Kurs:Differentialgeometrie (Osnabrück 2023)/Vorlesung 13
- Konstruktion von Vektorbündeln
Man kann sämtliche Konstruktionen, die man in der linearen Algebra für Vektorräume durchführt, auf Vektorbündel übertragen. In jeder Faser verwendet man die Konstruktionen für die Vektorräume. Da man aber auch die Trivialisierungen berücksichtigen muss, ist es am einfachsten, mit Verklebungsdaten zu arbeiten.
Zu reellen Vektorbündeln und auf einem topologischen Raum mit Trivialisierungen
und
nennt man das Vektorbündel zum Verklebungsdatum
und
mit
die direkte Summe der Vektorbündel und . Es wird mit bezeichnet.
Wenn durch die Matrixbeschreibung
und durch die Matrixbeschreibung
so erhält man die Matrixbeschreibung von , indem man die beiden Matrizen diagonal zu einer -Matrix zusammensetzt und mit Nullen auffüllt.
Zu reellen Vektorbündeln und auf einem topologischen Raum mit Trivialisierungen
und
nennt man das Vektorbündel zum Verklebungsdatum
und
mit
(dabei wird für jeden Basispunkt das Tensorprodukt der linearen Abbildungen genommen) das Tensorprodukt der Vektorbündel und . Es wird mit bezeichnet.
Bei gegebenen Matrixbeschreibungen erhält man die Matrixbeschreibung des Tensorproduktes durch das sogenannte Kroneckerprodukt. Dabei wird jeder Eintrag der einen Matrix mit jedem Eintrag der anderen Matrix multipliziert.
Zu einem reellen Vektorbündel vom Rang auf einem topologischen Raum mit Trivialisierungen
und nennt man das Vektorbündel zum Verklebungsdatum
und
mit
(dabei wird für jeden Basispunkt das -te äußere Produkt der linearen Abbildungen genommen) das -te äußere Produkt des Vektorbündels . Es wird mit bezeichnet.
Bei einer gegebenen Matrixbeschreibung von erhält man die Matrixbeschreibung des -ten äußeren Produktes, indem man sämtliche Determinanten der - Untermatrizen zu einer Matrix zusammenfasst.
Zu einem reellen Vektorbündel vom Rang auf einem topologischen Raum nennt man das -te äußere Produkt das Determinantenbündel von . Es wird mit bezeichnet.
Das Determinantenbündel ist ein Geradenbündel. Die Matrixbeschreibung ist durch die Determinante gegeben.
Zu reellen Vektorbündeln und auf einem topologischen Raum mit Trivialisierungen
und
nennt man das Vektorbündel zum Verklebungsdatum
und
mit
die Homomorphismenbündel der Vektorbündel und . Es wird mit bezeichnet.
Zu einem reellen Vektorbündel auf einem topologischen Raum nennt man das Homomorphismenbündel das duale Bündel von . Es wird mit bezeichnet.
- Differenzierbare Vektorbündel
Es sei ein differenzierbare Mannigfaltigkeit und . Ein differenzierbares Vektorbündel vom Rang ist eine Mannigfaltigkeit zusammen mit einer differenzierbaren Abbildung derart, dass jede Faser ein - dimensionaler reeller Vektorraum ist und dass es eine offene Überdeckung und Diffeomorphismen
über gibt, die in jeder Faser einen linearen Isomorphismus
induzieren.
- Orientierungen auf Mannigfaltigkeiten
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit. Eine Karte
mit und offen heißt orientiert, wenn der orientiert ist.
Wenn man einen Atlas aus orientierten Karten hat, so haben die Orientierungen auf den umgebenden Zahlenräumen , in denen die offenen Bilder der Karten liegen, erstmal nichts miteinander zu tun (obwohl man stets schreibt). Ein Zusammenhang zwischen den Orientierungen wird erst durch die beiden folgenden Begriffe formulierbar.
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und es seien und orientierte Karten. Dann heißt der zugehörige Kartenwechsel
orientierungstreu, wenn für jeden Punkt das totale Differential
orientierungstreu ist.
Eine differenzierbare Mannigfaltigkeit mit einem Atlas heißt orientiert, wenn jede Karte orientiert ist und wenn sämtliche Kartenwechsel orientierungstreu sind.
Bei einer orientierten Mannigfaltigkeit besitzt jeder Tangentialraum eine Orientierung. Man kann einfach eine beliebige Kartenumgebung (aus dem orientierten Atlas) wählen und die Orientierung auf
mittels nach transportieren. Wegen der Orientierungstreue der Kartenwechsel ist diese Orientierung unabhängig von der gewählten Kartenumgebung.
In einer orientierten Mannigfaltigkeit kann man auch zu zwei Basen in den Tangentialräumen zu zwei verschiedenen Punkten sagen, ob sie die gleiche Orientierung repräsentieren oder nicht. Dies ist der Fall, wenn beide Basen die Orientierung der Mannigfaltigkeit repräsentieren oder aber beide nicht.
Eine Mannigfaltigkeit heißt orientierbar, wenn sie diffeomorph zu einer orientierten Mannigfaltigkeit ist. D.h. wenn es einen Atlas gibt, der die gleiche differenzierbare Struktur definiert und der zusätzlich orientiert werden kann.
Es sei offen, eine stetig differenzierbare Funktion und die Faser zu , wobei in jedem Punkt von regulär sei. Wir legen auf dem umgebenden Raum eine Orientierung fest (beispielsweise die Standardorientierung) und wir fixieren ein Einheitsnormalenfeld auf . Dies legt eine Orientierung auf (als Mannigfaltigkeit) fest, indem man auf jedem Tangentialraum festlegt, dass eine Basis die Orientierung repräsentiert, wenn die Orientierung des repräsentiert.
- Kompaktheit
Teilmengen eines euklidischen Raumes, die sowohl abgeschlossen als auch beschränkt sind, nennt man kompakt. Auf topologischen Räumen, die nicht durch eine Metrik gegeben sind, kann man nicht von beschränkt sprechen, aber auch bei einem metrischen Raum, der keine Teilmenge eines ist, führen die beiden Eigenschaften abgeschlossen und beschränkt nicht sehr weit. Schlagkräftiger ist das folgende Konzept.
Ein topologischer Raum heißt kompakt (oder überdeckungskompakt), wenn es zu jeder offenen Überdeckung
eine endliche Teilmenge derart gibt, dass
ist.
Diese Eigenschaft nennt man manchmal auch überdeckungskompakt. Häufig nimmt man zu kompakt noch die Eigenschaft Hausdorffsch mit hinzu. Es sei betont, dass diese Eigenschaft nicht besagt, dass es eine endliche Überdeckung aus offenen Mengen gibt (es gibt immer die triviale offene Überdeckung mit dem Gesamtraum), sondern dass man, wenn irgendeine irgendwie indizierte offene Überdeckung vorliegt, dann nur eine endliche Teilmenge aus der Indexmenge für die Überdeckung nötig ist.
Es sei ein topologischer Raum mit einer abzählbaren Basis.
Dann ist genau dann kompakt, wenn jede Folge in einen Häufungspunkt (in ) besitzt.
Es sei kompakt und sei eine Folge gegeben. Nehmen wir an, dass diese Folge keinen Häufungspunkt besitzt. Das bedeutet, dass es zu jedem eine offene Umgebung gibt, in der es nur endlich viele Folgenglieder gibt. Wegen
gibt es nach Voraussetzung eine endliche Teilüberdeckung
Es sei die Folgeneigenschaft erfüllt und sei eine Überdeckung mit offenen Mengen. Da eine abzählbare Basis besitzt, gibt es nach Aufgabe 2.8 (Maß- und Integrationstheorie (Osnabrück 2022-2023)) eine abzählbare Teilmenge mit
Wir können
annehmen. Nehmen wir an, dass die Überdeckung
keine endliche Teilüberdeckung besitzt. Dann ist insbesondere
für jedes
und daher gibt es zu jedem
ein
mit .
Nach Voraussetzung besitzt diese Folge einen Häufungspunkt . Da eine Überdeckung
vorliegt, gibt es ein
mit
.
Da ein Häufungspunkt ist, liegen unendlich viele Folgenglieder in . Dies ist ein Widerspruch, da nach Konstruktion für
die Folgenglieder nicht zu gehören.
Der folgende Satz heißt Satz von Heine-Borel.
Es sei eine Teilmenge Dann sind folgende Aussagen äquivalent.
- ist überdeckungskompakt.
- Jede Folge in besitzt einen Häufungspunkt in .
- Jede Folge in besitzt eine in konvergente Teilfolge.
- ist abgeschlossen und beschränkt.
Die Äquivalenz von (1) und (2) wurde allgemeiner in
Lemma 13.13
bewiesen, für die Existenz einer abzählbaren Basis siehe
Aufgabe 13.17.
Die Äquivalenz von (2) und (3) ist klar.
Die Äquivalenz von (3) und (4) wurde in
Satz 36.9 (Analysis (Osnabrück 2021-2023))
gezeigt.
- Maße auf Mannigfaltigkeiten
Es sei eine Mannigfaltigkeit. Gibt es ein sinnvolles Volumen für (Teilmengen von) , wann kann man eine auf definierte Funktion sinnvoll integrieren? Wenn man die Maßtheorie als allgemeines Konzept zugrunde legt, so ergibt sich folgendes Bild: es sei vorausgesetzt, dass einen abzählbaren Atlas besitzt. Ein Maß auf den Borelmengen ist dann durch die Einschränkungen des Maßes auf die offenen Teilmengen eindeutig bestimmt. Für jedes definiert die Homöomorphie
das Bildmaß auf . Dabei stehen die Bildmaße , , untereinander in der Beziehung
für jede messbare Teilmenge . Mit den Kartenwechseln bedeutet dies
für jede messbare Menge , die ganz innerhalb des Definitionsbereiches der Übergangsabbildung liegt.
Nehmen wir nun an, dass sich die Bildmaße jeweils mit einer Dichte bezüglich des Borel-Lebesgue-Maßes schreiben lassen, sagen wir
mit auf definierten integrierbaren Funktionen . Für eine messbare Teilmenge gilt dann also
Für eine messbare Teilmenge gilt somit nach der Transformationsformel, angewendet auf die diffeomorphe Übergangsabbildung
die in überführt, die Gleichheit
Dies legt für die Dichtefunktionen , , das Transformationsverhalten
nahe (auch wenn es dies nicht erzwingt, da eine Dichte durch ihr Maß nicht eindeutig bestimmt ist). Wir werden die Integrationstheorie für Mannigfaltigkeiten auf dem Konzept der -Differentialformen aufbauen, die in natürlicher Weise dieses Transformationsverhalten (ohne den Betrag) besitzen.
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