Kurs:Mathematik für Anwender/Teil II/18/Klausur mit Lösungen


Aufgabe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
Punkte 3 3 9 3 7 4 1 6 7 4 4 4 6 3 64




Aufgabe (3 Punkte)

Definiere die folgenden (kursiv gedruckten) Begriffe.

  1. Die gewöhnliche Differentialgleichung zu einer Funktion

    auf einer offenen Menge .

  2. Orthogonale Vektoren in einem reellen Vektorraum mit Skalarprodukt.
  3. Die Differenzierbarkeit einer Funktion

    in einem Punkt , wobei ein Intervall und ein endlichdimensionaler reeller Vektorraum ist.

  4. Ein Fundamentalsystem von Lösungen eines homogenen linearen Differentialgleichungssystems mit konstanten Koeffizienten.
  5. Die Faser zu einer Abbildung

    über einem Punkt .

  6. Eine sternförmige Teilmenge .


Lösung

  1. Man nennt die Gleichung

    gewöhnliche Differentialgleichung zu .

  2. Zwei Vektoren heißen orthogonal zueinander, wenn

    ist.

  3. Die Abbildung heißt in differenzierbar, wenn der Limes

    existiert.

  4. Es sei

    mit

    ein homogenes lineares gewöhnliches Differentialgleichungssystem mit konstanten Koeffizienten. Dann heißt eine Basis des Lösungsraumes ein Fundamentalsystem von Lösungen dieses Systems.

  5. Die Faser über ist die Menge
  6. Eine Teilmenge heißt sternförmig bezüglich eines Punktes , wenn für jeden Punkt die Verbindungsstrecke , , ganz in liegt.


Aufgabe (3 Punkte)

Formuliere die folgenden Sätze.

  1. Der Satz über das Verhalten der Gramschen Matrizen zu einer Bilinearform bei einem Basiswechsel.
  2. Die Kettenregel zu zwei total differenzierbaren Abbildungen

    und

    in einem Punkt .
  3. Der Satz über den Zusammenhang von Anfangswertproblemen und Integralgleichungen.


Lösung

  1. Es sei ein Körper, ein endlichdimensionaler - Vektorraum und eine Bilinearform auf . Es seien und zwei Basen von und es seien bzw. die Gramschen Matrizen von bezüglich dieser Basen. Zwischen den Basiselementen gelte die Beziehungen

    die wir durch die Übergangsmatrix

    ausdrücken. Dan
  2. Die zusammengesetzte Abbildung ist ebenfalls total differenzierbar, und zwischen den totalen Differentialen in einem Punkt besteht die Beziehung
  3. Es sei ein endlichdimensionaler reeller Vektorraum, ein reelles Intervall, eine offene Menge und

    ein stetiges Vektorfeld auf . Es sei vorgegeben. Dann ist eine stetige Abbildung

    auf einem Intervall mit genau dann eine Lösung des Anfangswertproblems (insbesondere muss differenzierbar sein)

    wenn die Integralgleichung

    erfüllt.


Aufgabe (9 (3+3+3) Punkte)

a) Es sei

ein nullstellenfreies Vektorfeld, d.h. für alle . Zeige, dass jede Lösungskurve zur Differentialgleichung

injektiv ist.

b) Es sei nun ein zeitunabhängiges Vektorfeld. Zeige, dass genau dann nullstellenfrei ist, wenn jede Lösungskurve injektiv ist.

c) Man gebe ein Beispiel für ein Vektorfeld, das nicht nullstellenfrei ist, für das aber jede Lösungskurve injektiv ist.


Lösung

a) Es sei angenommen, dass es eine nicht injektive Lösungskurve

gibt. Dann gibt es Punkte , mit . Nach dem Mittelwertsatz der Differentialrechnung gibt es ein mit

Dies ist ein Widerspruch zu

b) Die Hinrichtung folgt aus Teil a). Es sei nun

nicht nullstellenfrei. Dann gibt es ein mit . Für die konstante Funktion

gilt

für alle , so dass eine Lösung der Differentialgleichung vorliegt. Diese konstante Lösung ist nicht injektiv.

c) Wir betrachten die Differentialgleichung

zum ortsunabhängigen Vektorfeld

Bei liegen Nullstellen vor. Die Lösungen sind die Stammfunktionen zu , also . Da dritte Wurzeln im Reellen eindeutig sind, handelt es sich um injektive Funktionen.


Aufgabe (3 Punkte)

Es sei eine komplexe Zahl mit . Zeige, dass die Folge gegen konvergiert.


Lösung

Sei vorgegeben. Es ist

so dass es genügt, die Aussage für reelles , , zu zeigen. Es ist

wir schreiben mit . Aufgrund des Archimedes-Prinzips gibt es ein derart, dass

ist. Nach der Bernoullischen Ungleichung gilt somit für die Abschätzung

Also ist

für .


Aufgabe (7 (1+1+2+3) Punkte)

Es sei ein quadratischer Billardtisch ohne Löcher mit einer Seitenlänge von einem Meter gegeben, darauf bewegt sich eine punktförmige Kugel ohne Bremswirkung nach dem Reflexionsprinzip „Einfallswinkel ist gleich Ausfallswinkel“.

  1. Beschreibe durch eine Skizze (inklusive Winkel oder Punktkoordinaten) eine periodische Bewegung, bei der zwei Randpunkte getroffen werden.
  2. Beschreibe durch eine Skizze (inklusive Winkel oder Punktkoordinaten) eine periodische Bewegung, bei der vier Randpunkte getroffen werden.
  3. Beschreibe durch eine Skizze (inklusive Winkel oder Punktkoordinaten) eine periodische Bewegung, bei der acht Randpunkte getroffen werden.
  4. Zeige, dass es keine periodische Bewegung gibt, bei der drei Randpunkte getroffen werden.


Lösung







































  1. Offenbar können nicht die drei Punkte auf einer Seite sein. Wenn zwei Punkte auf einer Seite und ein dritter auf einer weiteren Seite wäre, so müssten bei der Bewegung die beiden gleichseitigen Punkte verbunden sein, was nicht sein kann. Es ist also noch die Möglichkeit auszuschließen, dass drei Seiten einen Punkt enthalten und die vierte nicht. Ohne Einschränkung sei auf der rechten Seite kein Punkt und die Bewegung beginnt im Punkt auf der linken Seite und läuft direkt zum Punkt auf der oberen Seite. Von diesem Punkt muss die Bewegung dann zum dritten Punkt auf der unteren Seite weitergehen. Doch dann ändert sich bei dieser Bewegung die Geschwindigkeit in Richtung der -Koordinate nicht und die Bewegung trifft doch die rechte Seite.


Aufgabe (4 Punkte)

Löse die Differentialgleichung


Lösung

Das charakteristische Polynom ist , somit ist eine einfache Nullstelle des Polynoms und man muss die gesuchte Lösungsfunktion als

mit einer Konstanten ansetzen. Ableiten ergibt

Der Vergleich mit der rechten Seite zeigt

und somit ist

eine Lösung der inhomogen Differentialgleichung.


Aufgabe (1 Punkt)

Bestimme die partielle Ableitung nach der Funktion


Lösung

Die partielle Ableitung nach ist


Aufgabe (6 (1+1+3+1) Punkte)

Der sei mit der Standard-Minkowski-Form versehen.

  1. Beschreibe den Lichtkegel in als Faser einer geeigneten Funktion über .
  2. Zeige, dass der Nullpunkt der einzige kritische Punkt des Lichtkegels ist.
  3. Es sei ein Punkt des Lichtkegels und ein Tangentenvektor in an der Faser, der zugleich selbst lichtartig sei. Zeige, dass ebenfalls lichtartig ist.
  4. Zeige, dass man in (3) nicht auf die Bedingung verzichten kann, dass selbst lichtartig ist.


Lösung

  1. Die Bedingung für einen lichtartigen Vektor ist

    deshalb kann man direkt

    nehmen.

  2. Die Jacobi-Matrix zu ist

    Ein kritischer Punkt liegt genau dann vor, wenn sämtliche Einträge dieses Vektors verschwinden, was nur im Nullpunkt der Fall ist.

  3. Es sei

    ein Element des Lichtkegels. Sei

    Dann ist

    aufgrund der Bedingungen an und , was die Lichtartigkeit bedeutet.

  4. Betrachte und

    In diesem Fall ist

    nicht lichtartig.


Aufgabe (7 Punkte)

Beweise den Satz über die Bestimmung von Extrema mit der Hesse-Matrix.


Lösung

(1). Aufgrund von [[Zweimal stetig differenzierbare Funktion/Offenheit der positiv definiten Hesse-Form/Fakt|Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024)/Zweimal stetig differenzierbare Funktion/Offenheit der positiv definiten Hesse-Form/Fakt/Faktreferenznummer (Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024))]] gibt es ein derart, dass die Hesse-Form für alle negativ definit ist. Für alle Vektoren , , gibt es nach [[Mehrere Variablen/Taylor-Formel/Eine Richtung/Fakt|Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024)/Mehrere Variablen/Taylor-Formel/Eine Richtung/Fakt/Faktreferenznummer (Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024))]] ein mit

wobei die erste Formulierung sich auf eine fixierte Basis bezieht und wobei die zweite Identität auf [[Taylor-Formel/Quadratische Approximation und Hesse-Form/Aufgabe|Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024)/Taylor-Formel/Quadratische Approximation und Hesse-Form/Aufgabe/Aufgabereferenznummer (Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024))]] beruht. Da die Hesse-Form negativ definit ist, steht rechts für eine Zahl, die echt kleiner als ist. Daher liegt ein isoliertes lokales Maximum vor.
(2) wird wie (1) bewiesen oder durch betrachten von darauf zurückgeführt.
(3). Es sei indefinit. Dann gibt es Vektoren und mit

Wegen der stetigen Abhängigkeit der Hesse-Form gelten diese Abschätzungen auch für für aus einer offenen Umgebung von (mit den gleichen Vektoren und ). Wir können durch Skalierung von und annehmen, dass und zu dieser Umgebung gehören. Wie im Beweis zu Teil (1) gilt daher ( und sind nicht )

und

mit . Also kann in kein lokales Extremum vorliegen.


Aufgabe (4 Punkte)

Es sei offen und

eine stetig differenzierbare Abbildung. Zeige, dass die Menge der regulären Punkte von offen ist.


Lösung

Es seien die Koordinatenfunktionen zu und sei

die Jacobi-Matrix zu . Die Abbildung ist in einem Punkt genau dann regulär, wenn die Jacobi-Matrix bijektiv ist, und dies ist genau dann der Fall, wenn ihre Determinante ungleich ist. Nach Voraussetzung sind die Einträge in der Matrix stetige Funktionen. Da die Determinante eine polynomiale Funktion ist, ist die Gesamtabbildung

stetig. Die Menge der regulären Punkte ist das Urbild der offenen Menge unter dieser Abbildung, also offen.


Aufgabe (4 (2+2) Punkte)

Wir betrachten das Vektorfeld

a) Zeige mit Hilfe der Integrabilitätsbedingung, dass ein Gradientenfeld ist.

b) Bestimme ein Potential zu .


Lösung

a) Es ist

und ebenso

es ist

und ebenso

und schließlich ist

und ebenso

die Integrabilitätsbedingungen sind also erfüllt. Da sternförmig ist, handelt es sich um ein Gradientenfeld.

b) Ein Potential zu ist

wie man durch Ableiten bestätigt.


Aufgabe (4 Punkte)

Bestimme für das Anfangswertproblem

explizite Formeln für die Picard-Lindelöf-Iterationen.


Lösung

Wir behaupten, dass die -te Picard-Lindelöf-Iteration gleich

ist. Dies beweisen wir durch Induktion nach , wobei der Anfang klaar ist, da wegen der Anfangsbedingung

ist. Der Induktionsschritt ergibt sich aus


Aufgabe (6 Punkte)

Es sei der Zylinder um die -Achse und der Zylinder um die -Achse, beide zum Radius . Bestimme das Volumen des Durchschnitts .


Lösung

Es ist

und

Somit ist

Wir bestimmen den Flächeninhalt des Querschnitts von zu zwischen und . Der Querschnitt ist

Bei fixiertem (neben dem fixierten ) läuft zwischen und . Der Flächeninhalt von ist durch

Eine Stammfunktion dazu ist

Somit ist das Volumen von gleich


Aufgabe (3 Punkte)

Es seien kompakte Teilmengen mit positivem Volumen derart, dass ihr Durchschnitt das Volumen besitze. Es sei der Schwerpunkt von und der Schwerpunkt von . Zeige, dass der Schwerpunkt der Vereinigung durch

gegeben ist.


Lösung

Die -te Koordinate des Schwerpunktes von ist unter Verwendung von [[Kompakte Teilmenge/Stetige Funktion/Integrationsregeln/Fakt|Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024)/Kompakte Teilmenge/Stetige Funktion/Integrationsregeln/Fakt/Faktreferenznummer (Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024))  (3)]]

wobei (bzw. ) die -te Koordinate von (bzw. ) bezeichnet.