Kurs:Bündel, Garben und Kohomologie (Osnabrück 2019-2020)/Vorlesung 27



Čech-Kohomologie auf dem Polynomring

Es sei ein kommutativer Ring und

der Polynomring über in Variablen. Man denke insbesondere an den Fall, wo ein Körper ist. Wir betrachten die offene Menge

wobei wir mit der angegebenen affinen Überdeckung mit den arbeiten werden. Der Čech-Komplex zu einem - Modul auf zu dieser Überdeckung hat somit die Gestalt

Es ist also

und die -te Čech-Kohomologie ist die Homologie des oben ausgeschriebenen Komplexes. Komponentenweise sind die Abbildungen dabei einfach die kanonischen Abbildungen in die Nenneraufnahmen (es wird jeweils eine zusätzliche Variable als Nenner aufgenommen), allerdings werden diese noch mit einem Vorzeichen versehen, wie das in der Definition des Čech-Komplex festgelegt wurde. Wir beschreiben diese Komplexe für die Strukturgarbe (also) genauer, wobei es hilfreich ist, die Komplexe durch die feine Monomgraduierung, wo mit der Gruppe graduiert wird, in einfachere Komplexe aufzuspalten. Wir betrachten zuerst die kleinen Dimensionen.


Sei . Der Čechkomplex zur Strukturgarbe auf ist

Dieser Komplex ist mit der feinen Monomgraduierung verträglich. Die Komponente zu hängt im Wesentlichen davon ab, ob die Exponenten positiv oder negativ sind. Wenn und beide nichtnegativ sind, so steht hier insgesamt

und der Komplex ist hinten exakt und der Kern vorne ist isomorph zu . Wenn negativ und nichtnegativ ist (entsprechend umgekehrt), so steht hier insgesamt

und der Komplex ist exakt. Wenn und beide negativ sind, so steht hier insgesamt

und die hintere Homologie ist . Insgesamt ist daher

und .



Sei . Der Čechkomplex zur Strukturgarbe ist

Dieser Komplex ist mit der feinen Monomgraduierung verträglich. Es ist gleich , ist (siehe Satz 27.3) und ist der freie -Modul mit der Basis , .




Es sei ein kommutativer Ring und der Polynomring über in Variablen.

Dann ist die Čech-Kohomologie zur Strukturgarbe und zur Überdeckung , , der offenen Menge gleich

Wir betrachten den Čechkomplex mit der feinen durch die Monome gegebenen -Graduierung. Zu einem fixierten Tupel

sei die Menge der Indizes mit negativem Eintrag. Zu diesem ist

Die Identifikation in der Mitte beruht darauf, dass die Komponente zu bei gleich ist und bei gleich . Das Monom in dieser Nenneraufnahme entspricht . Bei der Identifikation rechts entspricht dem Basiselement . Der Komplex zum Index entspricht also einem aufsteigenden Binomialkomplex zur Indexmenge zum Ring (statt ), allerdings ohne einen freien Summanden links für die leere Menge.

Bei und zumindest einem negativen Exponenten steht rechts höchstens ein isoliertes . Dies wird aber () nicht auf abgebildet und somit hat dies keinen Beitrag zu . Wenn hingegen alle Exponenten nichtnegativ sind, so sind die Elemente gleich

und dieses wird genau dann auf abgebildet, wenn die Koeffizienten übereinstimmen. Daher ist die nullte Čechkohomologie gleich dem Polynomring

Sei . Bei ist die Situation isomorph zu einem aufsteigenden Binomialkomplex zu einer nichtleeren Indexmenge und daher ist die Homologie trivial nach Lemma Anhang 8.11. Daher ist die Homologie überhaupt trivial für alle zwischen und . Es sei also und . Dies sind die mit ausschließlich negativen Exponenten. Der Komplex (entspricht dem leeren aufsteigenden Binomialkomplex) ist

und daher ist



Kohomologie auf projektiven Schemata



Es sei ein kommutativer Ring und der Polynomring über in Variablen und

der zugehörige projektive Raum.

Dann ist die Kohomologie der getwisteten Strukturgarben gleich

Dies folgt aus Satz 27.3.


Speziell ist für die kanonische Garbe (vergleiche Korollar 19.10)

und

für .



Es sei der projektive Raum über einem noetherschen Ring und sei eine kohärente Garbe auf .

Dann sind die endlich erzeugte - Moduln.

Für die getwisteten Strukturgarben ergibt sich die Aussage aus Satz 27.4. Damit gilt sie auch für endliche direkte Summen von solchen Garben. Den allgemeinen Fall beweisen wir durch absteigende Induktion über den kohomologischen Index . Wenn dieser oberhalb von liegt, so gibt es nach Satz 26.10 nur triviale Kohomologie (wenn endliche Dimension besitzt, so kann man auch mit Satz 25.12 argumentieren), was den Induktionsanfang sichert. Es sei also die Aussage für ein und jede kohärente Garbe bewiesen. Es sei eine kohärente Garbe. Dann gibt es nach Satz 15.13 eine endliche direkte Summe und einen surjektiven - Modulhomomorphismus

Es sei der Kern dieser Abbildung, der nach Aufgabe 14.20

ebenfalls kohärent ist. Die zugehörige lange exakte Kohomologiesequenz zur Garbensequenz

ist

Dazu gehört die kurze exakte Sequenz von -Moduln

Nach der Vorüberlegung bzw. der Induktionsvoraussetzung sind und endlich erzeugte -Moduln und daher sind auch und nach Satz 10.4 (Algebraische Kurven (Osnabrück 2017-2018)) auch endlich erzeugt. Nach Lemma 20.8 (Kommutative Algebra) ist auch endlich erzeugt.



Es sei ein projektives Schema über einem noetherschen Ring mit einer abgeschlossenen Einbettung in einen projektiven Raum. Es sei eine quasikohärente Garbe auf und die vorgeschobene Garbe.

Dann ist

für alle .

Die vorgeschobene Garbe ist wieder quasikohärent. Nach Satz 26.10 kann man beide Seiten mit Čech-Kohomologie bezüglich der affinen Standardüberdeckung des projektiven Raumes bzw. der Überdeckung von berechnen. Dabei stimmt der gesamte Čech-Komplex überein und insbesondere die Čech-Kohomologie.



Es sei ein projektives Schema über einem noetherschen Ring und sei eine kohärente Garbe auf .

Dann sind die endlich erzeugte - Moduln.

Dies folgt aus Satz 27.6 und Satz 27.5.


Man beachte, dass es um -Moduln geht, nicht um Moduln über dem Koordinatening von . Im wichtigsten Fall, wenn ein Körper ist, handelt es sich also bei den Kohomologiegruppen um endlichdimensionale Vektorräume über . Deren Dimensionen sind natürliche Zahlen, die den kohärente Garben auf zugeordnet werden und für diese in gewisser Weise charakteristisch sind. Wenn man die Strukturgarbe oder die Tangentialgarbe auf nimmt, so erhält man Zahlen (Invarianten), die für selbst charakteristisch sind. In diesem Zusammenhang setzt man abkürzend

Beispielsweise ist für eine glatte projektive Kurve über einem algebraisch abgeschlossenen Körper die Vektorraumdimension von das sogenannte Geschlecht der Kurve. Dies ist die wichtigste Invariante, wobei im komplexen Fall ein unmittelbarer Zusammenhang mit der topologischen Gestalt der Kurve (als komplex eindimensionale, reell zweidimensionale Mannigfaltigkeit) besteht.



Die Euler-Charakteristik

Es sei ein projektives Schema über einem Körper . Zu einer kohärenten Garbe nennt man

die Euler-Charakteristik von .

Wegen Satz 27.7 ist dieser Ausdruck eine wohldefinierte ganze Zahl. Da oberhalb der Dimension die Kohomologie gleich ist, könnte man die alternierende Summe auch gegen unendlich laufen lassen.



Es sei ein projektives Schema über einem Körper .

Dann ist die Euler-Charakteristik von kohärenten Garben auf additiv für kurze exakte Sequenzen.

D.h. für eine kurze exakte Sequenz von kohärenten Garben

ist

Dies ergibt sich aus der zugehörigen langen exakten Kohomologiesequenz und Satz 25.12

mit der Dimensionsformel.



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