Kurs:Lineare Algebra (Osnabrück 2017-2018)/Teil I/Vorlesung 13



Projektionen

Zu einer direkten Summenzerlegung einen - Vektorraumes nennt man die lineare Abbildung

die erste Projektion (oder Projektion auf bezüglich der gegebenen Zerlegung oder Projektion auf längs ) und entsprechend

die zweite Projektion zu dieser Zerlegung. Da die und Untervektorräume von sind, ist es sinnvoll, die Gesamtabbildung

ebenfalls als Projektion zu bezeichnen. Dann liegt eine Projektion im Sinne der folgenden Definition vor.


Es sei ein Körper, ein - Vektorraum und ein Untervektorraum. Eine lineare Abbildung

heißt Projektion von auf , wenn und ist.


Es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum und , , eine Basis von . Zu einer Teilmenge sei

der zu gehörende Untervektorraum und

die zugehörige Projektion. Das Bild dieser Projektion ist und man kann die Abbildung auch als

auffassen. Auf liegt die Identität vor. Der Kern der Abbildung ist



Für den , versehen mit der Standardbasis, ergeben sich (im Sinne von Beispiel 13.2 betrachtet man die zweielementigen Teilmengen ) drei verschiedene Projektionen[1] auf die Koordinatenebenen. Man nennt

die Projektion auf die Grundebene,

die Projektion auf die Aufebene,

die Projektion auf die Kreuzebene (oder Seitenebene). Die Bilder eines Gegenstandes im unter diesen Projektionen heißen auch Grundriss, Aufriss und Kreuzriss.

Zu den einelementigen Teilmengen gehören die Projektionen auf die Achsen.


Eine abstraktere Definition ist die folgende, die a priori ohne Bezug auf einen Untervektorraum auskommt.


Es sei ein Körper und ein - Vektorraum. Eine lineare Abbildung

heißt Projektion, wenn

gilt.

Die Identität und die Nullabbildung sind Projektionen.



Es sei ein Körper und ein - Vektorraum.

Zu einer direkten Zerlegung

ist die Projektion auf eine Projektion im Sinne von Definition 13.4. Eine solche Projektion

führt umgekehrt zu einer Zerlegung

und ist die Projektion auf .

Es sei die Projektion auf . Für mit gilt dann

also ist

Es sei umgekehrt

eine Endomorphismus mit

Es sei . Dann gibt es insbesondere ein mit

Dann ist

d.h. der Durchschnitt der beiden Untervektorräume ist der Nullraum. Für ein beliebiges schreiben wir

Dabei gehört der vordere Summand zum Bild und wegen

gehört der hintere Summand zum Kern. Es liegt also eine direkte Summenzerlegung vor.



Homomorphismenräume

Es sei ein Körper und es seien und Vektorräume über . Dann nennt man

den Homomorphismenraum. Er wird versehen mit der Addition, die durch

definiert wird, und der Skalarmultiplikation, die durch

definiert wird.

Nach Aufgabe 13.8 handelt es sich in der Tat um einen -Vektorraum.


Es sei ein - Vektorraum über dem Körper . Dann ist die Abbildung

ein Isomorphismus von Vektorräumen, siehe Aufgabe 13.10.




Es sei ein Körper und es seien und Vektorräume über . Dann gelten folgende Aussagen.

  1. Eine lineare Abbildung

    mit einem weiteren Vektorraum induziert eine lineare Abbildung

  2. Eine lineare Abbildung

    mit einem weiteren Vektorraum induziert eine lineare Abbildung

Beweis

Siehe Aufgabe 13.15.



Es sei ein - Vektorraum mit einer direkten Summenzerlegung

Es sei ein weiterer -Vektorraum und es seien

und

lineare Abbildungen.

Dann ist durch

wobei die direkte Zerlegung ist, eine lineare Abbildung

gegeben.

Die Abbildung ist wohldefiniert, da die Darstellung mit und eindeutig ist. Die Linearität ergibt sich aus



Es sei ein Körper und es seien und Vektorräume über . Es seien

und

direkte Summenzerlegungen und es seien

die kanonischen Projektionen.

Dann ist die Abbildung

ein Isomorphismus.

Wenn man die als Untervektorräume von auffasst, so liegt eine direkte Summenzerlegung

vor.

Dass die angegebene Abbildung linear ist, folgt direkt aus Lemma 13.8. Zum Nachweis der Injektivität sei mit gegeben. Dann gibt es ein mit

Sei mit . Dann ist auch für ein . Dann ist auch für ein und damit ist

Zum Nachweis der Surjektivität sei eine Familie von Homomorphismen , gegeben, die wir als Abbildungen nach auffassen. Dann sind die

lineare Abbildungen von nach . Dies ergibt nach Lemma 13.9 eine lineare Abbildung von nach , die auf die vorgegebenen Abbildungen einschränkt.



Es sei ein Körper und es seien und endlichdimensionale - Vektorräume. Es sei eine Basis von und eine Basis von .

Dann ist die Zuordnung

ein Isomorphismus von -Vektorräumen.

Die Bijektivität wurde in Satz 10.15 gezeigt. Die Additivität folgt beispielsweise aus

wobei der Index die -te Komponente bezüglich der Basis bezeichnet.


Man kann auch die zu den Basen gehörende direkte Summenzerlegung in die eindimensionalen Untervektorräume bzw. betrachten und Lemma 13.10 anwenden.



Es sei ein Körper und es seien und endlichdimensionale - Vektorräume mit den Dimensionen bzw. .

Dann ist

Dies folgt unmittelbar aus Satz 13.11.



Untervektorräume von Homomorphismenräumen



Es seien und Vektorräume über einem Körper . Dann sind die folgenden Teilmengen Untervektorräume von .

  1. Zu einem Untervektorraum ist

    ein Untervektorraum von . Wenn und endlichdimensional sind, so ist

  2. Zu einem Untervektorraum ist

    ein Untervektorraum von , der zu isomorph ist. Wenn und endlichdimensional sind, so ist

  3. Zu Untervektorräumen und ist

    ein Untervektorraum von . Wenn und endlichdimensional sind, so ist

  4. Zu Untervektorräumen und ist

    ein Untervektorraum von .

(1). Die Untervektorraumeigenschaft ist klar. Zur Dimensionsaussage sei ein direktes Komplement zu in , also

Es sei eine Basis von . Jede lineare Abbildung aus bildet auf ab, und auf bzw. auf der Basis hat man freie Wahl. Daher ist

und die Dimensionsaussage folgt aus Korollar 13.12.

(2). Die Untervektorraumeigenschaft ist wieder klar. Die natürliche Abbildung

von Lemma 13.8  (2) ist in diesem Fall injektiv und daher ist

(3). Die Untervektorraumeigenschaft ist klar. Im endlichdimensionalen Fall sei

eine direkte Summenzerlegung. Nach Lemma 13.10 ist

und es ist

Daher ist die Dimension gleich

(4). Mit

ist . Daher folgt (4) aus (3).


Es sei ein Körper und es seien und endlichdimensionale - Vektorräume. Wir betrachten die natürliche Abbildung

wobei links der Produktraum steht. Diese Abbildung ist im Allgemeinen nicht linear. Es ist zwar einerseits

und andererseits

wenn man also eine Komponente festhält, so gilt Additivität (und ebenso Verträglichkeit mit der Skalarmultiplikation) in der anderen Komponente. Im Produktraum gilt

und somit ist

(nur in Ausnahmefällen ist ).




Fußnoten
  1. Diese Projektionen sind sogar sogenannte orthogonale Projektionen. Davon kann man nur sprechen, wenn man ein Skalarprodukt zur Verfügung hat, was wir im zweiten Semester behandeln werden. Hier liegen einfach nur lineare Projektionen vor, die, anders als im orthogonalen Fall, wesentlich vom gewählten direkten Komplement abhängen.


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