Kurs:Singularitätentheorie (Osnabrück 2019)/Vorlesung 17
- Assoziierter graduierter Ring
Zu einem Ideal in einem kommutativen Ring nennt man die direkte Summe von - Moduln
mit der durch gegebenen Multiplikation den assoziierten graduierten Ring zu .
Diese Verknüpfung ist wohldefiniert. Der assoziierte graduierte Ring ist - graduiert und von der ersten Stufe erzeugt. Diese Konstruktion erlaubt es häufig, Fragen für einen beliebigen kommutativen Ring auf eine graduierte Situation zurückzuführen. Wenn ein endlich erzeugtes Ideal ist, so ist der graduierte Ring als Algebra endlich erzeugt, und zwar liefert ein Modulerzeugendensystem von ein Algebraerzeugendensystem, siehe Aufgabe 17.4. Wenn ein noetherscher lokaler Ring ist und man das maximale Ideale nimmt, so erhält man eine standard-graduierte Algebra mit dem Restekörper als nullte Stufe.
Zum Ring der Neilschen Parabel, also zu mit dem maximalen Ideal , kann man den assoziierten graduierten Ring wie folgt berechnen. Es gibt eine surjektive Abbildung
die auf die Restklasse von und auf die Restklasse von in abbildet. Dabei ist
da ja die dritte Potenz von zu gehört. Da die Monome mit nicht in einer höheren Potenz liegen, hat man die Isomorphie
Insbesondere ist der assoziierte graduierte Ring nicht reduziert, obwohl ein Integritätsbereich ist.
Zu einem - Modul und einem Ideal besitzt die Folge der - Untermoduln
die Eigenschaften
- für alle .
- Es ist für alle .
Es sei ein Ideal in einem kommutativen Ring und ein - Modul. Dann nennt man die direkte Summe
den assoziierten graduierten Modul zu .
Es sei ein Ideal in einem kommutativen Ring und ein - Modul.
Dann ist der assoziierte graduierte Modul in natürlicher Weise ein graduierter Modul über dem assoziierten graduierten Ring . Wenn der Modul endlich erzeugt ist, so ist ein endlich erzeugter -Modul.
Wir gehen aus von der Multiplikation
die wegen wohldefiniert ist. Wegen induziert dies eine Abbildung
Die Gesamtheit dieser Abbildung ergibt eine Abbildung
die zu einem graduierten -Modul macht.
Ein Erzeugendensystem von ergibt direkt ein Erzeugendensystem für den graduierten Modul.
Zumeist wird das Ideal ein maximales Ideal sein, insbesondere das maximale Ideal eines lokalen Ringes. Die beiden folgenden Lemmata zeigen, dass man bei der Bestimmung des assoziierten graduierten Ringes die Lokalisierung umgehen kann.
Es sei ein noetherscher kommutativer Ring, ein maximales Ideal und ein - Modul. Es sei die Lokalisierung an mit dem maximalen Ideal und die Lokalisierung des Moduls.
Dann ist
Nach Aufgabe 14.10 ist , sodass der gleiche Restklassenkörper vorliegt. Die natürlichen - Modulhomomorphismen und
induzieren einen -Modulhomomorphismus
und einen - Vektorraumhomomorphismus
Dieser ist surjektiv, da - Modulerzeuger von auf ein -Erzeugendensystem von abbilden, und diese auf ein -Erzeugendensystem von abbilden.
Zum Beweis der Injektivität sei ein Element, das rechts auf abgebildet wird. D.h. es gilt in der Lokalisierung . Dies bedeutet, dass es Elemente und Elemente (also mit und ) mit
gibt. Dies bedeutet zurückübersetzt nach , dass es ein Element mit
für gewisse gibt. Da nicht zum maximalen Ideal gehört, gibt es ein und mit . Wir multiplizieren die obige Gleichung mit und erhalten
bzw.
Dabei gehört die rechte Seite offensichtlich zu , und damit definiert das Nullelement in .
Es sei ein noetherscher kommutativer Ring, ein maximales Ideal und ein - Modul. Es sei die Lokalisierung an mit dem maximalen Ideal und die Lokalisierung des Moduls.
Dann gibt es eine natürliche graduierte - Algebraisomorphie
Dies folgt unmittelbar aus Lemma 17.5.
- Die Hilbert-Samuel-Multiplizität eines lokalen Ringes
Es sei ein noetherscher lokaler Ring und ein endlich erzeugter - Modul. Dann nennt man die Multiplizität des assoziierten graduierten Moduls die Hilbert-Samuel-Multiplizität von .
Entsprechend wird die Hilbert-Samuel-Funktion und das Hilbert-Samuel-Polynom zu unter Bezug auf den assoziierten graduierten Moduls definiert. Insbesondere sind diese Konzepte für den lokalen Ring selbst definiert und die Hilbert-Samuel-Multiplizität liefert eine Invariante für lokale Ringe.
Entscheidend für die Hilbert-Samuel-Multiplizität eines endlich erzeugten Moduls über einem noetherschen lokalen Ring sind die - Vektorraumdimensionen von , denn diese sind nach Definition die -te Stufe des assoziierten graduierten Moduls. Es liegt eine standard-graduierte -Algebra und darüber nach Lemma 16.5 ein endlich erzeugter graduierter Modul vor, sodass die Multiplizität wohldefiniert ist. Nach Satz 16.15 ist die Multiplizität eine natürliche Zahl.
Es sei ein maximales Ideal in einem noetherschen Ring und es sei ein endlich erzeugter - Modul.
Dann ist die Hilbert-Samuel-Funktion des -Moduls gleich
Dies folgt unmittelbar aus Lemma 17.5.
Es sei ein noetherscher lokaler Ring und ein endlich erzeugter - Modul.
Dann ist
d.h. die kumulative Hilbertfunktion des assoziierten graduierten Moduls misst die Länge von .
Wir betrachten die kurze exakte Sequenz von -Homomorphismen
von -Moduln endlicher Länge. Dabei gilt nach Satz 28.7 (Kommutative Algebra)
Somit ist
und das ist die Definition der kumulativen Hilbertfunktion.
Es sei
ein Polynom mit dem Untergrad .
Dann ist die Hilbert-Samuel-Multiplizität des Hyperflächenringes gleich .
Nach Voraussetzung hat die Gestalt
Es sei das maximale Ideal im Polynomring . Dabei gilt
Für ein weiteres Polynom (mit ) ist . Daher liegt eine kurze exakte Sequenz
vor. Dabei folgt die Injektivität links aus einer direkten Gradbetrachtung (siehe Aufgabe 17.14). Die Dimension von ist nach Aufgabe 4.7 gleich
Daher ergibt sich für die Gleichheit
Dies ist die Behauptung.
Wegen des letzten Satzes und wegen Satz 15.4 stimmt die Hilbert-Samuel-Multiplizität eines Hyperflächenringes mit der über das Schnittverhalten mit einer generischen Gerade definierte Multiplizität überein. Die Beziehung zwischen Multiplizität und Glattheit werden wir in Korollar 21.9 diskutieren.
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