Kurs:Algebraische Zahlentheorie (Osnabrück 2020-2021)/Vorlesung 8
- Die Diskriminante
Das Hauptziel dieser Vorlesung ist es, die Diskriminante einzuführen und damit zu zeigen, dass Zahlbereiche stets eine -Basis besitzen.
Es sei eine endliche Körpererweiterung vom Grad und seien Elemente in . Dann wird die Diskriminante von durch
definiert.
Die Produkte , , sind dabei Elemente in , von denen man jeweils die Spur nimmt, die in liegt. Man erhält also eine quadratische -Matrix über . Deren Determinante ist nach Definition die Diskriminante. Im folgenden werden wir vor allem an der Diskriminante von speziellen Basen interessiert sein, sodass sich die Diskriminante als Invariante eines Zahlkörpers erweist.
Bei einem Basiswechsel verhält sich die Diskriminante wie folgt.
Es sei eine endliche Körpererweiterung vom Grad und seien und - Basen von . Der Basiswechsel werde durch mit der Übergangsmatrix beschrieben. Dann gilt für die Diskriminanten die Beziehung
Ausgeschrieben haben wir die Beziehungen . Damit gilt
Wir schreiben und . Wegen der -Linearität der Spur gilt
Wir schreiben diese Gleichung mit den Matrizen , und als
und die Behauptung folgt dann aus dem Determinantenmultiplikationssatz und Satz 17.5 (Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025)).
Bei einer endlichen Körpererweiterung
in Charakteristik null ist die Spurabbildung
nicht die Nullabbildung, siehe
Lemma 8.8 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)) (2).
Daraus ergibt sich auch das folgende Resultat.
Es sei eine separable endliche Körpererweiterung vom Grad und sei eine - Basis von . Dann ist
Es sei eine endliche Körpererweiterung vom Grad und der zugehörige Zahlbereich. Es sei ein von verschiedenes Ideal in . Es seien Elemente, die eine - Basis von bilden und für die der Betrag der Diskriminante
unter all diesen Basen aus minimal sei.
Dann ist
Zunächst sind wegen Korollar 7.11 die Spuren zu Elementen aus ganzzahlig und somit sind auch die in Frage stehenden Diskriminanten ganzzahlig. Man kann also die Diskriminanten bzw. ihre Beträge untereinander der Größe nach vergleichen.
Es sei ein beliebiges Element. Wir haben zu zeigen, dass sich als eine -Linearkombination mit schreiben lässt, wenn die eine -Basis von mit minimalem Diskriminantenbetrag bilden. Es gibt eine eindeutige Darstellung
mit rationalen Zahlen . Es sei angenommen, dass ein nicht ganzzahlig ist, wobei wir annehmen dürfen. Wir schreiben dann mit und einer rationalen Zahl (echt) zwischen und . Dann ist auch
eine -Basis von , die in liegt. Die Übergangsmatrix der beiden Basen ist
Nach Lemma 8.2 gilt für die beiden Diskriminanten die Beziehung
Wegen und da die Diskriminanten nach Lemma 8.3 nicht sind, ist dies ein Widerspruch zur Minimalität der Diskriminante.
Es sei eine endliche Körpererweiterung vom Grad und der zugehörige Zahlbereich. Es sei ein von verschiedenes Ideal in .
Dann ist eine freie abelsche Gruppe vom Rang ,
d.h. es gibt Elemente mit
wobei die Koeffizienten in einer Darstellung eines Elementes aus eindeutig bestimmt sind.
Nach Lemma 7.7 gibt es überhaupt Elemente , die eine -Basis von bilden. Daher gibt es auch solche Basen, wo der (ganzzahlige) Betrag der Diskriminante minimal ist. Für diese gilt nach Satz 8.4, dass sie ein -Erzeugendensystem von bilden. Die lineare Unabhängigkeit über sichert die Eindeutigkeit der Koeffizienten.
Es sei eine endliche Körpererweiterung vom Grad und der zugehörige Zahlbereich.
Dann ist eine freie abelsche Gruppe vom Rang ,
d.h. es gibt Elemente mit
derart, dass die Koeffizienten in einer Darstellung eines Elementes eindeutig bestimmt sind.
Dies folgt direkt aus Korollar 8.5, angewendet auf das Ideal .
Ein solches System von Erzeugern nennt man auch eine Ganzheitsbasis von . Insbesondere gibt es in einem Zahlbereich stets Ganzheitsbasen. Im Ring der Eisensteinzahlen ist keine Ganzheitsbasis, hingegen schon. Es ergibt sich ferner, dass man eine ganzzahlige Multiplikationsmatrix erhält, wenn man als Basis eine Ganzheitsbasis nimmt. Mit dieser kann man insbesondere die Spur und die Norm ausrechnen.
Es sei der Zahlbereich zur endlichen Körpererweiterung . Dann nennt man die Diskriminante einer Ganzheitsbasis von die Diskriminante von (und die Diskriminante von ).
Die Diskriminante eines Zahlbereichs (oder eines Zahlkörpers) ist eine wohldefinierte ganze Zahl. Nach Definition ist die Diskriminante so gewählt, dass sie betragsmäßig minimal unter allen Diskriminanten zu -Basen aus ist. Zwei solche Diskriminanten unterscheiden sich um ein Quadrat einer Einheit aus , sodass auch das Vorzeichen wohldefiniert ist. Wir bezeichnen sie mit .
Die bisherigen Ergebnisse erlauben es, die Faserringe zu über einem Primideal zumindest anzahlmäßig zu verstehen. Es handelt sich um endliche Ringe mit Elementen. Insbesondere gibt es oberhalb von stets Primideale und zwar höchstens Stück.
Es sei eine endliche Körpererweiterung vom Grad und der zugehörige Zahlbereich. Es sei . Dann gibt es einen Gruppenisomorphismus
Für eine Primzahl ist eine Algebra der Dimension über dem Körper . Zu jeder Primzahl gibt es Primideale in mit .
Nach Korollar 8.6 ist (als abelsche Gruppen), wobei die Standardbasis der Ganzheitsbasis entsprechen möge. Das von in erzeugte Ideal besteht aus allen -Linearkombinationen der und somit entspricht das Ideal (unter dieser Identifizierung) der von erzeugten Untergruppe von . Die Restklassengruppe ist demnach gleich und besitzt Elemente. Aufgrund der Ganzheit ist nach Aufgabe 6.22 und aufgrund des Homomorphiesatzes hat man einen injektiven Ringhomomorphismus
sodass eine von verschiedene -Algebra ist.
Für eine Primzahl ist ein Vektorraum über der Dimension . Deshalb gibt es darin (mindestens) ein maximales Ideal, und dieses entspricht nach Aufgabe 3.16 einem maximalen Ideal in mit . Daher ist , und dieser Durchschnitt ist ein Primideal, also gleich .
- Weitere Berechnungsmöglichkeiten
Es sei eine endliche Körpererweiterung vom Grad und es sei eine - Basis von . Es seien die verschiedenen Einbettungen in .
Dann ist
Nach Lemma 7.14 ist die Spur eines Elementes gleich der Summe . Für ein Produkt ist somit
Insbesondere ist
Somit ist
und daher nach Satz 17.4 (Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025))
Besonders wichtig ist der Fall, wenn die Basis eine Basis eines Ideals oder eine Ganzheitsbasis ist. In dieser Situation fixieren wir die folgende Sprechweise.
Es sei ein Zahlbereich vom Grad und
die komplexe Gesamteinbettung. Es sei eine Ganzheitsbasis von . Dann nennt man die komplexe - Matrix
die komplexe Ganzheitsmatrix (zu dieser Basis).
Es sei eine endliche Körpererweiterung vom Grad und es sei derart, dass die Potenzen eine - Basis von bilden. Es seien die verschiedenen Einbettungen in .
Dann ist
Nach Lemma 8.9 ist die Diskriminante das Quadrat der Determinante der komplexen Matrix
Dies ist eine Vandermonde-Matrix und ihre Determinante ist gleich
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