Kurs:Bündel, Garben und Kohomologie (Osnabrück 2019-2020)/Vorlesung 17



Geometrische Vektorbündel

Zu einem affinen Schema nennt man

zusammen mit der natürlichen Projektion auf , also der Spektrumsabbildung zu , das triviale Bündel vom Rang über . Zu einem Punkt , der dem Ringhomomorphimus entspricht, ist die Faser von über durch , also dem -dimensionalen affineen Raum über dem Restekörper , gegeben. Zu einem beliebigen Schema mit einer affinen Überdeckung definiert man , indem man die im Sinne von Lemma 7.10 so verklebt, wie es die Verklebungen der (innerhalb von ) vorgeben. Dieses triviale Bündel vom Rang kommt zusammen mit der Projektion . Man spricht auch vom affinen Zylinder vom Rang über und schreibt dafür auch . Diese trivialen Bündel sind die lokalen Bausteine für das Konzept eines geometrischen Vektorbündels über einem Schema.


Es sei ein Schema. Ein Schema zusammen mit einem Morphismus heißt geometrisches Vektorbündel vom Rang über , wenn es eine offene Überdeckung und - Isomorphismen

derart gibt, dass für jede offene affine Teilmenge die Übergangsabbildungen

lineare Automorphismen sind, also durch einen Automorphismus des Polynomringes der Form induziert sind.

Die Abbildungen heißen dabei die Trivialisierungen des Vektorbündels.

Das folgende Beispiel schließt an Beispiel 14.6 an.


Wir betrachten den quadratischen Zahlbereich , in dem die Gleichheit

gilt und darüber die - Algebra

mit der zugehörigen Spektrumsabbildung . Wir behaupten, dass ein geometrisches Geradenbündel vorliegt, wofür wir die offene Überdeckung heranziehen. Es ist

mit , wegen und und ein Isomorphismus. Ebenso ist

mit , wegen und und ein Isomorphismus. Auf ist die Übergangsabbildung durch gegeben, also linear.



Wir betrachten den Ringhomomorphismus

die zugehörige Spektrumsabbildung

sowie deren Einschränkung

Letzteres ist ein geometrisches Vektorbündel vom Rang über dem punktierten affinen Raum. Natürliche Trivialisierungen sind auf den gegeben, vergleiche Beispiel 1.2. Beispielsweise ist

da man

ausdrücken kann.



Wir betrachten den projektiven Raum

und das projektive Spektrum

wobei die Grade von gleich sind und den Grad bekommt. Gemäß Satz 12.11 induziert die homogene Inklusion

einen Schemamorphismus

Auf liegt die Abbildung

vor, also ein triviales Geradenbündel. Zu und werden die Übergangsabbildungen über

durch gegeben. Diese sind also linear und es liegt ein Geradenbündel über dem projektiven Raum vor.


Ein geometrisches Vektorbündel hat weitere Strukturen, die wir uns zuerst im Fall

klar machen. Der - Algebrahomomorphismus

führt zu der Spektrumsabbildung

die eine abgeschlossene Einbettung ist und die man den Nullschnitt nennt. Der -Algebrahomomorphismus

führt zur Spektrumsabbildung

die man die Addition auf dem Vektorbündel nennt. Ferner führt der -Algebrahomomorphismus

zu einer Spektrumsabbildung

die man die Skalarmultiplikation nennt.



Ein geometrisches Vektorbündel über einem Schema

besitzt einen Nullschnitt

eine Additionsabbildung

und eine Skalarmultiplikation

Auf einer affinen Teilmenge mit einer Trivialisierung

gibt es den durch gegebenen Nullschnitt. Wegen der Linearität der Übergangsabbildungen ist dieser Schnitt auf dem Durchschnitt unabhängig von der gewählten affinen Menge und somit wohldefiniert. Die Existenz der Addition beruht im Wesentlichen darauf, dass bei einem linearen -Algebraisomorphimus

das Diagramm

kommutiert. Die Existenz der Skalarmultiplikation ergibt sich in ähnlicher Weise.




Vektorbündelhomomorphismen

Es seien und Vektorbündel über einem Schema . Ein Homomorphismus von Vektorbündeln ist ein Schemamorphismus von nach über derart, dass es zu jedem Punkt eine offene affine Umgebung gibt, die die vorgegebenen Trivialisierungsumgebungen der Bündel verfeinern (also für geeignete ) und für die die Hintereinanderschaltungen

auf der Ringebene durch einen linearen Einsetzungshomomorphismus gegeben sind.

In der folgenden Aussage ist Kern als Urbild des Nullschnittes zu verstehen, also in jeder Faser als Urbild des Nullpunktes. Bei einem Homomorphismus von Vektorbündeln ist über jedem Punkt die Faserabbildung durch eine Matrix über dem zugehörigen Restekörper gegeben, allerdings gibt es in den affinen Räumen über diesem Körper Punkte mit ganz unterschiedlichenen Restekörpern, so dass man Konzepte der linearen Algebra mit einer gewissen Vorsicht anwenden muss.


Es seien und Vektorbündel über einem Schema und ein surjektiver Homomorphismus von Vektorbündeln.

Dann ist der (punktweise genommene) Kern ein Vektorbündel über .

Beweis

Siehe Aufgabe 17.18.


Ohne die Bedingung der Surjektivität ist der Kern eines Vektorbündelhomomorphismus kein Vektorbündel. In Beispiel 17.3 ist der punktweise definierte Kern nur auf dem punktierten Spektrum ein Vektorbündel, im Nullpunkt degeneriert der Kern zu einem dreidimensionalen Vektorraum.



Vektorbündel und lokal freie Garben

Zu einem geometrischen Vektorbündel auf einem Schema nennt man die zu einer offenen Teilmenge durch

definierte Garbe die Garbe der Schnitte in .



Zu einem geometrischen Vektorbündel

ist die Garbe der Schnitte eine lokal freie Garbe.

Durch die Addition

gibt es aufgrund von Aufgabe 17.19 eine wohldefinierte Addition auf der Garbe der Schnitte, wodurch wegen Aufgabe 17.11 zu einer Garbe von kommutativen Gruppen wird. Durch die Skalarmultipliaktion

erhält man eine - Modulstruktur auf . Zu einer offenen Menge mit ist

und ist lokal frei.


Geometrische Vektorbündel und lokal freie Garben sind im Wesentlichen äquivalente Objekte.


Auf einem Schema

entsprechen sich geometrische Vektorbündel und lokal freie Garben. Ferner entsprechen sich Vektorbündelhomomorphismen und - Modulhomomorphismen.

Einem geometrischen Vektorbündel über wird dabei die nach Lemma 17.9 lokal freie Garbe der Schnitte zugeordnet und einem Vektorbündelhomomorphismus wird der Modulhomomorphismus zugeordnet, der einen Schnitt auf den Schnitt abbildet.

Wir zeigen zuerst, dass jede lokal freie Garbe isomorph zu einer Garbe der Schnitte in einem Vektorbündel ist. Eine lokal freie Garbe vom Rang ist durch eine offene Überdeckung (wobei wir die als affin annehmen können) und Isomorphismen

gegeben. Die Hintereinanderschaltung

ist nach Satz 13.10 durch mit

gegeben. Dabei ist mit

Ferner ist die Determinante der Matrix eine Einheit in Dies definiert über

einen linearen - Algebraisomorphismus

und einen Schemaisomorphismus

der von der in der Definition eines geometrischen Vektorbündels geforderten Form ist. Wir betrachten das Verklebungsdatum von beringten Räumen

Die Kozykelbedingung ist dabei erfüllt, da die Daten von dem globalen Objekt herrühren. Aufgrund von Lemma 7.10 gibt es ein Schema , das dieses Verklebungsdatum realisiert. Die lokalen Projektionen

verkleben dabei zu einem Schemamorphismus

Aufgrund der Konstruktion handelt es sich um ein geometrisches Vektorbündel über . Es sei die Garbe der Schnitte zu . Wir behaupten, dass es einen natürlichen Isomorphismus

gibt. Wegen der Konstruktion gibt es natürliche Garbenisomorphismen

für jede offene Menge , und deren Einschränkungen auf die Durchschnitte stimmen überein. Nach Korollar 4.10 gibt es daher einen globalen Garbenhomomorphismus, und dieser ist nach Lemma 4.6 ein Isomorphismus.

Die Injektivität der Zuordnung ergibt sich, da sich ein Vektorbündel (bis auf Isomomorphie) durch seine Garbe der Schnitte durch die beschriebene Konstruktion rekonstruieren lässt. Für die Aussage über die Homomorphismen siehe Aufgabe 17.21, Aufgabe 17.22 und Aufgabe 17.23.


Die freie Garbe vom Rang entspricht unter dieser Äquivalenz dem affinen Raum über .


Es sei ein kommutativer Ring und ein Element. Dieses definiert über

einen Homomorphismus von Vektorbündeln. Dieser ist in den Fasern über den Punkten , in denen eine Einheit ist (also den Punkten aus ), eine Bijektion und über den anderen Punkten die Nullabbildung. Die Abbildung ist also nur dann injektiv (und zugleich surjektiv und bijektiv), wenn eine Einheit ist. Das Element definiert aber auch durch Multiplikation einen Homomorphismus der Strukturgarbe in sich

Auf jeder offenen Teilmenge liegt also der - Modulhomomorphismus

vor. Dabei ist dieser Garbenhomomorphismus genau dann injektiv, wenn ein Nichtnullteiler in ist, und bijektiv genau dann, wenn eine Einheit ist. Der Injektivitätsbegriff fällt also für Vektorbündel und lokal freie Garben auseinander.



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