Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2019-2020)/Teil II/Arbeitsblatt 41
- Übungsaufgaben
Finde einen zweidimensionalen Lösungsraum für die Differentialgleichung zweiter Ordnung
Löse damit das Anfangswertproblem
Finde einen zweidimensionalen Lösungsraum für die Differentialgleichung zweiter Ordnung
Löse damit das Anfangswertproblem
Kommentar:
Wir wissen bereits, dass die trigonometrischen Funktionen Sinus und Kosinus Lösungen der Differentialgleichung sind und somit zwei Lösungen für den Spezialfall sind. Durch kleine Anpassung können wir daraus Lösungen für die Differentialgleichung bauen. Tatsächlich stellen wir durch zweimaliges Ableiten feststellen, dass eine Lösung darstellt, ebenso wie .
Nun haben wir zwei verschiedene Lösungen gefunden. Bei der Differentialgleichung handelt es sich um eine homogene Differentialgleichung zweiter Ordnung, sodass alle Linearkombinationen der beiden gefundenen Lösungen ebenfalls Lösungen der Differentialgleichung sind. Dies kann man sich wieder durch Einsetzen in die Differentialgleichung klarmachen. So erhalten wir den zweidimensionalen Lösungsraum
Dies lässt sich auch anhand der Potenzreihenentwicklung verstehen. Wir machen den Ansatz
mit Koeffizienten . Für die zweite Ableitung ergibt sich durch formales Ableiten
Setzen wir das nun in die Differentialgleichung ein, stellen wir durch Koeffizientenvergleich fest, dass für alle gilt. Das bedeutet, dass die Potenzreihe bereits durch die ersten beiden Koeffizienten vollständig festgelegt wird, da sich die restlichen Koeffizienten rekursiv daraus berechnen lassen. Der Lösungsraum ist daher tatsächlich zweidimensional.
Explizit ergibt sich für die Koeffizienten die Beschreibung und . Wie müssen wir nun und wählen, um unsere zuvor gefundenen Lösungen in Abhängigkeit von zurückzuerhalten? Die Potenzreihendarstellung der Sinus- und der Kosinusfunktion ist hierfür hilfreich.
Finde alle Lösungen der in Beispiel 41.3 betrachteten Differentialgleichung zweiter Ordnung
mit Hilfe von Satz 32.10.
Zeige, dass die Menge aller Lösungen der Differentialgleichung
einen -dimensionalen reellen Vektorraum bilden.
In der Vorlesung wurde nur besprochen, wie eine eindimensionale Differentialgleichung höherer Ordnung zu einem Differentialgleichungssystem erster Ordnung führt. Diese Übersetzung gibt es auch höherdimensional.
Es sei ein Differentialgleichungssystem
der Ordnung in Variablen gegeben. Zeige, dass man dieses System analog zur Vorgehensweise in Lemma 41.5 in ein äquivalentes System erster Ordnung in Variablen übersetzen kann.
Wir betrachten ein zweidimensionales Kraftfeld, das in jedem Punkt in Richtung des Ursprungs wirkt und damit eine Beschleunigung erzeugt, die proportional zur Entfernung sein soll (also ein harmonisches Pendel in der Ebene). Die zugehörige zweidimensionale Differentialgleichung zweiter Ordnung ist
wobei eine positive Konstante ist, die von der Masse des Zentrums abhängt. Mit den zusätzlichen Geschwindigkeitsvariablen und führt dies auf das System erster Ordnung in vier Variablen,
Dabei sind die beiden ersten Gleichungen unabhängig von den beiden letzten Gleichungen, und zwar handelt es sich jeweils um das in Aufgabe 41.3 besprochene System. Somit sind die Lösungen gleich
und
Man überlege sich, wie die Anfangsbedingungen mit den Lösungsparametern zusammenhängen und welche Bahnen die Lösungskurven beschreiben. Wann ist es ein Kreis, eine Ellipse, ein Strahl, eine Spirale?
Wir betrachten ein zweidimensionales Kraftfeld, d.h. im Ursprungspunkt ist das Gravitationszentrum (ein Stern), das eine auf dieses Zentrum gerichtete Kraftwirkung und damit eine Beschleunigung erzeugt. Nach dem Gravitationsgesetz ist die Kraft proportional zum Produkt der beiden Massen geteilt durch das Quadrat des Abstandes. Das Gravitationszentrum wird als unbeweglich angenommen, und es wird die Wirkungsweise auf einen (verglichen mit der Masse des Zentrums) kleinen Probekörper untersucht. Da in die Beschleunigung des Probekörpers dessen Masse auch proportional eingeht, ist diese für den Bewegungsprozess irrelevant. Die zugehörige zweidimensionale Differentialgleichung zweiter Ordnung ist
wobei eine positive Konstante ist, die von der Masse des Zentrums und der Gravitationskonstanten abhängt. Mit den zusätzlichen Geschwindigkeitsvariablen und führt dies auf das System erster Ordnung in vier Variablen,
- Wir betrachten kreisförmige Lösungen der Form
mit . Welche Beziehung muss zwischen bestehen (drittes Keplersches Gesetz)?
- Wir betrachten elliptische Lösungen der Form
mit . Welche Beziehung muss zwischen bestehen?
- Finde Lösungen, die auf einem Strahl zum Zentrum verlaufen.
Wir betrachten die Differentialgleichung
mit der Anfangsbedingung . Bestimme zur Schrittweite die approximierenden Punkte gemäß dem Polygonzugverfahren. Bestimme insbesondere . Was passiert mit für ?
Kommentar:
Beim Polygonstreckenzugverfahren, welches auch explizites Eulerverfahren genannt wird, approximieren wir die Lösung einer Differentialgleichung durch einen Streckenzug, der durch eine Punktfolge gegeben ist. Die Punkte sind rekursiv durch
definiert, wobei wir das Vektorfeld mittels definieren. Hier liegt die Besonderheit vor, dass das Vektorfeld nur von abhängt, nicht aber von . Die Beschreibung der Punktfolge im Polygonstreckenzugverfahren vereinfacht sich daher zu
Diese rekursive Darstellung können wir direkt in die explizite Darstellung
umwandeln. Der Punkt wird hierbei als Approximation der Lösung zum Zeitpunkt interpretiert.
Mit der Startbedingung , , und fixierter Schrittweite erhalten wir und .
Insbesondere gilt nach Bemerkung 12.11 für den Punkt (also zum Zeitpunkt ) im Grenzwert
Falls wir also die Schrittweite gegen Null laufen lassen, so konvergiert (wenn auch nicht sehr schnell) die durch den Streckenzug gegebene Approximation tatsächlich gegen die erwartete Lösung , falls .
Andererseits stellen wir fest, dass bei fixiertem und wachsendem der Punkt von der erwarteten Lösung zunehmend abweicht. Das Polygonstreckenzugverfahren liefert daher nur für eine gewisse Zeit eine gute Approximation der Exponentialfunktion.
Die Diskrepanz lässt sich beispielsweise anhand von Zinsrechnung verstehen. Verzinst man ein Kapital mit jährlicher Verzinsung (große Schrittweite), so wächst das Kapital weniger stark als bei einer monatlichen Verzinsung zu gleichem Zinssatz (kleine Schrittweite). Auch bei monatlicher Verzinsung fällt das Wachstum noch geringer als bei stetiger Verzinsung aus.
a) Schreibe ein Computerprogramm, das zu dem Vektorfeld aus Beispiel 41.8 zu einem Startzeitpunkt , einem Startpunkt und einer vorgegebenen Schrittweite die approximierenden Punkte berechnet.
b) Berechne mit diesem Programm die Punkte für
- , , , .
- , , , .
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- , , , .
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- , , , .
- Löse das
Anfangswertproblem
mit und durch einem Potenzreihenansatz bis zur Ordnung .
- Löse das Anfangswertproblem
mit und durch einem Potenzreihenansatz bis zur Ordnung .
- Vergleiche die Lösungen zu (1) und (2).
Für die beiden folgenden Aufgaben verwende man die Potenzreihe
Für den inhaltlichen Hintergrund siehe Beispiel Anhang 1.5 bzw. Beispiel Anhang 1.6.
Löse mit einem Potenzreihenansatz das Anfangswertproblem
mit und bis zur Ordnung . Dabei ist eine Konstante.
- Aufgaben zum Abgeben
Aufgabe (5 (1+2+2) Punkte)
a) Übersetze das Anfangswertproblem zweiter Ordnung
in ein Differentialgleichungssystem erster Ordnung.
b) Bestimme mit dem Polygonzugverfahren zur Schrittweite die Näherungspunkte für dieses System.
c) Berechne den Wert des zugehörigen Streckenzuges an der Stelle .
Aufgabe (4 Punkte)
Aufgabe (4 Punkte)
Aufgabe (4 Punkte)
Finde alle polynomialen Lösungen der Differentialgleichung dritter Ordnung
Aufgabe (6 Punkte)
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