Kurs:Lineare Algebra (Osnabrück 2017-2018)/Teil II/Vorlesung 53



Norm von Endomorphismen und Matrizen

Es seien und endlichdimensionale normierte - Vektorräume und eine lineare Abbildung. Dann nennt man

die Norm von .

Genauer spricht man von der Supremumsnorm oder der Maximumsnorm. Dies ist in der Tat eine Norm auf dem endlichdimensionalen -Vektorraum . Sie ist ein Spezialfall der Supremumsnorm von Arbeitsblatt 32, wenn man die Inklusion heranzieht. In dieser Situation kann man statt des Supremums auch das Maximum nehmen, da das Supremum aufgrund der Kompaktheit der Sphäre (bezüglich der gegebenen Norm) angenommen wird. Diese Norm hängt von den gewählten Normen auf und ab, aufgrund der Ergebnisse der letzten Vorlesung ist allerdings die Topologie auf dem Homomorphismenraum für jede Norm gleich. Eine wichtige Abschätzung ist

für alle , siehe Aufgabe 53.27.

Bei und erhält man bei fixierten Normen auf diesen Räumen ausgewählte Normen auf dem Matrizenraum

Wegen

kann man den Matrizenraum auch mit der euklidischen Norm, der Maximumsnorm (bezogen auf die einzelnen Matrixeinträge) und der Summennorm versehen. Es gibt darüber hinaus noch weitere Normen, die Bezug auf die Matrixstruktur nehmen. Es sei die Matrix gegeben. Man nennt

die Spaltensummennorm und

die Zeilensummennorm. Die Spaltensummennorm ist die Maximumsnorm im Sinne von Definition 53.1, wenn man die beiden Räume mit der Summennorm versieht, siehe Aufgabe 53.4.



Konvergenz von Matrixpotenzen

Zu einer komplexen Zahl hängt das Konvergenzverhalten der Potenzen , , wesentlich vom Betrag der Zahl ab. Bei konvergiert die Folge gegen , bei ist die Folge zwar beschränkt, konvergiert aber nur bei , und bei ist die Folge divergent. Die entsprechende Fragestellung ergibt auch für Potenzen von quadratischen Matrizen mit Einträgen über Sinn. All diese Potenzen liegen in . Da dies ein endlichdimensionaler komplexer Vektorraum ist, hängt die Konvergenz in ihm nach Satz 52.16 nicht von einer gewählten Norm ab. Für eine Diagonalmatrix

hängt das Konvergenzverhalten der Potenzen

direkt von den Einträgen in der Diagonalen ab. Beispielsweise konvergieren die Potenzen der Matrix genau dann gegen die Nullmatrix, wenn der Betrag eines jeden Diagonaleintrags kleiner als ist.


Es sei

mit . Dann ist nach Aufgabe 28.14

Für

konvergiert diese Matrixfolge gegen die Nullmatrix, da jeder Eintrag gegen konvergiert, für

konvergiert die Folge nicht, da der Eintrag rechts oben nicht konvergiert und noch nicht einmal beschränkt ist. Dies ist generell bei der Fall.


Die Konvergenz von Matrixpotenzen hat viel mit den Eigenvektoren der Matrix zu tun.


Es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum und

ein Endomorphismus. Es sei derart, dass die Folge konvergiert.

Dann ist der Grenzvektor

der Nullvektor oder ein Eigenvektor von zum Eigenwert .

Es sei der Grenzvektor. Dann ist

für alle . Aufgrund der Stetigkeit (nach Satz 52.17) von sind die Limiten (nach Satz 52.13) vertauschbar, also

Daher ist ein Fixpunkt von , also der Nullvektor oder ein Eigenvektor zum Eigenwert .



Es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum und

ein Endomorphismus mit der Zerlegung (im Sinne von Satz 28.1)

mit einer (untereinander vertauschbaren) diagonalisierbaren und einer nilpotenten Abbildung mit

Dann besitzen die Potenzen von die Darstellung

Dies folgt direkt aus

der Vertauschbarkeit und der allgemeinen binomischen Formel.



Asymptotische Stabilität und Stabilität

Es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum und

ein Endomorphismus. Dann heißt asymptotisch stabil, wenn die Folge in gegen die Nullabbildung konvergiert.

Im Folgenden werden in der reellen Situation auch die komplexen Eigenwerte eine Rolle spielen. Diese sind die komplexen Nullstellen des charakteristischen Polynoms bzw. die Eigenwerte der Matrix, wenn man sie über auffasst. Sie sind nicht Eigenwerte der reellen Matrix im Sinne der Definition. Auch die jordansche Normalform, die ja im Allgemeinen nur komplex existiert, wird ebenfalls in der reellen Situation verwendet.


Es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum und

ein Endomorphismus. Dann sind folgende Eigenschaften äquivalent.

  1. ist asymptotisch stabil.
  2. Zu jedem konvergiert die Folge , , gegen .
  3. Es gibt ein Erzeugendensystem derart, dass , , gegen konvergiert.
  4. Der Betrag eines jeden komplexen Eigenwerts von ist kleiner als .

Aus (1) folgt (2). Es sei . Wir können mit einer beliebigen Norm auf und dem Endomorphismenraum arbeiten, beispielsweise mit der Maximumsnorm. Dann konvergiert wegen

die Folge gegen . Von (2) nach (3) ist klar. Wenn umgekehrt (3) erfüllt ist, und

eine Linearkombination ist, so ist

und aus der Konvergenz der beteiligten Folgen gegen folgt die Konvergenz dieser Summenfolge gegen . Von (2) bzw. (3) nach (4). Wir können annehmen: Im reellen Fall kann man von ausgehen und die Abbildung durch eine reelle Matrix ausdrücken und diese als komplexe Matrix auffassen. Das gegebene reelle Erzeugendensystem ist dann auch ein komplexes Erzeugendensysten für den . Es sei ein Eigenwert und ein Eigenvektor zu . Da nach Voraussetzung

gegen konvergiert, muss gegen konvergieren und daher ist

Für den Schluss von (4) auf (1) verwenden wir Lemma 53.4, es ist also

wobei die Nilpotenzordnung des nilpotenten Anteils ist. Die Eigenwerte von sind nach Aufgabe 28.13 die Eigenwerte des diagonalisierbaren Anteils , sie seien mit bezeichnet. Die Summanden sind von der Form

zu einem festen und einem Polynom . Die Diagonaleinträge von sind (nach Diagonalisieren) von der Form

und wegen konvergiert dies für gegen . Daher konvergiert gegen die Nullabbildung und das gilt nach Aufgabe 53.7 auch für das Produkt mit der festen Abbildung . Daher konvergiert auch die Summe gegen die Nullabbildung.



Es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum und

ein Endomorphismus. Der Spektralradius von ist

Da es im endlichdimensionalen Fall nur endlich viele (komplexe) Eigenwerte gibt, ist der Spektralradius wohldefiniert. Gemäß Satz 53.6 ist der Endomorphismus genau dann asymptotisch stabil, wenn der Spektralradius ist. Wir betonen, dass im Reellen der Spektralradius unter Bezug auf die Komplexifizierung berechnet wird.



Es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum und

ein Endomorphismus. Es sei eine Norm auf gegeben und die entsprechende Norm auf dem Endomorphismenraum.

Dann gilt für den Spektralradius die Abschätzung

Es sei ein Eigenwert von mit

Es sei ein Eigenvektor zu . Dann ist

und Division durch liefert die Behauptung.



Es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum und

ein Endomorphismus. Dann heißt stabil, wenn die Folge in beschränkt ist.

Beispielsweise ergibt sich aus dem folgenden Satz, dass eine Isometrie auf einem euklidischen Raum stabil ist, da für jeden Vektor ja sogar konstant ist.


Es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum und

ein Endomorphismus. Dann sind folgende Eigenschaften äquivalent.

  1. ist stabil.
  2. Zu jedem ist die Folge , , beschränkt.
  3. Es gibt ein Erzeugendensystem derart, dass , , beschränkt ist.
  4. Der Betrag eines jeden komplexen Eigenwerts von ist kleiner oder gleich und die Eigenwerte mit Betrag sind diagonalisierbar, d.h. ihre algebraische Vielfachheit ist gleich ihrer geometrischen Vielfachheit.
  5. Für eine beschreibende Matrix von , aufgefasst über , sind die Jordan-Blöcke der jordanschen Normalform gleich

    mit oder gleich mit .

Aus (1) folgt (2). Es sei . Wir können mit einer beliebigen Norm auf und dem Endomorphismenraum arbeiten, beispielsweise mit der Maximumsnorm. Dann ist wegen

auch beschränkt. Von (2) nach (3) ist klar. Wenn umgekehrt (3) erfüllt ist, und

eine Linearkombination ist, so ist

und aus der Beschränktheit der beteiligten Folgen folgt die Beschränktheit dieser Summenfolge. Die Äquivalenz von (4) und (5) ist klar, da über die jordansche Normalform existiert und man die Eigenwerte und die Vielfachheiten aus den Jordan-Blöcken ablesen kann. Von (2) nach (5). Wir können annehmen. Es sei

ein Jordan-Block der jordanschen Normalform. Bei

ergibt sich für einen zugehörigen Eigenvektor wegen

direkt ein Widerspruch zur Beschränktheit. Sei also

und sei angenommen, dass der Jordan-Block mindestens die Länge zwei besitzt. Nach Aufgabe 53.21 ist

Dabei ist aber die erste Komponente

nicht beschränkt im Widerspruch zur Voraussetzung.

Für den Schluss von (5) auf (1) können wir die einzelnen Jordan-Blöcke getrennt voneinander analysieren, da die Stabilität nach Aufgabe 53.19 mit einer Zerlegung in direkte Summanden verträglich ist. Für den ersten Typ folgt die Aussage aus Satz 53.6, für den Typ mit ist es klar, da die Norm der Potenzen konstant gleich ist.


Für die Konvergenz der Matrixpotenzen gibt es die folgende Charakterisierung.


Es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum und

ein Endomorphismus. Dann sind folgende Eigenschaften äquivalent.

  1. Die Folge konvergiert in .
  2. Zu jedem konvergiert die Folge , .
  3. Es gibt ein Erzeugendensystem derart, dass , , konvergiert.
  4. Der Betrag eines jeden komplexen Eigenwerts von ist kleiner oder gleich und falls der Betrag ist, so ist der Eigenwert selbst und diagonalisierbar.
  5. Für eine beschreibende Matrix von , aufgefasst über , sind die Jordan-Blöcke der jordanschen Normalform gleich

    mit oder gleich .

Beweis

Siehe Aufgabe 53.22.


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Arbeitsblatt zur Vorlesung (PDF)