Kurs:Funktionentheorie (Osnabrück 2023-2024)/Vorlesung 26/kontrolle
In den verbleibenden Vorlesungen beschäftigen wir uns mit sogenannten elliptischen Funktionen, das sind meromorphe Funktionen, die bezüglich eines Gitters periodisch sind.
- Gitter
Es seien linear unabhängige Vektoren im . Dann heißt die Untergruppe ein Gitter im .
Manchmal spricht man auch von einem vollständigen Gitter, da die Erzeuger eine Basis des Raumes bilden. Als Gruppen sind sie isomorph zu , hier interessieren aber auch Eigenschafen der Einbettung in . Ein Gitter heißt rational, wenn die erzeugenden Vektoren zu gehören.
Zu einem Gitter
ist die topologische Restklassengruppe isomorph zum -dimensionalen Torus (mit Faktoren).
Nach Aufgabe 26.1 können wir davon ausgehen, dass das Standardgitter ist. Für dieses gilt
Topologisch und gruppentheoretisch sind alle vollständigen Gitter zueinander äquivalent. Ein Gitter ist durch seine Basis festgelegt, aber nicht umgekehrt. Man kann aber einfach charakterisieren, ob zwei Basiselemente das gleiche Gitter erzeugen.
Es seien und Basen im .
Dann stimmen die zugehörigen Gitter und genau dann überein, wenn ihre Übergangsmatrix ganzzahlig mit Determinante ist.
Es seien und die (reellen) Übergangsmatrizen zwischen den beiden Basen, dabei gilt
und
nach dem Determinantenmultiplikationsatz. Es seien die Gitter gleich. Dann folgt aus , dass in
die Koeffizienten ganzzahlig sind und damit sind die Übergangsmatrizen ganzzahlig. Ihre Determinanten sind somit auch ganzzahlig und aus der Determinantenbedingung folgt, dass die Determinanten oder sein müssen, da dies die einzigen Einheiten in sind.
Wenn beide Übergangsmatrizen ganzzahlig sind, so gilt
und damit Gleichheit.
Im Folgenden beschränken wir uns auf den folgenden Spezialfall.
Unter einem Gitter in den komplexen Zahlen versteht man ein vollständiges Gitter .
Zwei reell linear unabhängige Paare und vom komplexen Zahlen
definieren genau dann das gleiche Gitter, wenn es eine invertierbare Matrix
mit
gibt.
Dies ist ein Spezialfall von Lemma 26.3.
Beispielsweise stimmen die durch bzw. erzeugten Gitter überein, es besteht die Beziehung
bzw. umgekehrt
- Die spezielle lineare Gruppe über
Wir betrachten die spezielle lineare Gruppe in der Dimension über , also
Wir setzen
und
Diese haben die Wirkungsweise
und
Die spezielle lineare Gruppe
wird von den beiden Matrizen und erzeugt.
Wir beweisen die Aussage, dass jede spezielle lineare Matrix über in der von den beiden Matrizen erzeugten Untergruppe liegt, durch Induktion über . Wenn dieser Betrag gleich ist, so ist und durch Multiplikation mit (siehe Lemma 26.6) können wir annehmen, dass die Diagonalelemente gleich sind. Dann ist die Matrix eine Potenz von (mit einem eventuell negativen Exponenten). Es sei die Aussage nun für alle speziellen linearen Matrizen mit bewiesen und sei eine spezielle lineare Matrix mit gegeben. Wegen der Präsenz von können wir annehmen, dass auch einen Betrag von zumindest besitzt. Durch Multiplikation mit oder mit von links kann man dann die erste Spalte durch ersetzen und erhält, wenn man dies hinreichend oft ausführt, eine erste Spalte mit , worauf wir nach Multiplikation mit die Induktionsvoraussetzung anwenden können.
- Streckungsäquivalenz und Modulsubstitution
Zu je zwei Gittern sind die Quotienten und als topologische Gruppen isomorph, es handelt sich ja um den topologischen Torus . Auch als reelle Lie-Gruppen sind sie stets diffeomorph. Als komplexe Mannigfaltigkeiten bzw. als komplexe Liegruppen sind aber und in aller Regel verschieden. Dies bedeutet, dass die eine topologische Gruppe unterschiedliche komplexe Strukturen besitzt.
Zwei Gitter heißen streckungsäquivalent, wenn es eine komplexe Zahl mit gibt.
Dabei ist natürlich , die Streckungsäquivalenz ist eine Äquivalenzrelation. Wenn das eine Gitter durch die reelle Basis und das andere Gitter durch gegeben ist, so kann man durch Multiplikation mit
ein zu streckungsäquivalentes Gitter
finden, das mit im ersten Erzeuger übereinstimmt. Damit sind die Streckungsmöglichkeiten aufgebraucht. Allerdings kann man aus
nicht schließen, dass und nicht zueinander streckungsäquivalent sind, da es ja um die Gleichheit von Gittern und nicht um die Gleichheit von Gitterbasen geht, d.h. man kann noch mit einer Matrix aus multiplizieren.
Jedes Gitter in
ist streckungsäquivalent zu einem Gitter der Form mit .
Sei . Da eine reelle Basis bilden, ist insbesondere . Mit erhält man das streckungsäquivalente Gitter
Sei . Diese Zahl ist nicht reell, da andernfalls eine reelle lineare Abhängigkeit zwischen und vorliegen würde. Also besitzt einen imaginären Anteil. Wenn dieser in der unteren Halbebene liegt, so ersetzen wir durch und erhalten eine Basis mit den verlangten Eigenschaften.
Es bleibt noch zu fragen, wann zwei Gitter, die beide durch eine Basis der Form
bzw.
mit
gegeben sind, übereinstimmen.
Die Streckungsbedingung zusammen mit der Basisbeschreibung aus Korollar 26.5 führt auf die Bedingung
mit und . Daher muss
sein und die Bedingung wird zu
Es ist
Der Nenner ist reell und positiv, der Zähler ist
Hierbei sind die drei Summanden links reell. Somit gehört genau dann zu , wenn das Vorzeichen vor positiv ist, und dies ist genau dann der Fall, wenn die Matrix die Determinante besitzt.
Aufgrund von
Lemma 26.10
ist es naheliegend, die folgende Wirkungsweise der Gruppe der speziellen ganzzahligen -Matrizen auf der oberen Halbebene zu betrachten.
Es handelt sich also um die Wirkung von speziellen gebrochen-linearen Funktionen auf der oberen Halbebene. Dass das Ergebnis einer solchen Substitution (man spricht auch von einer speziellen Möbiustransformation) wieder in der oberen Halbebene liegt wurde in Lemma 26.10 mitbewiesen. Eine Gruppenoperation liegt aufgrund von Lemma 2.5 vor. Die spezielle lineare Gruppe nennt man in diesem Zusammenhang auch Modulgruppe. Da die negative Einheitsmatrix als Modulsubstitution trivial operiert, betrachtet man zumeist die Restklassengruppe als die Modulgruppe.
Die Wirkungsweise der beiden Matrizen und , die nach Satz 26.7 die Gruppe der speziellen ganzzahligen Matrizen erzeugen, bei der Modulsubstitution ist
und
Zu und ist
Dies bedeutet, dass zwischen den Imaginärteilen von und von die Beziehung
besteht. Für folgt daraus ferner, dass die Menge , , ein Maximum besitzt. Es sei entsprechend gewählt. Wir wählen ferner derart, dass der Realteil von
zwischen und liegt, was nach Bemerkung 26.12 möglich ist. Der Betrag von ist , andernfalls würde sich durch ein Widerspruch zur Wahl von ergeben. Somit gelangt man in den Abschluss von . Sei . Wenn der Realteil von gleich ist, so kann man durch Anwendung von erreichen, dass ist. Die Elemente auf dem rechten Kreisteilbogen kann man durch eine Anwendung von auf den linken Kreisteilbogen schicken. Daher wird jedes Element von durch ein Element aus repräsentiert.
Es ist noch zeigen, dass dieses Element eindeutig ist. Nach Lemma 26.10 genügt es zu zeigen, dass für und das Element liegt. Es sei also und
Wir nehmen an, dass gehört und müssen zeigen, dass die Identität oder das Negative der Identität ist. Da die Rollen von und vertauscht werden können, können wir annehmen, dass
gilt. Wie oben gezeigt gilt für den Imaginärteil
also ist
Aus folgt . Es sei zunächst . Dann ist , wobei wir direkt annehmen können, und es liegt eine Scherung vor, die wegen des Realteiles trivial sein muss. Es sei also , wobei wir durch Multiplikation mit annehmen können, dass ist. Aus und folgt . Die Determinante ergibt . Dann ist . Der Imaginärteil dieser Zahl ist , also muss ein Punkt der Sphäre und sein. Von und liegt aber genau ein Element auf dem fixierten Kreissegment.
Jedes Gitter in
ist streckungsäquivalent zu einem Gitter der Form mit einem eindeutig bestimmten , wobei den Fundamentalbereich zur Modulsubstitution bezeichnet.
Dies folgt aus Lemma 26.9, Lemma 26.10 und Lemma 26.13.