Kurs:Analysis (Osnabrück 2021-2023)/Teil I/Vorlesung 27



Stammfunktionen zu rationalen Funktionen in der Exponentialfunktion

Nachdem wir nun rationale Funktionen integrieren können, können wir auch für eine ganze Reihe von Funktionen eine Stammfunktion finden, die wir durch gewisse Standardsubstitutionen auf eine rationale Funktion zurückführen können.



Es sei eine rationale Funktion in der Exponentialfunktion, d.h. es gebe Polynome , , derart, dass

gilt.

Dann kann man durch die Substitution das Integral auf das Integral einer rationalen Funktion zurückführen.

Bei der Substitution ist

und für die Polynome und ergeben sich

Insgesamt ergibt sich also die rationale Funktion . In deren Stammfunktion muss man dann einsetzen.


Im vorstehenden Lemma geht es um die zusammengesetzten Funktionen vom Typ

wobei der Definitionsbereich durch

festgelegt ist.


Wir wollen eine Stammfunktion für die Funktion

finden. Das in Lemma 27.1 beschriebene Verfahren führt auf die rationale Funktion

sodass die Partialbruchzerlegung direkt vorliegt. Die Stammfunktion von dieser rationalen Funktion ist

Die Stammfunktion von ist daher


Neben dem Polynomring in einer Variablen über einem Körper gibt es auch Polynomringe in mehreren Variablen, wobei wir im Folgenden nur den Polynomring in zwei Variablen benötigen. Man schreibt ihn als und definiert ihn am einfachsten als

wobei der Grundring allerdings kein Körper ist. Jedenfalls besteht dieser Ring aus allen Polynomen in zwei Variablen, also aus Ausdrücken der Form

Entsprechend gibt es auch rationale Funktionen in zwei Variablen. Diese sind wiederum Quotienten aus zwei Polynomen in zwei Variablen. Wenn man in eine solche Funktion in zwei Variablen zwei Funktionen in einer Variablen einsetzt, so erhält man wieder eine Funktion in einer Variablen. Dies ist der Fall in den folgenden Situationen.



Es sei eine rationale Funktion in den Hyperbelfunktionen und gegeben, d.h. es gebe zwei Polynome und in zwei Variablen mit derart, dass

gilt.

Dann lässt sich das Integral

auf das Integral einer rationalen Funktion in der Exponentialfunktion zurückführen und damit lösen.

Mit

erhält man eine rationale Funktion in und , sodass insgesamt eine rationale Funktion in der Eponentialfunktion vorliegt. Deren Stammfunktion lässt sich wie in Lemma 27.1 beschrieben finden.



Wir berechnen eine Stammfunktion zum Sinus hyperbolicus mit der Methode aus Korollar 27.3, was in diesem Fall nicht der beste Ansatz ist. Es ist

Mit müssen wir

integrieren. Eine Stammfunktion davon ist

Rücksubstitution liefert schließlich die Stammfunktion




Stammfunktionen zu rationalen Funktionen in trigonometrischen Funktionen



Es sei eine rationale Funktion in den trigonometrischen Funktionen und gegeben, d.h. es gebe zwei Polynome und in zwei Variablen mit derart, dass

gilt.

Dann führt die Substitution

das Integral

auf das Integral einer rationalen Funktion zurück.

Bei der Substitution ist und . Aus den trigonometrischen Funktionen wird unter Verwendung von Satz 15.10

und

Da sowohl das Differential als auch die trigonometrischen Funktionen bei dieser Substitution rationale Ausdrücke in sind, liegt nach dieser Substitution insgesamt eine rationale Funktion vor.



Die Stammfunktion von

berechnet sich unter Verwendung von Lemma 27.5 folgendermaßen.

Die Stammfunktion von ist daher .




Stammfunktionen zu rationalen Funktionen in Wurzelfunktionen



Es sei eine rationale Funktion in und in (mit ), d.h. es gebe Polynome in zwei Variablen, , , derart, dass

gilt.

Dann kann man durch die Substitution

die Berechnung von auf das Integral einer rationalen Funktion in zurückführen.

Wir können annehmen, da sonst Zähler und Nenner im Wurzelausdruck linear abhängig sind und man teilen könnte. Bei der angegebenen Substitution ist

Da die Ableitung der rationalen Funktion nach wieder eine rationale Funktion in ist, ist das Gesamtergebnis nach dieser Substitution eine rationale Funktion in .



Es sei eine rationale Funktion in und in (mit und so, dass auch positive Werte annimmt), schreiben kann, d.h. es gebe Polynome in zwei Variablen, , , derart, dass

gilt.

Dann kann man durch eine Substitution der Form

(), die Berechnung von auf ein Integral der Form

  1. ,
  2. ,
  3. ,

zurückführen, wobei wieder eine rationale Funktion in zwei Variablen ist.

In diesen drei Fällen führen die Substitutionen

  1. ,
  2. ,
  3. ,

auf das Integral über eine rationale Funktion in trigonometrischen Funktionen bzw. in Hyperbelfunktionen

Durch eine Substitution der Form bzw. vereinfacht sich die Quadratwurzel zu bzw. zu . Quadratisches Ergänzen führt zu bzw. . Durch eine weitere Substitution der Form erhält man oder oder aber[1] . Dies sind alles affin-lineare Substitutionen. Die Ergebnisse unter der Gesamtsubstitution sind von der angegebenen Art.
Wenn es sich um ein Integral zu einer rationalen Funktion der Form

handelt, so führt zu

und zu

sodass sich eine rationale Funktion in den trigonometrischen Funktionen und ergibt.
Bei einem Integral zu einer rationalen Funktion der Form

führt (unter Verwendung von , siehe Aufgabe 20.51) zu

und zu

sodass sich eine rationale Funktion in den Hyperbelfunktionen und ergibt.

Bei einem Integral zu einer rationalen Funktion der Form

führt zu

und zu

sodass sich wieder eine rationale Funktion in den Hyperbelfunktionen und ergibt.



Wir wollen für die Funktion

eine Stammfunktion bestimmen. Mit der in Lemma 27.8 beschriebenen Substitution

werden wir auf die Funktion

geführt. Mit der in Lemma 27.5 beschriebenen Substitution

werden wir auf die rationale Funktion

geführt. Hierfür müssen wir die Partialbruchzerlegung finden. Die Division mit Rest ergibt

sodass es also um die rationale Funktion

geht. Diese Funktion ist eine rationale Funktion in , sodass wir zuerst die Partialbruchzerlegung von

bestimmen. Der Ansatz

führt zu

Einsetzen von , und führt zu

und

Daher ist

bzw.

Mit den Identitäten

und

ergibt sich schließlich

Die Stammfunktion von

ist daher

Daher ist

eine Stammfunktion von

und

ist eine Stammfunktion von




Fußnoten
  1. Der Fall ist nicht möglich, da dann die ursprüngliche Funktion für keine reelle Zahl definiert wäre.


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