Kurs:Invariantentheorie (Osnabrück 2012-2013)/Vorlesung 13



Das Spektrum eines kommutativen Ringes

Bei einer linearen Operation einer Gruppe auf einem - Vektorraum haben wir einerseits die Operation auf dem geometrischen Objekt, nämlich dem Vektorraum, und andererseits die Operation auf dem zugehörigen Polynomring als Gruppe von Ringautomorphismen. Es ist wünschenswert, zu einer solchen algebraischen Operation auf einem beliebigen kommutativen Ring auch eine geometrische Interpretation zu besitzen. Dieses (und vieles andere) leistet das Spektrum eines kommutativen Ringes.


Zu einem kommutativen Ring nennt man die Menge der Primideale von das Spektrum von , geschrieben

Man spricht auch von einem affinen Schema.


Auf dem Spektrum eines kommutativen Ringes ist die Zariski-Topologie dadurch gegeben, dass zu einer beliebigen Teilmenge die Mengen

als offen erklärt werden.

Für einelementige Teilmengen schreiben wir statt .



Die Zariski-Topologie auf dem Spektrum eines kommutativen Ringes

ist in der Tat eine Topologie.

Es ist und , da jedes Primideal die und kein Primideal die enthält.

Zu einer beliebigen Familie , , aus Teilmengen ist

Dabei ist die Inklusion klar, da gilt und da aus stets folgt. Für die andere Inklusion sei . D.h. es gibt ein mit . Somit gibt es ein mit und daher für dieses .

Zu einer endlichen Familie aus Teilmengen ist

Dabei bezeichnet die Menge aller Produkte mit . Hierbei ist die Inklusion klar. Für die umgekehrte Inklusion sei für alle vorausgesetzt. Das bedeutet, dass es mit gibt. Aufgrund der Primidealeigenschaft ist dann , also .


Wir betrachten das Spektrum stets als topologischen Raum. Die Primideale sind die Punkte dieses Raumes. Wir schreiben häufig und , um die geometrische Sichtweise zu betonen. Für das Primideal, das durch repräsentiert wird, schreibt man dann wiederum .

Die Komplemente der offenen Mengen, also die abgeschlossenen Mengen in der Zariski-Topologie, werden mit

bezeichnet.



Für das Spektrum eines kommutativen Ringes gelten folgende Eigenschaften.

  1. Es ist , wobei das durch erzeugte Ideal (Radikal) in sei. Man kann sich also bei der Beschreibung der offenen Teilmengen auf die Radikale von beschränken.
  2. Für eine Familie , , von Idealen in ist
  3. Für eine endliche Familie , , von Idealen in ist
  4. Es ist genau dann, wenn das Einheitsideal ist.
  5. Es ist genau dann, wenn gilt.
  6. Das Spektrum ist genau dann leer, wenn der Nullring ist.
  7. Es ist genau dann, wenn nur nilpotente Elemente enthält.
  8. Die offenen Mengen , , bilden eine Basis der Topologie.
  9. Eine Familie von offenen Mengen , , ist genau dann eine Überdeckung von , wenn die Ideale zusammen das Einheitsideal erzeugen.

(1). Die Inklusion ist klar. Die andere Inklusion beweisen wir durch Kontraposition und nehmen an. Dann ist und somit gilt

da ein Primideal ein Radikalideal ist. Daher ist auch .

(2) und (3) sind klar nach (1) und dem Beweis zu Lemma 13.3.
(4). Wenn nicht das Einheitsideal ist, so gibt es nach Aufgabe 13.6 ein maximales Ideal , also .
(5). Die Implikation von rechts nach links ist klar. Für die Umkehrung sei vorausgesetzt. Dann gibt es ein mit für alle . Dann gibt es auch ein Primideal mit . Also ist und .
(6). Der Nullring besitzt kein Primideal. Ein vom Nullring verschiedener kommutativer Ring besitzt nach Aufgabe 13.6 maximale Ideale.
(7). Jedes Primideal enthält sämtliche nilpotenten Elemente, also ist für ein solches Ideal. Wenn dagegen ein nicht nilpotentes Element enthält, so gibt es nach Aufgabe 13.7 auch ein Primideal mit , also ist .
(8). Dies folgt direkt aus .
(9) folgt aus und (2) und (4).



Für das Spektrum eines kommutativen Ringes gelten folgende Eigenschaften.

  1. Der Abschluss einer Teilmenge ist .
  2. Der Abschluss eines Punktes ist .
  3. Ein Punkt ist genau dann abgeschlossen, wenn ein maximales Ideal ist.

(1). Für ist , sodass die angegebene Menge eine abgeschlossene Menge ist, die umfasst. Es sei ein Primideal mit , also . Um zu zeigen, dass auch zum Abschluss von gehört, muss man zeigen, dass jede offene Umgebung von schneidet. Es sei also , d.h. . Dann ist auch und somit gibt es ein mit . Also ist und somit .
(2) ist ein Spezialfall von (1).
(3) folgt aus (2).


Vor der nächsten Aussage erinnern wir an die (Quasi)-Kompaktheit von topologischen Räumen: Ein topologischer Raum heißt kompakt (oder überdeckungskompakt), wenn es zu jeder offenen Überdeckung

eine endliche Teilmenge derart gibt, dass

ist. Häufig spricht man von kompakt nur, wenn der Raum neben dieser Überdeckungseigenschaft auch hausdorffsch ist, und nennt dann die Überdeckungseigenschaft die Quasikompaktheit.



Das Spektrum eines kommutativen Ringes

ist quasikompakt.

Nach Proposition 13.4  (9) ist genau dann, wenn die Ideale , , zusammen das Einheitsideal erzeugen. Das von der Familie erzeugte Ideal besteht aus allen endlichen Summen mit . Wenn also das Einheitsideal erzeugt wird, so bedeutet dies, dass es eine endliche Auswahl und Elemente mit gibt. Dann ist aber

und somit ist eine endliche überdeckende Teilfamilie gefunden.


Das Spektrum ist nur in Ausnahmesituationen ein Hausdorffraum, d.h. im Allgemeinen kann man zwei Punkte des Spektrums nicht durch offene Umgebungen trennen.


Ein Körper hat bekanntlich nur zwei Ideale, nämlich das Einheitsideal , das kein Primideal ist, und das Nullideal , das ein Primideal ist. Das Spektrum eines Körpers besteht also aus einem einzigen Punkt.



So stellt man sich das Spektrum von vor. Die Verbindungslinien sollen vermitteln, dass es sich um ein eindimensionales Objekt handelt. Das Nullideal malt man fett, um anzudeuten, dass es sich um einen dichten Punkt handelt.

Die Primideale in sind einerseits die maximalen Ideale , wobei eine Primzahl ist, und andererseits das Nullideal . Die maximalen Ideale bilden die abgeschlossenen Punkte von . Das Nullideal ist darin ein weiterer nicht abgeschlossener Punkt. Die einzige abgeschlossene Menge, in der dieser Punkt enthalten ist, ist die ganze Menge. Die abgeschlossenen Mengen in sind neben der Gesamtmenge die endlichen Teilmengen aus maximalen Idealen.

Man visualisiert als eine (gedachte Gerade), auf der die Primzahlen diskret liegen, während der Nullpunkt ein fetter Punkt ist, der die gesamte Gerade repräsentiert.



Für den Polynomring über einem Körper vermitteln die sogenannten Punktideale eine gute geometrische Vorstellung von . Ein Punktideal hat die Form

zu einem festen Tupel . Ein Punktideal ist der Kern des durch festgelegten - Algebrahomomorphismus

und daher ein maximales Ideal. Diese Zuordnung definiert insgesamt eine injektive Abbildung

Wenn algebraisch abgeschlossen ist, so werden dadurch sogar alle maximale Ideale von erfasst. Daher stellt man sich das Spektrum des Polynomrings in Variablen als den affinen Raum vor, der allerdings auch noch weitere nichtabgeschlossene Punkte enthält. Zu einem Polynom besitzt eine anschauliche Interpretation: Es ist genau dann, wenn ist.


Auch wenn ein beliebiger endlichdimensionaler -Vektorraum mit dem zugehörigen Polynomring vorliegt, so erhält man eine natürliche Einbettung

Einem Vektor ist das maximale Ideal zugeordnet. Dieses wird von den in verschwindenden Linearformen erzeugt.

Als Variante erwähnen wir noch das -Spektrum.


Es sei ein kommutativer Ring und eine kommutative - Algebra. Zu einer weiteren -Algebra nennt man die Menge der - Algebrahomomorphismen

das -Spektrum von . Es wird mit bezeichnet.

Dies Bezeichnung wird insbesondere bei verwendet. Wenn man zu einer -Algebra das affine Schema als bezeichnet, so schreibt man auch für das -Spektrum und spricht von der Menge der -wertigen Punkte. Wenn ein algebraisch abgeschlossener Körper und vom endlichen Typ über ist, so besteht genau aus den maximalen Idealen von .



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