Kurs:Maß- und Integrationstheorie (Osnabrück 2022-2023)/Vorlesung 20
- Normale topologische Räume
Ein topologischer Raum heißt normal, wenn die einzelnen Punkte abgeschlossen sind und es in ihm zu je zwei disjunkten offene Mengen und mit gibt.
Diese Eigenschaft kann man auch so formulieren, dass es zu einer Inklusion mit abgeschlossen und offen eine Verfeinerung
mit den entsprechenden Eigenschaften gibt.
Ein metrischer Raum
ist normal.
Es seien disjunkte abgeschlossene Teilmengen des metrischen Raumes . Zu jedem Punkt gibt es aufgrund der Abgeschlossenheit von ein derart, dass der offene Ball disjunkt zu ist. Entsprechend gibt es zu ein derart, dass disjunkt zu ist. Es ist dann
eine offene Umgebung von und
eine offene Umgebung von . Wir behaupten, dass diese beiden offenen Mengen disjunkt sind. Nehmen wir an, dass dies nicht der Fall ist. Dann gibt es Punkte und derart, dass
ist. Es sei ein Punkt darin. Dann ist
Ohne Einschränkung sei . Dann ist
was ein Widerspruch zur Wahl von ist.
Ein kompakter topologischer Raum
ist normal.
Es seien disjunkte abgeschlossene Teilmengen des kompakten Raumes . Zuerst sei beliebig und ein Punkt. Dann gibt es zu jedem Punkt aufgrund der Hausdorff-Eigenschaft disjunkte Umgebungen und . Es ist
eine offene Überdeckung. Nach Lemma 17.3 ist mit auch kompakt und daher gibt es eine endliche Teilüberdeckung, sagen wir
Es ist dann eine offene Umgebung von , die zur offenen Umgebung
von disjunkt ist.
Für den allgemeinen Fall gibt es nach diesem speziellen Fall zu jedem disjunkte offene Umgebungen und . Es ist dann
eine offene Überdeckung, für die es wieder eine endliche Teilüberdeckung gibt, die zu disjunkt ist.
Die folgende Aussage heißt Satz von Urysohn.
Es sei ein normaler topologischer Raum.
Dann gibt es zu disjunkten abgeschlossenen Teilmengen eine stetige Funktion mit und .
Wir definieren induktiv über zu den Zahlen mit eine Kette von offenen Teilmengen und von abgeschlossenen Teilmengen mit
und mit
für . Wir starten induktiv mit , , und . Es seien die Mengen zum Nenner schon konstruiert. Das heißt, dass zum Nenner die Mengen zu den Indizes mit gerade schon konstruiert sind. Für ungerade liegt die Situation
vor. Aufgrund der Normalität gibt eine offene Menge und eine abgeschlossene Menge mit
wie gewünscht.
Wir definieren jetzt eine Funktion
durch
Dabei besitzt auf den Wert und auf den Wert . Es ist
woraus die Stetigkeit folgt.
- Approximationseigenschaften in den Lebesgueräumen
Es sei ein topologischer Raum, der zugleich ein Maßraum auf der - Algebra der Borelmengen sei. Es gibt dann einerseits die stetigen Funktionen und andererseits - integrierbare Funktionen , die beides messbare Funktionen sind. Wir möchten verstehen, unter welchen Bedingungen an und an das Maß die stetigen Funktionen integrierbar sind und inwiefern man ihnen die integrierbaren Funktionen approximieren kann.
Es sei fixiert und es sei eine - integrierbare Funktion, die wir als reellwertig und als nichtnegativ annehmen können. Nach Lemma 8.11 gibt es eine Folge von einfachen monoton wachsenden Funktionen , die punktweise gegen konvergieren. Wegen und der -Integrierbarkeit von sind auch die -integrierbar, woraus wiederum folgt, dass die Träger zu einen endlichen Träger haben. Wegen
können wir Satz 10.9 auf die Funktionenfolge , die ja gegen konvergiert, anwenden, und erhalten, dass
für gegen konvergiert. Dies bedeutet, die Konvergenz von gegen in .
Um zu zeigen, dass auch die stetigen Funktionen, sagen wir für eine Teilmenge des , dicht sind, gibt es im Wesentlichen zwei Strategien. Man approximiert die einfachen Funktionen bzw. die Indikatorfunktionen zu beliebigen messbaren Teilmengen beliebig gut durch stetige Funktionen, oder aber, man verschärft das vorstehende Resultat und zeigt, dass auch die Indikatorfunktionen zu Quadern schon einen dichten Untervektorraum erzeugen, und approximiert diese durch stetige Funktionen.
Es sei eine messbare Teilmenge.
Dann ist das - dimensionale Volumen von gleich dem Infimum über die Volumensumme aller Quader-Überpflasterungen , , von , also
Dies folgt aus Satz 6.5 und der Definition eines äußeren Maßes.
Hierbei kann man offene, halboffene oder abgeschlossene Quader nehmen.
Das Borel-Lebesgue-Maß auf dem besitzt die folgenden Eigenschaften.
- Für alle beschränkten und insbesondere für alle kompakten Teilmengen ist .
- Für jede messbare Menge
ist
- Für jede messbare Menge
ist
Die erste Eigenschaft ist klar. Die zweite Eigenschaft folgt aus Lemma 20.6 mit offenen Quaderüberpflasterungen.
Zum Nachweis von (3) können wir annehmen, dass endlich ist.
Wir betrachten die Durchschnitte
Da die Bälle den Raum ausschöpfen, konvergieren die Volumina nach Lemma 3.4 (5) gegen das von . Wir können also durch ersetzen (beispielsweise mit einer Maßabweichung von ) und dann annehmen, dass ist. Wir betrachten
Nach Teil (2) können wir das Volumen von beliebig gut durch offene Mengen von oben approximieren, von den wir ferner annehmen können, dass sie in liegen, sagen wir
mit
Dann ist
eine abgeschlossene Teilmenge von und die Volumenabweichung ist wie zuvor.
Genaue Eigenschaften, Definition. Topologische Quetscheigenschaft. Topologisch approximierbar. Kompaktheit.
Es sei ein normaler topologischer Raum und ein - endliches Maß auf den Borelmengen von . Es sei eine messbare Teilmenge von mit .
Dann gibt es zu jedem eine stetige Funktion mit einem kompakten Träger derart, dass
Es sei mit einer abgeschlossenen Teilmenge und einer offenen Teilmenge derart, dass
ist. Dann sind und disjunkte abgeschlossene Teilmengen und daher gibt es in dem normalen Raum nach dem Lemma von Urysohn eine stetige Funktion , deren Bild in ist und die auf den Wert und auf den Wert besitzt. Daher stimmt auf und auf mit der Indikatorfunktion zu überein und die Abweichungsmenge liegt in , dessen Maß höchstens ist.
Es sei ein normaler topologischer Raum und sei ein - endliches topologisch (kompakt) approximierbares Maß auf den Borel-Mengen von .
Dann ist der Raum der -wertigen stetigen Funktionen mit einem kompakten Träger ein dichter Untervektorraum im Lebesgueraum .
Es sei der topologische Abschluss des Raumes der stetigen Funktionen mit kompakten Träger in . Es ist zu zeigen. Nach Lemma 20.8 gehören die Indikatorfunktionen zu messbaren Mengen mit endlichem Maß dazu. Wegen der Vektorraumeigenschaft gehören auch die einfachen Funktionen mit einer Trägermenge mit endlichem Maß dazu. Deshalb folgt die Aussage aus Lemma 20.5.
Es sei ein kompakter topologischer Raum und sei ein - endliches topologisch approximierbares Maß auf den Borel-Mengen von .
Dann ist der Raum der -wertigen stetigen Funktionen ein dichter Untervektorraum im Lebesgueraum .
Dies folgt direkt aus Satz 20.9.
Es sei ein Maß auf dem , das durch eine Dichte bezüglich des Borel-Lebesgue-Maßes gegeben sei.
Dann ist der Raum der -wertigen stetigen Funktionen mit einem kompakten Träger ein dichter Untervektorraum im Lebesgueraum .
Dies folgt wegen Lemma 20.7 aus Satz 20.9.
Im Lebesgueraum bildet
der Raum einen dichten Untervektorraum.
Dies folgt direkt aus Korollar 20.10.
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