Kurs:Zahlentheorie (Osnabrück 2016-2017)/Vorlesung 21
- Ideale und ihre Norm in einem quadratischen Zahlbereich
Wir beschreiben nun die Ideale in einem quadratischen Zahlbereich genauer. Eine Strukturtheorie ist wichtig in Hinblick auf die Endlichkeit der Klassenzahl. Wir wissen bereits aufgrund von Korollar 18.9, dass jedes von verschiedene Ideal von zwei Elementen über erzeugt wird. Genauer gilt.
Es sei ein quadratischer Zahlbereich mit Ganzheitsbasis (im Sinne von Satz 20.9) und sei ein von verschiedenes Ideal in . Dann besitzt eine - Basis aus zwei Elementen und , wobei mit und
mit
gewählt werden kann.
Es seien und wie im Satz beschrieben gewählt. Da und nicht sind folgt, dass und linear unabhängig über sind. Es bleibt also zu zeigen, dass jedes Element sich als mit schreiben lässt. Es gibt eine Darstellung
mit . Dann ist . Die Zahlen und beschreiben beide einen -Koeffizienten von Elementen in , und war betragsmäßig minimal gewählt, sodass ganzzahlig sein muss (alle -Koeffizienten bilden ein Ideal in ). Wir ziehen in der obigen Gleichung ab und erhalten
und dies gehört zu . Also handelt es sich um ein ganzzahliges Vielfaches von und somit ist auch .
In der soeben konstruierten -Basis von können wir sowohl als auch positiv wählen. Der Restklassenring ist eine endliche Erweiterung des endlichen Ringes , also selbst endlich. Im folgenden Diagramm sind die beiden horizontalen Abbildungen injektiv.
Wegen der surjektiven Abbildung und aufgrund von Korollar 18.11 wissen wir, dass der Restklassenring maximal Elemente besitzt.
Wir betrachten im quadratischen Zahlbereich zu das Ideal
Da es sich nicht um das Einheitsideal handelt, ist unmittelbar klar, dass bereits eine - Basis im Sinne von Satz 21.1 vorliegt. Die Norm dieses Ideals ist . Die Normen der beiden Elemente sind
und
Es sei ein quadratischer Zahlbereich mit - Basis und und sei ein von Null verschiedenes Ideal in . Es sei und eine -Basis (mit positiv) wie im Satz 21.1 konstruiert. Dann werden die Elemente im Restklassenring eindeutig durch die Elemente
repräsentiert. Insbesondere besitzt der Restklassenring Elemente.
Es sei ein beliebiges Element in . Durch Addition von Vielfachen von kann man erreichen, dass die zweite Komponente zwischen und liegt. Durch Addition von Vielfachen von kann man dann erreichen, dass auch die erste Komponente zwischen und liegt, ohne die zweite Komponente zu verändern. Es wird also jede Restklasse durch Elemente im angegebenen Bereich repräsentiert.
Es seien nun und im angegebenen Bereich und angenommen, dass sie das gleiche Element im Restklassenring repräsentieren. Es sei . Dann gehört die Differenz zu und die zweite Komponente liegt zwischen und . Aufgrund der Wahl von muss diese Komponente sein. Dann ist aber ein Vielfaches von und wegen muss sein, sodass also die beiden Elemente übereinstimmen und der Repräsentant eindeutig ist.
Es sei quadratfrei und der zugehörige quadratische Zahlbereich. Es sei ein von verschiedenes Ideal in . Dann nennt man die (endliche) Anzahl des Restklassenringes die Norm von . Sie wird mit
bezeichnet.
Mit der Norm lässt sich obiger Satz wie folgt ausdrücken.
Es sei ein quadratischer Zahlbereich mit - Basis und und sei ein von verschiedenes Ideal in . Es sei und eine -Basis von (mit positiv) wie im Satz 21.1 konstruiert. Dann ist
Dies folgt unmittelbar aus Satz 21.3.
Es sei ein quadratischer Zahlbereich mit - Basis und und sei ein von verschiedenes Ideal in . Es sei und eine -Basis von . Dann ist
Die Aussage ist für eine -Basis der Form und , wie sie im Satz 21.1 konstruiert wurde, richtig. Für eine beliebige -Basis gibt es eine Übergangsmatrix mit und . Dabei ist ganzzahlig und ihre Determinante hat den Betrag , sodass sich der Betrag der Determinante der Basis nicht ändert.
Für ein Element und das davon erzeugte Hauptideal stimmen die beiden Normbegriffe überein.
Es sei ein quadratischer Zahlbereich und sei ein Element. Setze . Dann gilt .
Sei mit
Die Norm von ist dann
Wir berechnen nun die Norm des von erzeugten Ideals mit Hilfe von Korollar 21.6. Eine -Basis des Ideals ist offenbar gegeben durch und , wobei
ist. Im ersten Fall haben wir
und im zweiten Fall ist
was mit den obigen Ergebnissen übereinstimmt.
Wir betrachten im quadratischen Zahlbereich zu das Ideal
Wir behaupten, dass es kein Hauptideal ist und verwenden dabei, dass die Norm dieses Ideals gleich ist. Wäre nämlich mit einem , so müsste nach Satz 21.7 auch
gelten. Allerdings ist die Norm von gleich und dies kann nicht gleich sein.
Wir betrachten im quadratischen Zahlbereich zu das Ideal , das nach Beispiel 21.8 kein Hauptideal ist. Es sei der ganze Abschluss von (oder von ) im Erweiterungskörper vom Grad vier über . Wir haben also eine Kette
von Zahlbereichen. Wir behaupten, dass das Erweiterungsideal
ein Hauptideal in ist, und zwar behaupten wir, dass ein Idealerzeuger davon ist. Dazu betrachten wir zunächst das rationale Element . Wegen
erfüllt eine Ganzheitsgleichung über und gehört somit zu (ebenso, wenn im Zähler ein Minuszeichen steht). Die Gleichheit
folgt einerseits aus
und
und andererseits aus
Es sei durch eine -Basis wie im Satz 21.1 gegeben. Das konjugierte Ideal hat die Basis und . Das Produktideal hat die vier Erzeuger
Wir behaupten, dass dieses Ideal gleich dem von erzeugten Ideal ist, was ja nach Korollar 21.5 die Norm von ist. Zunächst teilt sowohl als auch : Wegen hat man nämlich eine Darstellung
mit . Daraus folgt durch Koeffizientenvergleich einerseits und andererseits , woraus nach Kürzen mit sich
ergibt. Insbesondere ist
Mit dem Ideal können wir wegen
und wegen annehmen, dass ist.
In dieser neuen Situation müssen wir zeigen. Aufgrund von haben wir die Inklusion . Wir betrachten die Inklusionskette (in )
Es sei der Erzeuger des Ideals links. Wir behaupten zunächst, dass die linke Inklusion eine Gleichheit ist. Dafür betrachten wir die Norm und die Spur von und erhalten
und
Damit gehören die Norm und die Spur zu und damit ist nach Lemma 20.8 das Element selbst ganz und somit ist ein Vielfaches von . Wir wissen also
und damit ist . Also wird von geteilt und in der Inklusionskette gilt Gleichheit.
Es sei ein quadratischer Zahlbereich und seien und von Null verschiedene Ideale in . Dann gilt
Wir wenden Satz 21.10 wiederholt für Ideale an und erhalten
Da die Norm eines Ideals stets positiv ist folgt aus dieser Idealidentität die Gleichheit .
Die obige Definition der Norm eines Ideals, die wir nur für quadratische Zahlbereiche gefasst haben, lässt sich auf beliebige Zahlbereiche erweitern. Dafür gelten entsprechende Eigenschaften, was wir im Rahmen dieser Vorlesung nicht ausführen werden.
Zu einem Ideal in einem Zahlbereich heißt die (endliche) Anzahl des Restklassenringes die Norm von . Sie wird mit
bezeichnet.
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