Kurs:Invariantentheorie (Osnabrück 2012-2013)/Vorlesung 17



Tensorprodukt von Ringen

Wir betrachten jetzt die Situation, in der zwei kommutative -Algebren vorliegen.



Lemma  

Es sei ein kommutativer Ring und seien kommutative - Algebren.

Dann ist das Tensorprodukt

eine kommutative -Algebra und es gibt - Algebrahomomorphismen

und

Beweis  

Die Multiplikationen auf bzw. auf führen zu - linearen Abbildungen und . Dies ergibt eine - bilineare Abbildung

und damit zu einer -linearen Abbildung

Aufgrund der Kommutativität des Tensorprodukts können wir dies als eine -lineare Abbildung

auffassen, wodurch eine Multiplikation auf definiert wird. Diese Multiplikation wird auf den zerlegbaren Tensoren explizit durch

und allgemein durch

gegeben. Die bisherige Überlegung sichert, dass dies wohldefiniert ist. Der Nachweis, dass durch diese Multiplikation das Tensorprodukt zu einem kommutativen Ring wird, erfolgt über diese explizite Beschreibung, wobei man sich auf die zerlegbaren Elementen beschränken kann. Dass Ringhomomorphismen vorliegen ergibt sich ebenfalls aus der expliziten Beschreibung.



Beispiel  

Zu einem kommutativen Ring und den Polynomringen und ist

Die Vorgabe und definiert den Einsetzungshomomorphismus

Die Zuordnung

ist - bilinear und definiert nach Lemma 16.3  (2) einen - Modulhomomorphismus

Beide Abbildungen sind invers zueinander.



Beispiel  

Zu einem kommutativen Ring und endlich erzeugten - Algebren und ist

Dies wird ähnlich wie die Isomorphie in Beispiel 17.2 begründet.



Beispiel  

Es sei ein Ringhomomorphismus zwischen kommutativen Ringen und

die zugehörige

Spektrumsabbildung. Zu einem Primideal ist die Faser zu über gleich . Dies folgt aus

(nach Proposition 16.9) und der Beschreibung der Faser in Lemma 14.3.




Satz  

Es sei ein kommutativer Ring und seien kommutative - Algebren.

Dann ist

Beweis  

Über die natürlichen - Algebrahomomorphismen (siehe Lemma 17.1)

und

erhält man eine Abbildung von links nach rechts. Da die und ein -

Algebraerzeugendensystem von bilden, ist darauf ein -Algebrahomomorphismus nach festgelegt. Es kann also zu
maximal einen Homomorphismus links geben, der darauf abbildet. Die Abbildung ist also injektiv. Zum Nachweis der Surjektivität sei gegeben. Wir betrachten die Abbildung

Diese Abbildung ist offenbar - bilinear, daher gibt es dazu nach Lemma 16.3 einen - Modulhomomorphismus

Dieser ist wegen

auch mit der Multiplikation verträglich.

Bei , und schreibt man auch

(manchmal auch ) und nennt dies das Produkt der affinen Schemata und (über ). Der obige Satz übersetzt sich zur folgenden universellen Eigenschaft dieses Produkts: Zu einem affinen Schemamorphismus (also einer Spektrumsabbildung)

und zwei Morphismen und über gibt es einen eindeutigen Morphismus

der mit allen vorgegebenen Morphismen kommutiert. Wenn das Spektrum eines Körpers ist, so bedeutet dies für die -wertigen Punkte insbesondere



Hopf-Algebren und affine Gruppenschemata

Wir haben zu einer Operation einer Gruppe auf einem kommutativen Ring eine geometrische Interpretation gefunden, nämlich die Operation der Gruppe auf dem Spektrum von . Der Ring bildet zusammen mit seinem Spektrum eine algebraisch-geometrische Einheit, und die Gruppenwirkung hat algebraische und geometrische Eigenschaften, die eng miteinander verflochten sind. Die Gruppenoperation können wir als einen Gruppenhomomorphismus in die Automorphismengruppe des Ringes oder des affinen Schemas auffassen. Wir haben aber bisher noch keine Sprache dafür, ob die Operation als Ganzes algebraisch-geometrisch ist, und wir haben noch nicht geklärt, ob wir die operierende Gruppe eher als ein algebraisches oder als ein geometrisches Objekt ansehen wollen.

Zum ersten Problemkreis betrachten wir einerseits die multiplikative Gruppe und andererseits die additive Gruppe zu einem Körper . Die typischen Operationen dieser beiden Gruppen haben ziemlich verschiedene Eigenschaften. Die multiplikativen Operationen sind „diagonalisierbar“ und eng mit den Graduierungen (siehe Satz 7.10) verbunden, die Invariantenringe sind daher recht einfach zu berechnen und sind insbesondere direkte Summanden. Letzteres muss für die additive Gruppe nicht gelten, wie Beispiel 6.9 (vergleiche auch Beispiel 15.9) zeigt. Dieser Unterschied ist aber bisher lediglich eine Beobachtung, da wir nur einige Beispiele von Operationen dieser Gruppen betrachtet, aber noch nicht fixiert haben, auf welche Art diese Gruppen operieren sollen.


Beispiel  

Die Exponentialfunktion ist bekanntlich ein Gruppenisomorphismus

mit dem natürlichen Logarithmus als Umkehrfunktion. Daher kann man jede Gruppenoperation der additiven Gruppe auf einer beliebigen Menge auch als eine Operation der positiven multiplikativen Gruppe ansehen und umgekehrt. Sämtliche operationstheoretischen Konzepte wie Bahn, Isotropiegruppe, Invariantenring stimmen dabei überein. Beispielsweise kann man die skalare Multiplikation von auf dem als die Operation

auffassen. Diese Operation kann man nur unter Verwendung einer transzendenten Funktion hinschreiben. Wenn man nur „algebraische Operationen“ zulassen möchte, so sind die multiplikative und die additive Gruppe nicht isomorph, und sie besitzen sehr unterschiedliche Operationen.


Die Gruppenaxiome kann man durch die folgenden kommutativen Diagramme ausdrücken. Dabei sei die Gruppe, die Multiplikation, das neutrale Element und die Inversenabbildung.



Die duale Formulierung dieser Diagramme führt zum Begriff der Hopf-Algebra.


Definition  

Es sei ein kommutativer Ring.[1] Eine kommutative - Algebra heißt Hopf-Algebra, wenn es fixierte - Algebrahomomorphismen (genannt Komultiplikation, Koeinheit und Koinverses)

und

gibt, derart, dass die Diagramme


und

kommutieren.


Beispiel  

Es sei eine endliche Gruppe und ein kommutativer Ring. Wir setzen

mit der Addition und Multiplikation von Abbildungen, die unabhängig von sind. Wir definieren auf eine Hopf-Algebrastruktur unter Verwendung der Gruppenstruktur. Die Gruppenmultiplikation

führt zur Abbildung

wodurch wir die Komultiplikation

festlegen. Das Basiselement zu wird dabei auf

abgebildet. Das neutrale Element induziert die Auswertungsabbildung

und die Inversenbildung

führt zu

wobei das Basiselement auf abgebildet wird. Die Abbildungen sind offenbar - Algebrahomomorphismen. Die Gruppenaxiome kann man durch die Kommutativität geeigneter Diagramme ausdrücken. Wendet man auf diese den Funktor in Zusammenhang mit geeigneten Identifizierungen an, so erhält man die Kommutativität der Diagramme in der Definition einer Hopf-Algebra.



Beispiel  

Es sei ein kommutativer Ring. Auf dem Polynomring kann man folgendermaßen eine Hopf-Struktur erklären. Die Komultiplikation wird durch

erklärt. Die Koeinheit wird durch

festgelegt und das

Koinverse ist durch

definiert. Nach Aufgabe 17.14 ist dies in der Tat eine Hopf-Algebra, die man die Hopf-Algebra der additiven Gruppe nennt.



Beispiel  

Es sei ein kommutativer Ring. Auf kann man folgendermaßen eine Hopf-Struktur erklären. Die Komultiplikation wird durch

erklärt. Die Koeinheit wird durch

festgelegt und das

Koinverse ist durch

definiert. Nach Aufgabe 17.17 ist dies in der Tat eine Hopf-Algebra, die man die Hopf-Algebra der multiplikativen Gruppe nennt.



Beispiel  

Es sei eine kommutative Gruppe, ein kommutativer Ring und der zugehörige Gruppenring, also

Darauf lässt sich die Struktur einer Hopf-Algebra erklären, indem man die Komultiplikation als

die Koeinheit als

und das Koinverse als

ansetzt. Diese

- Algebrahomomorphismen gehören zu den Gruppenhomomorphismen , , und , , im Sinne von Korollar 8.6.


Die Konstruktion in Beispiel 17.10 ist ein Spezialfall der Hopf-Algebrastruktur auf einem Gruppenring, nämlich für .



Fußnoten
  1. Wir schreiben hier für den kommutativen Grundring; die Schlagkraft des Konzeptes zeigt sich bereits vollständig im Fall, dass ein Körper ist, so dass man sich unter gerne einen Körper vorstellen kann.



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