Kurs:Differentialgeometrie/10/Klausur mit Lösungen


Aufgabe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
Punkte 3 3 6 4 5 0 5 6 6 0 6 12 0 9 65




Aufgabe (3 Punkte)

Definiere die folgenden (kursiv gedruckten) Begriffe.

  1. Eine Hauptkrümmung zu einer differenzierbaren Fläche in einem Punkt .
  2. Ein Diffeomorphismus zwischen differenzierbaren Mannigfaltigkeiten und .
  3. Ein Tangentialvektor in einem Punkt einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit .
  4. Ein Differentialoperator erster Ordnung auf einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit .
  5. Ein euklidischer Halbraum.
  6. Eine kompakte Ausschöpfung eines topologischen Raumes .


Lösung

  1. Man nennt jeden Eigenwert der Weingartenabbildung

    eine Hauptkrümmung von in .

  2. Ein Homöomorphismus

    heißt ein Diffeomorphismus, wenn sowohl als auch - Abbildungen sind.

  3. Unter einem Tangentialvektor an versteht man eine Äquivalenzklasse von tangential äquivalenten differenzierbaren Kurven durch .
  4. Eine Abbildung

    heißt Differentialoperator erster Ordnung, wenn sie folgende Eigenschaften erfüllt.

    1. ist - linear.
    2. Es ist .
  5. Unter dem euklidischen Halbraum der Dimension versteht man die Menge

    mit der induzierten Topologie.

  6. Eine kompakte Ausschöpfung , , von ist eine Folge von kompakten Teilmengen mit


Aufgabe (3 Punkte)

Formuliere die folgenden Sätze.

  1. Der Satz über den Tangentialraum einer abgeschlossenen Untermannigfaltigkeit .
  2. Der Satz über die Gestalt einer zurückgezogenen Differentialform unter einer differenzierbaren Abbildung

    (mit offenen Teilmengen und , deren Koordinaten mit bzw. mit bezeichnet seien) von einer - Differentialform auf mit der Darstellung

    wobei Funktionen

    sind.
  3. Der Satz über die Charakterisierung von geodätischen Kurven bezüglich des Levi-Civita-Zusammenhangs auf einer riemannschen Mannigfaltigkeit .


Lösung

  1. Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit der Dimension und es sei eine abgeschlossene Untermannigfaltigkeit der Dimension . Dann ist für jeden Punkt die Tangentialabbildung

    injektiv.

    D.h. der Tangentialraum ist ein Untervektorraum

    der Dimension von .
  2. Es seien und offene Teilmengen, deren Koordinaten mit bzw. mit bezeichnet seien. Es sei

    eine differenzierbare Abbildung und es sei eine - Differentialform auf mit der Darstellung

    wobei Funktionen sind.

    Dann besitzt die zurückgezogene Form die Darstellung

  3. Eine zweifach differenzierbare Kurve auf einer riemannschen Mannigfaltigkeit ist genau dann eine geodätische Kurve (bezüglich des Levi-Civita-Zusammenhangs), wenn sie auf jeder Karte das gewöhnliche Differentialgleichungssystem zweiter Ordnung

    (für alle )

    erfüllt.


Aufgabe (6 (2+4) Punkte)

Es seien und sei

  1. Bestimme die Gauß-Abbildung zu .
  2. Man gebe zur Gauß-Abbildung zu explizit eine Umkehrabbildung an.


Lösung

  1. Als Einheitsnormalenfeld können wir vom Gradienten der beschreibenden Funktion, also von

    ausgehen, durch Normalisierung erhalten wir

    Die Gauß-Abbildung ist also

  2. Wir behaupten, dass

    eine Umkehrfunktion ist. Wegen

    liegt das Bild von in . Wegen

    und

    sind die Abbildungen invers zueinander.


Aufgabe (4 Punkte)

Man erläutere das Begriffspaar „extrinsisch und intrinsisch“ im Kontext von Mannigfaltigkeiten.


Lösung Mannigfaltigkeit/Extrinsisch und intrinsisch/Aufgabe/Lösung


Aufgabe (5 Punkte)

Beweise die Formel für den Flächeninhalt der Oberfläche eines Rotationskörpers zu einer differenzierbaren Kurve

mit .


Lösung

Es sei die Rotationsfläche, die eine abgeschlossene zweidimensionale Untermannigfaltigkeit in einer offenen Menge des ist. Wir wenden Korollar 17.2 (Differentialgeometrie (Osnabrück 2023)) auf die Parametrisierung

an. Die partiellen Ableitungen sind

und daher ist

Somit ist der Flächeninhalt gleich


Aufgabe (0 Punkte)


Lösung /Aufgabe/Lösung


Aufgabe (5 Punkte)

Es sei ein Torus. Man gebe eine surjektive differenzierbare Abbildung

derart an, dass auch die Tangentialabbildung

in jedem Punkt surjektiv ist.


Lösung

Wir schreiben den Torus als mit dem Einheitskreis . Die Abbildung

ist surjektiv, da es sich in den beiden Komponenten um die Standardparametrisierung des Einheitskreises handelt. Auch die Surjektivität der Tangentialabbildung lässt sich komponentenweise überprüfen, da der Tangentialraum einer Produktmannigfaltigkeit das Produkt der Tangentialräume ist. Die Ableitung von

ist , sodass dieser Bildvektor stets den eindimensionalen Tangentialraum des Einheitskreises im Bildpunkt aufspannt.


Aufgabe (6 (2+2+2) Punkte)

Wir betrachten den Graph der Abbildung

als zweidimensionale abgeschlossene Untermannigfaltigkeit des , also

mit der vom induzierten riemannschen Metrik. Es sei

die zugehörige Diffeomorphie.

a) Bestimme das totale Differential zu sowie die Bildvektoren und in .

b) Bestimme für jeden Punkt der Form den Flächeninhalt des von und in aufgespannten Parallelogramms.

c) Bestimme für jeden Punkt der Form den Flächeninhalt des von und in aufgespannten Parallelogramms.


Lösung

a) Das totale Differential zu im Punkt ist

und es ist

b) und c) Zur Bestimmung des Flächeninhalts berechnen wir zunächst die Skalarprodukte der beiden Vektoren und . Es ist

und

b) Für berechnet sich der Flächeninhalt des von und in aufgespannten Parallelogramms zu

c) Für berechnet sich der Flächeninhalt des von und in aufgespannten Parallelogramms zu


Aufgabe (6 Punkte)

Beweise die Produktregel für differenzierbare Differentialformen auf einer offenen Menge des .


Lösung

Es seien die Koordinaten auf . Wegen der Linearität von und der Multilinearität des Dachprodukts können wir die beiden Differentialformen als und mit Indexmengen und schreiben. Es gilt dann


Aufgabe (0 Punkte)


Lösung /Aufgabe/Lösung


Aufgabe (6 Punkte)

Es sei eine Mannigfaltigkeit mit Rand und sei ein Randpunkt. Zeige, dass für einen Tangentialvektor folgende Eigenschaften äquivalent sind.

  1. Es gibt einen stetig differenzierbaren Weg mit und .
  2. wird bei jeder Karte mit einem negativen Halbraum unter der Tangentialabbildung auf den rechten Halbraum abgebildet.


Lösung

Es sei ein Halbweg in wie angegeben und sei ein Kartengebiet mit einer Karte

mit

und mit

Unter der Tangentialabbildung wird auf den Ableitungsvektor von im Nullpunkt abgebildet. Da in verläuft, verläuft ganz in . Daher ist im Differenzenquotient

sowohl negativ als auch negativ und daher ist

gehört also zur positiven Hälfte.

Es gehöre umgekehrt zur positiven Hälfte. Dann verläuft die Gerade

für ganz in der negativen Hälfte. Der Weg ist auf einem negativen Intervall definiert und landet in und ist eine Halbwegrealisierung von .


Aufgabe (12 Punkte)

Beweise den Satz von Stokes für Mannigfaltigkeiten mit Rand.


Lösung

Es sei , , eine offene Überdeckung von mit orientierten Karten und es sei , , eine dieser Überdeckung untergeordnete stetig differenzierbare Partition der Eins, die nach Satz 22.10 (Differentialgeometrie (Osnabrück 2023)) existiert. Zu jedem gibt es eine offene Umgebung derart, dass bis auf endlich viele Ausnahmen ist. Es sei der Träger von . Die Überdeckung besitzt wegen der vorausgesetzten Kompaktheit eine endliche Teilüberdeckung, sagen wir

Daher sind überhaupt nur endlich viele der auf von verschieden. Wir setzen ; diese Differentialformen sind ebenfalls stetig differenzierbar. Der Träger von ist eine in abgeschlossene Teilmenge, die in liegt, daher liegt der Träger von in und ist selbst kompakt nach Aufgabe 13.10 (Differentialgeometrie (Osnabrück 2023)). Es gilt

wobei nur endlich viele dieser Differentialformen von verschieden sind, da für alle ist und

für alle bis auf endlich viele Ausnahmen. Wegen der Additivität des Integrals von Differentialformen und der Additivität der äußeren Ableitung kann man die Aussage für die einzelnen getrennt beweisen. Wir können also annehmen, dass eine stetig differenzierbare -Differentialform gegeben ist, die kompakten Träger besitzt, der ganz in einer Kartenumgebung liegt.
Es liegt ein Diffeomorphismus mit offen vor, der zugleich einen Diffeomorphismus zwischen den Rändern und induziert. Dabei gilt

und

nach Lemma 20.2 (Differentialgeometrie (Osnabrück 2023))  (5). Wir können also von einer auf definierten stetig differenzierbaren Differentialform mit kompaktem Träger ausgehen, die wir auf ganz außerhalb des Trägers als Nullform fortsetzen können.
Wegen der Kompaktheit des Trägers gibt es einen hinreichend großen Quader , dessen eine Seite auf liegt und der den Träger von nur in trifft. Auf allen anderen Seiten von ist (und damit auch ) die Nullform. Daher gilt einerseits

und andererseits

Somit folgt die Aussage aus der Quaderversion des Satzes von Stokes.


Aufgabe (0 Punkte)


Lösung /Aufgabe/Lösung


Aufgabe (9 (1+1+3+2+2) Punkte)

Wir betrachten die trigonometrische Parametrisierung

des Einheitskreises. Es sei fixiert. Auf dem trivialen Vektorbündel

sei ein linearer Zusammenhang gegeben derart, dass der längs zurückgezogene Zusammenhang durch die Christoffelsymbole (der Index für die einzige Ableitungsrichtung wird weggelassen)

gegeben ist. Wir betrachten zu einem Punkt die Abbildung

mit

  1. Bestimme .
  2. Bestimme .
  3. Zeige, dass eine horizontale Liftung längs ist.
  4. Zeige, dass

    eine lineare Isometrie ist (der Basispunkt wird hier nicht aufgeführt).

  5. Zeige, dass

    ein Gruppenhomomorphismus ist.


Lösung

  1. Es ist
  2. Es ist
  3. Es ist
    insbesondere liegt eine Liftung vor. Die vertikale Ableitung dieses Schnittes in über kann man mit den angegebenen Christoffelsymbolen bestimmen, es ist
    also liegt eine horizontale Liftung vor.
  4. Es geht um die Abbildung

    die linear ist. Die beschreibende Matrix ist orthogonal (eine Drehmatrix), deshalb liegt eine Isometrie vor.

  5. Es ist die lineare Abbildung

    also die Drehung um den Winkel . Die Drehmatrix zur Summe von zwei Winkeln ist das Matrixprodukt der beiden Drehmatrizen (siehe Fakt *****), daher liegt ein Gruppenhomomorphismus vor.