Kurs:Lineare Algebra (Osnabrück 2015-2016)/Teil I/Vorlesung 24/kontrolle
- Der Satz von Cayley-Hamilton
Einer der Höhepunkte dieses Kurses ist der Satz von Cayley-Hamilton. Um ihn formulieren zu können erinnern wir daran, dass man in Polynome quadratische Matrizen einsetzen kann, siehe die 20. Vorlesung. Dabei ersetzt man an jeder Stelle die Variable durch die Matrix und muss die Potenzen als das -te Matrixprodukt von mit sich selbst verstehen und die Addition als die
(komponentenweise)
Addition von Matrizen interpretieren. Ein Skalar wird dabei als das -fache der Einheitsmatrix interpretiert. Für das Polynom
und die Matrix
ist also
Zu einer fixierten Matrix gibt es also eine Einsetzungsabbildung
Dies ist - ebenso wie die Einsetzungsabbildung zu - ein Ringhomomorphismus, d.h. es gelten die Beziehungen
Der Satz von Cayley-Hamilton beantwortet nun die Frage, was passiert, wenn man eine Matrix in ihr charakteristisches Polynom einsetzt.
Es sei ein Körper und sei eine - Matrix über . Es sei
das charakteristische Polynom zu .
Dann gilt
Das heißt, dass die Matrix das charakteristische Polynom annulliert.
Wir fassen die Matrix als eine Matrix auf, deren Einträge im Körper liegen. Die adjungierte Matrix
liegt ebenfalls in . Die einzelnen Einträge der adjungierten Matrix sind nach Definition Determinanten von -Untermatrizen von . In den Einträgen dieser Matrix kommt die Variable maximal in der ersten Potenz vor, sodass in den Einträgen der adjungierten Matrix die Variable maximal in der -ten Potenz vorkommt. Wir schreiben
mit Matrizen
d.h. man schreibt die einzelnen Einträge als Polynom und fasst dann zu die Koeffizienten zu einer Matrix zusammen. Aufgrund von Satz 17.9 gilt
Wir können auch die Matrix links nach den Potenzen von aufteilen, dann ist
Da diese zwei Polynome übereinstimmen, müssen jeweils ihre Koeffizienten übereinstimmen. D.h. wir haben ein System von Gleichungen
Wir multiplizieren diese Gleichungen von links von oben nach unten mit und erhalten das Gleichungssystem
Wenn wir die linke Spalte dieses Gleichungssystem aufsummieren, so erhalten wir gerade . Wenn wir die rechte Seite aufsummieren, so erhalten wir , da jeder Teilsummand einmal positiv und einmal negativ vorkommt. Also ist .
Es sei ein endlichdimensionaler Vektorraum über einem Körper und es sei
eine lineare Abbildung.
Dann gilt für das charakteristische Polynom die Beziehung
Dies folgt direkt aus Satz 24.1.
- Minimalpolynom und charakteristisches Polynom
Es sei ein endlichdimensionaler Vektorraum über einem Körper und es sei
eine lineare Abbildung.
Dann ist das charakteristische Polynom ein Vielfaches des Minimalpolynoms zu .
Dies folgt direkt aus Satz 24.2 und Korollar 20.11.
Insbesondere ist der Grad des Minimalpolynoms zu
durch die Dimension des Vektorraums beschränkt. Minimalpolynom und charakteristisches Polynom stimmen in verschiedener Hinsicht überein, beispielsweise besitzen sie die gleichen Nullstellen.
Es sei ein endlichdimensionaler Vektorraum über einem Körper und es sei
eine lineare Abbildung. Es sei ein Eigenvektor von zum Eigenwert und es sei ein Polynom.
Dann ist
Insbesondere ist ein Eigenvektor von zum Eigenwert . Der Vektor gehört genau dann zum Kern von , wenn eine Nullstelle von ist.
Es ist
Daher folgt alles daraus, dass die Zuordnung mit der Addition und der Skalarmultiplikation verträglich ist.
Es sei ein endlichdimensionaler Vektorraum über einem Körper und es sei
eine lineare Abbildung.
Dann besitzen das charakteristische Polynom und das Minimalpolynom die gleichen Nullstellen.
Dass die Nullstellen des Minimalpolynoms auch Nullstellen des charakteristischen Polynoms sind, folgt direkt aus Cayley-Hamilton.
Umgekehrt sei eine Nullstelle des charakteristischen Polynoms und sei ein Eigenvektor von zum Eigenwert , den es nach Satz 23.2 gibt. Das Minimalpolynom schreiben wir als
wobei nullstellenfrei sei. Dann ist
Wir wenden dies auf an. Nach Lemma 24.4 bilden die Faktoren den Vektor auf bzw. auf ab. Insgesamt wird somit auf
abgebildet. Da die Gesamtabbildung die Nullabbildung und ist, muss ein sein.
- Weitere Beispiele
Wir betrachten lineare Abbildungen
mit der Eigenschaft, dass eine Potenz davon die Identität ist, sagen wir
dass also endliche Ordnung besitzt. Typische Beispiele sind Drehungen um einen Winkel der Form oder Permutationsmatrizen. Das Polynom annulliert dann diesen Endomorphismus und ist daher ein Vielfaches des Minimalpolynoms.
Es sei .
Die Nullstellen des Polynoms über sind
In gilt die Faktorisierung
Der Beweis verwendet einige Grundtatsachen über die komplexe Exponentialfunktion. Es ist
Die angegebenen komplexen Zahlen sind also wirklich Nullstellen des Polynoms . Diese Nullstellen sind alle untereinander verschieden, da aus
mit sofort, durch Betrachten des Quotienten, folgt, und daraus
Es gibt also explizit angegebene Nullstellen und daher müssen dies alle Nullstellen des Polynoms sein. Die explizite Beschreibung in Koordinaten folgt aus der eulerschen Formel.
Zu einer Permutation auf nennt man die - Matrix
für die
ist und sonst alle Einträge sind, eine Permutationsmatrix.
Wir wollen das charakteristische Polynom zu einer Permutationsmatrix bestimmen. Dabei verwenden wir, dass eine Permutation ein Produkt von Zykeln ist. Zu einem Zykel der Form gehört die Permutationsmatrix
Jeder Zykel kann (durch Umnummerierung) auf diese Gestalt gebracht werden.
Das charakteristische Polynom einer Permutationsmatrix zu einem Zykel der Ordnung ist
Wir können von einem Zykel der Form ausgehen. Die zugehörige Permutationsmatrix ist bezüglich die Einheitsmatrix und hat bezüglich der ersten Standardvektoren die Gestalt
Die Determinante zu ist multipliziert mit der Determinante von
Die Entwicklung nach der ersten Zeile liefert
Zu einer Permutationsmatrix über zu einem Zykel mit
und einer -ten Einheitswurzel sind die Vektoren
Eigenvektoren von zum Eigenwert .
Insbesondere ist eine Permutationsmatrix zu einem Zykel über diagonalisierbar.
Es ist
Da es verschiedene -te Einheitswurzeln in gibt, sind diese Vektoren nach Lemma 22.3 linear unabhängig und erzeugen einen - dimensionalen Untervektorraum von , und zwar gilt
Da die Vektoren , , Fixvektoren sind, bilden die zusammen mit den , , eine Basis aus Eigenvektoren von und daher ist diagonalisierbar.