Kurs:Lineare Algebra/Teil I/15/Klausur mit Lösungen


Aufgabe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Punkte 3 3 6 2 4 2 4 3 4 4 4 4 1 3 3 2 12 64




Aufgabe (3 Punkte)

Definiere die folgenden (kursiv gedruckten) Begriffe.

  1. Ein Ring .
  2. Eine Linearkombination in einem - Vektorraum.
  3. Die Dualbasis zu einer gegebenen Basis in einem - Vektorraum .
  4. Eine rationale Funktion über einem Körper .
  5. Das charakteristische Polynom zu einer -Matrix mit Einträgen in einem Körper .
  6. Eine baryzentrische Kombination in einem affinen Raum .


Lösung

  1. Eine Menge heißt ein Ring, wenn es zwei Verknüpfungen (genannt Addition und Multiplikation)

    und (nicht notwendigerweise verschiedene) Elemente gibt, die die folgenden Eigenschaften erfüllen.

    1. Axiome der Addition
      1. Assoziativgesetz: Für alle gilt: .
      2. Kommutativgesetz: Für alle gilt .
      3. ist das neutrale Element der Addition, d.h. für alle ist .
      4. Existenz des Negativen: Zu jedem gibt es ein Element mit .
    2. Axiome der Multiplikation
      1. Assoziativgesetz: Für alle gilt: .
      2. ist das neutrale Element der Multiplikation, d.h. für alle ist .
    3. Distributivgesetz: Für alle gilt und .
  2. Es sei eine Familie von Vektoren in . Dann heißt der Vektor

    eine Linearkombination dieser Vektoren

  3. Man nennt die Linearformen

    die durch

    festgelegt sind, die Dualbasis zur gegebenen Basis.

  4. Zu zwei Polynomen , , heißt die Funktion

    wobei das Komplement der Nullstellen von ist, eine rationale Funktion.

  5. Das Polynom

    heißt charakteristisches Polynom von .

  6. Zu einer Familie , , von Punkten in und einem Zahltupel , , mit

    heißt die Summe baryzentrische Kombination der .


Aufgabe (3 Punkte)

Formuliere die folgenden Sätze.

  1. Das Eliminationslemma für ein inhomogenes lineares Gleichungssystem in Variablen über einem Körper .
  2. Der Satz über die Dimension eines Untervektorraum .
  3. Der Satz über Diagonalisierbarkeit und Eigenräume.


Lösung

  1. Es sei ein Körper und ein (inhomogenes) lineares Gleichungssystem über in den Variablen . Es sei eine Variable, die in mindestens einer Gleichung mit einem von verschiedenen Koeffizienten vorkommt. Dann lässt sich jede von verschiedene Gleichung durch eine Gleichung ersetzen, in der nicht mehr vorkommt, und zwar so, dass das neue Gleichungssystem , das aus und den Gleichungen besteht, äquivalent zum Ausgangssystem ist.
  2. Wenn endlichdimensional ist, so ist auch endlichdimensional und es gilt
  3. Es sei ein Körper und es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum. Es sei

    eine lineare Abbildung. Dann ist genau dann diagonalisierbar, wenn die direkte Summe der Eigenräume

    ist.


Aufgabe (6 (2+1+3) Punkte)

Professor Knopfloch kommt gelegentlich mit verschiedenen Socken und/oder mit verschiedenen Schuhen in die Universität. Er legt folgende Definitionen fest.

  1. Ein Tag heißt sockenzerstreut, wenn er verschiedene Socken anhat.
  2. Ein Tag heißt schuhzerstreut, wenn er verschiedene Schuhe anhat.
  3. Ein Tag heißt zerstreut, wenn er sockenzerstreut oder schuhzerstreut ist.
  4. Ein Tag heißt total zerstreut, wenn er sowohl sockenzerstreut als auch schuhzerstreut ist.

a) Vom Jahr weiß man, dass Tage sockenzerstreut und Tage schuhzerstreut waren. Wie viele Tage waren in diesem Jahr maximal zerstreut und wie viele Tage waren minimal zerstreut? Wie viele Tage waren in diesem Jahr maximal total zerstreut und wie viele Tage waren minimal total zerstreut?

b) Vom Jahr weiß man, dass Tage sockenzerstreut und Tage schuhzerstreut waren. Wie viele Tage waren in diesem Jahr maximal zerstreut und wie viele Tage waren minimal total zerstreut?

c) Erstelle eine Formel, die die Anzahl der sockenzerstreuten, der schuhzerstreuten, der zerstreuten und der total zerstreuten Tage in einem Jahr miteinander in Verbindung bringt.


Lösung

a) Zerstreutheit: Die sockenzerstreuten Tage sind jedenfalls zerstreut. Das Minimum ergibt sich, wenn alle schuhzerstreuten Tage auch sockenzerstreut waren, das sind . Das Maximum ergibt sich, wenn kein Tag gleichzeitig sockenzerstreut und schuhzerstreut war, das ergibt Tage.

Totale Zerstreutheit: Die total zerstreuten Tage sind insbesondere schuhzerstreut. Das Maximum ergibt sich, wenn alle schuhzerstreuten Tage auch sockenzerstreut waren, das sind Tage. Das Minimum ergibt sich, wenn kein Tag gleichzeitig schuh- und sockenzerstreut war, also .

b) Wegen

können alle Jahre des Tages zerstreut gewesen sein, also . Minimal waren Tage total zerstreut.

c) Es sei die Anzahl der sockenzerstreuten Tage, die Anzahl der schuhzerstreuten Tage, die Anzahl der zerstreuten Tage und die Anzahl der total zerstreuten Tage. Dann gilt die Formel

Beide Seiten der Formel sind additiv in den Tagen, sie muss also nur für einen Tag nachgewiesen werden. Wenn der Tag nicht zerstreut ist, steht beidseitig . Wenn der Tag sockenzerstreut ist, aber nicht schuhzerstreut (oder umgekehrt), so ist der Tag zerstreut, aber nicht total zerstreut, und beidseitig steht . Wenn der Tag total zerstreut ist, so steht beidseitig .


Aufgabe (2 Punkte)

Es seien und Mengen und es seien

und

Abbildungen. Zeige, dass dann

gilt.


Lösung

Zwei Abbildungen sind genau dann gleich, wenn für jedes die Gleichheit gilt. Es sei also . Dann ist


Aufgabe (4 Punkte)

Beweise das Eliminationslemma für ein inhomogenes lineares Gleichungssystem in Variablen über einem Körper .


Lösung

Durch Umnummerieren kann man erreichen. Es sei die Gleichung

(mit ) und die Gleichung

Dann hat die Gleichung

die Gestalt

in der nicht mehr vorkommt. Wegen sind die Gleichungssysteme äquivalent.


Aufgabe (2 Punkte)

Erstelle eine Geradengleichung für die Gerade im , die durch die beiden Punkte und verläuft.


Lösung

Die Gerade wird in Punktvektorform durch

beschrieben. Die Gleichungsform hat somit die Gestalt

mit einem zu bestimmenden . Einsetzen des Punktes ergibt , also ist


Aufgabe (4 Punkte)

Man gebe ein Beispiel für einen Körper , eine kommutative Gruppe und eine Abbildung

derart, dass diese Struktur alle Vektorraumaxiome außer

erfüllt.


Lösung

Es sei und . Wir betrachten die „Skalarmultiplikation“

die durch

definiert ist. Um zu zeigen, dass das Assoziativitätsaxiom nicht erfüllt ist, betrachten wir

und ein beliebiges . Einerseits ist

und andererseits ist

Die anderen multiplikativen Axiome sind hingegen erfüllt. Es ist

und

Ferner ist

für alle .


Aufgabe (3 Punkte)

Es sei ein - Vektorraum und sei eine Familie von Vektoren in . Zeige, dass die Familie genau dann linear unabhängig ist, wenn es einen Untervektorraum gibt, für den die Familie eine Basis bildet.


Lösung

Wenn die Familie in eine Basis bildet, so ist sie linear unabhängig (in und in ). Wenn die Familie linear unabhängig ist, so betrachten wir den durch sie erzeugten Untervektorraum

Diese linear unabhängige Familie ist somit ein Erzeugendensystem von und daher eine Basis von .


Aufgabe (4 Punkte)

Es sei eine - Matrix über dem Körper . Es sei

für jede -Matrix vom Rang . Zeige


Lösung

Es sei

angenommen. Dann gibt es einen Vektor mit

Wir ergänzen zu einer Basis

von . Es sei die Matrix bezüglich der Standardbasis, die die durch und für festgelegte lineare Abbildung beschreibt. Der Rang von ist , da ja das Bild gerade ist, und es ist

also ist

im Widerspruch zur Voraussetzung.


Aufgabe (4 Punkte)

Es sei der Körper mit zwei Elementen. Bestimme die Dimension des von den Vektoren

erzeugten Untervektorraumes des .


Lösung

Da in allen Vektoren zwei Einträge gleich sind, gehören wegen sämtliche Vektoren zum Kern der durch

gegebenen Linearform. Die Dimension ist also maximal gleich . Wir betrachten den dritten, zweiten und den ersten Vektor der Familie, also

als Matrix. Die ersten drei Zeilen davon bilden eine obere Dreiecksmatrix mit Determinante . Also ist der Rang dieser Untermatrix gleich und somit ist die Dimension des erzeugten Raumes gleich .


Aufgabe (4 (1+3) Punkte)

  1. Überführe die Matrixgleichung

    in ein lineares Gleichungssystem.

  2. Löse dieses lineare Gleichungssystem.


Lösung

  1. Die einzelnen Einträge der Matrixgleichung ergeben das lineare Gleichungssystem
  2. Aus der ersten und der zweiten Gleichung ergibt sich mittels die Bedingung

    und somit

    Daher ist

    Aus der dritten und der vierten Gleichung ergibt sich mittels die Bedingung

    und somit

    Daher ist


Aufgabe (4 Punkte)

Beweise den Satz über die Dualbasis.


Lösung

Es sei

mit . Wenn wir diese Linearform auf anwenden, ergibt sich direkt

Die sind also linear unabhängig. Nach Korollar 13.12 (Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025)) besitzt der Dualraum die Dimension , daher muss bereits eine Basis vorliegen.


Aufgabe (1 Punkt)

Es seien und quadratische Matrizen über einem Körper . Zeige


Lösung

Aufgrund des Determinantenmultiplikationssatzes ist


Aufgabe (3 Punkte)

Betrachte die beiden Permutationen

und

Berechne und . Bestimme die Anzahl der Fehlstände und das Vorzeichen von . Man gebe die Zyklendarstellung von und von an. Was ist die Ordnung von ?


Lösung

Die Produkte der beiden Permutationen sind als Wertetabellen geschrieben

und

Die Fehlstände von sind

Das sind also Fehlstände und damit ist das Vorzeichen .

Die Zyklendarstellung von ist (wir führen auch die Fixpunkte aus)

Daher hat die Zyklendarstellung

Die Ordnung von ist , da ein Dreierzyklus und ein Viererzyklus beteiligt sind.


Aufgabe (3 Punkte)

Man bestimme sämtliche komplexen Nullstellen des Polynoms

und man gebe die Primfaktorzerlegung von diesem Polynom in und in an.


Lösung

Zunächst ist eine Nullstelle und daher ist ein Linearfaktor. Division mit Rest ergibt

Wir müssen also noch die komplexen Nullstellen von bestimmen. Dazu ist

Damit ist

und somit sind die weiteren Nullstellen


Aufgabe (2 Punkte)

Bestimme die - Matrizen über einem Körper der Form

mit


Lösung

Die Bedingung bedeutet

Daraus folgt direkt

und ist beliebig. Die Lösungen haben also die Gestalt

mit beliebigem .


Aufgabe (12 Punkte)

Beweise den Satz über die Charakterisierungen von trigonalisierbaren Abbildungen.


Lösung

Von (1) nach (2). Es sei eine Basis, bezüglich der die beschreibende Matrix zu obere Dreiecksgestalt besitzt. Dann folgt durch direkte Interpretation der Matrix, dass die Untervektorräume

- invariant sind und somit eine invariante Fahne vorliegt.

Von (2) nach (1). Es sei

eine - invariante Fahne. Aufgrund des Basisergänzungssatzes gibt es eine Basis von mit

Da die Fahne invariant ist, gilt

Bezüglich dieser Basis besitzt die beschreibende Matrix zu obere Dreiecksgestalt.

Von (1) nach (3). Das charakteristische Polynom von ist gleich dem charakteristischen Polynom , wobei eine beschreibende Matrix bezüglich einer beliebigen Basis ist. Wir können also annehmen, dass eine obere Dreiecksmatrix ist. Dann ist nach Lemma 16.4 (Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025)) das charakteristische Polynom das Produkt der Linearfaktoren zu den Diagonaleinträgen.

Aus (3) folgt (4), da das Minimalpolynom nach Korollar 24.3 (Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025)) ein Teiler des charakteristischen Polynoms ist.

Von (4) nach (2). Wir beweisen die Aussage durch Induktion nach , wobei die Fälle

klar sind. Nach Voraussetzung und nach Korollar 24.3 (Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025)) und Satz 23.2 (Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025)) besitzt einen Eigenwert. Nach Lemma 25.4 (Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025)) gibt es einen -dimensionalen Untervektorraum

der - invariant ist. Nach Korollar 25.6 (Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025)) ist das Minimalpolynom der Einschränkung ein Teiler des Minimalpolynoms von und zerfällt daher wie dieses in Linearfaktoren. Nach Induktionsvoraussetzung gibt es eine -invariante Fahne

und somit ist dies auch eine -invariante Fahne.