Kurs:Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)/Vorlesung 17



Die Galoiskorrespondenz

Der folgende Satz heißt auch Hauptsatz der Galoistheorie oder Satz über die Galoiskorrespondenz. Er stiftet eine unmittelbare Beziehung zwischen den Zwischenkörpern einer endlichen Galoiserweiterung und Untergruppen der Galoisgruppe. Er bildet die Grundlage dafür, gruppentheoretische Aussagen auf Körpererweiterungen anzuwenden.


Es sei eine endliche Galoiserweiterung mit der Galoisgruppe .

Dann sind die Zuordnungen

zueinander inverse Abbildungen zwischen der Menge der Zwischenkörper , , und der Menge der Untergruppen von .

Bei dieser Korrespondenz werden die Inklusionen umgekehrt.

Diese Abbildungen sind wohldefiniert und kehren nach Lemma 16.3 die Inklusion um. Es sei ein Zwischenkörper. Nach Korollar 16.7 ist eine Galoiserweiterung, also ist nach Satz 16.6.
Es sei nun vorgegeben mit dem Fixkörper . Nach dem Satz von Artin ist eine Galoiserweiterung mit Galoisgruppe .


Für einen Automorphismus und einen Zwischenkörper , , ist wieder ein Zwischenkörper, der zu - isomorph ist. Zwischen den zugehörigen Galoisgruppen und gilt die folgende Beziehung.


Es sei eine endliche Galoiserweiterung und sei , , ein Zwischenkörper. Es sei und .

Dann gilt in der Galoisgruppe die Beziehung

Es sei . Wir schreiben und müssen zeigen, dass zu gehört. Es sei dazu . Dann ist . Dabei gehört und somit ist . Also ist


Die umgekehrte Inklusion ergibt sich genauso bzw. folgt direkt daraus, dass beide Gruppen die gleiche Anzahl besitzen.

Diese Aussage bedeutet, dass für konjugierte Zwischenkörper und in einer Galoiserweiterung auch ihre zugehörigen Galoisgruppen zueinander konjugiert sind im Sinne der folgenden Definition.


Zwei Untergruppen heißen zueinander konjugiert, wenn es einen inneren Automorphismus

gibt, der eine Isomorphie zwischen und stiftet.


Es sei eine endliche Galoiserweiterung und sei , , ein Zwischenkörper. Dann sind folgende Aussagen äquivalent.

  1. Für alle ist .
  2. Die Untergruppe ist nur zu sich selbst konjugiert.

Beweis

Siehe Aufgabe 17.13.


Wir wissen nach Korollar 16.7, dass bei einer Galoiserweiterung und einem Zwischenkörper auch die hintere Erweiterung galoissch ist. Die Erweiterung muss hingegen nicht galoisch sein, vielmehr liefert die folgende Aussage ein Kriterium.


Es sei eine endliche Galoiserweiterung und , , ein Zwischenkörper. Dann gelten folgende Aussagen.

  1. Die Körpererweiterung ist genau dann eine Galoiserweiterung, wenn die Untergruppe ein Normalteiler ist.
  2. Sei eine Galoiserweiterung. Dann besteht zwischen den Galoisgruppen die natürliche Restklassenbeziehung

    Bei dieser Zuordnung wird ein Automorphismus auf eingeschränkt.

(1). Da die Körpererweiterung separabel ist, muss aufgrund von Satz 16.6 nur die Normalität betrachtet werden. Nach Satz 15.4  (4) ist die Körpererweiterung genau dann normal, wenn jeder - Automorphismus von den Unterkörper in sich selbst überführt. Dies ist wegen Korollar 17.4 genau dann der Fall, wenn unter jeder Konjugation auf sich selbst abgebildet wird, also nach Lemma 5.4 ein Normalteiler ist.
(2). Es sei nun normal. Dann ist für jedes und somit gibt es eine natürliche Abbildung

Diese ist offensichtlich ein Gruppenhomomorphismus. Aufgrund von Satz 15.4 gibt es für einen Automorphismus eine Fortsetzung zu einem Automorphismus . Daher ist der Gruppenhomomorphismus surjektiv. Der Kern davon ist offenbar , sodass sich die behauptete Isomorphie aus Korollar 5.11 ergibt.



Beispiele zur Galoiskorrespondenz

Die zuletzt genannte Aussage ist natürlich im Fall, dass eine Galoiserweiterung mit abelscher Galoisgruppe vorliegt, unmittelbar anwendbar. In dieser Situation ist also jeder Zwischenkörper über dem Grundkörper galoissch.


Es sei mit eine Körpererweiterung endlicher Körper. Nach Satz 16.9 ist dies eine Galoiserweiterung mit zyklischer Galoisgruppe der Ordnung , die vom Frobeniushomomorphismus erzeugt wird. Die Galoisgruppe ist also isomorph zu . Die Untergruppen von sind von der Form

mit einem Teiler von , wobei die Ordnung der Untergruppe ist. Der zugehörige Fixkörper ist der Fixkörper zu , der nach Korollar 16.10 isomorph zu ist, und ist die Galoisgruppe von .

Zu jeder Untergruppe gibt es die Restklassenabbildung

Gemäß Satz 17.5 ist die Restklassengruppe dabei die Galoisgruppe von , und der Frobenius von wird dabei auf den Frobenius von eingeschränkt.

Insbesondere hängen die Anzahl und die Inklusionsbeziehungen der Zwischenkörper von nur von und nicht von der Primzahl ab.




Es sei ein Körper, eine endliche kommutative Gruppe und eine - graduierte Körpererweiterung. Der Körper enthalte eine -te primitive Einheitswurzel, wobei der Exponent von sei.

Dann ist jeder Zwischenkörper , , von der Form mit einer eindeutig bestimmten Untergruppe .

Die Körpererweiterung ist nach Satz 14.11 eine Galoiserweiterung mit Galoisgruppe . Da hinreichend viele Einheitswurzeln besitzt, entsprechen sich die Untergruppen von und von über die Charakter-Korrespondenz

und

Zu jeder Untergruppe ist ein Zwischenkörper. Da wegen der Galoiskorrespondenz die Anzahl der Zwischenkörper mit der Anzahl der Untergruppen der Galoisgruppe, und diese mit der Anzahl der Untergruppen in übereinstimmt, ist jeder Zwischenkörper von dieser Form und insbesondere graduiert.


Zu einer Untergruppe ist dabei

und zu einem Unterkörper ist

Die Galoisgruppe von

über ist gleich

Die bijektive Beziehung zwischen Zwischenkörpern und Untergruppen der graduierenden Gruppe im Galoisfall wird manchmal auch als Kogaloiskorrespondenz bezeichnet. Bei ihr werden Inklusionen erhalten und drehen sich nicht wie bei der Galoiskorrespondenz um (bei der Bijektion zwischen Untergruppen und ihrem Charakterdual drehen sich die Inklusionen um).


Wir knüpfen an Beispiel 12.8 an. Aufgrund von Satz 14.11 liegt eine Galoiserweiterung vor. Die graduierende Gruppe ist . Neben der trivialen Untergruppe und selbst gibt es noch die drei Untergruppen , die den Zwischenkörpern

entsprechen. Wegen Proposition 17.7 gibt es keine weiteren Zwischenkörper. Die Galoisgruppe ist nach Satz 14.11. Zur Untergruppe gehört dabei (das der Galoisgruppe entspricht), das aus dem konstanten Charakter und der Abbildung

besteht, die auf und auf abbildet. Dazu gehört wiederum der durch

festgelegte -Automorphismus .



Wir betrachten die - graduierte Körpererweiterung

Die Graduierung ist durch mit gegeben. Es ist und . Da es in keine primitive dritte Einheitswurzel gibt, ist und daher gibt es nur zwei homogene Automorphismen (somit ist dies auch keine Kummererweiterung.[1]). Dennoch handelt es sich um eine Galoiserweiterung. Zunächst gehört

zu und es ist . Ein weiterer (mit der Graduierung verträglicher) Zwischenkörper ist . Die durch gegebene Abbildung ist ein homogener Automorphismus mit . Aber auch die Zuordnung definiert einen (nicht-homogenen) Automorphismus mit . Es gibt also insgesamt Automorphismen und daher liegt eine Galoiserweiterung vor. Dabei ist

und

Daher ist die Galoisgruppe nicht kommutativ, und es muss sein. Der Körper ist ein nichthomogener Zwischenkörper.




Fußnoten
  1. Siehe die nächste Vorlesung.


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