Kurs:Bündel, Garben und Kohomologie (Osnabrück 2019-2020)/Vorlesung 24



Abelsche Kategorien

Das Konzept einer abelschen Kategorie wird abstrakt durch eine Liste von Axiomen beschrieben, die wir in einem Anhang zusammengestellt haben. Für uns sind die folgenden vier Hauptbeispiele wichtig.


    • Die Kategorie der -

    Moduln über einem kommutativen Ring mit den - Modulhomomorphismen.

    • Die Kategorie der Garben von kommutativen Gruppen über einem topologischen Raum mit den Garbenhomomorphismen.
    • Die Kategorie der -

    Moduln auf einem beringten Raum mit den - Modulhomomorphismen.

    In diesen Kategorien ist jeweils klar, was kurze exakte Sequenzen bzw. die Exaktheit von Komplexen bedeutet. Ferner kann man in diesen Kategorien jedes Objekt in ein injektives Objekt der Kategorie einbetten und somit auch injektive Auflösungen konstruieren, siehe Korollar 23.8 und Lemma 23.13. Diese Eigenschaft verdient sogar einen eigenen Namen.


    Man sagt, dass eine abelsche Kategorie genügend viele injektive Objekte enthält, wenn es zu jedem Objekt ein injektives Objekt und einen Monomorphismus gibt.



    Linksexakte additive Funktoren

    Es seien und additive Kategorien. Ein kovarianter Funktor heißt additiv, wenn für Objekte die Abbildungen

    Gruppenhomomorphismen sind.


    Es seien und abelsche Kategorien. Ein kovarianter Funktor heißt linksexakt, wenn er additiv ist und wenn für jede kurze exakte Sequenz

    in die Sequenz

    in exakt ist.

    Für uns werden zwei Funktoren mit diesen beiden Eigenschaften wichtig sein.


    Es sei ein kommutativer Ring und ein fixierter - Modul. Dann ist die Zuordnung, die jedem -Modul den Homomorphismenmodul zuordnet, linksexakt, siehe Aufgabe 24.1.



    Es sei ein topologischer Raum und es sei die Kategorie der Garben von kommutativen Gruppen auf , also die Zuordnung . Es sei

    die Kategorie der abelschen Gruppen und sei die globale Auswertung auf . Dann besitzt genügend Injektive und ist ein kovarianter additiver linksexakter Funktor. Die Linksexaktheit beruht auf Lemma 6.8, die Existenz von hinreichend vielen injektiven Garben auf Lemma 23.13.


    In den vorstehenden Beispielen sind die Zuordnungen nicht rechtsexakt, siehe Aufgabe 24.2 und Beispiel 6.6. Die Kohomologietheorien, die wir betrachten werden, werden unter anderem diese fehlende Rechtsexaktheit theoretisch erfassen.



    Abgeleitete Funktoren

    Es seien und abelsche Kategorien und habe genügend viele injektive Objekte. Es sei

    ein kovarianter additiver linksexakter Funktor. Der -te rechtsabgeleitete Funktor

    () ist folgendermaßen definiert: Für ein Objekt nimmt man eine injektive Auflösung von und setzt

    und für einen Homomorphismus in nimmt man eine Fortsetzung (wobei eine injektive Auflösung von ist) und setzt

    mit dem induzierten Homomorphismus auf der Homologie im Sinne von Lemma Anhang 8.5.



    Es seien und abelsche Kategorien und habe genügend viele injektive Objekte. Es sei ein kovarianter additiver linksexakter Funktor und es bezeichne die rechtsabgeleiteten Funktoren. Dann gelten folgende Eigenschaften

    1. Die sind wohldefinierte additive Funktoren von nach .
    2. Es liegt ein natürlicher Isomorphismus vor.
    3. Zu jeder kurzen exakten Sequenz

      in und jedem gibt es natürliche Verbindungshomomorphismen

      derart, dass ein exakter Komplex

      in vorliegt.

    4. Zu einem Homomorphismus von exakten Sequenzen

      kommutiert das Diagramm

    1. Die Wohldefiniertheit, also die Unabhängigkeit von der gewählten injektiven Auflösung, zeigen wir den Fall, dass die Kategorie der -Moduln ist, der Formulierungsaufwand im allgemeinen Fall ist etwas größer. Es seien

      und

      injektive Auflösungen zu einem Modul . Dann gibt es nach Lemma 23.11 Homomorphismen von Kettenkomplexen

      und

      Dabei sind die Hintereinanderschaltungen und nach Lemma 23.12 homotop zur Identität auf bzw. auf . Dies gilt nach Lemma Anhang 8.9 auch für die zugehörigen Homomorphismen auf den Komplexen bzw. . D.h. für die induzierten Homomorphismen auf den Homologien gilt, dass die Verknüpfung

      die Identität ist. Somit sind die kanonische Isomorphismen.

      Die Additivität gilt nach Lemma Anhang 8.5 stets in der Homologie.

    2. Es sei eine injektive Auflösung des Objektes . Die -te Homologie des Komplexes

      ist einfach der Kern des Homomorphismus

      Wegen der Linksexaktheit von ist dieser Kern aber gleich .

    3. Nach Lemma Anhang 9.9 gibt es ein kommutatives Diagramm

      mit exakten Zeilen und Spalten. Da die einzelnen Zeilen (bis auf die Ausgangssequenz) spalten, erhält man für jedes eine kurze exakte Sequenz

      Es liegt somit ein kommutatives Diagramm

      mit exakten Zeilen vor. In einer solchen Situation gibt es nach Lemma Anhang 8.6 einen Homomorphismus vom Kern von in den Kern von und somit auch nach . Dabei geht das Bild von auf und somit induziert dies einen Homomorphismus

    4. Siehe Aufgabe 24.5.


    Die Abbildung nennt man auch den verbindenden Homomorphismus



    Es seien und abelsche Kategorien und habe genügend viele injektive Objekte. Es sei ein kovarianter additiver linksexakter Funktor.

    Dann gilt für jedes injektive Objekt aus und für die rechtsabgeleiteten Funktoren .

    Dies ergibt sich unmittelbar, da wir mit der injektiven Auflösung

    arbeiten können.



    Es seien und abelsche Kategorien und habe genügend viele injektive Objekte. Es sei ein kovarianter additiver linksexakter Funktor. Ein Objekt aus heißt azyklisch (bezüglich ), wenn für jedes für die rechtsabgeleiteten Funktoren die Beziehung gilt.

    Nach Satz 24.8 ist ein injektives Objekt azyklisch.



    Es seien und abelsche Kategorien und habe genügend viele injektive Objekte. Es sei ein kovarianter additiver linksexakter Funktor. Es sei ein Objekt aus und es sei

    exakt mit einem azyklischen Objekt .

    Dann ist

    und

    für .

    Wir betrachten die kurze exakte Sequenz

    Die Behauptungen folgen aus der langen exakten Sequenz, da ja die mittleren Terme nach Voraussetzung sind.


    Es sei ein kommutativer Ring und ein - Modul. Dann nennt man den rechtsabgeleiteten Funktor zum Funktor (von der Kategorie der -Moduln in sich) den Ext-Funktor. Er wird mit bezeichnet.

    Zur Berechnung der Ext-Moduln muss man nach Definition eine injektive Auflösung des hinteren Moduls nehmen, also

    und dann die Homologie des Komplexes

    ermitteln.



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