Kurs:Riemannsche Flächen (Osnabrück 2022)/Vorlesung 8/kontrolle
In dieser Vorlesung führen wir die komplexen Tori als eine wichtige Beispielklasse für kompakte riemannsche Flächen ein.
- Gitter
Es seien linear unabhängige Vektoren im . Dann heißt die Untergruppe ein Gitter im .
Manchmal spricht man auch von einem vollständigen Gitter, da die Erzeuger eine Basis des Raumes bilden. Als Gruppen sind sie isomorph zu , hier interessieren aber auch Eigenschafen der Einbettung in . Ein Gitter heißt rational, wenn die erzeugenden Vektoren zu gehören.
Zu einem Gitter
ist die topologische Restklassengruppe isomorph zum -dimensionalen Torus (mit Faktoren).
Nach Aufgabe 8.1 können wir davon ausgehen, dass das Standardgitter ist. Für dieses gilt
Topologisch und gruppentheoretisch sind alle vollständigen Gitter zueinander äquivalent. Ein Gitter ist durch seine Basis festgelegt, aber nicht umgekehrt. Man kann aber einfach charakterisieren, ob zwei Basiselemente das gleiche Gitter erzeugen.
Es seien und Basen im .
Dann stimmen die zugehörigen Gitter und genau dann überein, wenn ihre Übergangsmatrix ganzzahlig mit Determinante ist.
Es seien und die (reellen) Übergangsmatrizen zwischen den beiden Basen, dabei gilt
und
nach dem Determinantenmultiplikationsatz. Es seien die Gitter gleich. Dann folgt aus , dass in
die Koeffizienten ganzzahlig sind und damit sind die Übergangsmatrizen ganzzahlig. Ihre Determinanten sind somit auch ganzzahlig und aus der Determinantenbedingung folgt, dass die Determinanten oder sein müssen, da dies die einzigen Einheiten in sind.
Wenn beide Übergangsmatrizen ganzzahlig sind, so gilt
und damit Gleichheit.
Im Folgenden beschränken wir uns auf den folgenden Spezialfall.
Unter einem Gitter in den komplexen Zahlen versteht man ein vollständiges Gitter .
Zwei reell linear unabhängige Paare und vom komplexen Zahlen
definieren genau dann das gleiche Gitter, wenn es eine invertierbare Matrix
mit
gibt.
Dies ist ein Spezialfall von Lemma 8.3.
Beispielsweise stimmen die durch bzw. erzeugten Gitter überein, es besteht die Beziehung
bzw. umgekehrt
- Komplexe Tori
Zu einem Gitter
ist die kanonische Abbildung eine Überlagerung und der Quotientenraum ist in natürlicher Weise eine eindimensionale kompakte komplexe Mannigfaltigkeit Dabei wird zu einer holomorphen Abbildung.
Zu jedem Punkt und einem Urbildpunkt gibt es eine offene Ballumgebung , auf der die Einschränkung einen Homöomorphismus
mit einer offenen Umgebung von induziert. Man wähle einfach kleiner als die Hälfte des minimalen Abstandes im Gitter. Dabei sind die zu verschiedenen Urbildpunkten von zueinander disjunkt und untereinander durch eine Verschiebung mit einem Gittervektor homöomorph. Damit ist die Abbildung eine Überlagerung mit der Faser . Man erhält auf eine komplexe Karte, indem man einen Homöomorphismus zu einem auswählt. Zu zwei solchen offenen Mengen und (zu Punkten ) seien offene Bälle derart, dass die Einschränkungen und Homöomorphismen sind. Es sei und sei das Urbild von unter und das Urbild von unter . Da das Urbild von unter die disjunkte Vereinigung von zu homöomorphen Teilmengen ist, die durch eine Translation mit einem Element aus ineinander übergehen, ist
mit einem . Die Abbildung
beschreibt dann den Kartenwechsel, was zeigt, dass durch diese Karten eine wohldefinierte komplexe Struktur vorliegt.
Die Kompaktheit folgt aus Satz 8.2 oder daraus, dass eine Gittermasche ganz in einer beschränkten und abgeschlossenen, also kompakten Teilmenge von liegt und dass Bilder kompakter Mengen unter stetigen Abbildungen kompakt sind.
Die Holomorphie der Abbildung bezüglich der soeben etablierten komplexen Struktur auf dem Quotienten ist klar.
Eine topologische Gruppe ist eine Gruppe , die zugleich ein topologischer Raum ist derart, dass die Verknüpfung
und die Inversenbildung
stetige Abbildungen sind.
Topologische Gruppen sind , , , , , , die allgemeine lineare Gruppe bzw. , ein, wie wir gleich zeigen werden, komplexer Torus zu einem Gitter . Man kann jede Gruppe mit der diskreten Topologie zu einer topologischen Gruppe machen. Mit topologischen Gruppen kann man wichtige Garben definieren, siehe Beispiel 10.10. Eine Verschärfung des Begriffs einer topologischen Gruppe ist das folgende Konzept.
Eine komplexe Mannigfaltigkeit , die zugleich eine Gruppe ist, für die die Gruppenverknüpfung
und die Inversenbildung
holomorph sind, heißt komplexe Lie-Gruppe.
Zu einem Gitter
ist der Quotientenraum in natürlicher Weise eine eindimensionale kompakte kommutative komplexe Lie-Gruppe.
Da eine Untergruppe ist, ist die Restklassengruppe eine kommutative Gruppe. Nach Satz 8.6 ist auch eine kompakte komplexe Mannigfaltigkeit. Es ist also noch zu zeigen, dass die Gruppenaddition auf und das Negative holomorphe Abbildungen sind. Dies ergibt sich aber im Wesentlichen aus den kommutativen Diagrammen
und
Unter einem komplexen Torus versteht man den Quotientenraum zu einem Gitter .
Statt von einem (eindimensionalen) komplexen Torus spricht man auch von einer komplex-elliptischen Kurve, dies vor allem aber dann, wenn man den Torus als glatte kubische Kurve in der projektiven Ebene realisiert hat, siehe Satz 12.14 (Elliptische Kurven (Osnabrück 2021-2022)).
- Liftungen
Dass eine Überlagerung vorliegt, wurde schon in Satz 8.6 mitbewiesen. Da einfach zusammenhängend ist, handelt es sich um die universelle Überlagerung.
Die Fundamentalgruppe eines komplexen Torus ist
.
- Isogenien
Zu Gittern
gibt es einen kanonischen surjektiven Gruppenhomomorphismus
dessen Kern gleich und insbesondere endlich ist.
Unter dem Gruppenhomomorphismus
wird insbesondere auch das Untergitter auf abgebildet, d.h. gehört zum Kern von . Somit gibt es nach dem Homomorphiesatz einen induzierten Gruppenhomomorphismus
Dieser ist surjektiv, und sein Kern ist isomorph zu . Dies ist eine endliche Gruppe.
Zu Gittern
ist der kanonische Gruppenhomomorphismus
eine endliche Überlagerung, deren Fasern gleich sind. Die Gruppe der Decktransformationen ist isomorph zu .
Es liegt das kommutative Diagramm
wobei und nach Satz 8.6 Überlagerungen sind. Zu einer offenen Umgebung , für die es in die disjunkten und zu homöomorphen offenen Umgebungen , , gibt, ist das Urbild in die disjunkte Vereinigung der offenen Mengen , , wobei
Homöomorphismen sind. Daher liegt eine Überlagerung vor.
Ein Element definiert einen stetigen Gruppenhomomorphismus
derart, dass das Diagramm
kommutiert. Dabei definiert genau dann die Identität auf , wenn ist, also wenn in ist. Die Addition in entspricht dabei der Hintereinanderschaltung von Abbildungen.
Dies folgt aus Lemma 8.13 und aus Lemma 8.14, da die holomorphen Strukturen auf bzw. beide von geerbt sind (siehe Satz 8.6).
Zu komplexen Tori und nennt man einen holomorphen Gruppenhomomorphismus eine Isogenie