Kurs:Mathematik für Anwender/Teil II/11/Klausur mit Lösungen


Aufgabe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
Punkte 3 3 1 5 4 8 4 6 3 4 5 5 11 3 65




Aufgabe (3 Punkte)

Definiere die folgenden (kursiv gedruckten) Begriffe.

  1. Eine lineare inhomogene gewöhnliche Differentialgleichung.
  2. Eine offene Menge in einem metrischen Raum .
  3. Die Differenzierbarkeit einer Funktion

    in einem Punkt , wobei ein Intervall und ein endlichdimensionaler reeller Vektorraum ist.

  4. Das charakteristische Polynom zu einem gewöhnlichen linearen Differentialgleichungsysytem mit konstanten Koeffizienten.
  5. Der Gradient einer total differenzierbaren Abbildung

    in einem Punkt eines euklidischen Vektorraumes.

  6. Die Integrabilitätsbedingung eines differenzierbaren Vektorfeldes

    wobei eine offene Teilmenge ist.


Lösung

  1. Eine Differentialgleichung der Form

    mit zwei auf einem Intervall definierten Funktionen und heißt inhomogene lineare gewöhnliche Differentialgleichung.

  2. Eine Teilmenge heißt offen, wenn für jedes ein mit

    existiert.

  3. Die Abbildung heißt in differenzierbar, wenn der Limes

    existiert.

  4. Es sei

    mit

    eine lineare gewöhnliche Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten. Dann nennt man das charakteristische Polynom

    auch das charakteristische Polynom der Differentialgleichung.

  5. Der Gradient von in ist der eindeutig bestimmte Vektor mit

    für alle .

  6. Die Integrabilitätsbedingung besagt, dass

    für alle und alle gilt.


Aufgabe (3 Punkte)

Formuliere die folgenden Sätze.

  1. Der Satz über die Stetigkeit von linearen Abbildungen.
  2. Die Formel für die Länge einer Kurve
  3. Die Transformationsformel für Volumina zu einem Diffeomorphismus .


Lösung

  1. Es sei mit der euklidischen Metrik versehen und sei

    eine lineare Abbildung. Dann ist

    stetig.
  2. Es sei ein kompaktes Intervall und

    eine stetig differenzierbare Abbildung. Dann ist rektifizierbar und für die Kurvenlänge gilt

  3. Für eine kompakte Teilmenge ist


Aufgabe (1 Punkt)

Löse das Anfangswertproblem


Lösung

Eine Lösung ist

wie man unmittelbar durch Ableiten und Einsetzen bestätigt.


Aufgabe (5 Punkte)

Beweise das Lösungsverfahren für inhomogene lineare gewöhnliche Differentialgleichungen in einer Variablen.


Lösung

Da keine Nullstelle besitzt, kann man jede Funktion

als

mit einer unbekannten (differenzierbaren) Funktion ansetzen. Dabei ist (für eine differenzierbare Funktion )

Daher kann man die Lösungsbedingung

als

schreiben, und diese gilt wegen genau dann, wenn

bzw.

gilt. D.h. muss eine Stammfunktion zu sein.


Aufgabe (4 Punkte)

Es sei ein euklidischer Vektorraum der Dimension und Punkte mit

Zeige, dass es eine stetig differenzierbare Kurve

mit , und für alle gibt.


Lösung

Es sei . Die Vektoren und liegen in einer Ebene , und es sei eine Orthonormalbasis dieser Ebene. Dabei können wir und erreichen. Wegen

ist . Daher gibt es ein mit

Daher besitzt

die gewünschten Eigenschaften.


Aufgabe (8 (4+4) Punkte)

Es sei eine lineare Abbildung, aufgefasst als lineares Vektorfeld.

  1. Man gebe ein Beispiel für ein diagonalisierbares (mit ) und eine stetig differenzierbare Kurve

    mit derart an, dass das Wegintegral nicht ist.

  2. Es sei nun diagonalisierbar bezüglich einer Orthonormalbasis. Zeige, dass

    für jede stetig differenzierbare Kurve mit ist.


Lösung

  1. Wir betrachten

    Die Matrix besitzt obere Dreiecksgestalt und somit sind die Diagonaleinträge und die verschiedenen Eigenwerte und die Abbildung ist diagonalisierbar. Es sei die trigonometrische Parametrisierung des Einheitskreises, also

    Dann ist

    Diese Funktion ist von zu zu integrieren. Der vordere Summand hat als Stammfunktion, das zugehörige bestimmte Integral ist daher gleich . Der hintere Summand besitzt aber ein negatives Integral und somit ist

  2. Es sei eine Orthonormalbasis aus Eigenvektoren von , und es gelte

    Es sei eine stetig differenzierbare Kurve mit

    und seien die Komponentenfunktionen bezüglich der Orthonormalbasis. Dann ist

    Eine Stammfunktion von dieser Funktion ist

    Daher ist


Aufgabe (4 Punkte)

Löse das lineare Anfangswertproblem


Lösung

Aus der zweiten Zeile folgt sofort

wobei die Anfangsbedingung durch erfüllt wird. Für ergibt sich daraus die inhomogene lineare Differentialgleichung in einer Variablen,

Die zugehörige homogene lineare Gleichung besitzt die Lösungen . Mittels Variation der Konstanten, also dem Ansatz

ergibt sich die Bedingung

Also ist mit einer Konstanten . Aus

folgt . Die Lösung ist also


Aufgabe (6 Punkte)

Es sei ein Körper, ein endlichdimensionaler - Vektorraum und eine symmetrische Bilinearform auf . Zeige, dass eine Orthogonalbasis besitzt.


Lösung

Es sei der Ausartungsraum der Bilinearform und ein direktes Komplement, also

Dabei ist die Einschränkung der Bilinearform auf nicht ausgeartet. Es sei eine Basis von und eine Basis von . Die Vektoren können wir auf jeden Fall als Teil einer Orthogonalbasis nehmen, da diese ja auf allen Vektoren orthogonal stehen. Wir müssen uns also nur noch um kümmern. Das bedeutet, dass wir gleich annehmen können, dass wir eine nichtausgeartete symmetrische Bilinearform auf haben. Wegen der Polarisationsformel gibt es dann auch mit

Der Orthogonalraum zu besitzt deshalb und wegen der Eigenschaft, nicht ausgeartet zu sein, die Dimension . Dieser Orthogonalraum ist ebenfalls nicht ausgeartet, daher gibt es nach Induktion über die Dimension eine Basis mit

Eine solche Basis lässt sich in folgender Weise orthogonalisieren, und zwar kann man eine Orthogonalbasis finden mit

für alle . Dies zeigen wir durch Induktion, seien schon konstruiert. Wir setzen

und setzen

Dann ist für


Aufgabe (3 Punkte)

Bestimme die Jacobi-Matrix der Abbildung

in jedem Punkt.


Lösung

Die partiellen Ableitungen sind

und

Somit ist die Jacobi-Matrix in einem Punkt gleich


Aufgabe (4 Punkte)

Es sei ein Intervall, ein euklidischer Vektorraum und

eine differenzierbare Kurve. Zeige, dass zwischen dem totalen Differential und der Kurven-Ableitung die Beziehung

besteht.


Lösung

Die Kurvendifferenzierbarkeit im Punkt bedeutet nach Definition . die Existenz des Limes

Diese Existenz ist (entsprechend Satz 14.5 (Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024))) dazu äquivalent, dass man

mit einem Vektor und einer in stetigen Abbildung mir schreiben kann (wobei sein muss). Dabei kann man hinten durch ersetzen (wobei man auch abwandeln muss). Diese lineare Approximierbarkeit ist aber die Definition der totalen Differenzierbarkeit, und zwar ist die lineare Abbildung durch

gegeben. Somit ist


Aufgabe (5 Punkte)

Wir betrachten die Abbildung

Zeige, dass ein Punkt genau dann ein regulärer Punkt von ist, wenn die Koordinaten von paarweise verschieden (also , und ) sind.


Lösung

Die Jacobi-Matrix von ist

Ein Punkt ist genau dann ein regulärer Punkt, wenn der Rang dieser Matrix ist, wenn die Matrix also invertierbar ist.

Wenn ist, so stimmen die erste und die zweite Spalte überein; wenn ist, so stimmen die erste und die dritte Spalte überein; wenn ist, so stimmen die zweite und die dritte Spalte überein. Daher liegt bei Punkten, bei denen zwei Koordinaten übereinstimmen, eine lineare Abhängigkeit zwischen den Spalten vor und der Rang der Matrix ist nicht . Solche Punkte sind also nicht regulär.

Zum Beweis der Umkehrung berechnen wir die Determinante der Matrix. Diese ist (Entwicklung nach der ersten Zeile)

Wenn die Koordinaten paarweise verschieden sind, so ist die Determinante nicht und die Matrix ist invertierbar, also sind diese Punkte regulär (mit diesem Argument beweist man gleichzeitig auch die Hinrichtung).


Aufgabe (5 Punkte)

Für eine Party soll eine Bowle gemischt werden, wobei Euro zur Verfügung stehen. Die Zutaten sind Orangensaft, Erdbeeren, Rum und Sekt. Die Preisfunktion ist

Die Stimmungsfunktion wird durch

beschrieben. Bei welchem Mischungsverhältnis wird die Stimmung optimiert? (Es genügt, den (die) kritischen Punkt(e) für die Lagrange-Bedingung auszurechnen).


Lösung

Die Gradienten der beiden Funktionen sind

und

Die Lagrange-Bedingung führt auf

Multiplikation der einzelnen Zeilen mit den zugehörigen Variablen führt auf

und

Mit dem Ansatz

ergibt sich

und

Die Preisbedingung führt auf

und damit auf

Also ist


Aufgabe (11 (3+8) Punkte)

Es sollen drei Kugeln mit Radius straff in eine Folie eingepackt werden. Berechne das Volumen des Gesamtpakets, wenn

a) die Kugeln linear und anliegend angeordnet werden,

b) die Kugeln als Dreieck anliegend angeordnet werden.


Lösung

a) Die Gesamtpackung setzt sich aus zwei Halbkugeln mit Radius und einem Zylinder der Höhe über einem Kreis mit Radius zusammen. Daher ist das Volumen gleich

b) Wir wenden das Cavalieri-Prinzip an und betrachten den Querschnitt zur Höhe , . Der Kugelquerschnitt besteht aus drei Kugeln mit Radius , deren Mittelpunkte ein gleichseitiges Dreieck mit Kantenlänge bilden. Wir müssen den Flächeninhalt des durch die Folie gegebenen (abgerundeten) Querschnittsdreiecks bestimmen. Die Kantenlänge des zugehörigen spitzen Dreieckes ist . Daher ist der Flächeninhalt dieses Dreieckes gleich

Davon müssen wir die Spitzen (über den Kreisbögen) abziehen. Eine solche Spitze ergibt sich als Flächeninhalt des Vierecks, das durch Kreismittelpunkt, Dreiecksspitze und die beiden tangentialen Punkte gegeben ist, ohne einen Drittelkreis. Das ergibt . Der Flächeninhalt des abgerundeten Dreiecks ist also

Das Volumen der Dreieckspackung ist somit


Aufgabe (3 Punkte)

Es sei

eine stetige Funktion. Zeige, dass der Schwerpunkt des Intervalls zur Massenverteilung mit der -Koordinate des geometrischen Schwerpunktes des Subgraphen zu übereinstimmt.


Lösung

Das Volumen der Massenverteilung auf dem Intervall ist , das stimmt mit dem Flächeninhalt des Subgraphen überein. Der Schwerpunkt des Intervalls zur Massenverteilung ist nach Definition

Der geometrische Schwerpunkt des Subgraphen besitzt die -Koordinate

Die beiden Ausdrücke stimmen also überein.