion

für , wobei ein geeignetes reelles Intervall ist. Wir werden zunächst zeigen, dass eine entsprechende Beziehung auch für höhere Ableitungen gilt.



Es sei offen,

eine -mal

stetig differenzierbare Funktion, ein Punkt und eine fixierte Richtung. Es sei

wobei ein offenes Intervall um sei mit für alle .

Dann ist ebenfalls -mal stetig differenzierbar, und es gilt

für alle .

Wir zeigen durch Induktion über , dass

gilt. Hier wird also über jede Richtungsreihenfolge der Länge aufsummiert, später werden wir unter Verwendung des Satzes von Schwarz gleiche Summanden zusammenfassen. Für ist

  

Der Induktionsschluss ergibt sich aus

 

Aufgrund des Satzes von Schwarz kommt es nicht auf die Reihenfolge der Richtungableitungen an, d.h. zwei Summanden in der obigen Summe stimmen überein, wenn darin die jeweiligen Richtungsableitungen gleichhäufig vorkommen. Die Anzahl der Tupel in , bei denen die Zahl genau -mal vorkommt, wird durch die Polynomialkoeffizienten

beschrieben. Daraus ergibt sich die Behauptung.



Es sei eine offene Teilmenge,

eine -mal stetig-differenzierbare Funktion und . Dann heißt

das Taylor-Polynom vom Grad zu in .



Es sei offen,

eine -mal

stetig differenzierbare Funktion, ein Punkt und derart, dass die Strecke von nach ganz in liegt. Dann gibt es ein mit

Die Funktion

(mit einem geeigneten ) ist nach Satz 47.3 -mal differenzierbar. Aufgrund der Taylor-Formel für eine Variable gibt es ein [2] mit

Wir drücken die einzelnen Summanden mit Hilfe von Satz 47.3 aus und erhalten




Fußnoten
  1. Unter einem Minor versteht man die Determinante einer quadratischen Untermatrix einer Matrix. Man könnte also genauso gut von einem Determinantenkriterium sprechen.
  2. Der Beweis der Taylor-Formel für eine Variable zeigt, dass zwischen den beiden beteiligten Punkten gewählt werden kann.



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