Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2019-2020)/Teil II/Vorlesung 42/kontrolle

Heute war es besonders anstrengend, Vorli muss noch mehr schlafen. Ein gesunder Schlaf ist für alle Beteiligten wichtig.




Lineare Transformationen

Entkoppelte Differentialgleichungssysteme kann man lösen, indem man die einzelnen eindimensionalen Komponenten löst. Manchmal kann eine Differentialgleichung erst durch eine lineare Transformation entkoppelt werden. Eine lineare Transformation ist einfach eine bijektive lineare Abbildung zwischen zwei Vektorräumen und . Zu einem Vektorfeld auf möchte man ein Vektorfeld auf definieren derart, dass sich die Lösungen der zugehörigen Differentialgleichungssysteme entsprechen. Dies geschieht durch . Zu einem Punkt betrachtet man also den Urbildpunkt , wertet dort (bei unverändertem Zeitpunkt ) das Vektorfeld aus und transportiert das Ergebnis mittels wieder nach . Besonders übersichtlich wird die Situation durch das folgende kommutative Diagramm.



Lemma  Lemma 42.1 ändern

Es sei

ein Isomorphismus zwischen den endlichdimensionalen reellen Vektorräumen und und sei

ein Vektorfeld auf . Es sei das durch definierte Vektorfeld auf .

Dann ist

genau dann eine Lösung des Anfangswertproblems

wenn eine Lösung des Anfangswertproblems

ist.

Da mit auch die Umkehrabbildung eine lineare Isomorphie ist, genügt es, die eine Richtung zu zeigen. Es sei also eine Lösung des Anfangswertproblems zu . Dann gelten unter Verwendung von Lemma 37.10 für die Gleichheiten

Ferner gilt


Wenn das Vektorfeld nur auf einer offenen Menge definiert ist, so ist entsprechend das Vektorfeld auf (der ebenfalls offenen Menge) definiert. Das Lemma gilt auch in dieser Situation.


Wir betrachten die gewöhnliche Differentialgleichung zum Vektorfeld

Dieses System ist entkoppelt und besteht aus den beiden einzelnen Gleichungen (in jeweils einer Raumvariablen)

Eine Lösung der linken Differentialgleichung ist , eine Lösung der rechten ist . Daher ist

eine Lösung zu . Wir betrachten nun die lineare Transformation

mit der inversen Matrix

Das transformierte Vektorfeld ist

Für die zu gehörende Differentialgleichung

ist gemäß Lemma 42.1

eine Lösung.


Für eine Verallgemeinerung von Lemma 42.1, wenn nicht linear, aber bijektiv und total differenzierbar ist, siehe Aufgabe 53.36.



Lineare Differentialgleichungssysteme

Es sei ein offenes reelles Intervall. Eine Differentialgleichung der Form

wobei

eine Matrix ist, deren Einträge allesamt Funktionen

sind, heißt homogene lineare gewöhnliche Differentialgleichung oder homogenes lineares gewöhnliches Differentialgleichungssystem.

Es handelt sich also um die Differentialgleichung zum Vektorfeld

Dieses Vektorfeld ist zu jedem fixierten Zeitpunkt eine lineare Abbildung

Ausgeschrieben liegt das Differentialgleichungssystem

vor. Es gibt immer die Nulllösung, also die konstante Abbildung mit dem Nullvektor als Wert, diese nennt man auch die triviale Lösung.

Für lineare Differentialgleichungssysteme gibt es wieder eine inhomogene Variante.


Es sei ein offenes reelles Intervall. Eine Differentialgleichung der Form

wobei

eine Matrix ist, deren Einträge allesamt Funktionen

sind und wobei

eine Abbildung ist, heißt inhomogene lineare gewöhnliche Differentialgleichung oder inhomogenes lineares gewöhnliches Differentialgleichungssystem. Die Abbildung heißt dabei Störabbildung.

Insgesamt liegt das Differentialgleichungssystem

vor.

Die explizite Lösbarkeit eines solchen Systems hängt natürlich von der Kompliziertheit der beteiligten Funktionen und ab. In der folgenden Situation kann man das System auf einzelne eindimensionale lineare inhomogene Differentialgleichungen zurückführen und dadurch sukzessive lösen.


Es sei ein offenes Intervall und es liege eine inhomogene lineare gewöhnliche Differentialgleichung der Form

mit stetigen Funktionen und und den Anfangsbedingungen

vor.

Dann lässt sich diese Gleichung lösen, indem man sukzessive unter Verwendung der zuvor gefundenen Lösungen die inhomogenen linearen gewöhnlichen Differentialgleichungen in einer Variablen, nämlich

löst.

Beweis

Das ist trivial.


Die Lösungen eines solchen linearen Differentialgleichungssystems in oberer Dreiecksgestalt stehen also in Bijektion zu den Lösungen der linearen inhomogenen Differentialgleichungen in einer Ortsvariablen, wobei die Störfunktionen jeweils mit den anderen Lösungen in der beschriebenen Weise zusammenhängen. Insbesondere übertragen sich Existenz- und Eindeutigkeitsaussagen.

Auch wenn man ein homogenes System lösen möchte, so muss man in den Einzelschritten inhomogene Differentialgleichungen lösen.


Wir betrachten das homogene lineare Differentialgleichungssystem

für . Die zweite Zeile dieses Systems bedeutet

das ist eine homogene lineare Differentialgleichung in einer Variablen. Ihre Lösungen sind gemäß Satz 32.2 gleich

mit einem . Die erste Zeile des Systems führt daher auf

Dies ist eine inhomogene lineare Differentialgleichung in einer Variablen. Die zugehörige homogene Gleichung besitzt als eine Lösung. Nach Satz 32.10 müssen wir eine Stammfunktion von

finden, eine solche ist

Daher ist

die allgemeine Lösung der inhomogenen Gleichung. Also ist die allgemeine Lösung des Systems gleich




Lineare Differentialgleichungssysteme mit konstanten Koeffizienten

Falls die Funktionen alle konstant sind, so spricht man von einem linearen Differentialgleichungssystem mit konstanten Koeffizienten, welche im Wesentlichen mit Mitteln der linearen Algebra gelöst werden können. Dazu ist es sinnvoll, von vornherein auch komplexe Koeffizienten zuzulassen.


Eine Differentialgleichung der Form

wobei

eine Matrix mit Einträgen ist, heißt homogene lineare gewöhnliche Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten oder homogenes lineares gewöhnliches Differentialgleichungssystem mit konstanten Koeffizienten.


Es sei ein offenes Intervall. Eine Differentialgleichung der Form

wobei eine Matrix mit Einträgen ist und

eine Abbildung, heißt inhomogene lineare gewöhnliche Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten oder inhomogenes lineares gewöhnliches Differentialgleichungssystem mit konstanten Koeffizienten.

Die Störfunktion muss also nicht konstant sein.

Es sei

eine lineare gewöhnliche Differentialgleichung höherer Ordnung mit konstanten Koeffizienten, d.h. die sind reelle (oder komplexe) Zahlen. Das gemäß Lemma 41.5 zugehörige Differentialgleichungssystem

mit

und

wird in dieser Situation zum linearen Differentialgleichungssystem mit konstanten Koeffizienten