Kurs:Mathematik für Anwender/Teil I/13/Klausur mit Lösungen


Aufgabe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
Punkte 3 3 1 2 5 3 6 3 7 3 3 5 3 4 9 4 64




Aufgabe (3 Punkte)

Definiere die folgenden (kursiv gedruckten) Begriffe.

  1. Die Vereinigung der Mengen und .
  2. Eine rationale Funktion (in einer Variablen über ).
  3. Die reelle Exponentialfunktion zu einer Basis .
  4. Eine obere Treppenfunktion zu einer Funktion

    auf einem beschränkten Intervall .

  5. Eine Basis eines - Vektorraums .
  6. Ähnliche Matrizen .


Lösung

  1. Die Menge

    heißt die Vereinigung der beiden Mengen.

  2. Eine rationale Funktion ist eine Funktion , die man als Quotient aus zwei Polynomen mit darstellen kann, also (sie ist außerhalb der Nullstellen von definiert).
  3. Die Exponentialfunktion zur Basis ist als

    definiert.

  4. Eine Treppenfunktion

    heißt eine obere Treppenfunktion zu , wenn für alle ist.

  5. Eine Familie , , von Vektoren in heißt Basis, wenn diese Vektoren linear unabhängig sind und ein Erzeugendensystem bilden.
  6. Die Matrizen heißen ähnlich, wenn es eine invertierbare Matrix mit gibt.


Aufgabe (3 Punkte)

Formuliere die folgenden Sätze.

  1. Die Regel für die Konvergenz der inversen Folge einer reellen Folge.
  2. Das Cauchykriterium für Reihen.
  3. Die Ableitung des Sinus und des Kosinus.


Lösung

  1. Es sei eine konvergente Folge in mit dem Grenzwert und mit für alle . Dann ist ebenfalls konvergent mit
  2. Es sei

    eine Reihe von reellen Zahlen. Dann ist die Reihe genau dann konvergent, wenn das folgende Cauchy-Kriterium erfüllt ist: Zu jedem gibt es ein derart, dass für alle

    die Abschätzung

    gilt.
  3. Die Sinusfunktion

    ist differenzierbar mit

    und die Kosinusfunktion

    ist differenzierbar mit


Aufgabe (1 Punkt)

Negiere die Aussage „Martina findet alle Jungs im Kurs außer Markus zuckersüß“ durch eine Aussage, in der eine Existenzaussage und eine Oder-Verknüpfung vorkommen.


Lösung

Martina findet Markus zuckersüß oder es gibt im Kurs einen von Markus verschiedenen Jungen, den sie nicht zuckersüß findet.


Aufgabe (2 Punkte)

  1. Wie viele Minuten sind ein Fünftel einer Stunde?
  2. Wie viel Prozent von einer Stunde sind Minuten?
  3. Wie viele Minuten sind einer Stunde?
  4. Wie viel Prozent von einer Stunde ist ein Tag?


Lösung

  1. , also Minuten.
  2. , also .
  3. , also Minuten.
  4. .


Aufgabe (5 (1+3+1) Punkte)

Zu je zwei Punkten in der Produktmenge gibt es eine Verbindungsgerade und einen Mittelpunkt, der die Verbindungsstrecke halbiert.

  1. Man gebe zu zwei Punkten und die Koordinaten des Mittelpunktes an.
  2. Es seien in der Produktmenge fünf Punkte gegeben (jeder Punkt habe also ganzzahlige Koordinaten). Zeige, dass mindestens einer der Mittelpunkte ganzzahlige Koordinaten haben muss.
  3. Gilt die Eigenschaft aus (2) auch bei vier Punkten?


Lösung

  1. Der Mittelpunkt von und besitzt die Koordinaten .
  2. Wir betrachten für jeden Punkt, ob die Koordinaten gerade oder ungerade sind. Dafür gibt es vier Möglichkeiten (). Da es Punkte gibt, kommt eine dieser Möglichkeiten zumindest zweimal vor. Seien und zwei Punkte, die hinsichtlich dieser Eigenschaft übereinstimmen. Da das arithmetische Mittel von zwei geraden Zahlen und von zwei ungeraden Zahlen ganzzahlig ist, besitzt der Mittelpunkt von und ganzzahlige Koordinaten.
  3. Die vier Punkte

    zeigen, dass dies nicht gelten muss.


Aufgabe (3 Punkte)

Man finde ein Polynom

mit derart, dass die folgenden Bedingungen erfüllt werden.


Lösung

Die Bedingungen führen auf das lineare Gleichungssystem

führt auf

und führt auf

also

und somit

Das gesuchte Polynom ist also


Aufgabe (6 Punkte)

Beweise die folgende Aussage: Jede beschränkte Folge von reellen Zahlen besitzt eine konvergente Teilfolge (Satz von Bolzano-Weierstraß).


Lösung

Die Folge sei durch

beschränkt. Wir definieren zuerst induktiv eine Intervallhalbierung derart, dass in den Intervallen unendlich viele Folgenglieder liegen. Das Startintervall ist . Es sei das -te Intervall bereits konstruiert. Wir betrachten die beiden Hälften

In mindestens einer der Hälften liegen unendlich viele Folgenglieder, und wir wählen als Intervall eine Hälfte mit unendlich vielen Gliedern. Da sich bei diesem Verfahren die Intervalllängen mit jedem Schritt halbieren, liegt eine Intervallschachtelung vor. Als Teilfolge wählen wir nun ein beliebiges Element

mit . Dies ist möglich, da es in diesen Intervallen unendlich viele Folgenglieder gibt. Diese Teilfolge konvergiert nach Aufgabe 8.21 (Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024)) gegen die durch die Intervallschachtelung bestimmte Zahl .


Aufgabe (3 Punkte)

Bestimme, ob die Reihe

konvergiert.


Lösung

Wir verwenden das Quotientenkriterium. Der Quotient von aufeinander folgenden Reihengliedern ist

Der Zähler konvergiert gegen , deshalb konvergiert der Gesamtausdruck gegen . Nach dem Quotientenkriterium konvergiert die Reihe.


Aufgabe (7 Punkte)

Es sei

eine stetige Funktion , die die Gleichung

für alle erfüllt. Zeige, dass eine Exponentialfunktion ist, d.h. dass es ein mit gibt.


Lösung

Es sei . Dann ist wegen

direkt . Wegen

ist

von verschieden. Wegen

ist positiv. Wir vergleichen mit . Für stimmen die beiden Funktionen überein. Für ist aufgrund der Funktionalgleichung

Für ist wegen

also gilt die Gleichheit für . Für mit gilt wegen

und der eindeutigen Existenz von -ten Wurzeln

Daraus folgt über die Beziehung

auch die Übereinstimmung für negative rationale Argumente. Da nach Voraussetzung stetig ist und da stetig ist, und da es zu jeder reellen Zahl eine Folge rationaler Zahlen gibt, die gegen konvergiert, müssen die beiden Funktionen nach dem Folgenkriterium für die Stetigkeit übereinstimmen.


Aufgabe (3 Punkte)

Vergleiche die beiden Zahlen


Lösung

Wegen

ist

also ist

Somit ist

und wegen des strengen Wachstums der Exponentialfunktion für eine Basis größer als ist daher


Aufgabe (3 Punkte)

Man erläutere die Begriffe hinreichende und notwendige Bedingung anhand typischer Beispiele.


Lösung Bedingung/Hinreichend und notwendig/Erläuterung/Aufgabe/Lösung


Aufgabe (5 (1+1+3) Punkte)

Wir betrachten die Standardparabel, also den Graphen zur Funktion

  1. Bestimme die Ableitung und die Tangente von in einem Punkt .
  2. Bestimme den Schnittpunkt einer jeden Tangenten mit der -Achse in Abhängigkeit von . Skizziere die Situation.
  3. Die Parabel, die Tangente und die -Achse begrenzen eine Fläche. Berechne deren Flächeninhalt in Abhängigkeit von .


Lösung

  1. Die Ableitung im Punkt ist . Dies ist die Steigung der Tangente , die durch den Punkt verläuft. Für die Tangentengleichung gilt

    und aus

    folgt

  2. Der Ansatz

    führt auf

    wobei bei die gesamte -Achse die Tangente ist.

  3. Aus Symmetriegründen sei . Der Flächeninhalt der in Frage stehenden Fläche ergibt sich, wenn man vom Flächeninhalt unterhalb des Graphen zwischen und den Flächeninhalt des Dreiecks mit den Ecken abzieht. Es ist

    und der Flächeninhalt des Dreiecks ist

    Der gefragte Flächeninhalt ist also gleich

    Für beliebiges (auch negatives) ist die Antwort .


Aufgabe (3 Punkte)

Bestimme eine Stammfunktion für die Funktion


Lösung

Wir verwenden partielle Integration, und zwar leiten wir ab und ziehen für die Stammfunktion heran. Somit ist

und daher ist

eine Stammfunktion.


Aufgabe (4 Punkte)

Man gebe ein Beispiel für einen Körper , eine kommutative Gruppe und eine Abbildung

derart, dass diese Struktur alle Vektorraumaxiome außer

erfüllt.


Lösung

Es sei und . Wir betrachten die „Skalarmultiplikation“

die durch

definiert ist. Um zu zeigen, dass das Assoziativitätsaxiom nicht erfüllt ist, betrachten wir

und ein beliebiges . Einerseits ist

und andererseits ist

Die anderen multiplikativen Axiome sind hingegen erfüllt. Es ist

und

Ferner ist

für alle .


Aufgabe (9 (1+1+7) Punkte)

Aus den Rohstoffen und werden verschiedene Produkte hergestellt. Die folgende Tabelle gibt an, wie viel von den Rohstoffen jeweils nötig ist, um die verschiedenen Produkte herzustellen (jeweils in geeigneten Einheiten).


a) Erstelle eine Matrix, die aus einem Vierertupel von Produkten die benötigten Rohstoffe berechnet.


b) Die folgende Tabelle zeigt, wie viel von welchem Produkt in einem Monat produziert werden soll.

Welche Rohstoffmengen werden dafür benötigt?


c) Die folgende Tabelle zeigt, wie viel von welchem Rohstoff an einem Tag angeliefert wird.

Welche Produkttupel kann man daraus ohne Abfall produzieren?


Lösung

a) Die Matrix ist

da in der -ten Spalte die für das -te Produkt benötigte Rohstoffmenge stehen muss.

b) Die benötigte Rohstoffmenge ist

c) Es geht um das lineare Gleichungssystem

das wir zunächst ohne Berücksichtigung der Tatsache lösen, dass nur nichtnegative Tupel sinnvoll interpretiert werden können. Wir ziehen vom -fachen der dritten Zeile das Doppelte der zweiten Zeile ab und erhalten

Jetzt ziehen wir von der dritten Zeile das Doppelte der ersten Zeile ab und erhalten

Mit

erhalten wir die eindeutige Lösung

und

Mit

erhalten wir die eindeutige Lösung

und

Alle Lösungen des linearen Gleichungssystems haben somit die Form

mit .

Wir berücksichtigen jetzt noch, dass von diesen Lösungen des linearen Gleichungssystems nur diejenigen sinnvoll interpretiert werden können, bei denen von jedem Produkt eine nichtnegative Menge produziert wird. Dies ergibt vier Abschätzungen, die Bedingungen an festlegen. Wegen der ersten Zeile muss sein und damit ist auch die vierte Zeile erfüllt. Die zweite Zeile führt auf die Bedingung

also

Die dritte Zeile führt auf die Bedingung

also

Damit alle Einträge nichtnegativ sind, muss der Parameter aus

gewählt werden. Die aus den gegebenen Rohstoffmengen produzierbare Tupel sind also

mit .


Aufgabe (4 Punkte)

Es sei ein Körper und es sei ein - dimensionaler Vektorraum. Es sei

eine lineare Abbildung. Zeige, dass genau dann ein Eigenwert von ist, wenn eine Nullstelle des charakteristischen Polynoms ist.


Lösung

Es sei eine beschreibende Matrix für , und sei vorgegeben. Es ist

genau dann, wenn die lineare Abbildung

nicht bijektiv (und nicht injektiv) ist (wegen Fakt ***** und Lemma 25.11 (Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024))). Dies ist nach Lemma 27.11 (Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024)) und Lemma 24.14 (Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024)) äquivalent zu

was bedeutet, dass der Eigenraum zu nicht der Nullraum ist, also ein Eigenwert zu ist.