Kurs:Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025)/Teil II/Vorlesung 41/kontrolle
Eine Bilinearform oder eine Sesquilinearform auf einem -dimensionalen -Vektorraum wird bezüglich einer Basis durch ihre Gramsche Matrix beschrieben. Ebenso wird eine lineare Abbildung von nach durch eine Matrix beschrieben. Insgesamt liegt also eine Korrespondenz (bei )
vor. Auf der linken Seite sind Eigenschaften wie symmetrisch, hermitesch, positiv definit relevant, auf der rechten Seite Eigenwerte, Eigenräume, charakteristisches Polynom. Wie hängen diese zwei Begriffswelten zusammen? Mit solchen Fragen werden wir uns in den nächsten Vorlesungen beschäftigen. Dabei werden wir die Korrespondenz zwischen der linken und der rechten Seite nicht über die Fixierung einer Basis, sondern über die Fixierung eines Skalarproduktes erreichen.
- Adjungierter Endomorphismus
Es sei ein - Vektorraum mit Skalarprodukt und
ein Endomorphismus. Man nennt einen Endomorphismus
adjungiert zu , wenn
für alle gilt.
Zu einer Isometrie
auf einem euklidischen Vektorraum ist die Umkehrabbildung der adjungierte Endomorphismus. Es ist ja in diesem Fall
Zu einer Streckung auf einem - Vektorraum mit Skalarprodukt mit dem Streckungsfaktor ist die Streckung mit dem Streckungsfaktor die adjungierte Abbildung. Es ist ja
besitze eine Orthonormalbasis (bezüglich des Standardskalarproduktes) aus Eigenvektoren, d.h. die beschreibende Matrix besitzt die Diagonalgestalt
Dann wird der adjungierte Endomorphismus durch die komplex-konjugierte Matrix
beschrieben. Es ist ja einerseits
und andererseits
Bei ist dies beides gleich und bei steht beidseitig .
Es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum mit Skalarprodukt und sei
ein Endomorphismus.
Dann existiert der adjungierte Endomorphismus zu und ist eindeutig bestimmt.
Es sei
gegeben und fixiert. Dann ist die Abbildung
eine Linearform auf . Daher gibt es (nach Korollar 38.6 im reellen Fall, für den komplexen Fall siehe Aufgabe 41.14) einen durch und eindeutig bestimmten Rechtsgradienten aus mit
linear ist. Es ist
Da dies für alle gilt, muss
sein. Ferner ist
Da dies für alle gilt, ist
Wie im Beweis dieses Satzes wird der adjungierte Endomorphismus mit bezeichnet. Wenn man die Zuordnung, die einem Vektor die Linearform zuordnet, mit bezeichnet, so ist
wobei
die duale Abbildung bezeichnet.
Es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum mit Skalarprodukt . Es sei
ein Endomorphismus, der bezüglich der Orthonormalbasis durch die Matrix beschrieben werde.
Dann wird der adjungierte Endomorphismus bezüglich dieser Basis durch die Matrix beschrieben.
Es sei die Orthonormalbasis und es seien
bzw.
die Matrizen von bzw. bezüglich dieser Basis. Dann ist insbesondere
und
Aufgrund der Adjungiertheit gilt die Beziehung
D.h.
und umgekehrt.
Es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum mit Skalarprodukt . Dann erfüllt der adjungierte Endomorphismus folgende Eigenschaften (dabei seien Endomorphismen).
Beweis
- Selbstadjungierte Endomorphismen
Es sei ein - Vektorraum mit Skalarprodukt und sei
ein Endomorphismus. Dann heißt selbstadjungiert, wenn
für alle gilt.
Die Selbstadjungiertheit bedeutet also einfach
Eine Streckung ist genau dann selbstadjungiert, wenn der Streckungsfaktor reell ist.
Es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum mit Skalarprodukt und es sei
ein Endomorphismus.
Dann ist genau dann selbstadjungiert, wenn er bezüglich einer (jeden) Orthonormalbasis von durch eine hermitesche Matrix beschrieben wird.
Wenn selbstadjungiert ist, so folgt die Aussage aus Lemma 41.6. Wenn umgekehrt bezüglich einer Orthonormalbasis durch eine hermitesche Matrix beschrieben wird, so wird, wiederum nach Lemma 41.6, der adjungierte Endomorphismus bezüglich der Basis durch
beschrieben, stimmt also mit überein.
Es sei ein - Vektorraum mit Skalarprodukt und sei
ein selbstadjungierter Endomorphismus. Dann gelten folgende Aussagen.
- Zu einem - invarianten Untervektorraum ist auch das orthogonale Komplement -invariant.
- Alle Eigenwerte sind reell.
- Die Eigenräume zu verschiedenen Eigenwerten sind orthogonal.
- Es sei endlichdimensional. Dann zerfällt das charakteristische Polynom zu in Linearfaktoren.
(1). Es sei und . Wegen der Invarianz von ist auch . Daher ist
Also steht senkrecht auf und gehört damit zu , was dessen Invarianz bedeutet.
(2). Dies ist nur bei relevant. Es sei ein Eigenwert und ein Eigenvektor, also
Wir können diesen Eigenvektor als normiert annehmen. Dann ist
also ist reell.
(3). Es sei ein Eigenvektor zum Eigenwert und ein Eigenvektor zum Eigenwert . Dann ist
Dies ist nur bei
möglich.
(4). Wir können annehmen, dass mit dem Standardskalarprodukt vorliegt. Bei ist die Aussage bekannt, sei also . Wir können die Abbildung auch als Abbildung von nach auffassen, wobei die Selbstadjungiertheit erhalten bleibt und wobei sich das charakteristische Polynom nicht ändert. Es zerfällt daher in Linearfaktoren, wobei die Nullstellen nach (2) reell sind.
Die folgende Aussage heißt Spektralsatz für selbstadjungierte Endomorphismen.
Es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum mit Skalarprodukt und sei
ein selbstadjungierter Endomorphismus.
Dann gibt es eine Orthonormalbasis von aus Eigenvektoren zu .
Wir führen Induktion über die Dimension von . Nach Lemma 41.10 (4) besitzt einen Eigenvektor , den wir als normiert voraussetzen können, und nach Lemma 41.10 (1) ist das orthogonale Komplement
dazu ebenfalls invariant. Daher liegt eine direkte Summenzerlegung
vor. Die Einschränkung von auf ist ebenfalls selbstadjungiert und daher liefert die Induktionsvoraussetzung die Behauptung.
Insbesondere ist ein selbstadjungierter Endomorphismus diagonalisierbar.
- Selbstadjungierte Endomorphismen und hermitesche Formen
Es sei ein - Vektorraum mit Skalarprodukt. Ein Endomorphismus
induziert dann mit Hilfe des Skalarproduktes eine Form , die durch
definiert ist. Dafür gelten die folgenden Eigenschaften.
Es sei ein - Vektorraum mit Skalarprodukt. Dann gelten folgende Aussagen.
- Durch die Zuordnung
wird einem Endomorphismus eine Sesquilinearform zugeordnet.
- Diese Zuordnung ist linear und bei endlichdimensionalem bijektiv.
- Es sei endlichdimensional. Der Endomorphismus ist genau dann bijektiv, wenn nicht ausgeartet ist.
- Es sei endlichdimensional. Der Endomorphismus ist genau dann selbstadjungiert, wenn hermitesch ist.
(1). Es ist
und
also ist die Zuordnung in der ersten Komponente linear und in der zweiten Komponente semilinear. Daher ist eine Sesquilinearform.
(2). Die Linearität ergibt sich aus der Linearität des Skalarproduktes in der ersten Komponente. Im endlichdimensionalen Fall stehen links und rechts Vektorräume der Dimension , es genügt also, die Injektivität zu zeigen. Bei ist für alle , sodass insbesondere und somit gilt.
(3). Wenn nicht bijektiv ist, so sei , . Dann ist die Nullabbildung in der zweiten Komponente und die Form ist ausgeartet. Es sei umgekehrt ausgeartet. Dann gibt es einen Vektor , , derart, dass die Nullabbildung ist. Da ein Skalarprodukt nicht ausgeartet ist, folgt und damit ist nicht bijektiv.
(4). Im selbstadjungierten Fall ist
Die Umkehrung folgt aus