Hikayat Faridah Hanom 9 - Übersetzung
Am nächsten Morgen um acht Uhr hörte Faridah Hanom geschäftiges Treiben im Haus, Menschen, die hinausgingen und hereinkamen. Sie stand auf, um aus ihrem Zimmer zu laufen und zu fragen, was das für ein Lärm war. Da stand plötzlich ihre Dayang im Zimmer, niedergeschlagen und mit veränderter Gesichtsfarbe und rief zu Faridah Hanom: „Tuan“. Faridah Hanom antwortete: „Was ist, Ibu? Was ist der Lärm, den Beta hört?“ Suad sagte: „Nichts, Tuan. Der Vater von Tuans Cousin Badruddin ist zusammen mit seiner Frau aus Alexandria gekommen.“ Faridah Hanom sagte: „Jetzt wird es noch schlimmer, Ibu. Beta ist nahe dran, verrückt zu werden. Oder sie muss das Haus verlassen, um Badruddins Anblick und seiner Schlechtigkeit zu entkommen.“ Suad sagte: „Was Tuan noch größere Sorge bereiten wird: Die Dayang hat gehört, dass Badruddins Eltern gekommen sind, um wohl für ihn um Tuans Hand anzuhalten.“ Faridah Hanom antwortete: „Das darf nicht von Gott so vorherbestimmt sein, sonst nimmt Beta Gift und tötet sich, Ibu.“ Die Dayang sagte: „Nicht doch, das ist nicht gut. Überlasst diese Angelegenheit Gott, gepriesen sei Er und erhaben, denn Er ist es, der Tuan am besten zu schützen vermag und ihre Wünsche erfüllt.“
Faridah Hanom hob den Kopf zum Himmel und sprach: „Deine Dienerin vertraut ihre Angelegenheit Dir an, o Gott. So hilf mir und rette mich vor allem, was hässlich ist.“
Während Faridah sich in dieser Pose befand, trat ihre Mutter in ihr Zimmer sagte: „Guten Morgen, mein Kind.“ Faridah Hanom erwiderte die Worte ihrer Mutter mit den Worten: „Grüß Euch Gott, meine Mutter“, stand auf, ging ihrer Mutter entgegen und küsste ihre Hand. Ihre Mutter umarmte sie, küsste sie auf die Wange, wies sie an, sich zu setzen und sagte: „Zieht Euch rasch an, Tuan und lasst uns die Eltern von Tuans Cousin willkommen heißen, die gerade aus Alexandria eingetroffen sind.“ Faridah Hanom antwortete: „Gut, Anakanda wird sich jetzt auch bereitmachen, Mutter.“
Faridah stand auf, zog sich ihre Kleidung an, die ihre Schönheit noch vergrößerte, und ging zusammen mit ihrer Mutter hinunter in den Salon, wo ihr Vater und die anderen zusammensaßen. Der Vater ihres Cousins saß neben ihrem Vater, und an einem anderen Tisch Muhammad Efendi und Badruddin mit dessen Mutter. Als Faridah Hanom hinzutrat und den Vater ihres Cousins begrüßte, grüßte dieser zurück, wobei er über die Schönheit Faridah Hanoms verblüfft war. Lachend nahm er den Kopf seiner Nichte entgegen und küsste ihn. Badruddin betrachtete sie aus den Augenwinkeln, kniff in die Hand seiner Mutter und flüsterte ihr ins Ohr: „Mutter, schaut Euch diese Schönheit an, die die Herzen der Menschen in extremer Weise auf sich zieht. Und beobachtet sie, o Mutter, denn Anakanda hat in dieser Zeit eine äußerst schöne Frau entdeckt.“ Er wollte noch mehr zu seiner Mutter sagen, hatte jedoch dazu keine Gelegenheit mehr, weil Faridah Hanom schon nähergekommen war, um die Hand seiner Mutter zu küssen.
Als Faridah Hanom nämlich die Begrüßung des Vaters ihres Cousins abgeschlossen hatte, ging sie zu seiner Frau weiter. Diese erhob sich, um Faridah Hanom zu umarmen und zu küssen, was sie mit großer Freude tat, weil sie ihre Schönheit sah. Faridah Hanom erblickte unterdessen Badruddin, der sie mit weit aufgerissenen Augen so betrachtete, als ob er sie verschlingen wollte. So zog sich Faridah Hanom rasch wieder von dort zurück, denn sie wollte Badruddins Gesicht nicht sehen.
Als Faridah Hanom hinausgegangen war, wiederholte Badruddin seine Worte zu seiner Mutter und sagte: „O meine Mutter, zwar hat Anakanda gesehen, das Faridah Hanom nicht höflich mit ihm gesprochen hat, aber Anakanda hofft, dass sie durch die Geschicklichkeit und Erziehung der Mutter auf lange Sicht in Übereinstimmung mit ihm gebracht wird. Deswegen hofft Anakanda, dass die Mutter mit ihm bei ihren Eltern heute um ihre Hand anhält. Und bitte teilt das auch dem Vater mit und kommt mit ihm überein, denn Anakanda mag niemanden anders als Ehefrau haben als Faridah Hanom.“ Die Mutter stand auf, suchte ihren Ehemann auf, setzte sich an seine Seite und flüsterte ihm zu, was er gesagt und an Wünschen vorgetragen hatte. Sie sagte: „Hat Kakanda die Schönheit seiner Nichte Faridah Hanom gesehen?“ Er antwortete: „Ja, das Mädchen (budak) ist wirklich schön.“ Seine Frau antwortete: „Anakanda Badruddin wünscht, dass wir für ihn um ihre Hand anhalten. Ist Kakanda damit einverstanden, dass wir seinen Bruder, so wie er es wünscht, darauf ansprechen?“
Kasim Bey verstand, was sein Bruder und seine Frau sich zuflüsterten und fragte seinen Bruder: „Was flüstern der Tuan und seine Frau sich zu?“ Sein Bruder antwortete: „Diese Adinda hat Adinda geboten, er möge für Anakanda Badruddin bei Kakanda um die Hand von Anakanda Faridah Hanom anhalten.“ Ohne nachzudenken und sich weiter zu beraten [Fn.], sagte Kasim Bey: „Ist das eine Sache, über die man flüstern muss? Unsere Faridah ist natürlich für Badruddin und Euer Badruddin ist für Faridah.“ Als Badruddin die Worte des Vaters seiner Cousine hörte, tanzte sein Herz vor Freude, und er sprang auf und küsste die Hand seines Onkels. Dann küsste er die Hand seines Vaters, dankte ihm inniglich, dass er ihm seinen Wunsch erfüllt hatte, und lief vor übergroßer Freude aus dem Haus hinaus auf die Hauptstraße und vertrat sich die Füße, ohne eine bestimmte Richtung einzuschlagen.
Muhammad Efendi war überhaupt nicht erfreut, als er hörte, was sich da zutrug, aber er traute sich nicht, etwas zu sagen, weil er sich vor seinem Vater fürchtete. Er ging hinaus und suchte seine Schwester Faridah Hanom auf, die in ihrem Zimmer auf einem Stuhl am Fenster saß. Als Faridah Hanom ihren Bruder kommen hörte, stand sie auf und kam ihm lächelnd entgegen, denn sie freute sich, sein Gesicht zu sehen. Muhammad Efendi empfand großes Mitgefühl, als er seine Schwester so sah, und sagte: „Weiß Tuan, warum unser Onkel und seine Frau hierhergekommen sind?“ Faridah Hanom wurde blass, als sie die Frage ihres Bruders hörte, weil sie spürte, dass hinter der Frage eine wichtige Nachricht stand. Sie antwortete: „Nein, Adinda weiß nicht,…
was sie vorhaben, Kakanda.“ Muhammad Efendi sagte: „Die beiden sind gekommen, um bei Vater für ihren Sohn Badruddin um Tuans Hand anzuhalten.“ Faridah Hanom sank vor Schreck auf ihren Stuhl, als sie diese Worte hörte, und sagte: „Um meine Hand anzuhalten? Warum? Das geht ganz und gar nicht. Was hat Vater geantwortet?“ Muhammad Efendi hatte großes Mitgefühl, seine Schwester so zu sehen und sagte: „Vater scheint einverstanden zu sein, aber es steht noch nichts fest.“ Dann verließ er rasch das Zimmer seiner Schwester, weil er sie in diesem Zustand nicht sehen wollte. Er konnte sich in die Sache aber auch nicht einmischen, weil die Natur seines Vaters so war, dass man sich seinen Wünschen nicht entgegenstellen konnte.
Als Muhammad Efendi hinausgegangen war, stand Faridah Hanom von dem Stuhl, auf den sie hingesunken war, auf, und warf sich aufs Bett wie jemand, der von starkem Fieber ergriffen ist, und gab einige wirre Worte von sich, die keinen Sinn ergaben. Dann verstummte sie mit einem tiefen Seufzer in Niedergeschlagenheit. Wie eine Tote lag sie flach und regungslos einige Zeit auf dem Bett. Dann stand sie auf, begab sich an den Ort ihrer Toilette gegenüber dem Bürstentisch, nahm einen Füllfederhalter und schrieb mit zitternder Hand den folgenden Brief:
Mein einziger Geliebter Shafik,
es ist eine ganz und gar unerwartete Situation eingetreten. Vor fünf Tagen ist ein Cousin namens Badruddin Efendi in Adindas Haus gekommen. Er hat dauernd Dinge zu Adinda gesagt, die zeigen, dass er in Adinda verliebt ist. Adinda ist immer vor ihm geflüchtet. Heute morgen sind auch seine Eltern…
aus Alexandria hierher gekommen. Adindas Bruder Muhammad Efendi hat ihr mitgeteilt, dass seine Eltern schon mit ihren Eltern gesprochen haben, um Adinda mit ihrem Kind zu verheiraten.
Adinda hasst ihn ganz und gar und will auf keinen Fall seine Frau werden, was auch immer kommen möge. Kakanda wird gebeten, in dieser Situation etwas Angemessenes zu tun. Und wenn er kann, bittet er seine Eltern, um Adindas Hand anzuhalten. Adinda ist am Überlegen, was in dieser Situation getan werden kann. Kakanda möge ein wenig über die Sache nachdenken und sich nicht weiter vor seinen Eltern schämen wie unverständige Jungfrauen, die noch nichts verstehen.
Mit Hochachtung von jemandem, der rein in seiner Liebe ist.
Faridah
Faridah Hanom schrieb diesen Brief in aufgewühlter und wogender Stimmung, die hochgepeitscht wurde durch ihre leidenschaftliche Liebe zu Shafik Efendi und ihren Hass auf Badruddin Efendi. Als sie den Brief zu Ende geschrieben hatte, legte sie den Füllfederhalter weg. Einen Augenblick lang vertiefte sie sich in Gedanken an ihren Geliebten, so als ob sie in ihrem Inneren mit ihm sprechen würde. Während Faridah Hanom in solche Phantasien vertieft war, kam Badruddin Efendi vor die Tür ihres Zimmers. Faridah Hanom hörte seine Schritte erst, als er schon bei ihrer Zimmertür angekommen war. Badruddin, der ihre Zimmertür verschlossen vorfand und sah, dass sie von innen abgeschlossen war, schaute durch das Schlüsselloch und sah Faridah Hanom im Sitzen etwas schreiben. Da wurde Badruddin misstrauisch und eifersüchtig und er klopfte leise an die Zimmertür. Faridah Hanom stand von ihrem Tisch auf,…
wobei sie den Brief darauf liegen ließ, und öffnete die Tür, weil sie nicht erwartete, dass derjenige, der da klopfte, Badruddin Efendi sein würde. Als die Tür offen war und sie sah, dass es Badruddin Efendi war, stieg ihr die Zornesröte ins Gesicht und sie rief: „Was hast Du hier zu suchen? Und was fällt Dir ein, an meiner Zimmertür zu klopfen? Was hast Du mit mir zu schaffen?“ Während sie zornig auf Badruddin einredete, sah sie, dass die Augen Badruddins den Brief auf ihrem Tisch fixierten. Sie wusste, warum sich Badruddin dafür interessierte, ergriff schnell den Brief und steckte ihn in ihr Kleid.
Als Badruddin die Wut Faridah Hanoms sah und wahrnahm, wie sie den Brief nahm und in ihr Kleid steckte, schüttelte er den Kopf, verließ er das Zimmer und entfernte sich mit langsamen Schritten. Faridah Hanom blieb ungefähr eine halbe Stunde wie angewurzelt an dem Ort stehen, dann kam sie wieder zu Besinnung und rief ihre Dayang Suad, händigte ihr den Brief für Shafik Efendi aus und trug ihr auf, ihn rasch zu ihrem Geliebten zu bringen.
Suad nahm den Brief, zog sich an und lief schnurstracks zu Shafik Efendis Haus. Da Shafik Efendi jedoch nicht daheim war, bestieg sie eine Droschke und und fuhr zum Haus von Aliah. Dort traf sie Shafik Efendi an, der sehnsüchtig darauf wartete, dass seine Geliebte käme. Als sie ihn erblickte, begrüßte sie ihn, und Shafik Efendi beantwortete ihren Gruß mit großer Freude und fragte dann mit Worten, die seine große Liebessehnsucht verrieten, nach seiner Geliebten. Suad…
unterrichtete ihn über die Not Faridah Hanoms, die Ankunft ihres Onkels und händigte ihm den Brief Faridah Hanoms aus.
Als Shafik Efendi den Brief seiner Geliebten las, zitterte er am ganzen Körper, gab Anweisung, das Fahrgeld für die Droschke zu bezahlen, mit der Suad gekommen war, und lud sie ein, Platz zu nehmen, um sie über die Situation seiner Geliebten zu befragen. Suad erzählte ihm alles, was in der Zwischenzeit passiert war.
Shafik Efendi fühlte sich krank im Herzen und belastet mit unbeschreiblicher Betrübnis. Dann stand er wie jemand, der den Verstand verloren hat, auf und forderte Suad auf, mit einer Droschke nach Hause zurückzukehren. Als er die Haustür erreicht hatte, ging er hinunter, bezahlte das Fahrgeld der Kutsche, gab dem Kutscher die Anweisung, Suad zum Haus von Kasim Bey zu bringen, und trug Suad auf, Faridah Hanom mitzuteilen, dass er zusammen mit seinen Eltern kommen werde, um um ihre Hand anzuhalten. Er werde seine Eltern, die am Abend zuvor gerade erst aus Alexandria zurückgekehrt seien, bitten, falls irgendwie möglich, schon am Abend ihre Eltern zu besuchen und mit ihnen zusammenzutreffen. Er habe große Hoffnung, dass ihre Eltern die Bitte seines Vaters nicht ablehnen würden, da die beiden schon eng miteinander befreundet seien. Dann fuhr die Droschke los und brachte Suad zum Hause Kasim Beys. Suad stieg aus, ging zu ihrer Tuan Faridah Hanom und teilte ihr alles mit, was Shafik Efendi gesagt hatte, auch dass er am Abend zusammen mit seinen Eltern kommen würde, um um ihre Hand anzuhalten. Faridah Hanom freute sich ein wenig, sprach Gott ihren Dank aus und lobpreiste ihn.