Wegintegral/Euklidisch/Zeitunabhängiges Vektorfeld/Einführung/Textabschnitt


Definition  

Es sei eine offene Teilmenge in einem euklidischen Vektorraum,

ein stetiges Vektorfeld und

eine stetig differenzierbare Kurve. Dann heißt

das Wegintegral zum Vektorfeld längs des Weges .

Statt Wegintegral sagt man auch Kurvenintegral. Die stetige Differenzierbarkeit sichert dabei, dass die Ableitung und damit auch der Integrand stetig sind, so dass das Integral existiert.

Wenn der Weg nur (stetig und) stückweise stetig differenzierbar ist, wenn es also eine Unterteilung derart gibt, dass die Einschränkungen[1]

stetig differenzierbar sind, so setzt man

Bemerkung  

Bei der üblichen pysikalischen Interpretation eines Wegintegrals stellt man sich das Vektorfeld als ein Kraftfeld und den Weg als die Bewegung eines Massepunktes vor. Dabei ist die Bewegung erzwungen, d.h. es handelt sich nicht um die natürliche Bewegung, die das Kraftfeld bewirkt , sondern um eine geführte Bewegung. Eine solche Bewegung erfordert einen Arbeitsaufwand, wenn sie gegen das Kraftfeld durchgeführt wird, und setzt Energie frei, wenn sie mit der Kraft geführt wird. Entscheidend ist dabei der Winkel zwischen der momentanten Bewegungsrichtung zu einem Zeitpunkt und dem Kraftfeld zum Ortspunkt . Daher taucht in der Definition des Wegintegrals das Skalarprodukt zwischen Vektorfeld und Bewegungsrichtung auf. Das gesamte Wegintegral ist die Arbeit, die man längs des Weges in dem Kraftfeld verrichtet. Das Skalarprodukt bedeutet zu einem fixierten Zeitpunkt die momentane Leistung.


Bemerkung  

Das Vektorfeld

sei durch die Komponentenfunktionen

und die Kurve durch die Komponentenfunktionen

mit der Ableitung

gegeben. Dann wird das Wegintegral durch

berechnet.



Beispiel  

Zu einem konstanten Vektorfeld

auf einem euklidischen Vektorraum mit einem Vektor und einem affin-linearen Weg

ist



Beispiel  

Wir betrachten das Vektorfeld

und den Weg

Die Ableitung von ist

Daher ist das Wegintegral zu diesem Vektorfeld längs dieser Kurve gleich



Beispiel  

Wir betrachten das Vektorfeld

Für einen stetig differenzierbaren Weg

ist das Wegintegral zu diesem Vektorfeld gleich

Insbesondere hängt dieser Wert nur von und ab, also dem Anfangspunkt und dem Endpunkt der Bewegung, nicht aber vom Verlauf des Weges.


Im vorstehenden Beispiel besitzt insbesondere bei das Wegintegral den Wert . Wir werden später sehen, dass die sogenannten Gradientenfelder (Potentialfelder) die Eigenschaft besitzen, dass die Wegintegrale nur vom Anfangs- und Endpunkt abhängen. Das folgende Beispiel zeigt, dass für einen geschlossenen Weg , wo also ist, das Wegintegral im Allgemeinen nicht sein muss.


Beispiel  

Wir betrachten das Vektorfeld

und den Weg

Die Ableitung von ist

Daher ist das Wegintegral zu diesem Vektorfeld längs dieser Kurve gleich




Lemma

Es sei eine offene Teilmenge in einem euklidischen Vektorraum,

stetige Vektorfelder und

eine (stückweise) stetig differenzierbare Kurve. Dann gelten folgende Aussagen.

  1. Für ist
  2. Es ist

    wobei den umgekehrt durchlaufenen Weg bezeichnet.

  3. Wenn

    ein weiterer (stückweise) stetig differenzierbarer Weg mit ist, so ist

    wobei den aneinander gelegten Weg bezeichnet.

Beweis

Siehe Aufgabe.



Satz  

Es sei eine offene Teilmenge in einem euklidischen Vektorraum,

ein stetiges Vektorfeld und

eine stetig differenzierbare Kurve. Es sei

eine bijektive, monoton wachsende, stetig differenzierbare Funktion und sei .

Dann gilt

Beweis  

Es seien die Komponentenfunktionen von und die Komponentenfunktionen von bezüglich einer fixierten Orthonormalbasis von . Dann gilt mit der Substitution unter Verwendung von Fakt

Die Funktion nennt man in diesem Zusammenhang eine (orientierungserhaltende) Umparametrisierung der Zeit. Der Satz besagt, dass das Wegintegral nur von dem durchlaufenen Weg (einschließlich der Richtung) abhängt, nicht aber von der Geschwindigkeit, mit der das passiert. Wenn die Funktion monoton fallend ist, so vertauschen sich bei der Substitution die Integrationsgrenzen und man erhält

Diese Beziehung gilt insbesondere, wenn der Weg in umgekehrter Richtung durchlaufen wird, was schon in Fakt  (2) formuliert wurde.

Fußnoten
  1. Hier haben die eine andere Bedeutung wie in der folgenden Bemerkung, wo sie die Komponentenfunktionen bezeichnen.