Hikayat Faridah Hanom 7 - Übersetzung
Während Faridah Hanom am Fenster ihres Hauses, das sich zur Hauptstraße hin öffnete, saß, sich schämte und über Shafik Efendi ärgerte, sah sie plötzlich die Kutsche Shafik Efendis heranfahren und vor der Tür ihres Hauses halten. Erschrocken sprang sie auf, versteckte sich und versuchte dann zu erkennen, wer in der Kutsche saß. Einen Augenblick später erkannte sie, dass es eine Frau war, die aus dem Wagen stieg und auf ihr Haus zusteuerte. Dann beobachtete sie den Gang der Frau und erkannte, dass es Aliah, die Amme Shafik Efendis war, die da kam. Ihr Herz klopfte heftig, und sie überlegte, was Aliah dazu brachte, am hellichten Tage herzukommen, und warum sie andere Kleidung anhatte als sonst. Rasch lief sie selbst hinunter zur Tür, um Aliah zu empfangen, denn sie fürchtete, dass ihre Eltern sie sehen und nach ihr fragen würden, weil sie noch nie zu ihnen nach Hause gekommen war. Als Aliah die Tür erreichte, sah sie Faridah Hanom stehen, begrüßte sie und streckte die Hand aus, um ihre Hand zu ergreifen und wie gewohnt zu küssen. Faridah Hanom zog aber schnell ihre Hand zurück, denn sie fürchtete, dass, wenn die Leute sähen, dass eine alte Frau ihre Hand küsst, dies Zweifel bei den Menschen hervorrufen könnte. So nahm sie Aliah bei der Hand und führte sie ins Innere des Hauses, wobei sie sagte: „Meine Ibu, Beta möchte Euch zu ihren Eltern führen, um Euch mit ihnen bekannt zu machen und ihnen mitzuteilen, dass sie Euch beim Blumenwettbewerb auf der Gezirah kennengelernt hat.“ Aliah antwortete: „Einverstanden, Ibu folgt Tuan, wohin sie geht.“ Während Aliah ihr folgte, schaute sie sich um und bemerkte die Größe des Hauses…
mit seiner Pracht und der großen Anzahl von männlichen und weiblichen Bediensteten, die alle mit ihrer jeweiligen Aufgabe beschäftigt waren. Bei der Ausstattung des Hauses konnte sie allerdings keinen Unterschied gegenüber dem Haus ihres Tuan Shafik Efendi erkennen; diese bewegte sich bei den beiden Häusern ungefähr auf gleichem Niveau. Während Aliah Faridah Hanom folgte, dachte sie bei sich: „Angesichts der Würde von Faridah Hanom ist es wirklich angemessen, dass sie so sehr von meinem Tuan Shafik Efendi umhegt, verehrt und geliebt wird.“ Dann gelangten sie zu dem Raum, in dem Kasim Bey und seine Frau saßen. Faridah trat mit Aliah ein, setzte sich und ließ Aliah neben sich Platz nehmen und sagte: „Dies ist die Ibu, die Anakanda jüngst kennengelernt hat, als sie zur Gezirah gefahren ist. Ihr war aufgrund der Hitze schwindelig und sie hatte Kopfschmerzen. Ibu hat sie in ihr Haus gebracht und ihr eine Arznei für ihren Kopf gegeben, so dass sie sich wieder besser fühlte und nach Hause fahren konnte. Der Schwindel verschwand, und als Anakanda zurückfuhr, fühlte sie sich wieder ganz gesund wie vorher. Jetzt ist die Ibu gekommen. Anakanda hat ihr gesagt, sie müsse unbedingt kommen, weil sie sie den Eltern vorstellen wollte.“ Faridah Hanom stotterte und rang mit den Worten, als sie dies sagte, denn es fiel ihr sehr schwer, ihren Eltern etwas zu sagen, was nicht stimmte. Noch nie hatte sie ihre Eltern angelogen. Trotz dieses Gefühls der Niedergeschlagenheit führte sie ihre Rede zu Ende, denn sie wollte ihr Geheimnis für sich behalten, weil sie sich dachte, dass es ihren Eltern sicherlich großen Kummer bereiten würde, wenn sie es wüssten. Deswegen zwang sie sich, zum ersten Mal in ihrem Leben den beiden etwas zu sagen, was nicht stimmte, denn sie wollte vermeiden etwas zu tun, was die beiden bekümmern würde, was der Fall gewesen wäre, wenn die beiden um ihre Beziehung mit Shafik Efendi wüssten. Kasim Bey und seine Frau sahen zu Aliah auf, standen auf und begrüßten sie höflich, wobei Kasim fragte: „Wie ist der Name Eurer Ibu?“ Faridah Hanom antwortete: „Aliah, Vater.“ Da sagte Kasim Bey: „Beta dankt Tuan für ihre Hilfe, die sie seinem Kind geleistet haben. Es ist wirklich sehr gefährlich für Frauen, an dem Blumenwettkampf auf der Gezirah teilzunehmen. Aber was soll man sagen? Es ist ein Brauch des ganzen Landes geworden. Eigentlich sollte er verboten werden, denn er ist nicht nützlich.“ Kasim Bey sagte dies, sah zu seiner Frau hinüber und machte ihr Zeichen. Da stand seine Frau auf, verschwand für kurze Zeit in einem Raum, und kam mit einem Brillantring wieder heraus. Diesen überreichte sie Aliah und sagte: „Nehmt dieses als Betas Geschenk und als Zeichen, dass wir Bekanntschaft geschlossen haben. Betas Schwester möge immer wieder vorbeikommen…
und Faridah wie ihr eigenes Kind betrachten.“ Aliah stand auf, nahm den Ring entgegen und dankte den beiden. Kasim Bey sagte zu Faridah Hanom: „Lasst Kaffee hierherkommen und ladet Eure Ibu zum Kaffee ein.“ Faridah Hanom antwortete: „Vater, Anakanda hat schon Getränke und Speisen oben auf ihrem Anjung [Fn.] anrichten lassen.“ Faridah Hanom sagte dies, weil sie möglichst schnell den Blicken ihrer Eltern entkommen wollte, denn sie konnte ihre Unzufriedenheit darüber, dass sie gezwungenermaßen etwas Unwahres sagen musste, kaum noch verbergen und war den Tränen nahe. Kasim Bey und seine Frau lachten und freuten sich darüber, dass ihre Tochter das Herz dieses Menschen zu gewinnen wusste. Faridah Hanom bat ihre Eltern, sich mit Aliah entfernen zu dürfen, und wischte sich ihre Tränen ab. Aliah verabschiedete sich von Kasim Bey und seiner Frau und folgte Faridah Hanom. Dabei staunte sie über die schlauen Worte, die sie von Faridah Hanom vernommen hatte, zumal sie sah, dass ihr Gesicht rot angelaufen war wie das eines Menschen, der seine Tränen zurückhält. Faridah Hanom führte Aliah ins obere Stockwerk direkt auf ihren Anjung, wo sie ihre Freundinnen zu empfangen pflegte. Aliah sah, dass der Ort sehr prachtvoll dekoriert war, eine sehr schöne Einrichtung hatte und mehrere junge Dayangs bereitstanden, die sehr saubere und einheitliche Kleidung anhatten. Hier setzte sich Faridah Hanom zusammen mit Aliah hin. Einen Augenblick später brachten die Dayangs Sorbet, Kaffee und einige andere Getränke. Nach dem Essen schaute Aliah zu Faridah Hanom hinüber und lächelte. Sie wollte gerne sprechen, traute sich jedoch nicht, weil all die vielen Dayangs in ihrer Nähe standen. Faridah Hanom tat so, als ob sie Aliah nicht verstehen würde, und sagte: „Meine Ibu, esst doch bitte mit mir hier zu Abend.“ Dann wies sie eine ihrer Dayangs an, Suad zu rufen. Suad kam, grüßte und lächelte, als sie sah, dass Aliah andere Kleidung anhatte als sonst. Faridah Hanom sagte zu ihr: „Bereitet Betas Essen heute Abend hier oben zu, denn sie möchte ihre Ibu Aliah einladen,…
mit ihr zu essen. Und sagt unten Bescheid, dass Beta heute Abend nicht zum gemeinsamen Essen mit den Eltern nach unten kommen wird.“ Suad verbeugte sich und ging hinaus, um die Anweisungen ihrer Tuan auszuführen. Nachdem sie hinausgegangen war, stand Faridah Hanom auf, nahm Aliah an der Hand, führte sie durch die verschiedenen Zimmer des Hauses und zeigte ihr seine Schönheiten. Dann gingen sie hinunter in den Garten. Dort wies Faridah Hanom alle Dayangs, die ihnen gefolgt waren, an, wieder nach oben ins Haus zu gehen. Sie blieb alleine mit Aliah zurück und führte sie jetzt zu einem Gebäude, das mit Stühlen und Tischen ausgestattet war, in der Nähe eines Teichs mit sehr reinem Wasser. Faridah Hanom betrat zusammen mit Aliah das Haus, und sie setzten sich auf Stühle, die dort aufgestellt waren.
Als sie sich dort niedergelassen hatten, lächelte Aliah, schaute zu Faridah Hanom, zog ihre Hand zu sich und küsste sie, wobei sie sagte: „Verzeiht der alten Dienerin, dass sie etwas tut, was für ihren Stand, der im Vergleich zu Euch und Euren Eltern niedrig ist, unpassend und unangemessen ist. Aber was kann sie tun? Sie erfüllt ja damit nur den Willen des Tuan und Kakanda Shafik Efendi. Er war es, der die Dayang beauftragt hat, Tuan zu besuchen, um ihr seinen Gruß der Sehnsucht und Liebe zu übermitteln und sie um Verzeihung für den vergangenen Fehler zu bitten. Tuan möge nichts Falsches über ihn denken. Er hat Tuan nur deswegen verlassen und ist weggerannt, weil er sich nicht mehr beherrschen konnte. Da er fürchtete, Tuans Zorn zu erregen, war sein Gedanke, sich lieber erst einmal zurückzuziehen. Nachdem Tuan kurze Zeit später nach Hause gefahren ist, ist er losgefahren, um sie wiederzutreffen, aber da die Dayang rasch gekommen ist, um ihn zu informieren, dass Tuan nach Hause gefahren ist, hat er…
mit großem Kummer und Bedauern diesen Plan aufgegeben.“ Aliah teilte alles, was sie von Shafik Efendi gesehen und gehört hatte, Faridah Hanom mit, ohne irgendetwas auszulassen, wobei sie einige Worte, die das Herz erfreuen, und Komplimente einstreute, weil sie die Stimmung Faridah Hanoms aufheitern wollte.
Faridah Hanom hörte die Worte und Komplimente Aliahs. Und sie hörte auch die Nachricht über den Zustand der Liebe Shafik Efendis. Das ließ sie jedoch nicht ihre Demütigung durch die Handlung Shafik Efendis ihr gegenüber vergessen. Und so nahm ihr Zorn immer weiter zu, wobei sie diesen mit einem Lächeln verdeckte. Sie dachte sich: „Die Wunde meines Herzens wird durch diese Nachricht nicht geheilt.“ Dann antwortete sie rasch auf die Worte Aliahs, indem sie sagte: „O Ibu, hört nun Betas Worte. Es sind ihre abschließenden Worte. Behaltet sie gut, und wenn meine Ibu will, teilt sie sie ihrem Tuan mit.“
„Wir Frauen werden alle von Gott äußerst edel und rein erschaffen. Deswegen belohnt Gott alle seine Knechte, die ihm gehorchen und seine Gebote beim Umgang mit den Frauen befolgen, im Jenseits, wie es in allen Religionsbüchern, die von Männern verfasst wurden, erwähnt wird. Was von allen religiösen Autoritäten aus dem Kreis dieser Männer zustandegebracht wurde, ist auch eine sehr große Wohltat und Belohnung Gottes, über die sie reden, wenn sie lehren oder die Menschen dazu ermuntern, den Gottesdienst zu verrichten. Aber das, was uns erniedrigt, entehrt und beschmutzt, sind ebenfalls die Männer, nichts anderes. Deswegen wäre es in dem Fall, dass wir Frauen die Macht hätten, die Natur der Schöpfung Gottes in dieser Welt so zu ändern, dass wir nicht mit Männern in einem Land zusammenkommen sollten, für uns Frauen eine Pflicht, einer Vermischung mit jeglichen Arten von Männern in einem Land, das mit dem Festland verbunden ist, zu entgehen.…
Denn wenn es all diese Männer nicht gäbe, dann würden wir Frauen niemals in unserem Leben in Verruf geraten oder entehrt werden. Wir würden stets in Reinheit und Ehrbarkeit leben. Wenn wir einen anderen Fehler machen würden, wäre das ein Fehler, den wir auf lange Sicht wieder korrigieren und heilen könnten, durch ständige Übung und Erziehung. Unser Fehler, der sich aufgrund der rohen Männer, denen Gott zürnt, und der Schlichen des Satans einstellt, der ist es, der uns zerstört und in die Niederungen der Fäulnis und Niedrigkeit stürzt, aus denen wir nie wieder zur ursprünglichen Reinheit zurückkehren können, es sei denn, wir könnten erneut in den Leib unserer Mutter eintreten, um noch einmal geboren zu werden. Da die Natur der Schöpfung der Menschheit von Gott, dem Allmächtigen, festgelegt wurde, lässt sich das Leben der Frauen nicht von dem der Männer scheiden, denn wenn es zwischen den beiden Geschlechtern eine Trennung gäbe, und jedes Geschlecht an einem anderen Ort lebte und sie sich überhaupt nicht miteinander vermischten, würde auf lange Sicht das Geschlecht der Menschheit in dieser Welt aussterben, und die Welt würde nur noch Dinge beinhalten, die nicht sprechen können. Da wir so zu der Kenntnis gelangt sind, dass das Leben von uns Frauen nicht von dem der Männer getrennt werden kann, wissen wir auch, dass in die Schöpfung zwischen den beiden Geschlechtern der Menschheit von Gott ein Gefühl gepflanzt wurde und das, was von diesem Gefühl begehrt wird, den Samen entstehen lässt, der das Geschehen der Menschen in dieser Welt mit Leben erfüllt. Von Anfang wissen die vernünftigen und gebildeten Menschen und diejenigen, die von ihren Eltern eine aristokratische Erziehung erhalten haben, dass das Gefühl, das von Geburt an zwischen Männern und Frauen besteht, überhaupt nicht erwünscht ist und zu unbestimmter Zeit ausbrechen kann wie das Verhalten nicht-…
vernunftbegabter Tiere an jedem Ort und zu jeder Zeit, das sich nicht steuern lässt. Denn für das Leben des Menschen gibt es eine gesetzmäßige Ordnung, die von Gott entsprechend der Würde seiner Schöpfung erschaffen ist, damit sich die Natur seines Lebens von der Natur des Lebens der Tiere unterscheidet. Welcher Mensch auch immer eine Handlung begeht, die im Widerspruch zur gewöhnlichen Ordnung seiner Lebensnatur steht, wirft die Würde seines Wesens von sich und tritt in eine Verbindung mit dem Wesen von Tieren, die nur aussehen wie Menschen. Vor allem, wenn wir wissen, dass das Geschlecht der Frauen von Gott in der Weise erschaffen wurde, dass sie aus dem Bauch ihrer Mutter mit einer Perle herauskommen, die der Schmuck ist, der von den Menschen vom Beginn ihres unbefleckten Lebens an erwähnt wird. Zu Anfang ist diese Perle ihr Schatz, um den sie beneidet und dessentwegen sie von den Männern geliebt werden. So wissen auch alle vernünftigen und gebildeten Frauen: Wenn diese Perle, die ihr Leben erleuchtet, durch eine Handlungsweise zu Fall kommt, die außerhalb der Gesetze der menschlichen Natur steht und damit auch im Widerspruch zu Gott und dem ehrenwerten Menschenleben, dann werden sie gewiss dem Fluch Gottes anheimfallen und bis zum Ende ihrer Tage durch den besudelten Ruf gedemütigt sein. Obliegt es nicht den gebildeten Frauen, die gerne in Reinheit und Wohlgefallen Gottes leben, alle Bemühungen zu unternehmen, um die Perle ihres Lebens zu hüten, nachdem sie wissen, dass die Männer, die ihnen feindlich gesonnen sind, ihnen gegenüber keinerlei Gnade walten lassen? Wann auch immer sie die Gelegenheit dazu haben, rauben, stehlen oder erschwindeln sie diese Perle ihres Lebens.
O meine Ibu, der Reichtum von Betas Vaters und dieses Haus mit all seinem Inhalt, ja vielmehr diese Welt mit allem, was sich darin befindet, ist für Beta nicht so viel wert wie die Reinheit bei der Bewahrung ihrer Lebensperle, denn sie ist sich ganz sicher, dass sie an dem Tag, an dem sie die Perle ihrer Reinheit durch eine Handlungsweise verliert,…
die gegen die Gesetze der gewöhnlichen Ordnung menschlichen Lebens, die gottgefällig ist und von aristokratischen Kindern erwartet wird, verstößt, beginnen wird, den Fluch Gottes auf sich zu ziehen, und ihr löbliches Leben wird bis zu dem Augenblick, an dem sie ihre Seele aushaucht, dahin sein. Vielleicht würden die ersten Menschen, die sie verhöhnen, diejenigen sein, die die Perle ihres Stolzes als Geschenk erhalten.
Wenn meine Ibu nun weiß, wie es sich mit dem Wert des Zaubersteins im Leben der aristokratischen Jungfrauen verhält, wäre sie nicht verärgert, wenn jemand, den sie sehr liebt und als ihren Lebenspartner in dieser Welt erwählt hat, sie beschuldigt und fälschlicherweise meint, dass sie die Perle ihrer Lebensehre verstreuen wollte, weil sie sich aufgrund seiner Liebesleidenschaft nicht mehr gedulden konnte? Wenn sie sich einige Zeit, die sie mit ihm verbrächte, bemühen würde, ihre Perle zu schützen und zu behüten, so geschähe dies, weil sie bis zu der Zeit, die von Gott gewollt wird und dem Gesetz der gewöhnlichen Ordnung menschlichen Lebens entspricht, auf denjenigen warten würde, der das Gefühl der Humanität besitzt, dem die Ehre anvertraut werden will.
Diese Beta ist eine Jungfrau, deren Körper überhaupt noch nie ein anderer Mann berührt hat, als ihr Vater und ihr Bruder. Die Vorsehung Gottes hat nun aber Liebe zu Shafik Efendi in ihr Herz geworfen. Und nachdem sie mit ihm zusammengetroffen ist, seine Worte gehört und sein Verhalten gesehen hat, hat sie Vertrauen, dass Shafik Efendi ein Gentleman ist, der Bildung und Wissen besitzt, und sie schwört ewige Treue und gegenseitige Selbstachtung in dieser reinen Liebesbeziehung.
So ist schon einige Zeit lang Betas Zustand mit ihm. Noch nie hat sie bei ihm eine falsche Rede oder Handlungsweise aufgedeckt, nicht einmal nachdem er das Haus gemietet hat, wie Beta ihrer Ibu bereits erzählt hat. Und nachdem sie feste Gewissheit hatte, dass sie völlig davor geschützt ist, von diesem klugen, korrekten und treuen Shafik Efendi ins Verderben gestürzt zu werden, musste nicht auch in ihrem Herzen der Wunsch aufkommen, einen Scherz zu machen, der das Herz erfreut, um den Geliebten, auf dessen Liebe und Reinheit sie vertraut, mit ihren Reizen zu necken? Kaum hat sie sich einmal einen Scherz mit ihm erlaubt und ihn geneckt, wird sie schon von ihm der schlimmsten Dinge beschuldigt, die es für eine Frau gibt, die nicht von einem Mann in dieser Welt abhängig sein möchte. Überdies verlässt er sie noch und läuft weg, ohne sich Zeit für eine Untersuchung zu nehmen, aus übermäßiger Angst, dass sie ihn womöglich gewaltsam ins Bett zerren könnte, um diese schlimme und höchst schmutzige Tat zu begehen.
Eine Frau von so unanständigem Benehmen wäre nicht würdig, die Ehefrau Shafik Efendis zu werden, dieses jungen Mannes von Adel, der eine hohe Bildung hat, treu und korrekt ist und bei den Menschen im ganzen Land in gutem Ruf steht.
Deswegen möge meine Ibu ihm Betas ehrerbietige Liebesgrüße bestellen, doch ist es ihr sehr peinlich, ihn wieder zu treffen. Meine Ibu möge ihm ausrichten, dass Beta unendliches Vertrauen in ihn hat, so dass, wenn sie in einer Lage…
Kleidung mit ihm in einem Bett schliefe, sie nicht fürchten würde, dass er ihr etwas Übles antäte. Nur hat Shafik Efendi kein Vertrauen in Beta. Deshalb ist es unmöglich, dass sich die beiden Körper vereinigen, deren Denken und Fühlen noch nicht vereint ist. Denn Betas Liebe zu ihm beschränkt sich nicht nur auf Liebe, vielmehr hat sie die Berührung ihres Körpers durch jeden anderen Mann für verboten erklärt. Allein sie will warten auf die Zeit, in der Gott die wahre Vereinigung zwischen ihr und ihm für erlaubt erklärt. So ist Betas Rede, meine Ibu möge ihr nicht noch einmal die Rede ihres Tuan wiederholen, sie möchte sie nicht hören.“
Faridah Hanom sagte dies, wobei ihr Gesicht rot war wie eine Rose, die am Morgen aufblüht, und ihr manchmal Tränen herunterkullerten und sie den Kopf vor Scham senkte. Ja, manchmal schlug sie auch mit der flachen Hand auf den Tisch, der vor ihr stand. Deswegen zitterte Aliah vor Angst und traute sich nicht, ihre Rede zu unterbrechen. So blieb sie still, bis Faridah Hanom ausgesprochen hatte. Schließlich stand Faridah Hanom auf und sagte: „Lasst uns nach oben ins Haus gehen, denn es ist schon Abend geworden. Und dann essen wir, damit meine Ibu nach Hause gehen kann.“ Aliah stand ebenfalls auf und folgte Faridah Hanom ins Haus, wo oben im Esszimmer Speisen für sie angerichtet waren. Faridah Hanom setzte sich und lud Aliah ein, mitzuessen, wobei sie leise sagte: „Meine Ibu möge keine Scham haben und nicht verlegen sein, sondern zusammen mit Beta essen. Das ist in Ordnung. Nicht dass die Leute, die uns sehen, etwas Falsches denken.“ Da aß Aliah zusammen mit Faridah Hanom, was ihr sehr gefiel. Sie wuschen sich die Hände, nahmen leckere Früchte und Getränke zu sich, dann nahm Aliah Abschied von Faridah Hanom, um nach Hause zu gehen, weil sie fürchtete, dass Shafik Efendi…
schon lange auf sie wartete. Faridah Hanom begleitete Aliah hinunter zur Tür, und sie reichten sich zum Abschied die Hand. Aliah küsste die Hand Faridah Hanoms und weinte aus Mitleid mit ihrem Tuan Shafik Efendi, wobei sie sagte: „Tuan, habt Mitleid mit Kakanda, sonst stirbt er womöglich an seiner Liebe.“ Faridah Hanom zog schnell ihre Hand von Aliah zurück und ging hinein, da sie es nicht aushielt, Aliah weinen zu sehen, weil sie an ihren Geliebten denken musste. So ging sie geradewegs noch oben in ihr Zimmer, legte sich gerührten Herzens auf ihr Bett und dachte über das nach, was Aliah über ihren Geliebten gesagt hatte.
Unterdessen saß Shafik Efendi zu Hause und wartete, bis Aliah am Abend von ihrem Besuch bei Faridah Hanom zurückkehrte. Er stieß Seufzer aus, denn es dauerte sehr lange, bis seine Amme zurückkehrte. So ging er hinaus in den Vorgarten seines Hauses und lief zwischen den Bäumen und Blumen hin und her, wobei er ständig nach dem Tor Ausschau hielt, um zu sehen, ob seine Amme nicht schon gekommen war. Schließlich tauchte sie tatsächlich auf und war im Begriff, ins Haus zu gehen. Rasch fing Shafik Efendi sie ab und machte ihr Zeichen, dass sie in den Garten kommen sollte. Dort führte er sie zu einem Gebäude, das dort als Schutz vor der Sonnenhitze errichtet war.
Als die beiden dort Platz genommen hatten, fragte Shafik Efendi seine Amme nach ihren Nachrichten, was während ihres Ausflugs passiert war und was seine Geliebte gesagt hatte. Aliah teilte ihrem {Abb. 12: Frau vor Spiegel 2 mit Gedicht} Tuan alles mit, was geschehen war und Faridah Hanom getan und gesagt hatte, von dem Zeitpunkt an, als sie ihre Pforte erreichte, bis zum Ende, ohne irgendetwas auszulassen. Shafik Efendi war über die Nachricht verblüfft, die ihm von…
seiner Dayang überbracht wurde, dass seine Geliebte nicht mit ihm zusammentreffen wollte. Er verlor vor Herzklopfen die Contenance und brach in Tränen aus, weil er an die Handlung und die bedingslose Liebe Faridah Hanoms zu ihm dachte und daran, dass sie überraschend ihn hatte necken und sein Herz prüfen wollen und er weggerannt und sie verlassen hatte. Es erfasste ihn große Reue und er sprach zu seiner Amme: „Das wird wahrscheinlich Betas Ausscheiden aus dieser Welt herbeiführen, denn er kann unmöglich leben, ohne mit seiner Geliebten zusammenzutreffen, weil sie sein Nyawa-Geist ist, der durch seinen Körper kreist. Wie soll dieser Mensch weiterleben, ohne Nyawa-Geist in seinem Körper? O meine Ibu, helft Betas dieses Mal, denn es ist wirklich sein großer Fehler gegenüber meiner Nyawa. Kann nicht meine Ibu versuchen, ihren Zorn zu beschwichtigen? Wenn sie wirklich Mitleid hat mit Beta, bespricht sie seinen Zustand mit seiner Nyawa, denn er hat keinen anderen Gedanken mehr und ist völlig von dem Sturm der Liebe weggefegt.“
Aliah hatte großes Mitleid, als sie ihren Tuan in diesem Zustand der Verliebtheit sah, der so weit ging, dass er wie ein Kind weinte, und sagte: „Ach verehrter Tuan, Dayangs Haupt, seid nicht so wehmütig und gebt diesem unguten Gefühl nicht nach! Habt ein paar Tage Geduld, denn die Dayang denkt, dass Tuans Geliebte ihre Liebe gegenüber ihm nicht verliert. Sie ist nur hinsichtlich seines Handelns etwas verstimmt, dass er sie verlassen hat, als sie sich mit ihm einen Scherz erlauben und ihn mit ihren Reizen necken wollte. Tuan weiß doch, das Herz der Frau, die ihn sehr liebt und ihm vertraut, zieht sich schnell zurück, wenn es bei Tuan nur eine kleine Abweichung im Verhalten oder in der Rede wahrnimmt, die in ihm Verdacht erregt. Nach Meinung der Dayang ist Tuans Geliebte Faridah Hanom…
eine sehr kluge Frau. Deshalb glaubt die Dayang niemals, dass sie ihn wegen dieses kleinen von ihr angenommenen Fehlers, dass er sie absichtlich beschuldigt, verlassen könnte. Tuan möge ihr doch einen Brief schreiben, in dem er ihr seine Befindlichkeit und die Gründe, warum er sie verlassen habt, erklärt, in einer Form, den ihr Verstand gutheißen kann. Wenn sie dann seinen Brief nicht beantwortet, kann die Dayang versuchen, noch einmal zu ihr zu gehen und ihr zu schmeicheln, oder wir bitten ihre Dayang Suad um Hilfe, was sie meint, wie wir einen Weg finden können, um Tuan mit ihr zusammenzubringen. Denn wenn er erst einmal selbst mit ihr zusammentrifft, wird er bestimmt ihren Zorn beschwichtigen können.“
Als Shafik Efendi die Worte seiner Dayang hörte, erschienen sie ihm richtig. Er stand auf und ging ins Haus, wobei er zu seiner Dayang sagte: „Ibu möge zurück zum anderen Haus fahren, damit sie die Diener hier nicht in ihrer Verkleidung sehen.“ Dann ging Shafik Efendi geradewegs in sein Zimmer, begab sich zu seinem Schreibtisch und nahm die Schreibfeder, um seiner Geliebten zu schreiben. Es fiel ihm nicht ganz leicht, die richtigen Worte zu finden. Schließlich konnte er aber doch seinen Brief abschließen, der folgendermaßen lautete:
Faridah Hanom, Nyawa und Geist meines Körpers,
Abang schreibt diesen Brief mit zitternden Händen, weil er von dem Sturm der Liebe geschlagen ist und außerdem von dem langanhaltenden Zorn seiner Nyawa gehört hat. Es ist ein Schlag, der sehr schmerzhaft ist und in Anwesenheit von Aliah, der er den Auftrag erteilt hatte, sie zu treffen, ausgeführt wurde. Sehr schmerzhaft ist es für Abang, diesen Schlag seiner Nyawa zu ertragen. Und das, obwohl er seine Nyawa doch nicht deswegen verlassen hat, weil er sie herabsetzen wollte,…
nicht im Geringsten. Vielmehr geschah dies, um Abang, der bereits voller Liebesleidenschaft zu der Schönheit seiner Nyawa ist, davor zu retten, zu Handlungen gereizt zu werden, die ihren Zorn hervorbringen. Doch ist Tuans Zorn, den Abang so sehr fürchtet und dessentwegen er weggerannt ist, von Gott vorherbestimmt worden, denn Abang hat ihn sich trotzdem zugezogen.
Wenn Abangs Nyawa zu dem Urteil gelangt ist, dass Abang ein fehlerhafter Mensch bin, dann ist sein Fehler ohne schlechte Absicht und erstmalig geschehen. Kann er nicht doch Tuans Vergebung und Gnade erhalten? Abangs Nyawa möge doch bitte die Eigenschaft der Sündenvergebung in ihrem Herzen anwenden, denn diese Eigenschaft wird ihr bereits vorhandenes Ansehen noch vergrößern. Ursprünglich ist die Eigenschaft der Sündenvergebung der Menschen eine Eigenschaft, die von Gott, dem Herrn der Welten, angewandt wird, unter dem Namen „der Vergebende, der Barmherzige“ (al-Ghafūr ar-Rahīm) [Fn.].
Abangs Nyawa ist eine unschätzbar wertvolle Geliebte. Möchtet sie sich nicht fühlen wie in der Zeit, die der Kalif Hārūn ar-Raschīd als die glücklichste und edelste Zeit betrachtete, nämlich die Zeit, in der er den Menschen vergab, die ihm gegenüber große Schuld auf sich geladen hatten [Fn.]. Und wenn Abangs Nyawa sich so fühlen möchte, dann ist jetzt die Zeit dazu.
Der treue Diener von Tuans Schönheit
Shafik
Als Shafik Efendi den Brief fertiggeschrieben hatte, steckte er ihn in ein Kuvert, schrieb die Adresse Faridah Hanoms darauf und versah ihn mit einer Briefmarke. Dann rief er seinen Diener und beauftragte ihn, den Brief am Abend in den Postschlitz zu stecken.
Prinzipiell schrieb Shafik Efendi die Briefe an seine Geliebte immer nur auf Französisch, weil Faridah Hanom fürchtete, dass ihr Vater einmal Verdacht schöpfen und ihn vielleicht öffnen könnte. Ihr Vater konnte nämlich kein Französisch, nur ihr Bruder Muhammad Efendi, doch war dieser am Nachmittag immer in seiner Apotheke.
Nachdem der Diener den Brief in den Briefkasten geworfen hatte, fühlte sich Shafik Efendi etwas erleichtert. Er legte sich auf sein Bett und dachte an seine Geliebte, bis er um Mitternacht einnickte. Nur wenige Augenblicke später – so kam es ihm vor – wachte er erschrocken auf. Es war schon hellichter Tag. Shafik Efendi stand auf, ging ins Bad, zog sich an und ging völlig erschöpft zum Frühstück. Dann begab er sich zur Arbeitsstätte seines Vaters, schaute nach seiner Arbeit, öffnete alle Briefe und wies die Angestellten an, was zu tun war, denn sein Vater Talaat Bey war zum Luftwechsel nach Alexandria gefahren. Als die Sonne hinabgesunken war, wartete Shafik Efendi sehnsuchtsvoll auf die Antwort von seiner Geliebten, denn es war noch immer keine gekommen. Schließlich bestieg er die Kutsche, um Aliah im neuen Haus zu besuchen und zu fragen, ob eventuell seine Geliebte ihren Antwortbrief an die dortige Adresse geschickt hatte, aber Aliah sagte: „Nein, seit dem Morgen ist niemand hierher gekommen.“ Nachdenklich legte sich Shafik Efendi auf die Chaiselongue und stieß einen lauten Seufzer aus, der tief aus seiner Brust kam. Dann stand er wieder auf, ging in sein Schreibzimmer und schrieb noch einen Brief an seine Geliebte Faridah Hanom, mit einigen Schmeicheleien in Form von Pantun-Spruchgedichten [Fn.], die…
das Herz dessen dahinschmelzen lassen, der sie liest, sowie einigen Worten, mit denen er sich selbst erniedrigte und um Vergebung für alle begangenen Fehler bat. Nachdem er den Brief fertiggeschrieben hatte, adressierte er ihn und wies seinen Diener an, ihn ebenfalls am Abend in den Briefkasten zu werfen. Dann kehrte er bekümmert und voll Liebessehnsucht nach Hause zurück. Obwohl er müde war, konnte er den ganzen Abend nicht schlafen, und seufzte nur. Um Mitternacht stand er auf, ging hinaus und lief zum Haus seiner Geliebten, um sie an dem Anjung-Fenster zu treffen, an dem sie ihn vormals erwartet hatte. Da das Fenster geöffnet und erleuchtet war, ging er hinein, trat unter das Fenster, machte zwei, drei Mal die gewohnten Klopfzeichen und wartete dann ein wenig, aber niemand öffnete die Tür. Er klopfte erneut zwei, drei Mal und wartete, aber auch dieses Mal öffnete niemand. Da wusste Shafik Efendi, dass es keinen Zweck hatte, länger zu warten, weil seine Geliebte ihn bestimmt nicht treffen wollte, weil sie darüber erzürnt war, dass er sie in dem Haus allein zurückgelassen hatte. Shafik Efendi dachte bei sich: „Es hat keinen Zweck, wenn ich hier weiter warte. Besser wäre es, direkt in ihr Zimmer einzusteigen. Es ist mir lieber, von der Hand ihres Vaters zu sterben als auf diese Weise zu leben und Tag und Nacht die Liebesleidenschaft ertragen zu müssen. Wenn Faridah Hanom wegen dieses Handelns von mir zornig wird, was kann man machen, denn es ist auch ihr Handeln, das mich verlockt und berauscht.“ Mit diesen Worten ging Shafik Efendi hinaus, in Gedanken verloren, als ob seine Füße ihn nicht tragen würden, sondern er sich selbst dazu zwingen müsste, zu gehen. Als er zu Hause ankam, ging er gleich aufs Zimmer, legte sich auf die Chaiselongue Schlafen, doch konnte er bis zum Morgen kein Auge zu tun. Als Shafik Efendi sah, dass es Tag geworden war und die Sonne schon…
hoch gestiegen war, stand er auf, nahm ein Bad, wechselte die Kleidung und ging hinaus, um wie gewohnt nach der Arbeit seines Vaters zu schauen und zu warten, ob nicht doch ein Antwortbrief von seiner Geliebten da war. Als es schon fast dunkel war, sah er, dass immer noch kein Antwortbrief von ihr gekommen war. Da ging er hinaus, bestieg eine Kutsche und fuhr zu Aliah in dem neuen Haus, um dort aber ebenfalls von seiner Amme mitgeteilt zu bekommen, dass kein Brief gekommen war. Er seufzte, warf sich weinend auf den Liegestuhl und sagte: „O meine Ibu, was meint Ihr zu Betas Zustand? Wenn er noch lange so andauert, wird er bestimmt sterben, weil er das Gefühl nicht mehr aushalten kann. Gestern Abend ist er zu ihrem Haus gegangen, hat wie gewohnt geklopft, aber sie wollte die Tür nicht öffnen wie früher. Und den Brief mit den Schmeicheleien, den Beta ihr geschrieben hat, wollte sie auch nicht beantworten. Beta hatte schon beschlossen, selbst in ihr Zimmer einzusteigen, selbst auf die Gefahr hin, von ihrem Vater oder Bruder getötet zu werden. Sorge hat ihm nur bereitet, dass sie dann bestimmt noch wütender auf ihn sein wird, wenn er sie am Tage besucht, weil sie sagen wird, dass er absichtlich ihren Namen in Verruf bringen wolle. Und wenn er sie in der Nacht besuchen will, ist es sehr schwer, in ihr Haus zu kommen, weil ihr Haus äußerst solide gebaut ist und es nichts gibt, was man erklettern, durchlöchern oder zerbrechen könnte, um hineinzugelangen. Das ist es allein, was Beta davon abhält.“
Aliah war sehr erschrocken, als sie hörte, dass ihr Tuan sich selbst Zugang zum Haus seiner Geliebten verschaffen wollte, um sie zu besuchen, weil sie besorgt war,…
dass es dort zu einem Tumult kommen könnte. So sagte sie zu Shafik Efendi: „Tuan möge seinem Herzen nicht zu sehr nachgeben und sich ein paar Tage gedulden. Schreibt doch bitte noch einen Brief an sie. Vielleicht hat sie Mitgefühl, denn nach Meinung der Dayang hat sich ihre Liebe zu Tuan nicht geändert. Tuan weiß doch, wie das mit den Herzen der Frauen ist. In der Zwischenzeit lasst die Dayang mit ihrer Dayang Suad zusammentreffen, damit sie sich bei ihr nach der Situation erkundigt und mit ihr darüber berät. Schreibt bitte noch heute Abend einen Brief an Eure Geliebte und weist dann Euren Kutscher an, in der Nähe des Hauses von Kasim Bey zu warten, bis heute Abend oder morgen früh Suad herauskommt, und sie dann hierher zu bringen.“
Als Shafik Efendi die Worte seiner Dayang hörte, hieß er sie in seinem Herzen gut, stand auf, ging in sein Schreibzimmer und schrieb seiner Geliebten einen Brief, der folgendermaßen lautete:
Ein Brief wird losgeschickt, um zu wandern
Zur erhabenen Geliebten im Himmel,
Sie um Mitleid und Mitgefühl zu bitten
Für meine Liebe Nacht und Tag.
Einige Bittbriefe hat Beta schon
Losgeschickt zum Augenlicht.
Doch scheint die Angebetete nicht willens,
Mit Abang zu sprechen.
O Nyawa-Geist meines Körpers,
Wenn Tuan sich so benimmt,
Wird Abang nicht lange auf meinen Tuan warten,
Die Liebe wird mich bestimmt töten.
O Königin aller Frauen,
Treues Augenlicht,
meine Nyawa Tuan bringt es übers Herz,
Den wehmütigen Abang zu töten.
O Semangat unseres Lebens,
Faridah, die ein schönes seriöses Benehmen hat,
bringt es übers Herz, endgültig zu beschließen,
Abang damit zu erfreuen, mit Erde zugestopft zu werden.
Es bleibt nichts anderes übrig, meine Schwester, Herrin,
als dass Abang stirbt, von Faridah vergiftet.
Zum Schluss der Schwur beim allmächtigen Gott:
Dem Tod ins Auge zu sehen, ist nicht schön.
Tuan gebietet Abang zu sterben,
Eine Pistole wurde von ihr geschickt, o Fürstin.
Der Bruder gehorcht, erweist seine Ergebenheit.
Lebt wohl, Tuan, mit dem Ersatz.
Als Shafik Efendi den Brief fertiggeschrieben hatte, zerriss er ein Seidentaschentuch, schnitt sich in seinen Zeh, bis etwas Blut austrat, und beschmierte damit den Zipfel des Taschentuchs. Nachdem es vollständig rot geworden war, wickelte er es um den Brief für Faridah Hanom. Dann steckte er ihn in einen Umsschlag, schrieb ihre Adresse darauf und gab Order, ihn in den Briefkasten zu werfen. Danach brach Shafik Efendi auf, um nach Hause zu gehen, und sagte zu seiner Dayang: „Meine Ibu möge bitte nirgendwo hingehen. Beta will, dass sie auf Suad wartet, ob sie nicht heute Abend hierher gebracht werden kann, denn sie verlässt abends nach dem Essen ganz gern ihre Tuan und geht etwas hinaus.“ Wenig später erreichte Shafik Efendi sein Haus, ging hinunter und sagte zu seinem Kutscher: „Vertrau dieses Gespann einem anderen Kutscher an und geh Du geschwind und warte vor dem Haus von Kasim Bey von diesem Abend an bis morgen früh. Schau, wann Suad, die Amme von Faridah Hanom aus dem Haus kommt. Lade sie ein, die Kutsche zu besteigen, und sag ihr, dass meine Amme Aliah mit ihr zusammentreffen will. Dann warte auf sie. Wenn das Gespräch zu Ende ist, bring Suad zurück, wo immer sie hinfahren möchte.“ Shafik Efendi holte zwei Pfund aus seiner Hosentasche und gab sie seinem Kutscher. Der nahm das Geld entgegen, fuhr die Kutsche in den Stall und trug einem anderen Kutscher auf, das Pferd zu striegeln und zu versorgen. Er machte sich unterdessen auf den Weg, um den Auftrag seines Tuan auszuführen und vor dem Haus…
von Kasim Bey zu warten. Es war ungefähr neun Uhr abends, als Suad herauskam, um zum Haus ihres Bruders zu gehen. Als sie hinaus auf die Straße trat, sah sie der Kutscher von Shafik Efendi und erkannte sie. Rasch trat er auf Suad zu und begrüßte sie. Suad erschrak, als sie die Stimme eines Mannes sie grüßen hörte. Sie schaute sich jedoch um, grüßte und erkannte, dass dieser Mann der Kutscher von Shafik Efendi war. Da fragte sie: „Wo willst Du hin? Und warum stehst Du hier?“ Der Kutscher antwortete: „Hamba wartet hier auf Euch, weil die Amme von Hambas Tuan Shafik Efendi den Auftrag gegeben hat, Euch abzuholen und zu ihrem Haus zu bringen. Es ist sehr wichtig. Wir können auch mit der Kutsche fahren.“ Suad dachte nach: „Warum ruft mich Aliah? Vielleicht geschieht das auf Wunsch von Shafik Efendi. Es ist wahrscheinlich besser, ich fahre hin und höre, wie es ihm geht.“ Dann sagte sie zum Kutscher: „Wo ist die Kutsche? Lass uns schnell fahren, denn es ist schon spät, und ich möchte schnell zurückkehren.“ Der Kutscher rief eine Droschke, die dort bereitstand, bestieg sie zusammen mit Suad, und gab Anweisung, zum Haus von Aliah zu fahren. Wenig später kam die Kutsche an. Der Kutscher forderte Suad auf, zum Haus hochzusteigen und rief laut nach Aliah. Er selbst ging wieder hinunter, wartete dort und hielt den Wagen fest, weil er fürchtete, dass er keinen Wagen mehr bekommen könnte, wenn Suad mitten in der Nacht zurückkehren würde.
Als Aliah Suad kommen sah, begrüßte sie sie rasch, forderte sie auf, sich zu setzen und sagte: „Beta hat ihre Schwester gerufen, weil sie sie fragen will nach ihrer Meinung über den Zustand unserer beider Tuans. Was den Tuan anlangt, so ergeht er sich in großer Liebessehnsucht Tag und Nacht, vergisst Essen und Trinken wie ein Verrückter, jeden Tag hat er mehrere Briefe an unsere Tuan geschrieben, ohne dass es darauf…
eine Antwort gab. Gestern Abend, sagte er, sei er dorthin gegangen um Mitternacht, wie gewöhnlich, habe einige Male Zeichen gemacht, aber niemand habe die Tür geöffnet, und es sei auch keine Stimme zu hören gewesen. Heute morgen dann sagte Betas Tuan, er wolle am hellichten Tag unsere Tuan in ihrem Zimmer besuchen gehen, selbst wenn man ihn töten werde, weil er keine Kraft mehr habe, den Liebeskummer zu ertragen. Als Beta ihm das verboten und mit einigen Worten seinen Plan missbilligt hat, hat er gesagt, dass er sich umbringen wolle, weil er ohne unsere Tuan auf dieser Welt nicht mehr leben wolle. Mit einigem guten Zureden hat Beta ihn gebeten, abzuwarten, bis sie mit ihrer Schwester zusammengetroffen ist, um mit ihr zu beraten und eine Einigung darüber zu erzielen, was am besten zu tun ist, und ihm dann Mitteilung gemacht hat. Nun wollte Beta die Meinung ihrer Schwester einholen, was wir tun sollen, um unsere beiden Tuans wiederherzustellen, denn wenn wir schweigen, ihnen etwas Schlechtes zustößt und ihre Eltern davon Kenntnis erlangen, dann werden auch wir beide ihren Zorn zu spüren bekommen.“
Als Suad die Worte Aliahs hörte, dachte sie eine Zeitlang nach, hob dann den Kopf und sagte: „Beta weiß nicht, was sie sagen soll, weil sie sehr betrübt ist, den Zustand ihrer Tuan zu sehen. Seitdem sie nicht mehr mit dem Tuan zusammengetroffen ist, hat sich ihr Verhalten sehr verändert. Sie isst und schläft nicht mehr ordentlich, und auch sprechen will sie nicht mehr viel. Mehrere Male schon bot Beta ihr an, dass sie, wenn sie wolle, ausführlicher über ihr Verhältnis mit unserem Tuan sprechen könne, doch hat sie dann schnell Betas Rede unterbrochen und ist aufgestanden, als ob sie etwas anderes zu tun hätte. Auch…
traf Beta sie schon einige Male alleine weinend an, wenn sie ihr Zimmer betrat. Sie wischte sich dann schnell ihre Tränen ab, um ihr Weinen zu verbergen. Und wenn Beta sie dann nach dem Grund ihres Weinens fragte, sagte sie, es sei nichts, sie habe nur Kopfschmerzen. Deswegen hat Beta noch keinen Plan ersonnen, was man machen kann. Denn früher hat ihre Tuan ihr alles erzählt, was ihr Verhältnis mit unserem Tuan betrifft, sie hat ihr nie etwas verheimlicht. Aber jetzt will sie nichts mehr erzählen. Wenn Beta fragt, wird sie ärgerlich. Gestern abend kam der Tuan, ohne dass sie davon wusste. Sie saß mit mir in der Nähe des Fensters. Sobald sie das Klopfen unter dem Fenster hörte, sprang sie schnell auf und ging in ihr Zimmer. Und weil sie fürchtete, dass Beta hinuntergehen und die Tür öffnen könnte, forderte sie sie auf, mit ihr ins Zimmer zu gehen, und schloss die Tür von innen ab. Erst am nächsten Tag schloss sie sie wieder auf. Früher hat sie niemals jemanden dazu aufgefordert, in ihrem Zimmer zu schlafen, wenn sie nicht einen Schwindelanfall hatte.“ Da sagte Aliah: „Zwar ist unsere Tuan sehr eigensinnig, doch hat sich ihre Zuneigung nicht geändert. Allerdings beherrscht sie sich aufgrund ihrer Verärgerung so stark wie möglich. Daher haben wir kein anderes Mittel, um sie zu heilen, als das, was sie selbst wünscht. Deswegen sollten wir uns bemühen, einen Plan zu ersinnen, um ein Treffen der beiden herbeizuführen, damit ihre Qual beendet wird und sie nicht mehr einer Liebe nachjagen, die ihre Freude zunichtemacht. So kann das Leben der beiden wieder in den früheren Zustand zurückgebracht werden. Will meine Schwester meinem Plan folgen?“ Suad antwortete: „Was ist denn ihr Plan?“ Aliah sagte: „Unser Tuan hat vorhin einen Brief an unsere Tuan geschrieben. Er wird bestimmt morgen früh vom Postboten gebracht werden. Betas Schwester kann…
den Brief annehmen und ihr selbst aushändigen. Dann kann sie ihr Gesicht beobachten. Wenn sich seine Farbe ändert, kann sie nach einer günstigen Gelegenheit suchen, um nach Möglichkeit ihr Herz zu erfreuen und ihre Zustimmung dafür zu erhalten, dass unser Tuan am Abend kommt. Wenn sie dann zugestimmt hat, öffnet Betas Schwester die Tür und bittet sie nach Möglichkeit mit ein paar Schmeicheleien, dass sie wie gewohnt mit ihm zusammentreffen möge. Und wenn Betas Schwester keine Gelegenheit findet, mit ihr zu sprechen, oder auch wenn sie unseren Tuan nicht treffen möchte, dann versucht Betas Schwester nach Möglichkeit alle Dayangs dazu zubringen, dass sie nicht in der Nähe ihres Zimmers schlafen. Und sie ersinnt einen Plan, wie sie die große Tür des Hauses und die Tür zum Zimmer unserer Dame öffnen kann. Und wenn Betas Schwester kann, dann wartet sie auf die Zeit, zu der gewöhnlich unser Herr gekommen ist, öffnet die Tür und zeigt ihm das Zimmer unserer Tuan, damit er mit ihr zusammentreffen kann. Denn Beta denkt, wenn die beiden Menschen, die sich gegenseitig lieben, erst einmal zusammentreffen, dann verfliegt ihr Zorn, Betas Schwester möge sich da keine Sorgen machen. Aber wenn unsere Tuan Betas Schwester die Tür zu öffnen erlaubt und mit dem Treffen einverstanden ist, dann soll sie Beta schnell informieren, damit sie unseren Tuan informiert und er nicht mehr betrübt ist. Und wenn Betas Schwester keine Mitteilung zu machen braucht, dann möge sie nur dort abends zu der Stunde warten, zu der die beiden früher gewöhnlich immer zusammengetroffen sind.“
Als Suad die ganze Rede Aliahs gehört hatte, dachte sie einen Augenblick nach und sagte dann: „Gut. Was die Schwester sagt, wird Beta befolgen, denn sie hat große Zuneigung für ihren Herrn gewonnen und es tut ihr sehr leid, von seinem Zustand zu hören. Deshalb möge geschehen, was geschieht. Beta wird ebenfalls versuchen,…
die beiden zusammenzubringen. Denn morgen früh fahren der große Tuan und seine Frau nach Alexandria und bleiben dort zehn bis 15 Tage. Das heißt, Beta ist frei, zu tun, was sie will. Es gibt niemanden zu fürchten.“ Aliah freute sich sehr, die Worte Suads zu hören, und bewirtete sie. Dann verabschiedete sich Suad, ging hinunter, stieg zusammen mit dem Kutscher in die Droschke und wurde von ihm zum Haus von Kasim Bey gebracht. Suad stieg aus und betrat das Haus. Und der Kutscher ließ sich von der Droschke direkt zu seinem Haus am Kutschstall Shafik Efendis bringen.
Als die Droschke die Höhe des Hoftors des Hauses Shafik Efendis erreichte, sah der Kutscher seinen Tuan draußen alleine sitzen. Da wies er den Droschkenkutscher an, anzuhalten, stieg aus und ging zu seinem Tuan hinein, um ihm mitzuteilen, dass er seinen Auftrag erfüllt hatte. Als Shafik Efendi die Worte seines Kutschers hörte, sprang er auf, bestieg die Droschke, mit der sein Kutscher gekommen war, und sagte zu ihm: "Schon gut, geh Du nach Haus. Das Fahrgeld für die Droschke kann ich ja bezahlen." Der Kutscher ging mit großer Freude nach Hause, denn er hatte zwei Pfund umsonst erhalten. Shafik Efendi ließ die Kutsche zum Haus von Aliah fahren, weil er es nicht aushielt, erst am nächsten Tag die Nachricht über ihr Treffen mit Suad zu erfahren. Als er das Haus erreichte, traf er dort Aliah noch wach an. Er setzte sich zu ihr, um sich von Aliah erzählen zu lassen, worauf sie sich mit Suad geeinigt hatte, und sagte dann: „Morgen Abend wird die Dayang zu Tuan kommen, ganz gleich, ob es eine Nachricht von Suad gibt oder nicht.“ Shafik Efendi freute sich sehr über…
die Worte seiner Dayang und sagte: "Beta dankt seiner Ibu, die einen Plan ersonnen hat, um ihn mit seiner Nyawa zusammenzubringen. Am besten befolgt er, was sie gesagt hat, aber morgen Nachmittag wird Beta bestimmt hier einkehren. Je nachdem wie die Situation aussieht, können wir uns hier beraten." Shafik Efendi ging hinunter, kehrte freudig nach Hause zurück, bezahlte das Fahrgeld und ging auf sein Zimmer, da es schon weit nach Mitternacht war.
Sodann soll von Kasim Bey, dem Vater Faridah Hanoms, die Rede sein. Als nämlich der Sommer eingetreten war, dachte er an seinen Bruder in Alexandria, weil er es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, jedes Jahr im Sommer zum Luftwechsel zu seinem Bruder in Alexandria zu fahren, wobei er seine Ehefrau und seine Kinder mitzunehmen pflegte. Sie blieben dann dort zwei Monate oder länger. Deshalb dachte er auch in diesem Jahr, als der Sommer kam, daran, mit Frau und Kindern nach Alexandria fahren, und ließ deswegen seinen Sohn Muhammad Efendi rufen. Dieser sprach wenig später bei ihm vor. Kasim Bey sagte: „Lasst uns zu Eurem Vater in Alexandria fahren, denn es ist schon Sommer geworden. Geht und teilt Eurer Schwester mit, dass wir sie mitnehmen wollen, damit sie ein wenig frische Luft bekommt, denn der Vater sieht, dass sich ihr Gesicht seit einigen Tagen verändert hat. Ich hoffe, dass sich ihr Körper durch den Luftwechsel etwas erholt.“ Muhammad Efendi stimmte den Worten seines Vaters zu und ging dann hoch zu seiner Schwester Faridah Hanom. Als er ihr Zimmer betrat, traf er sie dort allein auf der Chaiselongue liegend an. Er trat zu ihr,…
zog einen Stuhl heran und setzt sich an ihre Seite. Als Faridah Hanom ihren Bruder kommen sah, sprang sie auf und küsste seine Hand. Muhammad Efendi umarmte und küsste sehr liebevoll und zärtlich ihren Kopf und sah, dass ihr Gesicht anders aussah als sonst. Nach einer Weile sagte Muhammad Efendi: „Tuan möge sich bereit machen. Morgen früh fahren wir nach Alexandria, denn die Eltern wollen aufbrechen und haben mich gerufen, mich fertigzumachen und Tuan Bescheid zu sagen. Ich denke, es ist gut, wenn sie zum Luftwechsel fahrt, dann kann sich ihr Körper hoffentlich erholen.“ Als Faridah Hanom hörte, dass ihr Vater sie nach Alexandria mitnehmen wollte, erschien vor ihrem inneren Auge ihr Cousin Badruddin Efendi, der um ihre Hand anhalten wollte. Da dachte sie an ihren Geliebten Shafik Efendi, seinen Treueschwur und seine Liebe zu ihr. Sie konnte sich nicht mehr beherrschen und brach in Tränen aus, wobei sie ihrem Bruder antwortete: „Es ist nicht befriedigend, dass man Adinda mit dieser Alexandria-Nachricht vergiftet, dass man sie mitnehmen will, damit sie schnell stirbt.“ Dann warf sie sich auf den Schoß ihres Bruders und weinte bitterlich. Muhammad Efendi fing seine Schwester mitleidsvoll auf und dachte bei sich: „Meine Schwester scheint Badruddin Efendi nicht zu mögen. Ich möchte sie auf keinen Fall zwingen, einen Mann zu heiraten, den sie nicht liebt, denn ich habe nur eine Schwester, nicht zwei oder drei. Außerdem ist meine Schwester äußerst gebildet und klug. Bestimmt weiß sie, dass Badruddin Efendi irgendein Verhalten an sich hat hat, das nicht zu ihr passt, so dass sie ihn nicht mag. Sonst wäre es unmöglich, dass sie ihn mit seiner Schönheit und Jugend nicht gern hat. Während…
Muhammad Efendi dies überlegte, hob er den Kopf seiner Schwester, küsste ihn, wischte ihre Tränen ab und sagte: „Tuan möge sich beruhingen! Wenn sie nicht nach Alexandria fahren will, dann zeige sie es nicht ihrem Vater, denn meine Schwester kennt ja den Charakter unseres Vaters. Man kann seinen Worten nicht widersprechen, sonst wird er zornig. Lasst Abang versuchen, seine Erlaubnis dafür zu bekommen, dass Tuan hier bleiben kann und nicht nach Alexandria fährt.“ Faridah Hanom freute sich ein wenig, die Worte ihres Bruders zu hören, richtete sich aus seinem Schoß auf und küsste seine Hände. Dann verabschiedete sich Muhammad Efendi, ging hinunter zu seinem Vater und sagte: „Anakanda meint, Faridah Hanom kann jetzt noch nicht nach Alexandria fahren, weil sie erkrankt ist. Sie hat sich eine Erkältung zugezogen, weil sie lange aufgeblieben ist und bis Mitternacht am geöffneten Fenster genäht und gestickt hat. Wenn die Krankheit noch nicht verschwunden ist und sie dem Wind von Alexandria ausgesetzt ist, wird sich ihre Krankheit bestimmt verschlimmern. Deshalb denkt Anakanda, wenn die Eltern aufbrechen wollen, kann nichts passieren, und Anakanda kann Euch auch begleiten, aber in zwei, drei Tagen kann er zurückkehren und schauen, ob sie wieder gesund ist. Dann kann sie mit Anakanda nach Alexandria kommen. Aber für die Zwischenzeit möchte er sie zur Genesung hier zurückzulassen.“ Als Kasim Bey die Worte seines Sohnes Muhammad Efendi über den Zustand von Faridah Hanom hörte, sagte er: „Gut, wenn Tuan meint, dass es nichts ausmacht, wenn Eure Schwester hier zurückbleibt, dann lasst uns morgen früh aufbrechen, weil sich der Vater wegen der großen Hitze, die hier schon seit einigen Tagen herrscht, nicht sehr wohl fühlt. Schickt Eurem Vater in Alexandria ein Telegramm und sagt, dass wir morgen früh von hier mit dem Zug kommen, der um neun Uhr vom Babul Hadid abfährt.“
Am nächsten Morgen fuhren Kasim Bey, seine Frau und Muhammad Efendi zum Bahnhof. Da Faridah Hanom fürchtete, dass sich ihre Eltern Sorgen um sie machen würden, zog sie sich schnell an und begleitete ihre Eltern zum Bahnhof.
Nachdem die Gruppe das Haus verlassen hatte, setzte sich Suad hin und wartete auf den Postboten, der den von Aliah angekündigten Brief bringen sollte. Es dauerte nicht lange, da kam der Brief für Faridah Hanom mit der Post an. Suad nahm ihn entgegen und ging hoch, um alleine darüber nachzudenken, wie sie es bewerkstelligen könnte, ein Treiffen des Liebespaars herbeizuführen, wenn ihre Herrin nicht mit ihr sprechen wollen oder ihren Worten nicht folgen sollte. Suad sprach bei sich: "Am besten ist, ich lade eine befreundete Dayang dazu ein, sich an diesem Unternehmen zu beteiligen, das ich nicht alleine ausführen kann, denn es gibt sehr viele Augen, die es sehen, wenn Shafik Efendi in das Zimmer hochgeht, wenn es nicht sehr gut vorbereitet ist.“ Während sie darüber nachdachte, fiel ihr Khatun ein, die Dayang, die sich um Faridah Hanoms Kleidung kümmerte, und zu der sie großes Vertrauen hatte. Sie dachte sich: „Am besten, ich informiere sie und lade sie ein, bei dieser Angelegenheit gemeinsam zu handeln.“ Gleich rief sie Khatun und lud sie ein, mit ihr auf den Anjung zu gehen, wo sich niemand aufhielt, und sagte dann: „Khatun, hör mal, hast Du nicht auch den speziellen Zustand unserer Tuan in den letzten Tagen bemerkt?“ Khatun antwortete lächelnd: „Beta hat es gesehen und Beta weiß um ihre Situation, allerdings hat sie sich nicht getraut, darüber zu sprechen.“ Suad sagte: „Was weißt Du? Du kannst es mir ruhig mitteilen.“
Khatun sagte: „Unsere Tuan unterhält eine Liebesbeziehung mit Shafik Efendi, aber jetzt scheinen sie sich entzweit zu haben. Was der Grund ihrer Trübsal ihm gegenüber ist, weiß Beta nicht.“ Suad war erstaunt, die Worte Khatuns zu hören, und sagte: „Woher weißt Du das alles?“ Khatun antwortete: „Beta hat es gesehen, als Shafik Efendi beim Vorbeifahren für sie die Hand zum Gruß hob, und sie ihm antwortete. Außerdem hat Beta einen Bruder, der bei Shafik Efendi arbeitet und sich um seine Kleidung kümmert. Er hat Beta von dem Zustand Shafik Efendis erzählt, mit all den Briefen, die er an unsere Tuan geschickt hat.“ Suad sprach zu Khatun: „Das ist richtig, was Du sagst, aber sag Deinem Bruder, dass er mit niemandem darüber sprechen soll.“ Dann erzählte sie ihr von Anfang an alles über Faridah Hanom und Shafik Efendi, dass sie eine Liebesbeziehung unterhielten, aber nichts Sündhaftes zwischen ihnen vorgefallen war, und sie teilte ihr auch den Grund ihrer Entzweiung mit. Khatun antwortete: „Was dieses Geheimnis anlangt, so ist eine Ermahnung nicht mehr nötig, denn Beta und ihr Bruder würden niemals mit jemandem darüber zu sprechen, denn so wie Beta mit ihrer Tuan Mitleid hat, so hat ihr Bruder mit seinem Tuan Shafik Efendi Mitleid. Er sagt nur Lobendes über ihn, denn er arbeitet schon lange bei ihm, ohne dass er jemals heruntergeputzt wurde. Wenn er einen Fehler gemacht hat, ermahnt er ihn nur mit freundlichem Gesicht und großzügiger Geste. Deshalb beten Beta und ihr Bruder zu Gott, dass er ein Treffen zwischen den beiden geschehen lasse.“ Suad freute sich sehr, die Worte von Khatun zu hören, und sagte: „Wenn Du unsere Tuan wirklich liebst, dann lass uns versuchen, ihre Traurigkeit zu vertreiben, damit der frühere Zustand wiederhergestellt wird.“ Khatun antwortete: „Beta braucht,…
wenn es um der Güte ihrer Tuan willen geschieht, gar nicht dazu aufgefordert zu werden. Sie tut es aus eigenen Stücken und ist damit zufrieden.“ Dann erzählte Suad Khatun, was sie mit Aliah abgemacht hatte, und sagte: „Heute abend ist verabredet, dass Shafik Efendi unsere Tuan besuchen kommt.“ Khatun antwortete: „Was ist Betas Auftrag bei dieser Angelegenheit?“ Suad sagte: „Ich möchte, dass Du einen Weg suchst, dass die vielen Dayangs an einem anderen Ort schlafen gehen, damit sie es nicht hören, wenn {2. Aufl.: Abb. 2 Drei Frauen auf der Straße mit Erklärung} irgendetwas passiert.“ Khatun antwortete: „Gestern abend haben die Dayangs Beta gebeten, Ibu mitzuteilen, dass sie bitte der Tuan mitteilt, dass sie, wenn sie ihre Erlaubnis erhalten, nach der Arbeit heute Abend zusammen ins Hinterzimmer gehen möchten, um den Mann von Mariah, der Köchin, die Geschichte von Abū Zaid al-Hilālī [Fn.] vorlesen zu hören.“ Suad sagte: „Na wenn es so ist, umso besser. Dann kann ich jetzt um die Erlaubnis unserer Tuan bitten.“
Während Suad und Khatun so zusammensaßen und sprachen, kam Faridah Hanom vom Bahnhof zurück und ging direkt auf ihr Zimmer, um die Kleidung zu wechseln. Suad brachte sogleich den Brief, der mit der Post gekommen war, zu ihr. Faridah Hanom nahm ihn entgegen, sah darauf die Schrift ihres Geliebten, woraufhin sie ihn nicht vor Suad öffnen wollte. Als Suad das sah, wusste sie, dass sie keine Gelegenheit haben würde, mit ihrer Herrin die Angelegenheit zu besprechen, sie mit ihrem Geliebten Shafik Efendi zusammenzubringen. Rasch holte sie Khatun ins Zimmer und sagte dann: „Tuan, Khatun ist von den vielen Dayangs ersucht worden, um Tuans Erlaubnis zu bitten, dass sie heute abend vielleicht zum Mann von Mariah gehen dürfen, der die Geschichte von Abū Zaid al-Hilālī vorliest.“ Faridah Hanom lächelte, als sie die Worte Suads hörte, und sagte: „Lasst alle gehen, aber nicht in ein anderes Haus, sondern nur in ein Hinterzimmer, aber meine Ibu und…
Suad sollen nicht gehen. Beta soll nicht alleine gelassen werden.“ Suad freute sich, dass das eingetroffen war, was sie beabsichtigte. Dann ging sie zusammen mit Khatun aus dem Zimmer und benachrichtigte die Dayangs darüber, dass sie die Erlaubnis erhalten hatten, am Abend die Geschichte zu hören.
Nachdem Suad und Khatun ihr Zimmer verlassen hatten, schloss Faridah Hanom rasch die Zimmertür, setzte sich hin und öffnete den Brief ihres Geliebten. Als sie den Brief herauszog, sah sie, dass er mit einem blutbeschmierten Tuch umwickelt war, und erschrak sehr. Schnell öffnete sie den Brief und las ihn. Als sie das Ende erreichte und hörte, dass ihr Geliebter Lebewohl sagte und sie aufforderte, nach einem Ersatz zu suchen, weil er sterben wollte, klopfte ihr Herz bei dem Gedanken, dass sich ihr Geliebter wirklich umbringen könnte. Dann kamen ihr Gewissensbisse, dass sie ihren Geliebten verlassen hatte, doch fühlte sie sich außerstande, ihn zu besuchen. Sie schämte sich sehr und wollte lieber schweigen, aus Furcht, dass er sich wirklich umbringen könnte. In ihrem Herzen dachte sie: „Wenn Shafik Efendi stirbt, dann will ich ebenfalls sterben und nicht weiterleben.“ Bei diesem Gedanken seufzte sie und fühlte große Verzweiflung. Sie warf sich aufs Bett und weinte alleine. Wenn Faridah Hanom von einem Gang zurückkam, so traute sich Khatun gewöhnlich nicht, das Zimmer zu verlassen, bevor sie die Kleidung ihrer Tuan weggeräumt hatte. Da aber dieses Mal ihre Tuan die Tür ihres Zimmers verschlossen hatte, traute sie sich nicht einzutreten, bevor sie von ihr gerufen wurde. Deswegen setzte sich Khatun vor die Tür und traute sich nicht, irgendwo hinzugehen. Als sie schon sehr lange so wartete, so dass es fast Zeit zum Essen war, und Faridah Hanom sie immer noch nicht…
gerufen hatte, klopfte sie leise an die Tür. Nachdem Faridah Hanom gesehen hatte, dass Khatun an die Tür stieß, rief sie sie herein und wischte sich die Tränen ab, weil es ihr peinlich war, dass Khatun sie weinen sah, und fragte sie, wohin Suad gegangen sei. Khatun antwortete: "Suad schaut nach den Dayangs, die das Essen zubereiten." Faridah Hanom bemerkte, dass es schon spät am Morgen war und die Zeit zum Essen gekommen war. Wenn sie nicht essen ginge, würde Suad fragen, was mit ihr los sei. Da sie nicht wollte, dass Suad erkannte, wie verliebt sie war, stand sie rasch auf und wusch sich ihr Gesicht. Khatun trat daraufhin ein und räumte weg, was an Kleidung in dem Zimmer lag. Einen Moment später kam Faridah Hanom heraus, ging zum Esszimmer und zwang sich, ein paar Bissen hinunterzuschlingen. Dann kehrte sie in ihr Zimmer zurück, legte sich hin und wollte bis zum späten Nachmittag nicht mit Suad sprechen. Nur in ihrem Inneren sprach sie und suchte nach einer Idee, wie sie es verhindern konnte, dass ihrem Geliebten Unheil widerfuhr, ohne noch einmal mit ihm zusammenzutreffen zu müssen. Auf diese Weise wurde es Abend, und sie rief schließlich Suad und sagte: „Wenn heute Nacht Shafik Efendi kommt, möge meine Ibu bitte hinuntergehen und mit ihm zusammentreffen. Sie möge sagen, dass Beta krank ist und ihr der Arzt verboten hat, nach draußen zu gehen. Wenn es nicht schlimmer wird, kann Beta aber in vier, fünf Tagen hinunterkommen und ihn treffen.“ Suad sagte: „Tuan möge doch bitte Kakanda nicht noch zorniger machen, denn es tut der Dayang sehr leid, von seinem Zustand zu hören. Gestern abend ist sie mit der alten Dienerin Aliah zusammengetroffen. Sie hat der Dayang weinend über den Zustand ihres Tuan unterrichtet, dass er sich schon mehrfach töten wollte, weil er die Liebe nicht mehr aushält und fürchtet, Tuan Zorn auf sich zu ziehen. Er isst und schläft nicht mehr ordentlich und benimmt sich Tag und Nacht wie ein Irrer. Tuan möge Khatun fragen. Sie weiß es auch, denn ihr Bruder arbeitet als Kleiderdiener…
bei Kakanda. Sie lobt ihn sehr, so dass die beiden Geschwister Tag und Nacht dafür beten, dass ein Treffen zwischen Tuan und Kakanda stattfinden möge.“ Faridah schluchzte auf, als sie die Worte ihrer Dayang hörte, und sagte: „Ibu lasse ihn machen, was er will. Wenn er stirbt, stirbt Beta ebenfalls und will nicht weiterleben. Was Beta aber auf keinen Fall will, ist ein Zusammentreffen mit ihm, weil seine Handlungsweise ihr gegenüber äußerst kränkend war. Betas Vertrauen in ihn war so aufrichtig und rein gewesen. Kaum hat sie ihn aber ein wenig mit ihren Reizen geneckt, ist er gleich weggerannt und hat sie beschuldigt, wie man eine äußerst liederliche Frau beschuldigt, als ob er in der Zeit, in der Beta mit ihm zusammen war, erkannt hätte, dass sie wirklich eine Dirne wäre. Ibu muss auf seiner Seite stehen. Wie auch immer, die Wunde, die in Betas Herzen ist, kann sie nicht heilen. Wenn meine Ibu ihn so sehr liebt, dann soll sie ihn doch treffen gehen. Wenn er heute Nacht kommt, soll sie ihm sagen, was Beta aufgetragen hat.“ Suad konnte nichts mehr sagen, sondern schwieg. Sie traute sich nicht, noch etwas auf die Worte ihrer Herrin zu erwidern, sondern dachte nur in ihrem Inneren: „Wenn die beiden nicht wiederhergestellt werden, ohne dass man sie mit einem Trick zusammenbringt, dann passiert es eben.“ Faridah Hanom stand auf, schloss die Tür des Zimmers, legte sich ins Bett, und teilte ihrer Dayang mit, dass sie nichts essen wolle, während sie sie umgekehrt anwies, selber zu essen. Wenn sie dann ins Hinterzimmer gehen wolle, um die Geschichte zu hören, solle sie das tun.
Shafik Efendi seinerseits ging an diesem Nachmittag zu Aliah und fragte sie, ob es irgendeine Nachricht von Suad gäbe, bekam aber von ihr zur Antwort: „Nein, Tuan.“ Er wartete…
im Haus, bis es dunkel wurde, ohne dass irgendeine Nachricht eintraf. Dann sagte er zu seiner Dayang: „Beta denkt, Suad hat ihre Zustimmung wohl nicht erhalten. Wenn es so ist, dann lasst Beta nach Hause gehen. Aber wenn er heute Nacht geht und sie nicht herunterkommen will, dann geht Beta gewiss hoch in ihr Zimmer und bringt sie hierher. Denn dort ist es bestimmt schwer, länger zu reden und ihren Zorn zu besänftigen. Ibu kann sich heute Nacht bereithalten und irgendetwas zu Essen und zu Trinken zubereiten.“ Shafik Efendi holte etwas Geld heraus und gab es ihr. Dann ging er hinunter, bestieg die Kutsche und fuhr zu seinem Haus, wobei er den Kutscher für zwölf Uhr nachts bestellte und ihn anwies, die alte Kutsche und ihr Aussehen etwas zu modifizieren. Mit ihr solle er an der Ecke der Abzweigung vor Kasim Beys Haus warten.
Als es zwölf Uhr schlug, verließ Shafik Efendi das Haus, wobei er die Pistole in seine Hosentasche steckte und einen Stock in die Hand nahm. Auf diese Weise ging er zum Haus von Kasim Bey. Als er am Heckentor von Kasim Bey ankam, löschte er die Gaslaterne, die davor stand, und ging hinein. Als er die Tür anstieß, fand er sie offen vor. Er trat ein und sah, dass Suad auf ihn wartete und ihm Zeichen machte, dass er ihr folgen sollte. So folgte Shafik Efendi ihr und sie gelangten zu der Treppe, die nach oben führte. Suad stieg hoch, wobei ihr Shafik Efendi auf Zehenspitzen folgte. Als die beiden oben ankamen, führte Suad Shafik Efendi an der Hand, bis sie zur Tür von Faridah Hanoms Zimmer kamen. Suad zeigte es ihm, ließ seine Hand los und verschwand im Nebenzimmer, um Khatun zu informieren, dass Shafik Efendi gekommen war, um…
ihre Herrin zu besuchen. Die beiden setzten sich hin und spitzten die Ohren, um mitzubekommen, was zwischen dem Liebespaar vor sich gehen würde.
Als Suad Shafik Efendi losließ und im Nebenzimmer verschwand, steuerte er mit großer Freude auf das Zimmer seiner Geliebten zu, klopfte leise an ihre Tür, trat ein und begab sich zur Schlafstätte seiner Geliebten. Die Licht schien sehr hell, und seine Geliebte wirkte in ihrem Bett wie ein Idol aus Perlen. Schnell öffnete er das Moskitonetz.
Faridah Hanom war zu diesem Zeitpunkt mitten in Gedanken an den Brief ihres Geliebten, der ihr geschrieben hatte, dass er sich umbringen wolle, und weinte. Sie fürchtete, dass dies wirklich eintreten könnte, zumal das, was ihr ihre Dayang Suad von Aliah erzählt hatte, ihre Befürchtungen bestätigte. So hörten ihre Tränen nicht auf zu fließen, denn sie war mit ihrer eigenen Gehemmtheit, ihren Geliebten zu treffen, sehr unzufrieden. Faridah Hanom hatte zu dieser Zeit nur ein langes Nachthemd aus dünner Seide an, allerdings hatte sie den Hosenrock, den sie angehabt hatte, als sie ihre Eltern weggebracht hatte, noch nicht ausgezogen, weil sie sich schon am Nachmittag hingelegt und seitdem das Bett nicht verlassen hatte. Zu der Zeit, als Shafik Efendi eintrat, waren ihre Augen geschlossen und ihre Gedanken kreisten um ihren Geliebten. Deshalb nahm sie es nicht wahr, als Shafik Efendi eintrat. Erst als er das Moskitonetz öffnete, bemerkte sie, dass sich jeamand ihrem Bett genähert hatte, wobei sie zunächst dachte, dass es Suad wäre, die sie über das Kommen ihres Geliebten informieren wollte. Als sie die Augen öffnete, erblickte sie Shafik Efendi, der das Moskitonetz aufdeckte. Da erschrak sie sehr und schämte sich,…
dass er sie weinen sah. Rasch drehte sie ihr Gesicht weg und begrub es, weil sie Shafik Efendi nicht ins Gesicht sehen wollte. Shafik Efendi stieg auf ihr Bett, legte den Kopf seiner Geliebten in seinen Schoß und sagte unter Tränen: „O Abangs Nyawa, wertvollstes Wesen seiner Existenz. Dass Tuan es über's Herz bringt, auf Abang zornig zu sein, dem niemals ein schlechter Gedanke hinsichtlich seiner Nyawa gekommen ist. Da Tuan so etwas mit Abang macht, ist es besser, sie tötet ihn, damit er Tuan nicht mehr im Wege steht. Deshalb hat Abang gewagt, zu kommen, um Tuan an ihrem Ort die Aufwartung zu machen.“ Shafik Efendi sagte dies und vergrub sein Gesicht in ihren Haaren, so dass ihr Kopf und Gesicht von seinen Tränen befeuchtet wurden. Nun brach es aus Faridah Hanom heraus, und sie weinte noch stärker. Sie wollte aufstehen, konnte es jedoch nicht, weil Shafik Efendi ihren Kopf fest umschlungen hielt. Und Shafik Efendi konnte kein Wort mehr herausbekommen, sondern schluchzte wie ein Kind, als er bemerkte, dass seine Geliebte ihn nicht ansehen wollte. Mehrere Male versuchte er, ihr Gesicht zu sich zu drehen, doch konnte er es nicht, weil Faridah Hanom ihren Hals steif machte. Es erzwingen wollte er nicht, weil er fürchtete, ihr Schmerzen zuzufügen. Shafik Efendi weinte noch etwas. Dann fiel ihm ein, dass es nicht gut wäre, viel zu sprechen, weil es womöglich die Dayangs in der Nähe des Zimmers hören könnten, wenn Suad keinen Weg gefunden hatte, sie zu entfernen. Er dachte bei sich: „Am besten, ich nehme meine Nyawa mit in mein Haus, damit ich dort ihren Zorn besänftige.“ Er stand auf, nahm Faridah Hanom auf die Arme und trug sie aus dem Zimmer. Faridah Hanom versuchte sich einige Male zu befreien, vermochte es jedoch nicht, weil sie das Gesicht versteckte und Shafik Efendi nicht ansehen wollte. Auf diese Weise verließ Shafik Efendi das Zimmer und begab sich auf den Weg nach unten. Als Suad sah, dass…
Shafik Efendi Faridah Hanom auf den Armen hinuntertrug, folgte sie ihm. Shafik Efendi sagte zu ihr: „Keine Sorge, meine Ibu. Sie bleibe hier und bringe morgen die Kleidung ihrer Tuan in das Haus von Aliah. Und meine Ibu weiß bestimmt, wie sie das Verschwinden ihrer Tuan morgen früh erklären kann. Denn wenn Beta nicht stirbt, lässt er seine Nyawa nicht gehen.“ Nachdem Suad die Worte von Shafik Efendi gehört hatte, brachte sie keinen Ton mehr heraus. Faridah Hanom ihrerseits wusste, als sie die Worte von Shafik Efendi an Suad hörte, dass sie sich nicht mehr würde befreien können. Sie wimmerte und verbarg ihr Gesicht. Dabei dachte sie daran, dass sie nur ein sehr dünnes Hemd anhatte. Was sie aber etwas beruhigte, war der Hosenrock, den sie anhatte. Außerdem dachte sie daran, dass Shafik Efendi keine sündhaften Handlungen zu begehen pflegte. Deshalb versuchte sie sich nicht mehr befreien, sondern wimmerte nur noch leise, während Shafik sie in die Kutsche trug und Anweisung gab, zum Haus von Aliah zu fahren. Shafik Efendi wollte Faridah Hanom hinlegen, konnte es jedoch nicht, weil Faridah Hanom ihr Gesicht hinter seinem Nacken verbarg, weil sie ihm nicht ins Gesicht sehen wollte. Shafik Efendi umarmte sie und legte sie auf seinen Schoß und redete ihr mit einigen Worten, in denen er sich selbst herabsetzte, gut zu, bis die Kutsche beim Haus von Aliah ankam. Dann nahm er seine Geliebte erneut auf den Arm, trug sie hoch ins Haus zu Aliah, die auf ihn wartete, und brachte sie ins Zimmer, wo er sie auf dem Bett ablegte. Faridah Hanom schob Shafik Efendi sogleich von sich, vergrub ihr Gesicht unter einem Kissen und weinte weiter. Shafik Efendi wusste nichts mehr zu sagen, als er seine Geliebte so sah. Er nahm ihren Kopf auf und legte ihn auf seinen Schoß, wobei er immer wieder verschiedene liebevolle Worte sagte, die das Herz eines jeden, der sie hörte, erweichen würden. Doch es wurde darüber Morgen, und Faridah Hanom wollte noch immer nicht in sein Gesicht sehen und auch nicht mit ihm…
sprechen. Ihm war sehr schwer ums Herz, und er wünschte zu sterben, weil die Liebe so drückend auf ihm lastete, zumal es schon Tag geworden war und er fürchtete, dass Suad bald kommen würde, um die Kleider seiner Geliebten zu bringen, und sie dann womöglich nach Hause zurückkehren und ihn verlassen würde. Deshalb konnte sich Shafik Efendi nicht mehr beherrschen und weinte bitterlich, denn er hätte gerne seine Geliebte dazu gezwungen, ihn anzusehen, fürchtete jedoch, dass dann ihr Zorn noch weiter zunehmen würde. So holte er seine Pistole aus seiner Hosentasche hervor und sagte: „Wenn Tuan Abang den Fehler nicht vergeben kann, dann töte sie ihn doch einfach, dann braucht sie sich nicht länger zu grämen.“ Dabei legte er die Pistole unter Tränen in die Hand von Faridah Hanom, wobei er sein Gesicht im Nacken von Faridah Hanom vergrub. Als Faridah Hanom die Worte von Shafik Efendi hörte, spürte, wie er die Pistole in ihre Hand legte, und außerdem hörte, wie sein Weinen zunahm, empfand sie Mitleid mit ihm, allerdings brachte sie es immer noch nicht über sich, ihr Gesicht hochzuheben. Als Shafik Efendi sah, dass seine Geliebte ihr Gesicht immer noch nicht hochheben wollte, sagte er: „Tuan, Abangs Nyawa, sein Lebensgeist, vermutlich hat Tuan kein Mitgefühl mehr mit ihm. So befreie sie ihn von diesem qualvollen Leiden, töte ihn, damit er dieses langanhaltende Elend nicht mehr ertragen muss und sie nicht fortwährend Verdruss hat. Wenn sie nicht den Mut hat, Abang zu erschießen, dann bittet Abang um die Pistole. Dann kann er sich selbst erschießen.“ Er griff nach der Pistole, die in Faridah Hanoms Hand war, um sie an sich zu nehmen. Faridah Hanom erschrak und dachte in ihrem Herzen: Wenn ich die Pistole loslasse, wird er sich bestimmt töten, denn seine Rede zusammen mit dem Weinen klingt anders als sonst. Dann warf sie die Pistole auf den Boden,…
sprang auf und umarmte Shafik Efendi, wobei sie ihren Kopf schluchzend an seine Brust lehnte. Shafik nahm ihren Kopf und küsste ihn in großer Freude darüber, dass seine Geliebte aufgesprungen war und ihn umarmte. Faridah Hanom fiel ein, dass es schon ganz hell war und sie nur ein dünnes Hemd anhatte. Sie schämte sich, schob die Brust Shafik Efendis von sich und sagte: „Wenn man sich schon schämt, mit einer Frau von solch schlechtem Betragen und Verhalten bekannt zu sein, dann bringt man sich besser um, um keine Schmach vor der Menschenmenge zu erleiden.“ Rasch stieg sie aus dem Bett und ging ins Badezimmer. Shafik Efendi war sehr froh, dass seine Geliebte wieder mit ihm redete, und wusste, dass sie deshalb ins Badezimmer ging, weil sie sich wegen der dünnen Kleidung, die sie trug, vor ihm schämte. Schnell stand er auf und ging hinaus, um zu sehen, ob schon Suad gekommen war, um die Kleidung seiner Geliebten zu bringen. Außerdem beauftragte er den Kutscher, die Kutsche zurückzubringen und am Nachmittag mit der anderen Kutsche zurückzukommen.
Was Suad betrifft, so war sie, nachdem Shafik Efendi mit Faridah Hanom auf dem Arm weggegangen war, hochgegangen und hatte zu Khatun gesagt: „Unsere Tuan ist von ihrem Geliebten in sein Haus gebracht worden. Was sollen wir tun, um ihre Situation vor den vielen Dayangs zu verbergen?“ Khatun sagte: „Am besten, Ibu verlässt ebenfalls das Haus. Wenn dann die Dayangs Beta fragen, sagt sie ihnen, dass unsere Tuan schon am frühen Morgen ausgegangen ist, um im Esbekieh-Garten spazierenzugehen, denn es ist Sommer und es gehen tatsächlich alle Menschen morgens und nachmittags in diesen Garten spazieren.“ Suad stimmte den Worten…
Khatuns zu und sagte: „Wenn es so ist, dann gib mir bitte die Kleidung unserer Herrin, damit ich sie ihr bringe, denn sie ist nur in ihrer Unterbekleidung weggebracht worden.“ Khatun holte die Kleidung von Faridah Hanom samt einem Armreif, Ohrringen und all demjenigen, was sie üblicherweise trug, heraus und übergab sie Suad. Suad packte alles ein und wartete, bis die Morgendämmerung eintrat. Dann ging sie hinaus und suchte eine Droschke. Als sie eine gefunden hatte, bestieg sie sie und fuhr zum Haus von Aliah. Als sie angekommen war, ging sie hoch und traf Shafik Efendi außerhalb des Zimmers an. Shafik forderte sie auf, hineinzugehen und ihre Herrin im Badezimmer aufzusuchen. Suad ging hinein, stellte sich an den Rand der Badezimmertür und rief, dass die Kleidung gebracht worden sei. Als Faridah Hanom die Stimme ihrer Dayang hörte, öffnete sie rasch die Tür, kam heraus ins Zimmer, öffnete das Bündel, schaute nach der Kleidung, die ihre Dayang gebracht hatte, und sah, dass es genug war, was ihr Khatun geschickt hatte. Dann sagte sie zu Suad: „Am besten, Ibu fährt wieder nach Hause und sieht dort nach dem Rechten. Wenn ein Telegramm oder Briefe von den Eltern aus Alexandrien eintreffen, möge Ibu sie schnell herbringen. Und sie soll den Dayangs dort sagen, dass Beta bei Azizah Hanom ist und sie sie zurückhält und noch nicht gehen lässt. Wenn sie aber am Nachmittag noch nicht zurückgekehrt ist, dann kommt Ibu hierher.“ Suad verabschiedete sich schnell und kehrte nach Hause zurück, um das, was ihr ihre Herrin aufgetragen hatte, auszuführen. Nachdem Suad hinausgegangen war, verschloss Faridah Hanom die Tür des Zimmers, entledigte sich ihrer Kleidung und nahm ein Bad. Nachdem sie fertig war, ging sie ins Ankleidezimmer, zog sich ihre Kleidung an, putzte sich heraus und brachte ihre Haare in Ordnung, wie es tagtäglich ihre Gewohnheit war. Dann kam sie heraus ins Schlafzimmer, zog einen Sessel heran und setzte sich alleine hin, weil sie sich scheute, hinauszugehen und mit Shafik Efendi zusammenzutreffen.
Als Shafik Efendi sah, dass Suad nach Hause gegangen war, und er schon länger auf Faridah Hanom wartete, die sich noch immer in dem Zimmer aufhielt, beauftragte er seine Amme Aliah, hineinzugehen, zu schauen, ob seine Geliebte schon fertiggebadet und sich umgezogen hatte, und ihr mitzuteilen, dass er darauf warte, zu frühstücken. Aliah ging hinein, und als sie sah, dass Faridah Hanom bereits mit ihrer Kleidung fertig war und alleine dasaß, sagte sie: „Tuan, Kakanda wartet darauf, mit ihr das Frühstück einzunehmen.“ Faridah Hanom antwortete: „Man muss auf Beta warten, denn sie möchte noch nicht essen. Meine Ibu möge gehen und ihm das Essen servieren. Man muss schon mit Beta streiten.“ Aliah lächelte und sagte: „Verehrte Tuan, folgt nicht zu sehr diesen schlechten Gedanken! Habt etwas Mitleid mit dem Kakanda! Von Anfang an erzürnt ihr ihn. Eben erst sah die Dayang ihn noch froh zum Essen bitten. Wenn Tuan nicht ins Esszimmer herauskommen will, kann die Dayang die Speisen zusammen mit dem Kakanda hierher bringen lassen.“ Faridah Hanom schwieg und sagte nichts mehr. Aliah ging hinaus und ließ die Dayangs das Essen ins Zimmer bringen. Dann sagte sie Shafik Efendi Bescheid und schickte ihn in das Zimmer, um zusammen mit Faridah Hanom zu essen.
Faridah Hanom saß derweil im Zimmer und fühlte sich nach dem Bad sehr müde. Denn sie hatte mehrere Nächte nicht geschlafen, so dass sie nicht einmal richtig sitzen konnte.
So ist es nämlich mit den Verliebten. Wenn sie voneinander entfernt und in Sorge um ihren Geliebten sind, zeigt sich der Geliebte vor ihrem innerem Auge, sie verlieren im Gedenken an ihn…
den Appetit und werden in der Sorge von der Liebe zu ihrem Geliebten weggezogen. Wenn sie dann aber miteinander zusammentreffen und jede Sorge verschwindet, dann spüren sie erst die elementaren Lebensbedürfnisse ihres Körpers. Deshalb spürte auch Faridah Hanom erst jetzt die Müdigkeit und Erschöpfung ihres Körpers, denn es verschwand gerade die Sorge, die sie diese Tage hinsichtlich ihres Geliebten geplagt hatte. Da aber ihre Müdigkeit erheblich größer war als ihr Appetit, schenkte sie der Tatsache, dass die Dayangs die Speisen hineinbrachten und anrichteten, keinerlei Beachtung. Als Shafik Efendi das Zimmer betrat, sah er seine Geliebte starr wie eine Statue aus Gold mit müdem Aussehen dasitzen. Er näherte sich ihr, setzte sich an ihre Seite und forderte sie auf zu essen. Faridah Hanom zwang sich, ein wenig zu essen, dann hatte sie aber auch schon genug. Shafik Efendi hörte gleichfalls auf zu essen und sagte: „Meine Schwester, Tuan, Abangs Nyawa, warum speist Tuan nicht? Bringt sie das übers Herz, wo Abang heute so großen Hunger hat, weil er mit seiner Schwester zusammentrifft. Plötzlich scheint Abangs Nyawa kein Mitgefühl mehr zu haben und nicht mehr mit Abang speisen zu wollen. Tuan sieht heute ganz anders aus als sonst. Wenn Tuans Verhalten immer noch so ist, dann stirbt Abang allmählich gebrochenen Herzens.“ Shafik Efendi sagte dies mit Tränen in den Augen. Da er sah, dass seine Geliebte ganz verändert aussah und mit geschlossenen Augen dasaß, dachte er, dass sie immer noch wütend auf ihn sei.
Faridah Hanom kannte die Gedanken von Shafik Efendi und hatte großes Mitleid mit ihm. Sie legte ihren Kopf auf die Brust ihres Geliebten und sagte: „Alles gut, Abang. Ich bin nur sehr, sehr müde. Deswegen habe ich keinen Appetit.“ Shafik…
Efendi freute sich ein wenig, nahm den Kopf seiner Geliebten in den Arm und betrachtete ihr Gesicht. Und er sah, dass sie tatsächlich müde aussah und ihre Augen geschlossen hatte. Er rief Aliah und forderte sie, die Speisen abzuräumen. Dann nahm er seine Geliebte und trug sie aufs Bett, wobei er ihren Kopf auf seine Brust stützte. Und während er sich selbst das Kissen unter den Kopf schob, betrachtete er ihr Gesicht und sah, dass sie eingeschlafen war. Ihre Augen waren geschlossen, ihr Mund lächelte und ihre Wangen waren rot wie Rosen, die am Morgen aufblühen. Da konnte er sich nicht mehr beherrschen und gab ihr zärtlich einen Kuss auf die Wange. Faridah Hanom erschrak, öffnete ihre Augen, schaute ihren Geliebten an und sagte: „Abang, lasst Beta auf dem Kissen schlafen, Beta ist so müde.“ Shafik Efendi lächelte und sagte: „Lasst nur, Tuan, schlaft auf Abangs Brust, denn er ist auch müde und möchte schlafen, aber begleitet von dem erquickenden Wohlgeruch der Haare seiner Nyawa.“ Faridah Hanom war nicht mehr imstande noch etwas zu sagen und schlief auf der Brust ihres Geliebten ein. Shafik Efendi nickte ebenfalls ein, wobei sein Körper auf dem Kissen ruhte. Was Aliah betrifft, so dachte sie, nachdem die Dayangs die Speisen abgeräumt hatten, bei sich, dass die beiden nichts gegessen zu haben schienen. Dann wartete sie eine Zeitlang darauf, dass die beiden herauskamen, was jedoch nicht geschah. Daraufhin ging sie zur Tür des Zimmers, sah, dass diese offen stand, und ging hinein. Sie näherte sich der Bettstatt und erblickte das Liebespaar schlafend: die Frau, die Brust ihres Geliebten zum Kissen machend, und den Mann, seinen Körper und Kopf auf das Kissen gestützt. Sie war sehr verblüfft, die beiden zusammenpassenden Idole mit funkelnden Gesichtern schlafen zu sehen, Seite an Seite. Und sie hatte viel Mitgefühl mit ihrem Herrn, der sich so beherrschte und wegen seiner großen Liebe zu Faridah Hanom so viel Leid durchmachen musste. Dann ließ sie das Moskitonetz fallen,…
ging hinaus, schloss die Tür des Zimmers und gebot den Dayangs und Dienern, nur leise zu gehen oder zu sprechen. Nachdem die Sonne bereits den Mittag durchschritten hatte, wachte Faridah Hanom erschrocken auf, öffnete ihre Augen und bemerkte, dass sie bereits seit dem frühen Morgen auf der Brust ihres Geliebten schlief und dieser ebenfalls schlief, seine Brust ihr zur Verfügung stellend. Vorsichtig stand sie auf, wobei sie zärtlich ihren schlafenden Geliebten betrachtete. Sie ging, wusch sich das Gesicht und brachte ihre Haare in Ordnung. Dann schlich sie hinaus, wobei sie sich bemühte, ihren Geliebten nicht aus seinem tiefen Schlaf zu reißen. Als sie außerhalb des Zimmers auf Aliah stieß, bat sie sie um eine Tasse Tee. Aliah brachte sofort ein paar Getränke, stellte sie vor Faridah Hanom hin und sagte: „Dass Tuan es übers Herz bringt, Kakanda allein schlafen zu lassen. Die Dayang bedauert ihn sehr, denn er hat schon mehrere Nächte nicht geschlafen. Erst als er mit Tuan zusammengetroffen ist, ist er wohl müde geworden.“ Faridah trank etwas von dem Wasser, das Aliah gebracht hatte, und sagte: „Kaum ist Beta herausgekommen und hat sich für einen Moment hier hingesetzt, schon ist Ibu böse auf sie. Ibus Tuan ist weggerannt und hat Beta in seinem Haus alleine zurückggelassen. Da war meine Ibu nicht böse auf ihn. Mit ihm hat meine Ibu Mitleid, auf Beta aber ist sie böse.“ Aliah lachte, setzte sich und küsste das Knie Faridah Hanoms. Dann sagte sie: „Verzeiht bitte, Tuan, die Dayang ist keinesfalls böse auf sie, kein bisschen. Sie hat nur Mitleid mit Kakanda, dass er diese Liebessehnsucht ertragen musste, während Tuan ihn sich überließ. Wie sollte der Kakanda auch nicht wegrennen, als er Tuan so sah. Er ist kein Engel oder alter Mann ohne Begehren. Nicht nur dem Kakanda, der ein junger Mann ist, ist es so ergangen, auch die Dayang, die eine Frau ist, war ganz verwirrt, als sie Tuan sah. Wenn Tuan nicht gekommen wäre und die Hand der Dayang darüber geführt hätte, wäre sie bestimmt auch weggerannt.“ Faridah Hanom lachte, als sie die Worte…
Aliahs hörte, stand auf, ging wieder ins Zimmer und sah dort ihren Geliebten immer noch schlafen. Sie betrachtete sein Gesicht und sah, dass er schwitzte. Daraufhin nahm sie einen Fächer, setzte sich vor ihn hin und fächerte ihm sanft zu. Sie empfand nun viel Mitleid mit ihm und bereute ihren Ärger auf ihn. Ihre Liebe kehrte zurück, und sie wünschte sich, ihn nicht mehr verlassen zu müssen. Einen Augenblick später wachte Shafik Efendi erschrocken auf, öffnete die Augen und sah, dass seine Geliebte an seiner Seite saß und ihm zufächerte. Er rappelte sich auf, schob seinen Kopf auf ihren Schoß und sagte: „Tuan, bitte kneift ein wenig Abangs Kopf. Er möchte ein bisschen Schmerz fühlen.“ Faridah Hanom legte den Fächer weg, kniff den Kopf ihres Geliebten und nahm ein Taschentuch, um den Schweiß auf seinem Gesicht abzuwischen. Shafik Efendi freute sich sehr, dass seine Geliebte wieder so war wie früher. Dann fragte er sie: „Wieviel Uhr ist es? Hat Tuan keinen Hunger, denn es ist offensichtlich schon Mittag durch?“ Faridah Hanom sagte: „Es ist schon ein Uhr. Beta hat schon etwas getrunken, das Aliah gebracht hat. Shafik Efendi stand auf, hob seine Geliebte auf seinen Schoß, umarmte und küsste sie und sagte dann: „Wenn Tuan keinen Hunger hat, lasst Abang noch ein Bad nehmen, ihm ist so heiß.“ Faridah Hanom sagte: „Gut, badet, damit ihr danach speist.“ Sie knöpfte seine Jacke auf, holte das Badetuch und hüllte es um ihren Geliebten, damit er seine Hose ausziehen konnte. Dann ging sie hinaus, schloss die Zimmertür und ging, um im Speisezimmer zu warten. Nachdem Faridah Hanom hinausgegangen war, zog Shafik Efendi Hemd und Hose aus und ging ins Badezimmer. Nachdem er…
mit dem Baden fertig war und sich angezogen hatte, ging er hinaus, um seine Geliebte zu treffen. Er traf sie im Salon beim Lesen an. Er setzte sich zu ihr und scherzte mit ihr, um ihr Herz zu erfreuen. Kurz danach kam Aliah und stellte sich hin. Sie betrachtete die beiden mit großer Freude und sah, dass sich ihr Herr mit seiner Geliebten vertragen hatte. Die beiden Schönen so harmonisch Seite an Seite sitzen zu sehen, verschlug ihr die Sprache. Und sie vergaß in diesem Zustand, dass sie den beiden mitteilen wollte, dass die Mahlzeit fertig angerichtet ist. Faridah Hanom lächelte, als sie Aliah so stehen sah, und sagte: „Was ist es, das Ibu so in Erstaunen versetzt?“ Aliah erschrak und sagte: „Subhanallah [Fn.], die Dayang hat ganz vergessen, mitzuteilen, dass die Mahlzeit fertig angerichtet ist, aus Freude darüber, die beiden Tuans zusammen sitzen zu sehen, beide gleich schön, als ob es nichts Schöneres auf dieser Welt gibt. Erst heute freut sie sich so, weil Tuan vorher auf Kakanda zornig war.“
Faridah Hanom lächelte und antwortete auf die Worte Aliahs: „Beta war auf niemanden zornig, Ibu. Sie verabscheut nur das Denken in den Köpfen der Männer, die sagen, dass sie stärker, klüger und in allerlei Dingen besser seien als wir Frauen, und deshalb uns Frauen als Wesen betrachten, die von Gott einzig und allein dafür erschaffen sind, um ihnen zu dienen. Wir Frauen haben keinerlei Rechte auf dieser Welt, sondern sollen nur dem folgen, was den Männern beliebt.“ Shafik Efendi lachte, als er die Worte seiner Geliebten hörte, stand auf und führte sie an der Hand ins Esszimmer. Dabei sagte er: „Gebt nicht den Männern…
die Schuld daran. Es ist doch Gott, der in seinem Koran die Männer über die Frauen gestellt hat.“ Faridah Hanom lächelte, setzte sich auf einen Stuhl am Esstisch und sagte: „Dieses Gerede hört Beta gerne von den gebildeten jungen Leuten dieser Zeit. Denn solches Gerede zeigt, dass das Gift des Glaubens der Vorfahren immer noch wirkt, das den Verstand und das praktische Wissen tötet, das man durch die Vernunft und wirkliche Bildung erhält. Wie soll Beta nicht so sprechen, wo es doch im Koran viele Worte gibt, in denen Gott die Anweisung gibt, die Frauen zu umsorgen, und ihren Nutzen im gesellschaftlichen Leben erwähnt, und die Anordnung unseres Propheten, kurz vor seinem Tod bei der Abschiedswallfahrt, in der er für die Rechte der Frau eintrat , nur erinnert sich keiner von den Männern daran. Nur ein, zwei Koranworte sind es, die den Vorzug der Männer erwähnen. Und man kann sagen, alle Männer, gebildet und ungebildet, groß und klein, kennen sie auswendig und geben ihnen noch ein paar andere Bedeutungen hinzu. Nach Betas Meinung hat der Niedergang von uns Muslimen, der soweit geht, dass die meisten unserer Länder von anderen Völkern beherrscht und unterjocht wurden, darin seinen Grund, dass unsere Männer das Leben der Frauen nicht respektieren und ihr Leben auch nicht nutzen, sondern nur ihre Lust befriedigen, als ob die Frauen ihr Reitpferd wären: Wenn ihnen danach ist, auf ihm zu reiten, holen sie es aus dem Stall mit genügend Ausrüstung, die von ihnen bereitgestellt wird. Und wenn sie ihre Lust befriedigt haben, stellen sie es wieder in den Stall, bringen ihm Futter und Wasser. Dort wartet es dann, bis sie wieder Lust haben, auf ihm zu reiten.“
Shafik Efendi hörte mit überaus großer Freude, was seine Geliebte an Ansichten und Wissen vorbrachte und antwortete: „Was ist denn nach dem Verständnis von Abangs Nyawa die Absicht Gottes, wenn er in seinem Koran ausspricht, dass…
die Männer über den Frauen stehen?“ Faridah Hanom sagte: „Nach Betas Verständnis ist das Höher-Stehen, das Gott meint, so zu verstehen, wie der Kopf eines Menschen über seinem Leib oder seinen Füßen und Händen steht. Das heißt, wenn auch bei unseren Körperteilen der Kopf über alle anderen Körperteile gestellt ist, ist doch der Kopf keinesfalls mächtiger als der Leib und kann auch nicht ohne den Leib leben. So ist es auch mit dem Höher-Stehen, das Gott beim Verhältnis zwischen Mann und Frau meint, denn der Mann kann nicht ohne die Frau leben. Im Koran gibt es eine klare Aussage, dass Gott den Mann eine Stufe über die Frau stellt, nämlich wa-li-r-riǧāli ʿalaihinnā daraǧatun [Fn., Q 2:228], d.h. und die Männer haben eine Stufe über ihnen, nämlich den Frauen. Dieses Höherstehen ist sehr gerecht, denn wenn die Frauen einen Mann heiraten, dann obliegt es dem Mann, die gesamten Kosten für ihren Lebensunterhalt und ihre Unterhaltung aufzubringen. Die Frau dagegen muss dafür nicht Sorge tragen. Sie muss nur darüber nachdenken, wie sie ihren Mann glücklich machen kann, und sich bemühen und nach Wegen suchen, wie sie ihn erfreuen kann, um sein Gemüt und Denken bei seinem Bestreben, die Erträge seines Lebens zu steigern, zu stärken. Da die Bestreitung des Lebensunterhalts eine Aufgabe ist, die das Denken vollständig beansprucht, hat Gott der Frau auferlegt, dem Befehl ihres Mannes zu gehorchen, der nicht im Widerspruch zum Gesetz seiner Religion steht, damit ihr Ehemann keine andere Sorge mehr hat als die Angelegenheiten, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts notwendig sind. Und dieser Gehorsam der Frau gegenüber ihrem Ehemann ist es, der den Mann eine Stufe höher stehen lässt. Er bringt aber auch die eingebildeten Männer, die rücksichtslos und geistlos sind, dazu, zu meinen, dass dieses Höher-Stehen bedeutet, dass das Oberhaupt seine Frau so besitzt, wie man einen Sklaven besitzt, der gekauft und verkauft werden kann. Indessen ist Gott sehr gerecht, wenn er die Frauen eine Stufe niedriger als die Männer gestellt hat, denn er hat ja die Frau von einigen Arbeiten, die nur dem Mann obliegen, freigestellt. Alle, die über diese Arten von Arbeit informiert sind, wissen, dass die Frauen glücklich sein können, dass sie ihnen nicht obliegen. Grundsätzlich sind wir Frauen zufrieden. Und mit Freude akzeptieren wir, dass das Urteil Gottes unsere Gruppe eine Stufe…
niedriger stellt als die Männer, weil wir völlig im Bilde sind über die Größe und Schwere der Last der Männer auf dem Feld des Lebenskampfs in dieser Welt, in dem es darum geht, die Ehre des Volkes, der Nation und des Heimatlandes zu bewahren. Aber nicht zufrieden sind wir Frauen mit dem Urteil der Männer gegenüber uns Frauen, dass wir nicht in gleicher Weise in dem gesellschaftlichen Leben von Volk, Nation und Heimatland nutzen sollen, außer als Reitpferd, Köchin und Wäscherin ihrer Kleidung. Denn wir Frauen wissen, dass wir in gleicher Weise Menschen sind wie die Männer und Gott uns einen Verstand gegeben hat, mit dem wir das gleiche Wissen erhalten können, das auch die Männer erlangt haben. Dadurch, dass wir eine Stufe unter den Männern stehen, werden wir keinesfalls davon abgehalten, uns jede Art von Wissen anzueignen. Welcher gebildete und einsichtige Mann wagt zu behaupten, dass Frauen, wenn sie gebildet sind, ihrem Volk, ihrer Nation und ihrem Heimatland nicht Nutzen bringen? Bei Gott, nur fromme alte Männer mit großem Turban, die die Bücher, die von ihren Lehrern oder ihren Vorfahren verfasst wurden und Unsinn enthalten, für etwas Heiliges halten. Das Buch Gottes und die Rede seines Gesandten ist (jedoch freizusprechen) von dem Scherbenhaufen, der darin niedergeschrieben wurde. Was soll die Absicht hinter dem Beschluss Gottes sein, uns mit einem Verstand auszustatten, der sich Kenntnisse aneignen kann, wenn uns plötzlich die Männer verbieten, sie zu studieren?“ Als Shafik Efendi diese Worte seiner Geliebten hörte, wusste er, dass sie eine von jenen Frauen war, die einen Sinn dafür hatten, für die Freiheit der Frau zu kämpfen. Deshalb freute er sich und wollte erfahren, wie weit dieses Wissen und Streben ging. So fragte er, während er sie mit einem Stückchen Fleisch fütterte und ihre Wange küsste: „Was meint denn Abangs Nyawa, wie sich die Männer gegenüber den Frauen verhalten sollten?“
Faridah Hanom lachte und sagte: „Beta wundert sich, diese Frage von Abang zu hören, denn die gleiche Frage stellten auch die alten Männer früherer Zeiten, die nicht die Wohltat der Bildung und das Vorbild der Moral des Lebens dieser Zeit genießen durften. Wenn so auch die Auffassungen und Denkweisen der jungen Männer sind, die eine hohe Schulbildung erhalten haben, auf der die Hoffnung von Volk, Nation und Heimatland ruht und die sie aus der Fallgrube herausführt, die die Wächter der Religion dieser Zeit aufgestellt haben, dann müssen wir alle Hoffnung fahren lassen, Fortschritt zu erlangen und selbst über unser Heimatland zu regieren. Sind nicht die Engländer jetzt eingetreten, um unser Land zu regieren, aufgrund unserer Dummheit, weil wir nicht zu regieren verstehen? Nicht etwa weil sie mehr natürliche Anlagen haben als wir, vier Augen, vier Ohren,…
zehn oder zwölf Füße und Hände, nein, nur weil sie gebildeter und wissender sind als wir, verstehen sie, wie man ein Land regiert und die Sicherheit gewährleistet, die die Länder zu Wohlstand gelangen lässt. Und aufgrund dieser Klugheit von ihnen ist es angemessen geworden, dass sie regieren und die Regierung dieses Landes erben, sowie es Gott in seinem Koran [Fn., Q 21:105] verheißt. Kein vernünftiger Mensch, der eine ordentliche Bildung hat, kann sagen, dass die Tätigkeit der Engländer falsch ist, denn es liegt wirklich in der Natur dieser Welt, dass dumme Menschen von klugen Menschen regiert und schwache Menschen von starken Menschen beherrscht werden. Allerdings sollte man auch die Gründe untersuchen, weswegen die Engländer so viel klüger und stärker sind als wir. Wenn man das nämlich tut, das heißt, wenn man die Ursachen des Fortschritts der Engländer und die Ursachen des Niedergangs unseres Volks untersucht, dann erkennt man ganz gewiss, dass der Hauptgrund dafür ist, dass das ganze englische Volk, Männer und Frauen, gemeinsam darauf hinarbeitet, seine Kinder groß zu machen, so dass sie ein angenehmes Auftreten haben, ihr Volk, ihre Nation und ihr Heimatland lieben, und Vergnügen daran haben, sich Wissen anzueignen, das für den Fortschritt und die Größe ihres Volkes und ihrer Nation nützlich ist. Bei uns dagegen wird durch die Dummheit und Arroganz der Männer die Gesellschaft in zwei Teile aufgeteilt, indem man die Gruppe der Frauen ausschließt. Den Frauen erlauben sie nämlich nicht, sich an dem gemeinsamen Streben für den Fortschritt des Volkes zu beteiligen. Vielmehr werden sie von den Männern gezwungen, immerzu nur in der Eigenschaft als ihr Reitpferd zu verbleiben, zu warten und sich mit allen Accessoires zu schmücken, die ihren Reiter erfreuen. Ist nicht die Anzahl der Frauen in jedem Volk üblicherweise höher als die der Männer? Und wenn ein Volk zum Beispiel aus 10.000 Menschen besteht, wäre es nicht äußerst dumm, ja geradezu sündhaft, wenn es nur 3.000 Menschen dazu delegieren würde, zum Wohl der ganzen Gesellschaft zu arbeiten, während es umgekehrt 7.000 Menschen verbieten würde, in diese Arena der Arbeit einzutreten? So groß ist nämlich die Anzahl der Frauen.
Grundsätzlich besagen die Wissenschaft und die übereinstimmenden realen Erfahrungen aller Nationen auf dieser Welt, dass Frauen das wichtigste Mittel für den Fortschritt der Völker und Nationen sind. Und bei einigen Projekten, die das Ansehen eines Volks in der Welt vergrößern und heben können, sind die Frauen von nicht geringerem Nutzen als die Männer.
Sind nicht die Frauen Mütter der Männer, die für sie sorgen von dem Augenblick an, wo sie aus ihrem Bauch herauskommen, bis zu der Zeit, wo sie für sich selbst sorgen können? Und sind nicht die Frauen die Lehrer der Männer, die sie unterrichten von dem Zeitpunkt an, wo sie Gebärden zu verstehen beginnen, bis zu der Zeit, wo sie flüssig sprechen und ihre Gelenke stark genug sind, so dass sie die Anstrengung ertragen können, jeden Tag zur Schule zu gehen? Wenn wir wissen, dass Herz und Denken der kleinen Kinder völlig weiß und rein sind und alles, was dort eingezeichnet wird, dauerhaft bis zu ihrem Tod bestehen bleibt, dann wissen wir auch, dass wirklich ihre Mütter, die sie Tag und Nacht umarmen, viel mehr Macht haben als alle Lehrer dieser Welt. Sie können in das reine Herz und Denken ihrer Kinder alle Prinzipien einzeichnen, die für Männer gefordert sind, die ihr Leben zum Wohle ihres Volkes, ihrer Nation und ihres Heimatlandes einsetzen können. Alle Prinzipien nämlich, die diese Kinder erfreuen und fleißig machen, fordern ihre Vervollkommnung in einem jeden von diesen Wissenszweigen später in der Zeit, wenn sie in der Schule sind. Wie kann unser Volk, unsere Nation diese Arbeit, die von größtem Nutzen für das Leben der Gesellschaft ist, vollbringen…
und bekommen, solange die Mütter unserer Kinder und unsere Frauen unwissend und dumm sind und keine Wissenschaft kennen außer für ihre Ehemänner zu kochen und ihre Kleidung zu waschen, und die Wissenschaft, sich mit dem herauszuputzen, was die Lust ihrer Ehemänner erregt, sie zum Schlafen einzuladen? Das Streben nach Wissen, das für die Aufzucht der Kinder von Nutzen ist, haben die Männer dagegen den Frauen verboten. Sie haben gleichsam den Ausspruch unseres Propheten „Das Streben nach Wissen ist eine Pflicht sowohl für die Männer als auch für die Frauen“ [Fn.] bei der Frau auf das, was ihnen angenehm ist, beschränkt, nämlich auf das Wissen, wie man mit dem Mann schläft und Essen kocht, das seinen Mund erfreut und seinen Bauch sättigt. Dabei profitieren sie doch von jedem Wissen, das ihnen dabei hilft, Volk, Nation und Heimatland groß zu machen und voranzubringen.
Bei Gott dem Allmächtigen, niemand möge hoffen oder denken, dass es auf dieser Welt ein Volk oder eine Nation gibt, die frei leben und friedlich ihr Land zu regieren verstehen, wenn die Landeskinder nicht jede Art von Bildung bekommen. Und es ist auch ganz und gar undenkbar, dass die Landeskinder alle Gefühlsbildung bekommen, die Volk, Nation und Heimatland Nutzen bringt, wenn ihre Mütter oder ihre Frauen keine Bildung besitzen. Den Frauen Bildung vorzuenthalten, ist grundsätzlich eine überaus große Sünde für das Volk, die Nation und das Land, die bei der endzeitlichen Versammlung vor Gott geprüft werden. Ihnen wird dann mit dem Gefängnis des Höllenfeuers vergolten, dass sie die Frauen in dieser Welt am Herdfeuer ihrer Küche eingesperrt haben.“ Faridah Hanom sagte das, wobei es aus ihr hervorsprudelte wie aus einem Quell, der nicht aufzuhalten war, ihr Gesicht glutrot war vor Erregung und ihr die Tränen herunterrannen, weil sie daran dachte, dass ihr Volk, ihre Nation und ihr Heimatland unter die Herrschaft einer anderen Nation geraten waren,…
wegen der Dummheit ihrer großen Männer und Religionsführer, die sich von den Worten Gottes und seines Gesandten gelöst hatten, um sich an Menschenworte zu halten, die nicht von Gott als Offenbarung und Pflicht herabgesandt waren, was den Ruin der Muslime in ihrer Religion und ihren weltlichen Angelegenheiten herbeigeführt hatte. Shafik Efendi traute sich nicht, noch länger zuzuhören, weil er fürchtete, dass ihr Zorn noch weiter zunehmen würde und antwortete rasch: „Abangs Nyawa, all das, was Tuan sagt, ist sehr wahr und dem Denken der jungen Leute dieser Zeit, die gebildet sind, nicht verborgen, aber was können diese jungen Leute tun, wenn die alten Männer und die führenden Köpfe der Regierung des Landes starr an der alten Ordnung festhalten, der Ordnung der Vorfahren, die auch von den Gelehrten getragen und gestützt wird, den Religionsführern, die die Wissenschaft der Religion zu einem Mittel machen, das sie diesen großen Männern näherbringt, während die große Menge im Lande auf sie hört und ihnen folgt, weil sie glauben, dass dies das wirkliche Wort der Religion ist? Da aber unser jetziger König noch sehr jung ist und eine hohe Bildung besitzt, ist die Hoffnung von uns jungen Männern groß, dass wir eine Änderung der alten Gewohnheiten hin zu einem neuen, zeitgemäßen Leben erreichen.“
Faridah Hanom antwortete: „Wir Frauen hegen keinerlei Hoffnung darauf, dass die Männer uns dabei helfen werden, uns aus dem schmutzigen Loch zu befreien, an dem sie selbst Freude haben. Vielmehr streben wir danach, unsere Rechte selbst bei der königlichen Regierung und den einsichtigen Gelehrten, die ein Bewusstsein für wahre Humanität besitzen, einzufordern, was auch immer uns daran hindern möge, denn das ständige Leben in Versklavung kann von der Leidenschaft eines freien Menschen nicht länger akzeptiert werden. Denn wir glauben, dass unser Wunsch und Ersuchen uns nicht davon abhalten wird, unsere Pflichten gegenüber unseren Ehegatten zu erfüllen. Sie wird vielmehr noch die Schönheit vergrößern,…
so wie es von der wahren Religion des Islams gefordert wird.“ Dann wandte sich Faridah Hanom Aliah zu und sagte: „Vielleicht wundert sich Ibu über Betas Worte, weil sie es für unpassend hält, dass eine junge Frau, die noch nicht die Welt kennt, so spricht wie ein erfahrener alter Mann. Ibu möge Beta verzeihen, es liegt daran, dass sie von ihren Eltern so erzogen wurde, dass sie umfassende Kenntnisse über Wesen und Wohl der Menschheit erhalten hat. Deswegen prüft und untersucht sie alles, was sie in dieser Welt glauben und erhalten soll. Dabei kommt sie zu dem Schluss, dass ihr Dasein keinesfalls von Männern getrennt werden kann. Allerdings ist sie auch keinesfalls damit einverstanden, dass ihr Dasein zum Diener von Männern wird, wie es der Brauch der Alten ist. Deswegen spricht sie heute deutlich aus, damit es der hören kann, dem sie versprochen hat, sich mit ihm im Erlaubten und mit Zustimmung ihrer Eltern zu vereinen, dass ihr Wunsch bei der Vereinigung mit ihm ist, dass es eine Partnerschaft des Zusammenlebens in Glück und Unglück wird, die ihr Recht als eine freie Frau wahrt, die Empfindungen hat wie die Volksmenge, wenn nicht mehr als die Männer, die eine hohe Bildung besitzen, dann auf keinen Fall weniger als sie. Deswegen möge es ihm auf keinen Fall einfallen, ihre Freiheit im Dienste ihres Volkes, ihrer Nation und ihres Heimatlandes einzuschränken, solange sie äußerlich und innerlich die Pflichten erfüllt, die ihr ihm gegenüber obliegen.“
Shafik Efendi lachte und antwortete seiner Geliebten: „Tuan möge sich keine falschen Vorstellungen von den gebildeten jungen Männern dieser Zeit machen. In Wirklichkeit…
haben sie sehr viel über für den Gedanken, Pläne zu entwickeln, um den Frauen Bildung zu gewähren, denn wir sind ganz sicher, dass es für jedes Volk und jede Nation unmöglich ist, voranzukommen und sich der vollen Freiheit zu erfreuen, wenn die Frauen keine Bildung besitzen, die dazu geeignet ist, die Kinder zu erziehen und in ihren Herzen von klein auf eine ehrliche Empfindung einzupflanzen. Nur was können diese jungen Männer tun, denn die alten Männer und Gelehrten halten immer noch an der alten Gewohnheit fest, blockieren sie und widersetzen sich ihrem Wunsch. Deshalb sieht Tuan jetzt viele gebildete junge Männer, die sich aufmachen, eine Europäerin zu heiraten, weil sie wünschen, dass die Mutter ihrer Kinder eine Bildung besitzt, mit der sie ihre Kinder von Klein auf erziehen und unterrichten können, bevor sie zur Schule gehen können. Auch Abang hätte fast zu denjenigen gehört, die sich eine ausländische Ehefrau gesucht haben, wenn er nicht mit Tuan zusammengetroffen wäre. Von daher stimmt Abang mit jedem Wort, das Tuan soeben gesagt hat, überein. Er verspricht auch, Tuan von heute an 5.000 Pfund zur Verfügung zu stellen, damit ihr damit die Frauenbildung organisiert.“
Faridah Hanom antwortete: „Noch ist die Zeit nicht gekommen, in der bei dieser Angelegenheit Geld von Nutzen ist, denn was soll es nützen, wenn die Mehrheit des Volkes noch nicht den Nutzen von Frauenbildung verstanden hat. Was in dieser Zeit nötig ist, sind lediglich Bemühungen, Bewusstsein in die Herzen unserer Leute zu bringen, und zwar das Bewusstsein der vernunftgegabten Menschheit, die jede Erscheinung Gottes in dieser Welt mit dem Wissen um ihren von Gott bezweckten Nutzen für die Menschen betrachtet, den Nutzen für den Wohlstand jeden Volkes und jeder Nation, insbesondere der Muslime, die sich bereits zur Einzigkeit Gottes bekennen. Durch diese Betrachtung erkennen sie, dass ein vollkommenes Leben nicht erreicht werden kann, wenn unseren Frauen keine Bildung gewährt wird. Dieses Bewusstsein schafft man man nicht mit Geld, sondern mit einer Stimme, die wiederholt und mit einer gewissen Regelmäßigkeit…
in ihre Ohren dringt, ohne der Rede der engstirnigen Menschen Beachtung zu schenken, die die Begierde vergöttern und sich anstelle des Propheten Muhammad Gelehrte zu geistlichen Oberhäuptern genommen haben, von denen sie sagen, dass sie die Erben des Propheten [Fn.] seien. Bis jetzt hört Abang dagegen nur wenige Stimmen von Frauen in den Zeitungen dieses Landes.“
Shafik Efendi konnte sich kaum beherrschen, als er all die ambitionierten Gedanken seiner Geliebten hörte. Er machte Aliah Zeichen, dass sie die Speisen abräumen sollte, nahm seine Geliebte an der Hand und führte sie nach draußen, wo sie auf dem Sofa Platz nahmen. Er nahm sie in den Arm und sagte: „Abangs Nyawa, unser Denken und Fühlen sind eins. Es ist also nicht umsonst, dass Abang die Mühsal und Qual der Liebe zu seiner Nyawa so lange erträgt. Denn es steht immer schon in seinem Herzen fest, dass das Leben eines Menschen dann, wenn er das Bewusstsein, das er in sich entdecken muss, nicht hat, dem Leben von Tieren gleicht, die kein Denken haben, sondern nur fressen, konsumieren und sich vergnügen. Da die Menschen von Gott so erschaffen wurden, dass sie mit anderen zusammenleben und sich gegenseitig helfen, gehen sie gewiss zugrunde, wenn sie sich nicht darum bemühen, die Natur dieses Wesens zu stärken. Deshalb werden die Menschen, die dem Islam angehören, an vielen Stellen im Koran dazu aufgefordert, sich zu beraten und einander zu helfen, denn die Beratung [Fn.] und die gegenseitige Hilfe sind die Nyawa des Lebens.
O Nyawa von Abangs Körper, wann ist wohl von Gott bestimmt, dass wir beide im Erlaubten zusammenkommen, damit wir frei sind, offen zu handeln, was gewiss unserem Volk und unserer Nation zugutekommt?“
Faridah Hanom hob ihren Kopf und lächelte, als sie die Worte ihres Geliebten hörte, und sagte: „Wie soll Beta das wissen, Abang? Sie ist eine Frau. Wenn sie ein Mann wäre, wüsste sie Abangs Frage zu beantworten.“ Dann stand sie auf, ging ins Zimmer, wusch sich das Gesicht, brachte ihre Haare und Kleidung in Ordnung, um auf diese Weise die unangenehmen Gedanken zu vertreiben, die ihr Herz belasteten. Während sie damit beschäftigt war, traf Suad ein, um ihr Bericht zu erstatten. Als Faridah Hanom ihre Stimme hörte, trat sie heraus und fragte sie, ob schon ein Brief von ihren Eltern in Alexandria eingetroffen war. Suad verneinte. Dann setzte sich Faridah Hanom zu Shafik Efendi, während Aliah Getränke und Früchte servierte, denn es war schon später Nachmittag geworden. Die beiden aßen etwas, wobei sie Scherze machten, an denen sich auch die Dayangs Aliah und Suad beteiligten. Nach einer Weile sagte Shafik Efendi: „Möchte Abangs Nyawa an diesem Nachmittag ausfahren? Wir könnten bei der Gezirah vorbeifahren und uns das Pferderennen anschauen, denn heute ist das Finale des Wettkampfs um den Pokal unseres Königs, des Chediven ʿAbbās Hilmī [Fn.].“ Faridah Hanom antwortete: „Beta schließt sich dem an, was Abang gerne tut.“ Shafik Efendi wiederum sagte: „Wenn Tuan fahren mag, dann ist es besser, sie zieht sich um. Dann hat sie noch Gelegenheit, im Hellen zwei, drei Rennen zu sehen.“ Faridah Hanom ging ins Zimmer, zog sich um, rief dann Suad und forderte sie auf, die Kleidung, die sie ausgezogen hatte, zurückzubringen und dann am gewohnten Ort auf sie zu warten, damit sie zusammen nach Hause fahren konnten. Nachdem sich Faridah Hanom umgezogen hatte, ging Shafik Efendi in das Zimmer, wechselte die Kleidung und zog sich etwas an, das seiner Geliebten gefiel. Als das Liebespaar fertig war, ging es Hand in Hand hinunter und bestieg die Kutsche, die schon vor der Tür wartete. Shafik Efendi gab…
dem Kutscher Anweisung, zur Jazirah zu fahren und nach einem freien Platz an der Pferderennbahn zu suchen, wo er die Pferde abstellen konnte. Der Kutscher ließ die Pferde laufen, bis sie an einem freien Platz in dem Gedränge der Kutschen zum Stehen kam. Da sah Shafik Efendi, dass es schon Abend geworden war, und er gab dem Kutscher Order, nach Hause zu fahren. Als sie den gewohnten Platz erreicht hatten, stieg er aus und gab dem Kutscher wie gewohnt Anweisung, seine Geliebte nach Hause zu fahren. Danach kehrte er zurück, nahm Shafik Efendi auf und brachte ihn nach Hause zurück.
Immer wieder traf sich das Liebespaar, um miteinander zu kosen, manchmal im Hause Aliahs und manchmal in der Nacht im Garten von Faridah Hanoms Haus. Nicht lange danach kamen Kasim Bey, seine Frau und sein Sohn Muhammad Efendi zurück, weil sie sich Sorgen um Faridah Hanom machten, die alleine krank zurückgeblieben war. Nach der Rückkehr ihrer Eltern musste Faridah Hanom an die Eltern von Shafik Efendi denken, ob sie wohl auch schon zurückgekehrt waren, so dass Shafik Efendi sie darüber unterrichten konnte, dass er um ihre Hand anhalten wollte, {2. Aufl. Abb 4 Shafik Efendi mit Erklärung} bevor ihre Eltern den Antrag ihres Cousins Badruddin annahmen. Deshalb fuhr sie, als Shafik Efendi sie zwei, drei Tage nicht in ihrem Garten besuchen kam, zum Haus von Aliah hinaus, um ihn dort zu treffen.