Kurs:Studienprojekt:Modultheorie über Hauptidealbereichen (Osnabrück 2011-2012)/Zerlegung von Moduln über Hauptidealbereichen/Textabschnitt



Torsionsfreie Moduln

Es sei ein kommutativer Ring, in dem jedes Ideal von höchstens Elementen erzeugt werden kann. Es sei außerdem ein - Modul mit Erzeugern.

Dann besitzt jeder Untermodul ein Erzeugendensystem aus höchstens Elementen.

Wir führen Induktion über . Der Induktionsanfang ist klar, denn der Nullmodul, der von Elementen erzeugt wird, hat nur sich selbst als Untermodul.

Es sei der Sachverhalt also für Moduln, die von weniger als Elementen erzeugt werden, bewiesen. Es sei ein Untermodul eines Moduls mit Erzeugern .

Wir betrachten . Es sei die zugehörige kanonische Projektion. Diese hat die Eigenschaft . Der Restklassenmodul wird von erzeugt. Nach Induktionsvoraussetzung hat daher ein Erzeugendensystem mit Erzeugern:

wobei die aus gewählt seien.

ist ein Untermodul von und damit gemäß Lemma 2.2 isomorph zu einem Ideal von . Ein Ideal von ist bezüglich der kanonischen Projektion das Bild eines Ideals in und für alle Ideale in gibt es nach Voraussetzung ein Erzeugendensystem aus Elementen. Deshalb kann der Untermodul von Elementen

erzeugt werden, wobei die aus dem Ideal stammen.

Wir behaupten, dass von den , , und den , , zusammen erzeugt wird. Es sei dazu . Dann ist und somit ist

Also ist

und lässt sich als Linearkombination der angegebenen Elemente schreiben.



Es sei ein Hauptidealbereich und ein - Modul mit Erzeugern.

Dann besitzt jeder Untermodul ein Erzeugendensystem aus höchstens Elementen.

Dies folgt direkt aus Lemma 4.1.



Es sei ein Hauptidealbereich und ein endlicher torsionsfreier Modul.

Dann ist frei.

Wir führen Induktion über die Anzahl der Erzeugenden der endlichen, torsionsfreien Moduln. Für gibt es nur den Nullmodul, der trivialerweise frei ist.

Es sei daher jeder endliche, torsionsfreie Modul mit weniger als n Erzeugern frei. Es sei torsionsfrei.

Sind die Erzeuger linear unabhängig, so handelt es sich um eine Basis und wir sind fertig.

Sind die Erzeuger nicht linear unabhängig, so gibt es eine nichttriviale Relation , wobei o.B.d.A. ist. Es sei ein beliebiges Element mit einer Darstellung . Dann gilt

liegt daher im von erzeugten Untermodul . Weil torsionsfrei ist, ist isomorph zu und hat als Untermodul von nach Lemma 4.2 ein Erzeugendensystem aus Erzeugern. Daher ist nach Induktionsvoraussetzung frei.



Torsionsmoduln

Es sei ein Hauptidealbereich und ein Modul.

Es sei nun ein Primelement in . Der Untermodul aller von einer Potenz von annullierten Elemente von heißt die -Primärkomponente von .

Es ist also

wird -Sockel von genannt.

Bei für ein Primelement heißt ein Primärmodul.

Zur Motivation zwei einfache Beispiele.


Jede abelsche Gruppe ist nach Beispiel 1.7 auf natürliche Weise ein -Modul. Ein Element gehört genau dann zur Primärkomponente , wenn für ein ist.



Es sei ein Körper, ein - Vektorraum und ein Endomorphismus in . Dann trägt eine Modulstruktur über dem Polynomring , die vermittelt wird durch die Skalarmultiplikation

Die linearen Polynome für sind Primpolynome, also Primelemente in .

Der - Sockel

ist gerade der

Eigenraum zum Wert .

Die Verallgemeinerung heißt der zugehörige Hauptraum (dies ist also der Raum, in dem nilpotent ist).


Dieser Sachverhalt soll im folgenden motivierendes Beispiel dafür bilden die Zerlegung von Torsionsmoduln genauer zu betrachten.

Dass ein nicht torsionsfreier Modul frei ist, können wir nicht erwarten, da jedes Torsionselement schon für sich genommen linear abhängig ist und damit ist erst recht ein Erzeugendensystem des ganzen Moduls linear abhängig. Wir können einen Torsionsmodul über einem Hauptidealbereich aber als direkte Summe seiner Primärkomponenten darstellen, wie folgender Satz zeigt.


Es sei ein Hauptidealbereich und ein - Torsionsmodul. Enthalte außerdem die Teilmenge zu jeder Äquivalenzklasse assoziierter Primelemente je einen Repräsentanten.

Dann lässt sich darstellen als direkte Summe seiner Primärkomponenten:

Ebenso lässt sich auch der Torsionsuntermodul eines beliebigen - Moduls als direkte Summe der Primärkomponenten von darstellen.

Wir wollen die Zerlegung für endliche Untermoduln von zeigen. Wenn jeder endliche Untermodul eine direkte Summenzerlegung aus Primärkomponenten besitzt, dann gilt das auch für , weil jedes Element von in einem endlichen Untermodul liegt. Es sei daher ein beliebiger endlicher Untermodul von . ist als Untermodul des Torsionsmoduls ein Torsionsmodul. Jedes Element eines Erzeugendensystems wird daher annulliert von einem Nichtnullteiler . Jedes Element von wird daher annulliert von , deshalb gilt . Dieses besitzt als Element eines Hauptidealbereichs eine kanonische Primfaktorzerlegung

wobei eine

Einheit ist und paarweise verschiedene Primelemente.

Wir behaupten, dass

gilt.

Nach dem Lemma von Bezout gibt es für die Elemente mit , die nach Konstruktion keinen gemeinsamen Teiler besitzen, eine Darstellung der :

Es sei nun . Dann ist für alle
weil als Vielfaches von den Untermodul und damit auch annulliert. Weil gilt, gibt es für jedes eine Darstellung in . Es sei nun eine Darstellung eines Elements mit . Dann ist
weil für jeweils von annulliert wird.

Deshalb ist die Darstellung eindeutig und direkte Summe seiner Primärkomponenten und damit auch direkte Summe seiner Primärkomponenten.

Manchmal ist der betrachtete Modul nicht nur ein Torsionsmodul, sondern hat auch einen nichttrivialen Annullator. Dies ist genau dann der Fall, wenn es Ringelemente gibt, die alle Modulelemente annullieren. Im Beweis zu Satz 4.7 haben wir benutzt (und gezeigt), dass es dies für endliche Torsionsmoduln immer gibt.

Im Falle eines nichttrivialen Annullators kann man sogar eine Zerlegung in zyklische Primärmoduln finden. Im Beweis dafür benutzen wir folgendes Lemma, das wir vorweg nehmen wollen:


Es sei ein Hauptidealbereich, ein - Modul und ein Primelement.

Dann ist der - Sockel ein Vektorraum über dem Körper .

besteht aus allen Elementen, die sich durch annullieren lassen. Das bedeutet, dass das Ideal genau wie auf agiert. Aufgrund der Distributivität der skalaren Multiplikation hat das notwendig zur Folge, dass auch alle anderen Ringelemente „modulo “ agieren. Deshalb ist ein Modul über . ist nach Satz 3.14 ein Körper und ein Modul über einem Körper ist ein Vektorraum.



Es sei ein Hauptidealbereich und ein - Modul. Es sei außerdem .

Dann ist direkte Summe zyklischer Primärmoduln.

Die Aussage von Satz 4.7 ist gerade, dass direkte Summe seiner Primärkomponenten ist (weil ein Modul über einem Hauptidealbereich mit nichttrivialem Annullator in jedem Fall ein Torsionsmodul ist).

Es bleibt also nur zu zeigen, dass die Primärkomponenten direkte Summe zyklischer Moduln sind. Nehmen wir also an für ein Primelement . Als Ideal wird von erzeugt für ein , deshalb ist für alle .

Wir führen Induktion über . Für ist für alle , daher wird von erzeugt.

Im Induktionsschritt müssen wir zeigen, dass aus folgt, dass direkte Summe zyklischer Moduln ist.

Die Induktionsvoraussetzung sagt uns, dass , da es von annulliert wird, direkte Summe zyklischer Moduln ist:

Hierbei kann für alle erreicht werden, nehmen wir dies also an.

Es gilt für alle die Aussage für ein , weil auch gilt und zu führen würde. Es folgt .

Es sei mit . Weil direkte Summe der ist, folgt daraus mit auch , deshalb ist

für alle . Aus diesem Grund können wir schreiben, mit . Daraus folgt mit auch .

Deshalb ist der Untermodul direkte Summe der zyklischen Moduln .

Es sei nun beliebig. Dann ist . Deshalb gilt für zum Einen und zum Anderen , und daher .

Es gilt daher . Der Restklassenmodul ist isomorph zu einem Untermodul des - Sockels , weil nach Lemma 4.8 ein Vektorraum über dem Körper ist. Folglich ist auch ein Vektorraum über . Als Vektorraum besitzt eine Basis und damit eine direkte Summenzerlegung in zyklische Moduln über . Dies liefert auch zyklische Primärmoduln über .

Daher besitzt eine direkte Zerlegung in zyklische Primärmoduln.



Allgemeine Moduln

Nach diesen Überlegungen können wir nun unsere Aussage, dass endliche torsionsfreie Moduln frei sind, dergestalt erweitern, dass endliche Moduln sich generell in eine direkte Summe zyklischer Moduln zerlegen lassen.


Es sei ein Hauptidealbereich und ein endlicher - Modul.

Dann ist direkte Summe zyklischer Moduln.

Der Torsionsuntermodul hat als endlicher Torsionsmodul einen nichttrivialen Annullator. Daher besitzt er nach Satz 4.9 eine direkte Summenzerlegung in zyklische Moduln.

Der Restklassenmodul ist endlich und torsionsfrei und daher nach Satz 4.3 frei. Als freier Modul besitzt er eine Basis und die Basiselemente erzeugen zyklische Untermoduln, als deren direkte Summe sich darstellen lässt.

Es bleibt also nur zu zeigen:

Es sei dazu . ist ein freier Modul, daher gibt es eine Basis , die durch nichtannullierbare Elemente repräsentiert wird.

Es sei nun und . Dann gibt es nach Definition der Restklasse genau ein mit . Weil es auch umgekehrt für jedes Paar aus und genau ein gibt, ist die Summenzerlegung direkt.


Durch Einführung von bestimmten Kenngrößen kann man das sogar noch weiter spezifizieren.


Es sei ein Hauptidealbereich, ein Modul und ein Primelement.

Der Restklassenraum der - Sockel ist nach Lemma 4.8 ein - Vektorraum.

Seine Dimension

heißt die

-te Ulmsche -Invariante von .

Diese Dimension muss nicht endlich sein. Daher können die Ulmschen Invarianten auch Kardinalzahlen sein.


Es sei ein Hauptidealbereich und ein Modul, der sich als direkte Summe zyklischer Moduln darstellen lässt. Außerdem enthalte die Teilmenge von Primelementen zu jeder Äquivalenzklasse assoziierter Primelemente in genau einen Repräsentanten.

Dann lässt sich durch seinen Rang und seine Ulmschen Invarianten bis auf Isomorphie eindeutig darstellen als

Wir gehen von der Zerlegung aus. Jedes , ist als zyklischer Modul entweder Torsionsmodul oder torsionsfrei.

Die torsionsfreien zyklischen Komponenten sind jeweils isomorph zu . Weil es in tatsächlich linear unabhängige Elemente gibt, aber nicht mehr, muss es auch solche Komponenten geben. Wir fassen sie zusammen als .

Die zyklischen Torsionsmoduln lassen sich nach Satz 4.7 darstellen als direkte Summe ihrer Primärkomponenten. Diese Primärmoduln sind als Untermoduln eines zyklischen Moduls zyklisch und damit isomorph zu für ein Primelement und ein . Es kommt daher nur noch auf die Anzahl dieser Primärmoduln an, wobei die zu überprüfende Behauptung ist, dass die -te Ulmsche -Invariante die Anzahl des Vorkommens des Raumes in der direkten Summe ist.

Dazu betrachten wir die Ulmschen Invarianten eben dieser Räume für sich genommen. Es sei . Zur Berechnung der -ten Ulmschen Invarianten von zum Primelement müssen wir nach Definition jeweils die Quotientenräume von nach betrachten. Es gilt:

Dies bedeutet zum Einen für und beliebig, weil und teilerfremd sind und es daher außer keine Elemente in gibt mit . Daher gilt für auch für alle .

Zum Anderen bedeutet es bei und

und für gilt wegen .

Weil für die Ulmschen Invarianten jeweils die Dimension der Restklassenräume von -Sockeln für auf einander folgende betrachtet werden, gelten insgesamt beim Raum für und :

Bei der Bildung der direkten Summe nun addieren sich auch die Ulmschen Invarianten der Summanden und bilden als Summe die Ulmschen Invarianten der direkten Summe, weil sich auch die Sockel addieren. Daraus folgt direkt, dass die Ulmschen Invarianten die Anzahlen des Vorkommens der Räume in der direkten Summe beschreiben.