Kurs:Bündel, Garben und Kohomologie (Osnabrück 2019-2020)/Vorlesung 19
- Die Garbe der Kähler-Differentiale auf einem Schema
Es sei ein Schema über einem Basisschema . Wir möchten eine Garbenversion des Moduls der Kählerdifferentiale definieren.
Es sei eine kommutative - Algebra über einem kommutativen Ring .
Dann gilt für jedes die Gleichheit
und für jedes Primideal die Gleichheit
Dies folgt aus Lemma 18.6 in Verbindung mit Lemma 14.5.
Es sei ein Schema über einem Basisschema . Dann versteht man unter der Garbe der Kähler-Differentiale denjenigen quasikohärenten - Modul auf zusammen mit einer Derivation über
derart, dass für jeden Punkt die Bedingung
erfüllt ist.
Es ist zu zeigen, dass es ein solches Objekt in eindeutiger Weise gibt. Durch die Quasikohärenz muss zu jeder affinen Teilmenge und jeder affinen Teilmenge mit der Modul auf mit übereinstimmen. Im affinen Fall ist nach Lemma 19.1 der Modul das richtige Modell. Wenn zwei Modelle sind, so gibt es aufgrund der universellen Eigenschaft (zuerst auf den affinen Stücken und dann allgemein) einen - Modulhomomorphismus
Da dieser punktweise ein Isomorphismus ist, handelt es sich überhaupt um einen Isomorphismus. Insbesondere kann es nur eine solche Garbe geben. Wenn eine affine Überdeckung
und dazu eine affine Überdeckung
mit für ein vorliegt, so kann man die miteinander verkleben, da die Einschränkungen auf affinen Stücken über eindeutig bestimmt sind.
Es sei ein Schema über einem Basisschema . Dann versteht man unter der Tangentialgarbe den Dualmodul
Es ist also
wobei die letzte Gleichheit auf der universellen Eigenschaft der Kähler-Differentiale beruht. Entsprechend nennt man die Garbe der Kähler-Differentiale auch die Kotangentialgarbe.
Wir formulieren die Aussagen für die Kähler-Differentiale im affinen Fall aus der letzten Vorlesung allgemein für ein Schema über einem Basischema.
Es sei ein Schemamorphismus über einem Basisschema .
Dann ist die Sequenz von quasikohärenten - Moduln
Dies folgt aus Lemma 18.7.
Es sei ein Schema über einem Basischema und sei eine Idealgarbe auf mit dem zugehörigen abgeschlossenen Unterschema .
Dann ist die Sequenz
von quasikohärenten - Modul exakt.
Dies folgt direkt aus Lemma 18.8.
Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper und es sei ein zusammenhängendes Schema von endlichem Typ über .
Dann ist genau dann glatt, wenn der Modul der Kähler-Differentiale lokal frei von konstantem Rang ist.
Dies folgt aus Satz 18.16 und Satz 18.17.
Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper und es sei ein zusammenhängendes glattes Schema von endlichem Typ über der Dimension . Dann nennt man
die kanonische Garbe von .
- Das Tangentialbündel auf dem projektiven Raum
Es sei der projektive Raum über einem kommutativen Ring .
Dann wird der - Modul der Kähler-Differentiale durch die kurze exakte Sequenz
zusammen mit der universellen Derivation, die auf jeder offenen Menge eine Funktion auf
abbildet, beschrieben.
Wir bezeichnen die Kerngarbe links, die wir als Kähler-Modul nachweisen wollen, mit
Die angegebene Abbildung (die ja von der universellen Derivation auf dem -dimensionalen Raum herrührt) macht aus einer Funktion vom Grad eine Funktion vom Grad , was man direkt für (rationale) Monome überprüfen kann. Daher liegt eine -lineare Abbildung
vor. Die Leibnizregel überträgt sich hierher, da ja die partiellen Ableitungen die Leibnizregel erfüllen. Es ist zu zeigen, dass das Bild von im Kern der hinteren Abbildung landet. Für ein Monom vom Grad ist aber
Betrachten wir die Situation auf und setzen wir . Dann ist unter Verwendung von Beispiel 12.10 und Beispiel 15.5
wobei zuletzt Summanden stehen und darin das Tupel dem Tupel des Kerns entspricht. Unter der Abbildung wird das Monom
auf das Element
abgebildet. Dieses entspricht unter der oben beschriebenen Identifizierung (also die erste Komponente weglassen und mit multiplizieren) einfach dem Tupel der Ableitungen nach den Variablen . Also liegt nach Lemma 18.5 die universelle Derivation des Polynomrings vor.
Insbesondere ist der Modul der Kähler-Differentiale auf dem projektiven Raum lokal frei.
Es sei der projektive Raum über einem kommutativen Ring .
Dann wird die Tangentialgarbe auf durch die kurze exakte Sequenz
beschrieben.
Dabei geht hinten das globale Element (das in der -ten Komponente steht) auf die globale Derivation .
Dies folgt direkt aus Satz 19.8 durch Dualisieren. Der Zusatz folgt ebenfalls aus Satz 19.8: Das Element in der -ten Komponente von entspricht beim Dualisieren der Abbildung
also der Projektion auf die -te Komponente gefolgt von der Multiplikation mit . Dies entspricht wiederum, aufgefasst als Linearform auf dem Modul der Kähler-Differentialformen , der Linearform, die zur Derivation gehört.
Es ist eine Besonderheit des projektiven Raumes, verglichen mit anderen projektiven Varietäten, dass es auf ihm viele globale Vektorfelder gibt.
Es sei der projektive Raum über einem kommutativen Ring .
Dann ist die kanonische Garbe gleich .
Dies folgt aus Satz 19.8, Satz 16.11 und Korollar 16.12.
Die antikanonische Garbe, also das Dual der kanonischen Garbe, ist auf dem projektiven Raum somit gleich und besitzt viele globale Schnitte.
- Hyperflächen im projektiven Raum
Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper und ein homogenes Polynom vom Grad . Dann sind folgende Aussagen äquivalent.
- Die
affine Hyperfläche
ist außerhalb des Nullpunktes glatt.
- Die projektive Hyperfläche ist glatt.
- Für jede Variable ist glatt, wobei
die Dehomogenisierung von bezüglich bezeichnet.
- Der Modul der Kähler-Differentiale ist lokal frei.
- Es liegt eine
kurze exakte Sequenz
von lokal freien Garben auf vor.
Die Äquivalenz von (2) und (3) ist klar wegen Lemma 12.17 und da die Glattheit eine lokale Eigenschaft ist. Die Äquivalenz von (2) und (4) beruht auf Korollar 19.6. Die Äquivalenz von (1) und (3) beruht darauf, dass die Kegelabbildung lokal über durch
gegeben ist. Lokal ist die Kegelabbildung also ein punktierter affiner Zylinder über der Basis.
Von (4) (bzw. (2)) nach (5). Nach Lemma 19.5 gibt es die exakte Sequenz
Dabei ist das von erzeugte Hauptideal und es ist über die Zuordnung
Ferner ist die Einschränkung dieser Idealgarbe auf gleich
Als Einschränkung einer invertierbaren Garbe ist dies wieder invertierbar. Lokal ist die linke Abbildung wie in Bemerkung 17.10 durch die Jacobi-Matrix zur Dehomogenisierung von gegeben, und wegen der Glattheit ist diese (sogar auch in den Restekörpern) injektiv. Von (5) nach (4) ist eine Einschränkung.
Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper und ein homogenes Polynom vom Grad derart, dass die projektive Hyperfläche glatt ist.
Dann ist die kanonische Garbe gleich .
Wir wenden die kurze exakte Sequenz
von lokal freien Garben auf aus Satz 19.11 an. Nach Satz 16.11 und Korollar 19.10 ist
Dabei beruht die letzte Gleichung auf Lemma Anhang 4.7. Tensorierung mit ergibt die Behauptung.
Korollar 19.12 erlaubt eine grobe Klassifikation von glatten Hyperflächen
im projektiven Raum, je nachdem, ob in der Twist negativ, gleich oder positiv ist. Bei , also Kurven in der projektiven Ebene, liegt bei eine projektive Gerade vor, bei , wenn die kanonische Garbe trivial ist, eine elliptische Kurve und bei eine Kurve vom allgemeinen Typ. Bei , also Flächen im projektiven Raum, liegt bei eine projektive Ebene vor, bei eine zu isomorphe Fläche und bei eine Fläche, die isomorph ist zu einer projektiven Ebene, auf der man sechs Punkte aufgeblasen hat. Jedenfalls hat man bei eine sogenannte rationale Fläche, deren Funktionenkörper gleich dem rationalen Funktionenkörper in zwei Variablen ist. Bei , wenn die kanonische Garbe trivial ist, liegt eine sogenannte -Fläche vor. Bei hat man eine Fläche vom allgemeinen Typ.
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