Kurs:Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)/Vorlesung 14
- Automorphismen und Nullstellen
Wir betrachten den Zerfällungskörper zum Polynom , also den achten Kreisteilungskörper. Er wird von einer primitiven achten Einheitswurzel erzeugt und besitzt nach Beispiel 12.9 die Darstellungen
Die Nullstellen von sind die acht verschiedenen Einheitswurzeln, die die Potenzen von sind. Die primitiven Einheitswurzeln besitzen allesamt das Minimalpolynom . Die - Automorphismen
führen die achten Einheitswurzeln ineinander über, und zwar werden primitive Einheitswurzeln auf primitive Einheitswurzeln angebildet. Die komplexe Konjugation bildet auf und auf und auf ab. Der durch und gegebene Automorphismus (vergleiche Lemma 12.15) bildet auf und auf ab. In jedem Fall induziert jeder Automorphismus eine Permutation der achten Einheitswurzeln, also der Nullstellen des Polynoms .
Es sei ein Körper, ein Polynom und der Zerfällungskörper von . Es seien die Nullstellen von in .
Dann gibt es einen natürlichen injektiven Gruppenhomomorphismus
der Galoisgruppe in die Permutationsgruppe der Nullstellen.
Es sei . Nach Lemma 10.15 ist wieder eine Nullstelle von , daher muss für ein gewisses sein. Dies definiert ein Abbildung der Nullstellenmenge in sich selbst. Da injektiv ist, ist auch diese induzierte Abbildung injektiv, also nach Lemma 10.5 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) bijektiv und somit eine Permutation. Die Gesamtzuordnung ist offenbar ein Gruppenhomomorphismus. Da die Nullstellen ein Erzeugendensystem des Zerfällungskörpers bilden, liegt nach Lemma 10.14 ein injektiver Homomorphismus vor.
Nach Beispiel 11.2 ist
eine Körpererweiterung vom Grad und dabei sind, wenn man die Restklasse von in mit bezeichnet, neben auch und Nullstellen der definierenden Gleichung. Somit besitzen die Elemente das Minimalpolynom . Durch
wird ein nichtidentischer - Algebraautomorphismus auf festgelegt. Dieser sendet auf , wegen
auf und aufgrund einer ähnlichen Rechnung zurück auf . Die einzigen Automorphismen entsprechen also den geraden Permutationen auf der Nullstellenmenge .
Es sei ein Körper und eine kommutative - Algebra. Zwei über algebraische Elemente heißen konjugiert, wenn ihre Minimalpolynome übereinstimmen.
Es sei eine endliche Körpererweiterung und es seien und konjugierte Elemente aus . Es sei der Zerfällungskörper des gemeinsamen Minimalpolynoms dieser beiden Elemente.
Dann gibt es einen - Algebraautomorphismus von mit .
Zunächst gibt es wegen
einen - Algebrahomomorphismus von nach . Der Körper ist über diesen beiden Unterkörpern der Zerfällungskörper von . Daher gibt es nach Satz 11.6 einen -Algebraautomorphismus von nach , der fortsetzt.
- Das Lemma von Dedekind
Die Menge der Charaktere auf einem Monoid in einen Körper , also , ist selbst ein Monoid, und zwar ein Untermonoid des Abbildungsmonoids von nach . Da Charaktere insbesondere Abbildungen von nach sind, kann man von Linearkombinationen von Charakteren sprechen. Diese sind im Allgemeinen keine Charaktere mehr. Es gilt die folgende bemerkenswerte Aussage, das Lemma von Dedekind.
Es sei ein Monoid, ein Körper und seien Charaktere.
Dann sind diese Charaktere linear unabhängig (als Elemente in ).
Es sei
wobei die verschiedene Charaktere seien und alle von verschieden seien. Darüber hinaus sei minimal gewählt mit dieser Eigenschaft. Wegen ist ein einzelner Charakter nicht die Nullabbildung, also linear unabhängig und somit ist zumindest . Wegen gibt es auch ein mit
. Wir behaupten die Gleichheit (wieder von Abbildungen von nach )
Für ein beliebiges ist nämlich
wegen der Ausgangsgleichung. Wenn man vom -fachen der Ausgangsgleichung die zweite Gleichung abzieht, so kann man elimineren und erhält eine nichttriviale (wegen und der Wahl von ) lineare Relation zwischen im Widerspruch zur Minimalitätseigenschaft von .
- Galoiserweiterungen
Aus dem Lemma von Dedekind ergibt sich eine direkte Abschätzung zwischen der Ordnung der Galoisgruppe und dem Grad einer endlichen Körpererweiterung.
Nach Satz 10.16 ist endlich. Wir setzen und und müssen zeigen. Nehmen wir also an. Es sei eine - Basis von und die Elemente in der Galoisgruppe seien . Wir betrachten die Matrix
Ihr Rang ist maximal gleich , da sie nur Zeilen besitzt. Daher gibt es eine nichttriviale Relation zwischen den Spalten, sagen wir
wobei nicht alle gleich sind. Wir betrachten nun
wobei wir die Automorphismen als Charaktere von nach auffassen. Für ein beliebiges Element schreiben wir . Mit diesen Bezeichnungen gilt
da ja wegen der obigen linearen Abhängigkeit die Zeilensummen sind für jedes . Also liegt eine nicht-triviale Relation zwischen Charakteren vor, was nach Satz 14.6 nicht sein kann.
Eine wichtige Frage ist, wann in der vorstehenden Abschätzung Gleichheit vorliegt, wann es also so viele Automorphismen wie möglich gibt. Dies machen wir zur Grundlage der folgenden Definition. Wir werden später noch viele äquivalente Eigenschaften kennenlernen.
Es sei ein Körper mit einer Charakteristik und sei eine quadratische Körpererweiterung.
Dann ist eine Galoiserweiterung.
Beweis
Die vorstehende Aussage ist ein Spezialfall der Aussage, dass graduierte Körpererweiterungen unter der Voraussetzung, dass hinreichend viele Einheitswurzeln im Grundkörper vorhanden sind, Galois-Erweiterungen sind. Dazu brauchen wir ein vorbereitendes Lemma.
Es sei eine endliche kommutative Gruppe mit dem Exponenten , und es sei ein Körper, der eine primitive -te Einheitswurzel besitzt.
Nach Lemma 12.14 (2) und Satz Anhang 4.2. kann man annehmen, dass eine endliche zyklische Gruppe ist, und dass eine -te primitive Einheitswurzel besitzt. Jeder Gruppenhomomorphismus
ist durch eindeutig festgelegt, und wegen
ist eine -te Einheitswurzel. Umgekehrt kann man zu jeder -ten Einheitswurzel durch die Zuordnung nach Lemma 4.4 und Satz 5.10 einen Gruppenhomomorphismus von nach definieren. Die Menge der -ten Einheitswurzeln ist, da eine primitive Einheitswurzel vorhanden ist, eine zyklische Gruppe der Ordnung . Also gibt es solche Homomorphismen. Wenn eine primitive Einheitswurzel ist, dann besitzt der durch festgelegte Homomorphismus die Ordnung und ist damit ein Erzeuger der Charaktergruppe, also .
Es sei ein Körper, eine endliche kommutative Gruppe und eine - graduierte Körpererweiterung. Der Körper enthalte eine -te primitive Einheitswurzel, wobei der Exponent von sei.
Dann ist eine Galoiserweiterung mit Galoisgruppe .
Die Voraussetzung über die primitiven Einheitswurzeln in Verbindung mit Lemma 14.10 und Lemma 12.10 (2) sichern
Nach Lemma 12.15 ist
Also ist
und somit haben wir nach Satz 14.7 hier Gleichheit, also liegt eine Galoiserweiterung vor. Damit ist auch der nach Lemma 12.15 injektive Gruppenhomomorphismus
bijektiv.
Es sei und sei ein Körper, der eine -te primitive Einheitswurzel enthält. Es sei derart, dass das Polynom irreduzibel sei. Dann ist
eine nach Beispiel 9.5 - graduierte Körpererweiterung, und nach Satz 14.11 handelt es sich um eine Galoiserweiterung mit Galoisgruppe . Dabei ist auch der Zerfällungskörper von . Wenn die Restklasse von bezeichnet, so sind die verschiedenen Nullstellen dieses Polynoms gleich
die allesamt homogene Elemente der Stufe sind. Ein Charakter bzw. der zugehörige Automorphismus operiert gemäß Lemma 14.2 auf dieser Nullstellenmenge (die nichtkanonisch isomorph zu ist) durch
Die graduierende Gruppe , sein Charakterdual , die Gruppe der -ten Einheitswurzeln , die Galoisgruppe und die Nullstellenmenge bestehen aus Elementen, die Permutationsgruppe von besteht somit aus Elementen. Zu je zwei Nullstellen und gibt es einen eindeutigen Charakter bzw. Automorphismus, dessen zugehörige Permutation in überführt, nämlich derjenige Charakter mit .
Bei und sind die beiden Nullstellen und der nichtkonstante Charakter vertauscht die beiden Nullstellen. Wegen rührt jede Permutation von einem Automorphismus bzw. einem Charakter her.
Bei und ist eine -graduierte Körpererweiterung. Die vier Nullstellen sind und . Die Irreduzibilität von ergibt sich dadurch, dass das Produkt von je zwei Linearfaktoren nicht zu gehört. Jeder Charakter ist durch bestimmt und die zugehörige Permutation auf der Nullstellenmenge ist die Multiplikation mit . Bei ist das die Permutation , bei ist das die Permutation und bei ist das die Permutation . Unter den Permutationen rühren also nur von einem Charakter her, eine Permutation wie , , und z.B. nicht.
- Fußnoten
- ↑ Diese Isomorphie ist nicht kanonisch, es gibt keine natürliche Beziehung zwischen den Elementen aus und den Charaktern auf .
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